HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND

CALWER ZEITUNG

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AMTSBLATT FÜR DEN K41EIS CALW

Gegründet 1826 / Nr. 102

DIENSTAG, 4. MAI 1954

Jetzt Indochina-Verhandlungen

Molotow gibi nach und lädt die Vietminh nach Genf ein / Scharfe Angriffe Fyun Yung tais

GENF. Zu Beginn der zweiten Woche der Genfer Asienkonferenz hat sich die Indochinafrage in den Vordergrund geschoben, nachdem der amerikani­sche Außenminister D u 11 es und der australische Außenminister Casey Genf bereits am Montagvormittag verlassen haben.

Das letzte Hindernis rür den Beginn der Indochinabesprechungen wurde am Montagvormittag aus dem Wege geräumt, da sich die Sowjetunion nach wiederholten Vorstellungen Frank­reichs damit einverstanden erklärte, den kommunistischen Vietminh zur Teilnahme an der Indochinakonferenz

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Marschall Juin, der Oberbefehlsha­ber der Atlantikpaktstreitkräfte in Eu­ropa, trifft heute zu einer Besichti­gungsreise in Deutschland.^ein.

Zu einem Zwischenfall, bei dem zwei Ägypter getötet und einer verwundet worden sind, soll sich nach Meldung Bus Jerusalem in der Negeb-Wüste er­eignet haben.

Mehrere hohe Persönlichkeiten der britischen Streitkräfte waren am Mon­tag Gast des britischen Premiermini­sters Winston Churchill in der Dow- ning-Street.

Die britische Regierung ist bereit, mit der europäischen Kohle- und Stahl­gemeinschaft über einfür beide Sei­ten annehmbares System der Assoziie­rung zu verhandeln.

Mit dem Regierungsentwurf für das Kartellgesetz wird sich der Bundesrat voraussichtlich am 2t. Mai befassen, nachdem der Entwurf ietzt offiziell der Ländervertretung zugeleitet worden ist. In seinen entscheidenden Punkten Ist der Entwurf in den Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und Vertretern der deutschen Industrie nicht verändert worden.

einzuladen. Ursprünglich hatte So­wjetaußenminister Molotow darauf bestanden, daß die Einladung vom kommunistischen China ausgehen müsse, doch war dieser Vorschlag auf die einhellige Ablehnung der West­mächte gestoßen, weil dies die de- facto-Anerkennung Chinas als fünfte Großmacht bedeutet hätte.

Mit der Einladung der Vietminh- Republik ist, wie am Montagvormit­tag in einem gemeinsamen Kommuni­que der Westmächte und Vietnams ausdrücklich betönt wird, keine Aner­kennung des kommunistischen Viet­minh als Staat verbunden.

Korea war am Montag noch Haupt­thema einer Sitzung der Vertreter der 16 in Korea kämpfenden Länder am Vormittag und einer nichtöffentlichen Vollsitzung der Konferenz am Nach­mittag. In der Vollsitzung der Konfe­renz richtete der Südkoreanische Außenminister Pyun Yung-tai scharfe Angriffe gegen Molotow, Tschu En-lai und N a m 11 und verglich die kommunistische Forde­

rung nach ausschließlicher Lösung asiatischer Fragen durch die asiati­schen Länder mit der japanischen Großasiatischen Wohlstandspolitik im zweiten Weltkrieg. Der Kommu­nismus wolle durch das Schlagwort Asien den Asiaten lediglich seine wahren Ziele die Beherrschung Asiens tarnen.

Dulles bei Scelba

MAILAND. Der amerikanische Außenminister Dulles ist am Montagmittag von Genf zu einer Besprechung mit dem italienischen Ministerpräsidenten Scelba in Mailand eingetroffen. Dulles wurde auf dem Flugplatz bei strömendem Regen von Scelba und dem italieni­schen Außenminister Piccioni begrüßt.

Die Minister begaben sich sofort in die Villa eines Textilindustriellen in Crenna di Gallarate. Der Tagungs­ort war gewählt worden, um Dulles die 40 Kilometer lange Autofahrt in die Stadt zu ersparen. Im Mittel­punkt der Besprechungen wird nach Ansicht italienischer Kreise das Triest-Problem stehen.

Angriff überraschend abgebrochen

Nur Stoßtruppgefechte vor Dien Bien Phu / Neue Verstärkung

HANOI. Die dritte Schlacht um Dien Bien Phu, die am Sonntag schon das Schicksal der Festung zu besiegeln schien, ist in der Nacht zum Montag von den Belagerern überraschend ab­gebrochen worden.

Das französische Oberkommando in Hanoi gab am Montagmorgen be-

Noch einErdrutsch in der Türkei

Wahlergebnis: Verstärkte Alleinherrschaft der Demokraten

ISTANBUL. Die türkische Demo­kratische Partei hat am Sonntag bei den Parlamentswahlen einen über­wältigenden Sieg errungen. Man schätzt, daß ihr 94 Prozent der Sitze in der Nationalversammlung zufaüen werden.

Der Erfolg der Demokraten ist dies­mal noch eindrucksvoller als beim Erdrutsch des Jahres 1950. Damals nahmen sie den Republikanern nach

Schätfer: Kein Geld

bf. BONN Für die Erhöhung der Grundrenten der Kriegsopfer seien gegenwärtig keine finanziellen Mittel vorhanden, erklärte Bundesfinanzmi­nister Schaffer gegenüber einer Delegation des Reichsbundes der Kriegs- und Zivilbeschädigten, So­zialrentner und Hinterbliebenen. Der Reichsbund hatte eine 20prozentige Erhöhung dieser Renten mit dem Hin­weis vorgeschlagen, daß die Haus­haltsansätze höher liegen, als die tat­sächlichen Ausgaben nach dem Bun­desversorgungsgesetz. Von seiten des Bundesfinanzministeriums war diese Angabe bestritten worden Darüber- hinaus erhob Schäffer auch Bedenken gegen eine Erhöhung der Grundren­ten, weil sie auch von Personen in An­spruch genommen werden würde, die her gute Einkommenverhältnisse verfügen

Volksbewegung gesichert

hf. BONN Die Bildung derGe samtdeutschen Volksbewegung ist gesichert Ende Mai oder Anfang Juni wird das Kuratorium der Be­wegung zusammentreten

Neben allen im Bundestag ver- retenen Parteien, den Gewerkschaf

n und den Arbeitgeberverbänden gehören auch Vertreter aller Berufs- ßPPen dem Kuratorium an Die gesamtdeutsche Volksbewegung" gent auf einen unmittelbar nach ^ er Berliner Konferenz

on Bundesminister Kaiser

ge-

machten Vorschlag einergesamt deutschen Aktion zurück.

25 Jahren der Einparteienherrschaft die Zügel aus der Hand.

Nach vorläufigen amtlichen Mittei­lungen führt die Demokratische Par­tei in 55 der 58 Provinzen, aus denen endgültige Resultate gemeldet wur­den. Für die Demokraten wurden da­nach 2 982 588, für die Republikaner 1 544 642 Stimmen abgegeben.

Die Republikaner, die als stärkste Oppositionspartei bisher 69 Mandate im Parlament innehatten, können in der neuen vergrößerten Volksvertre­tung bis jetzt nur mit 28 Sitzen rech­nen. Den Demokraten fallen vermut­lich 508 Sitze zu, während die rest­lichen fünf an die kleine National­partei gehen.

Ministerpräsident Menderes wies in einer Erklärung auf dievolle Billi­gung des Programms der Regie­rungspartei durch das türkische Volk hin. Der Sieg sichere der Außenpoli­tik und der wirtschaftlichen Entwick­lung des Landes erhöhte Stabilität.

kannt, daß die Nacht ruhig verlaufen und es im Vorfeld nur noch zu Stoß­truppgefechten gekommen sei. Bevor die Kämpfe in der Nacht zum Montag aufhörten, hatten die französischen und Vietnamesischen Verteidiger noch nach dem Bericht eines Sprechers des Oberkommandos in schweren Nah­kämpfen das ganze AußenfortIsa­belle im Süden von Dien Bien Phu zurückerobert, das von dem Vietminh bei dem großen Angriff in der Nacht zum Sonntag zum Teil überrollt war.

Im Nordost-, Ost- und West-Ab­schnitt der Einschließungsfront bieibt die Lage jedoch nach dem Fall der Vorwerke für die Verteidiger kritisch, obwohl die Angreifer nach französi­schen Angaben schwerste Verluste er­litten haben.

Die Verteidiger erhielten nach einer Meldung der französischen Presse­agentur weitere Verstärkung von 150 freiwilligen Fallschirmjägern und mehreren Tonnen Munition und ande­rem Material.

Paris macht Vorschläge

PARIS. Frankreich will mit der in­dischen Regierung über die Zukunft der vier französischen Besitzungen in Indien verhandeln, wie am Montag von zuständiger französischer Seite in Paris verlautete. Dem indischen Mi­nisterpräsidenten N e h r u sei ein ent­sprechender Vorschlag übermittelt worden.

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Obdachlos wurden viele tausend Menschen durch die in den letzten Tagen wie­der aufgetretenen schweren Erdstöße in Mittelgriechenland. Wie Kartenhäuser stürzten massive Gebäude ein. Sehr schwer getroffen wurde die mittelgriechi­sche Stadt Domoskos, ca. 250 km von der griechischen Hauptstadt Athen ent­fernt Bild: Keystone

Bemerkungen zum Tage

Le petit Grotewohl

re. In dem Augenblick, in dem die Verhandlungen über die Saarfrage in ein kritisches Stadium treten, meldet sich Johannes Hoff mann, der soge­nannte Ministerpräsident des soge­nannten Saarlandes, wieder einmal zum Wort. Er willhelfend eingrei- fen. Mit Schrecken hat er beobachtet, daß die Entschlossenheit, das Saar­gebiet nicht ohne weiteres seinen und den französischen Absichten zu opfern, in der Bundesrepublik doch größer ist, als er und seine Freunde in Paris er­wartet haben. In dieser Situation nun meint Johannes Hoffmann, daß er et­was tun müsse. In einem Interview mitUnited Preß äußerte er die An­sicht, es wäreim Interesse einer deutsch-französischen Verständigung über die Saarfrage ratsam und not­wendig, den saarländischen Verhand­lungspartner beizuziehen und seine Sachkenntnis, aber auch seinen Ver­mittlungswillen in Anspruch zu neh­men. Liest Johannes Hoffmann denn keine Zeitungen? Es hätte ihm doch auffallen müssen, wie immer wieder aus Bonn betont wird daß man nicht daran denke, sich mit den Herren Grotewohl, Ulbricht usw. an einen Tisch zu setzen. Kann er es dann überhaupt für denkbar halten, daß sich der deutsche Bundeskanzler mit i h m unterhält? Die Unterdrückung deut­scher und demokratischer Parteien im Machtbezirk Johannes Hoffmanns un­terscheidet sich im Grunde in nichts von der Unterdrückung der Meinungs­freiheit in Mitteldeutschland. Wenn Grotewohl und Ulbricht Bonn immer wieder zu gemeinsamen Verhandlun­gen auffordern, dann geschieht das immerhin noch unter dem Vorwand, die Wiedervereinigung Deutschlands, d h die Zusammenführung der so­wjetischen Zone und der Bundesrepu­blik, zum Gegenstand des Gesprächs zu machen. Sie verlangen nicht, mit Bonn etwa über die Gründung eines

Adenauer - ßidault am 18 . Mai?

Bonn rechnet mit Saartreffen der Außenminister / Die FDP ringt um ihre neue Linie

Von unserer Bonner R e d a k tion

BONN Eine Einigung über eine deutsch-französische Grundsatzerklä­rung zur Saarfrage sei noch in diesem Monat möglich, wurde am Montag in Bonner Regierungskreisen zu den wie­deraufgenommenen Saargesprächen zwischen Staatssekretär H a 11 s t e i n und Maurice Schumann, dem Staatssekretär im französischen Au­ßenministerium, erklärt Wenn auch das Ergebnis der Besprechungen Hall­steins, der am Mittwoch nach Bonn zurückkehren wird, abgewartet wer­den müsse, so bestände doch Anlaß für die Erwartung, daß die nächste Zusammenkunft Adenauers mit Bi- dault, wahrscheinlich am 18. Mai. einen wesentlichen Fortschritt brin­gen werde

Es wird in diesem Zusammenhang in Regierungskreisen bestätigt, daß die von der Bundestagsmehrheit am vergangenen Freitag angenommene

Entschließung eine gewisse Erleichte­rung der Verhandlungen auf der Grundlage des van-Naters-Planes be­deutet.

Mit einer amerikanischen oder bri­tischen Vermittlung in der Saarfrage wird in Bonner Regierungskreisen vorerst nicht gerechnet.

fn parlamentarischen Kreisen wer­den die Aussichten der Saargespräche zurückhaltender beurteilt Die Tat­sache, daß Maurice Schumann vor sei­nem Gespräch mit Hallstein mit dem Saarbrücker Ministerpräsident Hoff­mann zusammengetroffen war. wird als eine Bestätigung der französischen Absicht angesehen, bei den laufenden Verhandlungen vom gegenwärtigen Zustand auszugehen.

In der Koalition dauern die Diskus­sionen über die Bundestagsauseinan­dersetzung der vergangenen Woche an. Obwohl sich die Mehrheit der FDP

in den entscheidenden Abstimmun­gen hinter die CDU/CSU gestellt hat, wurde von CDU-Abgeordneten beson­ders die Rede Dr. Pfleiderers (FDP) als eineschwerwiegende Ab­lehnung der bisherigen Außenpolitik der Regierung bezeichnet. In der FDP selbst ist die am vergangenen Freitag von der Mehrheit der Fraktion einge­nommene Haltung sehr umstritten.

Für ein EVG-Parlament

hf. BONN Die Bundesregierung be­grüße jeden Schritt, der zu einer vol­len parlamentarischen Kontrolle der Europäischen Verteidigungsgemein­schaft führen kann, wurde am Montag in Regierungskreisen zu den Pariser Verhandlungen des Lenkungsaus­schusses der EVG erklärt, an denen auch der Sicherheitsbeauftragte des Kabinetts, Theodor Blank, teil­nahm.

selbständigen ostdeutschen Staates zu sprechen, der in den Ostblock inte­griert ist. Wenn man in Bonn diese Gespräche ablehnt, wie kann dann Johannes Hoffmann erwarten, daß man sich mit ihm an einen Tisch setzt, wo er nicht kommt, um die Zusam­menführung des Saargebietes mit der Bundesrepublik sondern seine voll­ständige Abtrennung zu besprechen?

»Mißtrauensverhältnis«

hm. Ein altes französisches Wort nennt das Mißtrauen die Tugend der Demo­kratie. Mißtrauen steht an der Wiege des Parlamentarismus, an der Schaf­fung einer Kontrollinstanz für die Handlungen der Regierung. Die wich­tigste Funktion des Parlamentes aber ist die Kontrolle des Finanzgebahrens der Regierung und es gibt kein Parla­ment, das diesen Namen verdient, wel­ches nicht das Recht besitzt, den Haus­halt zu bestimmen. Damit allein ist es aber nicht getan. Es ist auch eine lau­fende Kontrolle der Beamtenschaft not­wendig, durch deren Hände die im Haushalt bewilligten Gelder fließen. Für geradezu vorbildlich galt die preußi­sche Oberrechnungskammer in Potsdam, und das Deutsche Reich von 1871 wußte nichts Besseres zu tun, als diese Insti­tution auch mit der Kontrolle des Fi­nanzgebahrens des Reiches zu betrauen. Diese Kontrolle übte der Rechnungshof des Reiches bis zum Zusammenbruch von 1945 zu allgemeiner Zufriedenheit aus. In der Bundesrepublik hat man den bayerischen Rechnungshof mit den gleichen Funktionen betraut. Voraus­setzung der Arbeit einer solchen Instanz ist natürlich höchste Qualität ihrer Mit­glieder und ihre absolute Unabhängig­keit, ganz besonders gegenüber der Re­gierung, deren Handlungen auf finan­ziellem Gebiet sie kontrollieren soll. Nach Ansicht vieler ist diese Unabhän­gigkeit des Münchener Rechnungshofes von der bayrischen Regierung im Falle Kallenbach nicht geachtet worden. Ob das zutrifft oder nicht, kann hier uner- örtert bleiben. Uns interessiert, daß der Ministerpräsident des Landes Bayern in diesem Zusammenhänge ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Obersten Rechnungshof und der Regie­rung für notwendig erklärt hat. Sicher ist es, daß die Regierung wie jeder Staatsbürger Vertrauen in die ehrliche Arbeit des Rechnungshofes haben muß. Es wäre aber entschieden zu viel ver­langt, daß dieser das gleiche Vertrauen in das haben soll, was jeder Staatsdie­ner tut. In dieser Beziehung dürfte eher das Wort des Vorsitzenden des parla­mentarischen Untersuchungsausschusses, Dr. Bungartz gelten, daß hier ein aus­gesprochenes Mißtrauensverhältnis an­gemessen sei. Mißtrauen ist die Tugend der Demokratie

Zeitweise Regen

Bericht des Wetteramtes Stuttgart

Bei anhaltender Zufuhr kühler Meeresluft von Nordwesten her greift eine Storung über Norditalien auch auf unsern Raum über. Heute starke Bewölkung, zeitweise Regen, beson­ders im Süden and Osten des Lan­des. Höchsttemperaturen picht über 15 Grad. Nachts im allgemeinen frostfrei. Morgen veränderlich, kühl.