WIRTSCHAFT
Ausschaltung von Preismechanlsmus und Konkurrenz
Eine volkswirtschaftliche Analyse der Kartellprobleme / Regelung von Absatzbedingungen
VonDr. Herbert Kleinschmidt
Nach den heftigen Auseinandersetzungen zwischen der „Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft" und dem „Bundesverband der Deutschen Industrie" bzw. deren Repräsentanten, Prof. Erhard und Fritz Berg, ist es um den Kartellstreit, zu dem wir seinerzeit in einem Leitartikel Stellung genommen haben, ruhiger geworden. Die Debatten werden aber neu aufleben, wenn die Gesetzesvorlage demnächst im Bundesrat zur Behandlung kommt. Zum allgemeinen Verständnis der diffizilen Materie gibt unser wirtschaftspolitischer Mitarbeiter, Dr. Herbert Kleinschmidt, eine volkswirtschaftliche Analyse der zur Diskussion stehenden Probleme. (D. Red.)
Kartelle sind Vereinigungen von Unternehmern gleicher Produktionszweige zum Zwecke gemeinsamer Regelung der Absatzbedingungen. Durch Einschränkung der Tauschfreiheit ihrer Mitglieder erstreben sie stets eine monopolistische Beherrschung des Marktes, um die Gewinne der angeschlossenen Betriebe zu sichern und zu steigern. Es sind also typische ökonomische Machtkörper, die den Preismechanismus auszuschalten und die freie Konkurrenz zu unterbinden suchen. In der Hauptsache unterscheidet man vier Kartellarten: Preiskartelle, Konditionenkartelle, Kontingentierungskartelle und Syndikate.
Das einfache Preiskartell Die lockerste Organisation ist das einfache Preiskartell, das auf die Angebotsmenge keinen Einfluß nimmt und den Mitgliedern lediglich Mindestpreise vorschreibt. Konditionenkartelle regeln neben den Preisen auch die Verkaufsbedingungen: Rabatte, Zahlungsfristen, Liefertermine, Berechnung der Verpackung und dergleichen mehr. Kontingentierungskartelle begnügen sich nicht mit Preis- und Verkaufsvereinbarungen, sondern begrenzen darüber hinaus auch die Produktionsmengen der beteiligten Firmen und teilen ihnen, je nach Kapazität, feste Verkaufsquoten zu. Sie greifen also schon sehr weit in die Individualsphäre ihrer Mitglieder ein. Noch ausgeprägter ist die Beschneidung der Handlungsfreiheit bei der straffsten Unternehmerzusammenfassung, dem Syndikat, das den gesamten Absatz der beteiligten Betriebe durch ein gemeinsames Verkaufsbüro regelt.
Die übrigen Formen Die übrigen Formen — Rationalisie- rungs-, Export-, Krisen- und ähnliche Kartelle — sind nur Abarten der genannten vier Organisationen, die, wie schon ihre Namen besagen, aus einem spezifischen Anlaß und gewöhnlich nur für eine befristeten Zeitraum ins Leben gerufen werden, aber ebenfalls immer in der Absicht, den Punkt der höchstmöglichen Reineinnahmen ihrer Mitglieder zu erklimmen. Die Kartelle würden ihren Sinn und ihre Existenzberechtigung auch verlieren, wenn sie von diesem Ziel abweichen und sich nicht bemühen würden, den Gewinn der Unternehmer über *den bei freiem Wettbewerb optima] erreichbaren Satz zu erhöhen.
Die Gegenargumente Die hauptsächlichsten Vorwürfe, die den Kartellen von fast allen namhaften Nationalökonomen gemacht werden, und die zugleich die Argumente der Kartellfreu'nde widerlegen, basieren auf drei Erwägungen:
1. Die Kartelle stören den Marktautomatismus und sind deshalb Fremdkörper in der Konkurrenzwirtschaft.
2. Sie halten oder treiben die Preise einseitig hoch und sind volkswirtschaftlich schädlich, da sie
3. durch Monopolcharakter einen Konsumverzicht erzwingen, der die richtige Proportionalität der Güterverteilung beeinträchtigt.
Nur der freie Marktpreis Zu 1. Es ist unbestritten, daß nur der freie Marktpreis ein schlüssiges Urteil über die jeweilige Marktlage zuläßt. Er allein deutet an, ob das Güterangebot zu groß, ausreichend
oder zu klein ist. Der manipulierte Preis verdeckt hingegen diese Situation und vermag deshalb leicht ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu stabilisieren. Die kartellierten Unternehmer müssen zwar — sofern sie kein absolutes Angebotsmonopol besitzen — das Preisbarometer respektieren, werden aber immer versuchen, über den Marktpreis hinauszugehen. Bei sinkender Konjunktur birgt diese Tendenz keine geringe Gefahr. Wenn die Kartelle dann an ihren Forderungen, evtl, noch durch hohe Zölle geschützt, festhalten, die Konsumenten aber die bisherigen Preise nicht mehr zahlen können, wird nämlich die einsetzende Depression sprunghaft verschärft. Da der Kartellpreis obendrein der gebundene Preis eines Kollektivs ist, widerspricht er grundsätzlich den Erfordernissen einer sozialen Marktwirtschaft, die sich an individuellen Leistungen und dem schöpferischen Wirken freier Menschen orientiert.
ohne schriftliche Fixierung und ohne rechtliche Bindung geschlossen werden. Bedauerlicherweise haben die verantwortlichen deutschen Wirtschaftspolitiker damals versäumt, diese ungeheuerlichen Vorgänge zu ahnden.
Kartellpreis stets über Marktpreis
Zu 2. Es ist gewiß, die Erfahrung hat es bestätigt, daß die Kartellpreise stets über den Marktpreisen liegen. Das entspricht, wie wir sahen, an sich dem Zweck und dem Wesen der ökonomischen Machtkörper. Aber noch ein zweiter Umstand führt zu der einseitigen Hochhaltung und dem Höherschrauben der Kartellpreise. In der freien Marktwirtschaft tendieren die Preise nach den Kosten des am rentabelsten arbeitenden Unternehmens. In Krisenzeiten müssen die Betriebe mit höheren Kosten aus dem Wettbewerb ausscheiden. Das ist der natürliche Ausleseprozeß einer gesundenden Volkswirtschaft. In einer kartellierten Produktion bilden sich die Preise jedoch nach den Grenzkosten des unwirtschaftlichen Betriebes, da es das Bestreben aller kartellierten Unternehmer des gleichen Produktionszweiges ist, nicht unter die Deckung der höchsten Produktionskosten herunterzugehen. In Hochkonjunkturen treiben die „Grenzwerke“ die Preise also unverhältnismäßig nach oben, in der Depression verhindern sie ihr Fallen und verlängern damit die Krise. Der am besten durchrationalisierte Betrieb sichert sich dabei, je nach seinem Produktivitätsgrad, eine kleinere oder größere Kartellrente, und die Kosten zahlt der Konsument. „Während in der freien Konkurrenz um den Kunden gekämpft wird“, schreibt Bülow sehr richtig, „bedeutet das Kartell den vereinten Kampf gegen den Kunden.“
Verbrauch wird eingeschränkt • Zu 3. Kraft des monopolistisch erhöhten Preises wird der Verbraucher gezwungen, seinen Konsum einzuschränken und — in gewissem Umfang — auf sonstige, begehrte Waren zu verzichten. Dadurch wird der Kapitalstrom zu Lasten anderer Produktionszweige bevorzugt in die kartellgeschützte Fertigung gelenkt. Das kann zu Rentabilitätsverbesserungen in dieser Branche, aber auch, wie die Praxis gelehrt hat, zu gefährlichen Fehlinvestitionen führen. Auf alle Fälle entgehen den übrigen Erzeugungszweigen auf diese Weise erhebliche Produktionsmittel. und die Konsumgüterversorgung wird im ganzen mehr oder weniger stark beeinträchtigt.
Träger privater Macht Die Kartelle als Träger privater Macht sind aber auch imstande, feier
lich garantierte Freiheitsrechte zu beschneiden. Vor dem ersten Weltkrieg hatte zum Beispiel ein Zementhändler auf Grund der Gewerbefreiheit zwar das Recht zur Ausübung seines Berufes. Er mußte seinen Betrieb jedoch schließen, wenn das Zementsyndikat ihn aus irgendeinem Grund sperrt und jegliche Lieferung ablehnte. Eine ähnliche Freiheitsbeschränkung liegt vor, wenn Kartelle Außenseiter zum Beitritt zwingen. Oder wenn, wie es — noch oder schon wieder — 1950, nach dem Ausbruch des Koreabooms, geschah, Produktionsfirmen ihre Kunden mit Lieferboykott bedrohen, falls sie sich nicht gefügig zeigten. Das ereignete sich zu einer Zeit, als Kartellvereinbarungen offiziell sogar strikte verboten waren. In Wirklichkeit bestanden aber offenbar doch „stille“ Abreden, sogar „Telefonkartelle" — so bezeichnet man Abkommen, die ad hoc,
„Steuer gegen Mittelstand“
FRANKFURT. Auf der Bundestagung des deutschen Groß- und Außenhandels in Frankfurt bezeichnete Präsident D i e t z die in der Steuerreform geplante Umsatzsteuererhöhung für den Großhandel als eine „Steuer gegen den Mittelstand“, der die stärksten Wähler der derzeitigen Regierung gestellt habe. Insgesamt sei die Steuerreform eine große Enttäuschung gewesen. Ferner wandte sich Dietz gegen die „zunehmende Vergenossenschaftung der deutschen Wirtschaft“. Die Genossenschaften müßten auf ihre ursprünglichen Selbsthilfeeinrichtungen zurückgeführt werden.
Neue „Markenmilch“
STUTTGART. Mitte Mai wird eine Verordnung des baden-württembergischen Landwirtschaftsministeriums und des Innenministeriums in Kraft treten, die genaue Vorschriften über „Markenmilch“, eine neue, besonders sorgfältig gewonnene und behandelte Flaschenmilch mit 3,5 Prozent Fettgehalt, enthält. Die neue Markenmilch stammt nach der Verordnung ausschließlich aus
Firmen und Unternehmungen
LUDWIGSBURG. 3# Jahre GdF Wüsten- rot. — In einer Feierstunde in Ludwigsburg konnte die führende deutsche Bausparkasse, die Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot, auf ihr dreißigjähriges Bestehen zurückblicken. In Anwesenheit von Ministerpräsident Dr Gebhard Müller, Finanzminister Frank, Dr. Hundhammer, Präsident Dr. Schmid vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen und zahlreichen Persönlichkeiten aus Finanz und Wirtschaft wurde gleichzeitig ein umfangreicher Erweiterungsbau der GdF seiner Bestimmung übergeben. Der Leiter der Bausparkasse, Dr. Schuon, der zum Generaldirektor ernannt wurde, und weitere Redner würdigten die Bedeutung der Bausparkasse, deren Bilanzsumme seit der Währungsreform von 28 auf z. Z. über 400 Millionen DM gestiegen ist. In 24 Jahren wurden 384 Millionen DM Baugelder bereitgestellt und seit der Währungsreform allein über eine halbe Milliarde DM. Präsident Dr. Schmid nannte die GdF, die seit dem 21. Juni 1948 über 46 000 Wohneinheiten geschaffen hat, ein Bollwerk gegen die Lebensangst. Die Stadt Ludwigsburg benannte eine Straße nach dem Gründer der GdF, Georg Kropp.
landwirtschaftlichen Betrieben, deren gesamter Rinderbestand frei von ansteckenden Krankheiten, vor allem Tuberkulose, ist und unter ständiger tierärztlicher Kontrolle steht. Die neu« Milchsorte wird in Flaschen abgefüllt; die einen goldfarbenen Verschluß tragen und wird voraussichtlich zu einem Literpreis von 64 Pfennigen verkauft
Lübke: Verstärkter Einfuhrdrude
Auch auf Agrarsektor bei fortschreitender europäischer Integration
MÜNSTER. Bundesernährungsminister Lübke kündigte am Dienstag in einer Ansprache vor dem internationalen Genossenschaftstag in Münster einen verstärkten Einfuhrdruck auf die westdeutschen Agrarmärkte bei Fortschreiten der wirtschaftlichen und politischen Integration Europas an. Der Minister wies aber gleichzeitig darauf hin, daß ein gemeinsamer europäischer Markt auch erhöhte Ausfuhrchancen für die deutsche Landwirtschaft mit sich bringe.
Um die Bildung eines vereinigten Europas nicht von seiten der Landwirt-
Sport.
Geländeprüfung sieht im ttliifetpunkt
Vier Tage internationaler Reitsport mit Military in Tübingen
Wegen des über Erwarten guten Nennungsergebnisses von über 210 Pferden für die zahlreichen und vielseitigen Konkurrenzen des Tübinger Reitturnieres und der Military mußte der Beginn der großen reitsportlichen Tage schon auf Donnerstag, dem 6. Mai vorverlegt werdqn. An diesem Tag wird nachmittags im Universitätsstadion ein Jagdspringen Klasse L, das im Rahmen der Vielseitigkeitsprüfung Tübin- gen-Münsingen gewertet wird, den Auftakt bilden. Der Freitag beginnt mit der Dressurprüfung der Olympiade-Military. Es folgen Dressurprüfungen der Klasse M und Jagdspringen der Klasse L. Die sportlichen Veranstaltungen schließen an diesem Tag mit einem Jagdspringen der Klasse M, bei dem allein annähernd 100 Pferde über den Parcours gehen werden. Im Mittelpunkt des Samstagvormittag stehen die Geländeprüfungen für die Olympiade-Military in der Nähe von Tübingen, die an Pferd und Reiter die höchsten Anforderungen stellen werden. Der Nachmittag beginnt mit einem M-Springen mit anschließendem Stechen und schließt mit einer Dressurprüfung der Klasse M. Eine Eignungsprüfung für Jagdpferde Klasse L und die Dressurprüfung Klasse S werden am Sonntagvormittag durchgeführt. Die abschließenden Höhepunkte am Nachmittag im Universitätsstadion sind u. a. das
Amazonenjagdspringen, das Jagdspringen für die Olympiade-Military, Dressurprüfung Klasse S sowie ein schweres Jagdspringen der Klasse Sa.
Mit Ausnahme der zur Zeit in Rom startenden deutschen Equipe werden fast alle deutschen Spitzenreiter und Reiterinnen in den Hauptkonkurrenzen zu sehen sein. Die Silbermedaillengewinner von Helsinki, Klaus Wagner und Otto Rothe, werden sowohl an der Military wie auch an den Springkonkurrenzen teilnehmen. Ebenso auch Marltha Wörner. Bei den Jagdspringen wird sich das Hauptinteresse auf den Springderbysieger Schmidt, den Rheinländer Pryzybilski, die Amazonen Wörner und Fellgiebel, auf den amerikanischen Major Rüssel, und auf die Franzosen Cpt. Beaufort, Lt. Fombella und Frangois- Poncet konzentrieren.
Endgültige Totogewinne
West - Süd - Block: Zwölferwette : 1. Rang je 20 275.50 DM, 2. Rang Je 719.50 DM, 3. Rang je 61.50 DM; Zehnerwette: 1. Rang je 2075.60 DM, 2. Rang Je 93.10 DM, 3. Rang je 9.80 DM.
Nord-Süd-Block: Elferwette: 1. Rang je 313 DM, 2. Rang je 19.30 DM, 3. Rang je 2.80 DM; Neunerwette: l. Rang je 67.50 DM, 2. Rang Je 5.50 DM.
sekaft zu behindern, müsse die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Landwirtschaft soweit gesteigert werden, daß sie sich auf dem gemeinsamen Markt behaupten könne, sagte der Minister. Die ländlichen Genossenschaften sollten sich daher auf eine vermehrte Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen vorbereiten.
An dem Genossenschaftstag nahmen 120 führende Vertreter des Genossenschaftswesens aus zwölf europäischen Ländern teil.
82,6 Mrd. OM Kapitalforderung
Schaffer vor CSU-Wirtschaftsbeirat
MÜNCHEN. Bundesfinanzminister Fritz Schäffer bezifferte am Montag in einer Rede vor dem Wirtschaftsbeirat der CSU den Kapitalanspruch aller Interessenverbände, die für Kriegsfolgen entschädigt werden wollen, auf bisher 82,6 Milliarden DM. Diesen Anspruch zu tilgen und zu verzinsen würde den Steuerzahler jährlich mit 5,37 Milliarden DM belasten. Eine solche Zahlung würde die Leistungskraft des deutschen Volkes weit übersteigen und sozial durch nichts gerechtfertigt sein.
DM-Wechselkurse
Die folgenden DM-Wechselkurse sind tägliche Frankfurter Devisennotierungen (Geld): ausgedrückt in DM für Je 100 Einheiten der aufgeführten ausländischen Währungen.
3. 5.
4. 6.
USA-Dollar.
419,50
419,50
Kanadischer Dollar . .
425,40
425,90
Schweiz. Franken (frei)
97,89
97,90
Schweiz. Franken (verr.)
95,93
95,97
Englisches Pfund . . .
1175,5
1176,2
Französischer Franken
1,1915
1,1919
Holländischer Gulden .
110,29
110,40
Belgischer Franken . .
8,352
8,357
Schwedische Krone . .
60,65
80,69
Dänische Krone . . /
60,43
60,50
58,77
Norwegische Krone . .
58,75
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