Verlagsort Calw

CALWER ZEITUNG

HEIMATBLATT TUE

STADT UND LAND

AMSTAG, 8. MAI 1954

AMTS BLA TT FÜR DEN KREIS CALW

Gegründet 1826 / Nr. 186

Dien Bien Phu gefallen

Laniel:Strategische Aufgabe erfüllt" / Kurzer aber erbitterter Endkampf

PASIS. Die Festung Dien Bien Phu ist nach 56tägigem Ringen am Freitag- Bachmittag gefallen. Ministerpräsident Laniel gab den Fall der helden­mütig verteidigten Festung in der französischen Nationalversammlung be­kannt. Gleichzeitig veröffentlichte das französische Oberkommando in Saigon inen Tagesbefehl, in dem es heißt:Dien Bien Phu hat die ihm vom Ober­kommando gestellte Aufgabe erfüllt.

Die kommunisti- ehen Vietminh waren am Freitag­morgen von drei Seiten zum Gene­ralangriff auf die auf engstem Raum lusamm engedräng­ten Verteidiger an- getreten. Nach kur- *um aber erbitter ten Kämpfen über rannten sie die de castries Stellungen im Süd-

westen der Festung und stürzten sich mit wildem Geschrei auf den Befehls­bunker General de Castries. In letzter Minute angesetzte Gegen­

angriffe der Fremdenlegionäre blie­ben erfolglos

Nach den bisher vorliegenden Mel­dungen hält sich noch immer das kleine FortIsabelle, sechs Kilome­ter südlich der eigentlichen Festung, das bereits seit Wochen abgeschnitten war. Einer der letzten Befehle Gene­ral de Castries anIsabelle lautete, das Fort solle ohne Rücksicht auf Ver­luste das Feuer auf die Hauptfestung eröffnen.

Über das Schicksal der 14 000 Ver­

teidiger, unter ihnen viele deutsche Fremdenlegionäre, liegen noch keine Nachrichten vor.

In der Luft explodier!

HANOI. Die zivile amerikanische LufttransportgesellschaftCAT, die im Auftrag des französischen Ober­kommandos Nachschubgüter nach Dien Bien Phu flog, hat mitgeteilt, daß eins ihrer Flugzeuge vom TypFlie­gender Güterwagen über der Festung explodiert ist. Die Explosion ist offen­sichtlich auf einen Volltreffer der kommunistischen Flakbatterien zu­rückzuführen. Die drei Insassen, zwei amerikanische Piloten und ein Fran­zose, fanden den Tod.

USA: Kein Endsieg der Vietminh

Reaktionen zum Fall Dien Bien Phus / Dehler: Ein Rückschlag

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Eines der letzten Bilder aus der in den Morgenstunden des Freitags über­rannten französischen Dschungelfestung Dien Bien Phu: Ein Fremden­legionär legt auf dem Schlachtfeld seinem vietnamesischen Kameraden einen Notverband an. Das Schicksal der Schwerverwundeten in der vollkommen ab­geschlossenen Festung war bisher schon furchtbar, jetzt nach dem Fall ist es fast aussichtslos Bild: Keystone

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Bitterer Lorbeer

Von Hermann Renner

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Die Militärrevolte in Paraguay ist nach Mitteilung von Reisenden, die in Buenos Aires eintrafen, mit der Bil­dung einer achtköpfigen Regierungs- Junta unter Einschluß des bisherigen Präsidenten Chaves beendet worden.

Die italienische Abgeordnetenkam­mer fordert in einer Resolution das Verbot der Kriegführung mit atoma- len, chemischen und biologischen Waf­fen.

Der zweite Bundesparteitag des Ge­samtdeutschen Blocks/BHE begann am Freitag in Bielefeld mit internen Sit­zungen des Bundesvorstandes.

Zum neuen Präsidenten des Montan- Parlamentes wird aller Voraussicht nach der frühere italienische Mini­sterpräsident de Gasperi am Dienstag in Straßburg gewählt werden.

Der Oberbefehlshaber der sowjeti­schen Besatzungstruppen in Deutsch­land, Gretschko, ist nach einem über­raschenden Besuch in Westdeutschland wieder in die Sowjetzone zurückgekehrt.

WASHINGTON. Der republikani­sche Fraktionsführer im USA-Senat, Senator Knowland, sagte am Freitag in Washington, der Fall von Dien Bien Phu bedeutekeinen Sieg der totalitären Mächte in Indochina. Der demokratische Senator G i 11 e t - t e erklärte, es seieine schlechte Nachricht, aber keine militärische Ka­tastrophe.

Als Symbol der Entschlossenheit der freien Welt, der diktatorischen Aggression zu widerstehen, werde der Kampf der französischen Streit­kräfte in der jetzt gefallenen Festung Dien Bien Phu für immer bestehen bleiben, erklärte Präsident Eisenho- wer am Freitag.

In der Bundeshauptstadt Bonn hat die Nachricht von dem Fall Dien Bien Phus tiefe Bewegung ausgelöst. In Kreisen, die der Bundesregierung nahe stehen, wurde darauf hingewie­sen, daß jetzt ein Kampf zu Ende ge­gangen sei, der von den Verteidigern unterunvergleichlich schweren Be­

dingungen ausgefochten werden mußte.

Eine offizielle Stellungnahme von seiten der Bundesregierung ist aller­dings vorerst nicht zu erwarten.

Der FDP - Bundesvorsitzende Dr. Thomas Dehler nannte den Fall von Dien Bien Phuerschütternd. Der Westen habe damit einenentschei­denden Rückschlag" erlitten.

Post für Legionäre

BONN. Angehörigen von Fremden­legionären, die in Indochina in die Hände der Vietminh gefallen sind, ist es jetzt möglich, mit den Gefan­genen brieflich in Verbindung zu tre­ten. Wie das Deutsche Rote Kreuz am Freitag in Bonn mitteilte, haben sich die Vietminh nach Verhandlun­gen mit dem Kriegsgefangenen- Nachforschungsdienst des Internatio­nalen Roten Kreuzes bereiterklärt, Briefpost für die Gefangenen zuzu­lassen.

schüttelte, betonte, daß die Entwürfe sowohl im Interesse der Bundesbahn als auch in dem des Straßenverkehrs und des Ausbaues der Straßen liegen.

In seinen Abänderungsanträgen empfahl der Bundesrat, die Straßen­bahn aus der Beförderungssteuer herauszunehmen, und den Verkehr mit Milch und Milcherzeugnissen im Güternahverkehr ebenfalls von dieser Steuer zu befreien. Hinsichtlich der von der Regierung vorgeschlagenen Heraufsetzung der Mineralölsteuer, der Senkung der Pkw-Steuer und der Neuordnung der Steuern für Lkws folgte die Ländermehrheit im wesent­lichen den Vorschlägen der Regie-

HAMBURG. Bei strahlendem Son­nenschein feierte Hamburg am Frei­tag den Überseetag, den 756 Geburts­tag seines Hafens, bei dem Bundes­kanzler A d e n a u e r auf einer Presse­konferenz erstmals die Möglichkeit der Aufnahme diplomatischer Be­ziehungen zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik einräumte, wenn die gegenwärtige Situation und Notwendigkeit es gestattet

Adenauer machte diese Bemerkung auf die Frage ob in Anbetracht des intensivierten Handelsverkehrs zwi­schen den beiden Staaten nicht auch an die diplomatische Fühlungnahme gedacht sei Auf die weitere Frage, was er von einer Anerkennung Rot Chinas durch die Bundesrepublik halte, sagte er nur es dürfte Peking ziemlich gleichgültig sein ob Bonn es anerkenne oder nicht.

In einer großen weit- und wirt- schaftspoTitischen Rede vor 2008 Gä­sten des Überseeclubs auf dem Ge-

Dien Bien Phu hat die ihm gestellte Aufgabe erfüllt, erklärte Frankreichs Ministerpräsident Laniel gestern vor der Nationalversammlung in Paris, als er den Delegierten den Fall der Dschungelfestung bekanntgab. Hat seine Aufgabe erfüllt... Was soll das heißen, hat die Sechste Armee in Sta­lingrad etwa ihre strategische Aufgabe erfüllt? Ist es ihre Aufgabe gewesen, sinnlos in den Schneewüsten an der Wolga zu verbluten, war es Aufgabe des französischen Expeditionskorps in Indochina, in der versumpften Tal­senke von Dien Bien Phu aufgerieben zu werden?

Der französische Oberkommandie­rende in Indochina, General Navarre, wird darauf verweisen, daß die Viet­minh, wären sie nicht vor Dien Bien Phu monatelang gefesselt worden, nach Laos und Kambodscha vorgesto­ßen wären, die bisher vom Kampfe verhältnismäßig verschont geblieben sind. General Giap aber, sein kommu­nistischer Gegenspieler, kann bemer­ken, daß er derartige Vorstöße zwar zweifellos unternommen hätte, daß er aber angesichts der Gelegenheit, die gesamte bewegliche Reserve der Uni­onstruppen in einem Schlammloch zu fangen, diese Chance gerne allen Teil­offensiven vorgezogen habe. Und Giap behält recht.

Der Fall von Dien Bien Phu ist für das französische Expeditionskorps eine Katastrophe, für die Position des weißen Mannes in Asien ein Erdbeben, für den Kommunismus ein Triumph.

Als 1900 die Chinesen sich im so­genannten Boxeraufstand erheben und einige Europäer erschlugen, er­schien alsbald ein Detachement der Kolonialmächte und erstickte die Re­bellion in Blut und Feuer. China war

lande der Hamburger Esso-Raffinierie hob der Kanzler dann erneut hervor, daß die Vereinigung Europas und des geteilten Deutschlands weiter die Grundprobleme der Bundesregierung seien.

Würmeling griff daneben

HAMBURG. Adena uer hat am Freitag in Hamburg versichert, die Abstimmung der FDP Bundestags­fraktion gegen den Etat des Familien­ministers r m e 1 i n g sei ein Pro­test gegen gewisse Äußerungen des Ministers nicht eine grundsätzliche Ablehnung seines Ministeriums Wür- meling habein manchem daneben gegriffen, das stehe außer Frage. Persönliche Mißgriffe in der Aus- drurksweise sollte man niehc

zum Anlaß zu derartigen Deman- «trstünmen inner halb <der Begierungs- koalition nehmen.

wehrlos, so wie Indien, Indonesien, Indochina. Freiheit konnte nicht mit der Waffe errungen, sondern allen­falls aus der Hand des weißen Man­nes empfangen werden bis zu Dien Bien Phu! Nachdem in Korea Mac Arthurs Panzerkolonnen am Yalu von Asiaten zurückgeschlagen und der chinesisch-amerikanische Krieg schließlich mit einem Remis vorläu­fig beendet worden war. gelang nun in Indochina das für Asien Unerhörte: Ein weißes Heer wurde in offener Schlacht vernichtend geschlagen. Die Wirkung auf die Asiaten und nicht nur auf die kommunistischen Chine­sen, sondern auch auf die Neutralen und letzten Endes selbst auf die noch vom Westen abhängigen Länder muß ungeheuer sein.

Die Wirkung auf die Verhandlun­gen in Genf ist nur insofern geringer, als die militärische Schwäche Frank­reichs schon bisher offenbar war und die kommunistische Seite ohnehin Forderungen stellte, die auf Sicht einer Aufgabe Vietnams gleich­kommen.

Und schuldig an dieser Katastro­phe? Natürlich, bis zu einem gewis­sen Grad die Chefs der militärischen Operationen, die die Schlagkraft der Vietminh in bestürzender Weise un­terschätzt haben so, wenn sie glaubten, zur Luftversorgung eines eingeschlossenen Stützpunktes fähig zu sein, und übersahen, daß der Geg­ner mit seiner radargesteuerten Flak den Versorgungsstrom auf einen Bruchteil reduzieren konnte, so, wenn sie die Vietminh für unfähig hielten, eine Materialschlacht zu schlagen und dann feststellen mußten, daß die Feldartillerie der Kommunisten der französischen derart überlegen war, daß der Artillerie-Kommandeur von Dien Bien Phu Selbstmord verübte. Trotzdem, das sind Fehler, wie sie in Kriegen Vorkommen Dahinter je­doch erhebt sich riesengroß die Schuld der französischen Parlamen­tarier und Kabinette. Sie trugen die Verantwortung für das Schicksal ihrer Soldaten. Jedes der gewiß zahl­reichen Parteihauptquartiere in Paris sah wahrscheinlich schon seit Jahren und sicher seit Monaten, was kom­men mußte. Aber keines hatte den Mut. daraus nun Konsequenzen zu ziehen, obwohl diese Konsequenzen auf der Hand lagen. Für Frankreich gab es nämlich die ganze Zeit nur zwei Möglichkeiten: Entweder mußte Fortset7ime auf 2

Vie fach heiter

Bericht des Wetteramtes «rutiearl Unser Gehiet liegt am Ostrand eines H«chs. das sich von Frankreich in nordöstlicher Richtung verlagert Heute 4m Weste» 'vielfach heiter, im Osten noch woikäe- Nierier- achlagsürei. Höchsttemperaturen um 15 GraA. nachts örtlich leichter Bo­denfrost Morgen IPreundiirh. etwas wärmer.

ßundesrat billigt Verkehrsgesetz-Entwürfe

Doch wird der Bundestag Seebohms Plänen noch Schwierigkeiten machen

Von unserer Bonner Redaktion

BONN. Die Entwürfe des Straßen- entiastungsgesetzes und des Verkehrs­finanzgesetzes wurden am Freitag im ersten Durchgang vom Bundesrat ge­billigt und an den Bundestag weiter­geleitet. Die von der Mehrheit der i.änderregierungen angenommenen Abänderungsanträge verändern nicht die Konzeption der beiden Gesetze, die vor dem Bundesrat von Bundes­verkehrsminister Dr. Seebohm in Anwesenheit führender Vertreter der Bundesbahn und der Kraftverkehrs- Wirtschaft erfolgreich vertreten wur­den.

Die Entscheidung über die Gesetze hegt nunmehr beim Bundestag, wo die von Seebohm und Finanzmini- ster S c f f e r ausgearbeiteten Ent­würfe auf erheblichen größeren Wi­derstand stoßen werden, vor allem soweit sie eine größere Belastung des Güterverkehrs auf der Straße ent-

Rußland abgewieseu

LONDON. Die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich haben am Freitag das Angebot der Sowjet­union, der Nordatlantikpakt-Organi- satien beizutreten, in gleichlautenden Noten abgelehnt. In den Noten wird nach Mitteilung aus offiziellen briti- schen Kreisen ausführlich dargelegt, daß die von der Sowjetunion gemach­ten Sicherheitsvorschläge gegenwärtig m keiner Weise die freie Partnerschaft gleichgesinnter Staaten ersetzen könn­ten.

Butler: Platz für zwei

R ^ er britische Schatzkanzler

r 1 er * st am Freitagmorgen

nt Einladung von Bundeswirtschafts­inister Erhard zu einem dreitägigen esuch in Bonn eingetroffen Bei seiner Ankunft auf dem Kölner

halten. Der niedersächsische Wirt­schaftsminister A r e n s betonte als Berichterstatter, daß die Gesetzent­würfe das Ziel haben, die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen, den Straßenbau zu fördern und zwischen Schiene und Straße eine organische Verkehrsteilung herbeizuführen. Der bayerische Staatssekretär Ringel- mann erklärte, Untätigkeit sei an­gesichts des bestehenden Chaos auf dem Verkehrssektor nicht mehr zu verantworten.

Verkehrsminister Seebohm führte aus, das vorgesehene Verbot des Transports von Massengütern im Stra­ßenfernverkehr bedeute keine Ge­fährdung der Kraftiferkehrswirtschaft. Seebohm, dessen Freude über seinen ersten Erfoig auch zum Ausdruck kam, als er nach der letzten Abstim­mung Bundesratspräsident Zinn mit lachendem Gesicht spontan die Hand

riauptbahnhof erklärte Butler vor Pressevertretern, sowohl Großbritan­nien als auch die Bundesrepublik hät­ten das gemeinsame Interesse, ihre Exportmärkte so weit wie möglich auszubauen, und seien daher zwangs­läufig Konkurrenten. Aber für beide Länder sollte eigentlich genügend Raum vorhanden sein, um wirtschaft­lich zu gedeihen.

Heute Indoehina

GENF Wenige Stunden nach dem Fall von Dien Bien Phu stand am Freitagabend in Genf fest, daß die In- dnchina-Verhandlungen am Samstag beginnen können Der sowjetische Außenminister Molotow erklärte auf der Sitzung des Korea-Ausschus­ses, daß dieser Ausschuß am Samstae nicht tagen werde,weil die Konfe­renz unter Umständen das Problem Indochina erörtern möchte.

rung.

Beziehungen zu Moskau?

Kanzler deutet in Hamburg künftige Entwicklungen an