Verlagsort Calw
HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND
CALWER ZEITUNG
SAMSTAG, 15. MAI 1954
AMTSBLATT FÜR DEN KREIS CALW
Gegründet 1826 / Nr. 112
Bidault muß nachgeben
Auch Molotow kommt in Genf entgegen / Gemischter IJeberwachungsausschuß
GENF. Auf der Genfer Außenministerkonferenz haben am Freitag beide Seiten in der Indochinafrage Zugeständnisse gemacht, doch bestehen nach wie vor in wichtigen Punkten starke Meinungsverschiedenheiten zwischen Ost und West.
Der sowjetische Außenminister M o- lotow erklärte sich mit einer internationalen Überwachung jeder Regelung des Indochinakonflikts durch neutrale Kommissionen bereit und wich damit von dem Vorschlag der kommunistischen Gegenregierung in Vietnam (Vietminh) ab, der, wie Molotow betonte, keine ausreichende- Überwachung vorsehe.
Der Außenminister stimmte gleichzeitig im Prinzip dem französischen Vorschlag zu, daß alle in Genf getroffenen Abkommen in der Indochinafrage durch die Konferenzmächte garantiert werden und daß im Falle einer Verletzung dieser Abkommen Beratungen über Kollektivmaßnah- men stattfinden sollten
Vor Molotow hatte der französische Außenminister Bidault erneut auf einer internationalen Überwachung des Waffenstillstandes be-
Die amerikanischen Soldaten sind nicht mehr als Besatzungssoldaten, sondern als Verteidiger in Deutschland, erklärte der amerikanische Hohe Kommissar Conant am Freitag.
Der neuseeländische Außenminister Webb sprach sich in London für die baldige Schaffung eines südostasiatischen Sicherheitspaktes aus.
Eine Delegation des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft wird sich demnächst zu einem ersten Gespräch mit Vertretern der Sowjetunion treffen, um den gegenseitigen Waren- und Zahlungsverkehr durch ein Abkommen zu regeln.
Bundeswirtschaftsminister Erhard hat am Freitag mit Nachdruck erneut ein „weltweites System frei konvertierbarer Währungen“ befürwortet.
standen, gleichzeitig jedoch in zwei Fragen Zugeständnisse an die kommunistische Seite gemacht. Er erklärte sich mit dem Vietminh Vorschlag zur Bildung gemischter vietnamesisch - kommunistischer Überwachungsausschüsse einverstanden, wenn diese Ausschüsse ihrerseits durch internationale Gremien kontrolliert würden. Frankreich sei ferner bereit, seine Streitkräfte aus Laos und Kambodscha abzuziehen, wenn auch die Vietminh-Truppen abgezogen würden. In Vietnam müßten die französischen Truppen allerdings bleiben, bis der Friede wie
derhergestellt sei. Dann werde Frankreich seine Truppen abziehen, wenn dies von der legalen Regierung Vietnams gewünscht werde.
Inlei ventionsverhamllungen
WASHINGTON. Direkte französisch-amerikanische Verhandlungen über eine Internationalisierung des Krieges in Indochina stehen kurz bevor, wie am Freitag In Washington verlautet. Die Verhandlungen werden voraussichtlich in Paris stattfinden.
Frankreich hatte Besprechungen auf Regierungs- und Kabinettsebene angeregt, um zu erkunden, wie weit die Vereinigten Staaten hinsichtlich einer militärischen Intervention zu gehen bereit sind.
Vertrauen für Laniel - aber knapp
Kaum noch Entscheidungsfreiheit / Schuld: Bidaults Taktik
PARIS. Mit einer Mehrheit von zwei Stimmen hat die französische Nationalversammlung am Donnerstagabend die Regierung Laniel im Amt bestätigt. Das als Vertrauensvotum geltende Abstimmungsergebnis von nur 289 gegen 287 Stimmen billigte den Wunsch der Regierung, wegen der Genfer Konferenz von einer Indochinadebatte abzusehen, ließ-dem Kabinett für weitere Entscheidungen in Genf «»der Indochina Jedoch so gut wie keine Handlungsfreiheit.
Den Äußerungen der Abgeordneten war zu entnehmen, daß nur die Bedeutung der Genfer Verhandlungen die Regierung vor einem Sturz bewahrte, da die Neubildung der Regierung vielleicht Wochen in Anspruch nehmen würde. Die ablehnende Haltung der Abgeordneten bewirkte zweifellos der Fall Dien Bien Phus, nachdem die Versammlung vor einer Woche der Regierung in der gleichen Frage noch mit 311 gegen 262 Stim
men das Vertrauen ausgesprochen hatte.
Die Genfer Verhandlungen und die dortige Taktik Bidaults sind nach hiesiger Auffassung außer der Entwicklung in Indochina für diese Einstellung der Versammlung verantwortlich.
Viertes Saargespräch
i PARIS. Das Anfang April begonnene direkte Saargespräch zwischen Staatssekretär Professor H a 11 s t e i n und Staatssekretär Maurice Schumann wurde am Freitagnachmittag im französischen Außenministerium mit einem vierten Treffen, dem dritten innerhalb von zwei Wochen, fortgesetzt. Von informierter französischer Seite verlautet, daß man das in Bonn gezeigte Vertrauen auf eine schnelle Lösung des Saar-Problems nicht völlig zu teilen vermöge, da noch viele Fragen offen seien.
Wahlsieg der Labourpartei
LONDON. Die britische Labourpar- tei hat in den jährlichen Gemeindewahlen in 395 kreisfreien Städten (Boroughs) einen überwältigenden Sieg errungen. Sie eroberten sich die Mehrheit in 13 Stadträten, darunter York, Northampton, Colehester, Rea- ding und Ipswich die bisher von den Konservativen oder Unabhängigen kontrolliert wurden.
Die Konservativen gewannen nur 60 neue Sitze und verloren 445, während die Labourpartei 543 neue Sitze eroberte und nur 34 einbüßte. Ein ähnlich großer Umschwung zugunsten der Labourpartei war letzte Woche bei den Stadtratswahlen in Schottland erfolgt.
Doch mehr Spesen
hf. BONN. Nach monatelangen Verhandlungen haben sich die von den Fraktionen des Bundestages benannten Vertreter nun doch auf eine Erhöhung der Diäten und Spesen der Bundestagsabgeordneten um 30 Prozent, das entspricht einer Gesamtsumme von 350 DM monatlich, geeinigt Der entsprechende Gesetzentwurf zur Änderung des Diätengesetzes, der von dem CDU-Abgeordneten
Scharnberg ausgearbeitet wird, soll vorsehen, daß die Erhöhung der Bezüge rückwirkend vom 1. April 1954 an in Kraft tritt. Bei den 509 Abgeordneten des zweiten Bundestages bedeutet die vorgesehene Heraufsetzung der Bezüge eine jährliche Mehrbelastung des Haushalts um 2 Millionen DM.
Aufgaben der Gemeinde
KARLSRUHE. In Anwesenheit von 1500 Kommunalpolitikern der SPD und Gästen aus verschiedenen europäischen Ländern eröffnete der stellvertretende SPD-Vorsitzende Wilhelm M e 11 i e s am Freitag in Karlsruhe die kommunaipolitische Bundeskonferenz der SPD. Mellies bezeichnete als Ziel dieser Tagung Probleme des Wohnungsbaus, der Landflucht und
der sozialen Gestaltung der Landgemeinden Uber allem müsse der Grundsatz stehen, daß die Demokratie von unten entwickelt, zugleich aber von oben gefördert werde.
Der SPD - Bundestagsabgeordnete und Beigeordnete des deutschen Städtetages, Werner J a c o b i, bezeichnete die Förderung des Wohnungsbaus als eine verantwortliche Aufgabe der Gemeinden. Dies sei auch der Grund für das Interesse der Gemeinden an diesem Problem und die Legitimation zur Kritik, die sich gegen die Entartung des sogenannten sozialen Wohnungsbaues richte. Auch die in Vorbereitung befindliche zweite Novelle zum ersten Wohnungsbaugesetz sei nicht geeignet, den sozialen Wohnungsbau auf seine ursprüngliche Zweckbestimmung zurückzuführen.
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Zum Meinungsaustausch über aktuelle Wirtschaftsprobleme hatte der Landes - verband der baden-württembergischen Industrie und der Sozialrechtliche Lan - desverbarid hp^iv.nte Wirtsdiaftler und Politiker nach Bad Cannstatt eingeladen. V. fr. ii Bundestagsabgeordneter Kiesmger (stehend), Dt Fritz Haßlacher, Finanzminister Dr. Frank , Direktor Ammerbacher, Direktor Dr. Knörzer und Wirtschaftsminister Dr. Hermann Veit. Bild*, dpa
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Auf dem Rückzug aus Asien
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Die Genfer Konferenz hat ihren Höhepunkt überschritten. Was auf ihrem Verhandlungsprogramm vorgesehen war, ist in seinen wesentlichen Teilen im Gespräch der Diplomaten zu dem Ende geführt worden, das vorauszusehen war. Täuschung wäre es, leichthin zu sagen, es sei nichts oder kaum etwas bei den Verhandlungen herausgekommen. Negative Ergebnisse sind unter Umständen zur Klärung der Lage und zur Beleuchtung der Fronten, die sich gegenüberstanden, noch aufschlußreicher und bedeutsamer als sogenannte Kompromisse, denen doch keine Wahrheit innewohnt.
Von vornherein stand Genf unter einem Doppelaspekt. Die Firmierung barg unter ihrem Namen zwei Teilkonferenzen. In ihrem bisherigen Ablauf ist abwechselnd die Friedenskonferenz für Korea, die vor nun schon sehr langer Zeit im Waffen- stillstand von Pan Mun Jon vorgesehen war, und die Indochinafrage im Mittelpunkt der Verhandlungen gewesen. Auch bei der letzteren wollte man zu Friedensregelungen gelangen.
Indessen ist lediglich, was in der Natur dei Sache lag, die Koreafrage zu einem Abschluß gekommen. Freilich nur dem Scheine nach, denn die Ansichten de: Kommunisten und die der freien Völker des Westens haben sich als unvereinbar erwiesen. Die asiatischen Kommunisten wollten einen Frieden haben, der zum Ausgangspunkt für die Beherrschung von ganz Korea dienen kann. Im Unterschied zur Berliner Konferenz
Paris erwägt Truppenverstärkung für Indochina
Nicht vor Ende der Genfer Konferenz / In erster Linie Freiwillige und Legionäre
PARIS. Der französische Verteidigungsausschuß, der sich als Teil des Verteidigungsrates aus einem engeren Ministerausschuß unter dem Vorsitz des Präsidenten der Republik
Bonn lehnt Moskau-Pläne scharf ab
Bundesregierung distanziert sich: Vermutungen ohne Grundlage
BONN. Die Bundesregierung hat geh am Freitag eindeutig von den Planen einzelner Politiker für eine baldige Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Sowjetunion distanziert ln einer vom Bundespresse- am * veröffentlichten Stellungnahme Wurde erklärt, alle Vermutungen und Kombinationen über eine mög- hche Änderung der außenpolitischen Haltung der Bundesrepublik gegenüber der Sowietunion entbehrten jßglicher Grundlage Bereits am Donnerstagabend hatte ein Regierungssprecher darauf hingewiesen. daß die Pläne verschiede
ner Bundestagsabgeordneter in bezug auf eine Aufnahme von Beziehungen zu Moskau nicht mit dem Kanzler abgesprochen seien In der jetzt veröffentlichten Verlautbarung heißt es. Dr Adenauer lehne die Absicht des FDP Abgeordneten Pfleiderer. in nächster Zeit in die Sowietunion zu fahren, um dort mit sowietischen Stellen Kontakt zu suchen, scharf ab
In alliierten Kreisen Bonns ist die Stellungnahme der Bundesregierung als eine eindeutige Klärung der Situation begrüßt worden. Man müsse die weitere Entwicklung abwarten.
zusammensetzt, beriet am Freitag vier Stunden lang über die Maßnahmen, die zur schnellen Verstärkung der in Indochina kämpfenden Truppen der französischen Union getroffen werden sollen. Die Sitzung des Verteidigungsausschusses, zu der auch der Chef des Vereinigten Generalstabes, General Paul E1 y, und die Chefs der Generalstäbe von Heer, Marine und Luftstreitkräften hinzugezogen wurden, war geheim.
Aus informierten Pariser Kreisen verlautet, daß eine Reihe von Maßnahmen erörtert wurden, zwischen denen die französische Regierung zur Verwirklichung ihrer Pläne wählen kann Dazu gehören Aufrufe zur freiwilligen Meldung nach Indochina, ein Ausbau dei Fremdenlegion durch eine entsprechende Verstärkung der Werbetätigkeit und eine kurzfristige Verlängerung der Dienstzeit, sowie die Einberufung von Reservisten, die eine bestimmte Fachausbildung genossen haben
Außer der sofortigen Entsendung
der noch verfügbaren Berufssoldaten nach Indochina werden alle Maßnahmen, zu denen sich die französische Regierung entschließen wird, erst dann durchgeführt werden, wenn die Konferenz in Genf ergebnislos zu Ende gehen sollte.
450 Verwundete treigeseben
HANOI. Die ersten französischen Verwundeten aus der in die Hände der Kommunisten gefallenen Festung Dien Bien Phu sind am Freitagnachmittag mit Hubschraubern in Luang Prabang eingetroffen, von wo aus sie sofort mit Dakota-Transportmaschinen nach Hanoi gebracht wurden
Der kommunistische Vietminh hat dem Leiter des Verwundetentransports, F^söfessor Pierre H u a r d. den Abtransport von 450 der etwa 200(1 Verwundeten zuaestanden Es wurde jedoch angedeutet daß später neue Verhandlungen geführt werden könnten.
schlugen sie darum Wahlen vor und forderten den Abzug der UN-Streitkräfte aus Südkorea, in der Berechnung, daß dann im koreanischen Raum zum wenigsten ein Drittel der Wähler für den Kommunismus sich entscheiden würde. Insofern dort drüben überhaupt noch eine Demokratie in Frage käme, so würde sie das Aussehen der Satellitendemokratien haben, die sich heute westwärts von Moskau befinden. Die führende Macht des Westens hat darum diese Vorschläge nicht angenommen, denn sie würde Korea verloren haben und der zweijährige Interventionskrieg wäre umsonst geführt gewesen. Es besteht kaum ein Zweifel, welche Macht in Korea bei diesem Ergebnis in Wirklichkeit politischer Sieger genannt werden kann, wenngleich vorerst die Grenzen unverändert bleiben.
Die diplomatische Begegnung im Falle Indochinas stand ganz im Schatten des militärischen Sieges der Kommunisten. Die Franzosen bemühen sich, Pläne der Konferenz vorzulegen. die von dem gestörten militärischen Gleichgewicht in ihrer Kolonie so wenig wie möglich Notiz nehmen. Sie tun so, als wären sie noch Herren des Landes. In Wirklichkeit sind noch'einige feste Plätze und Küstenorte in ihrem Besitz. Das flache Land jedoch haben die Vietminh so vollkommen in ihrer Gewalt, daß sich die Franzosen nur noch bei Tage und in unmittelbarer Umgebung ihrer Stützpunkte sehen lassen können.
Die Konferenz erweist die Schwierigkeit von Verhandlungen über ein Land, das militärisch bereits verloren ist. Optimismus bedeutet in diesem Falle Feigheit.
Will man zu einem Ergebnis kommen, so müßte zunächst der Mut aufgebracht werden, klar zu sehen, daß die Ansprüche Frankreichs, sich in Indochina durchzusetzen, in einem krassen Mißverhältnis stehen zu seinem Verteidigungs und Selbstbehauptungswillen.Man wird den niederdrückenden Gedanken nicht los- die Demokratien vermögen um Positionen, die für sie politisch wichtig
Fortsetzung auf Seite S
Heiter und trocken
Bericht des Wet<eramtes Stuttgart
Die ausgedehnte Hochdruckzone, die sic* von den Azoren über Schottland und Skandinavien nach Nordosten erstreckt, schwächt sich ab Ihr Einfluß bleibt jedoch in unserem Raum noch vorherrschend, so daß zunächst keine stärkeren Storungen iihergreifen können. Heute heiter bis teich! bewölkt, trocken Mittags- temperatnren um Grad, nachts nur in ungünstigen Lagen geringer Bodenfrost möglich Morgen etwas wolkiger, aber mei«*t noch niederschlagsfrei. mäßig warm.
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