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verantwort!. Schriftlettuna: Friedrich Hans Scheele Druck uncl Verlag äer A. oekfchlöger'fchen Buch-iruckerei
Nr. 132
Dienstag, den 10. Juni 1930
Jahrgang 103
Attentat auf den deutschen Gesandten in Lissabon
von Baligand das Opfer eines Wahnsinnigen
— Lissabon, 1V. Juli. Auf den deutsche« Gesandte« in Lissabon, «on Baligand, ist am Samstag et» Anschlag verübt worden. Er ereignete sich aus dem Pier vor dem Liegeplatz des Kreuzers „Königsberg". Der Gesandte hatte vorher dem Kreuzer einen Gegenbesuch abgestattet. Nach Verlassen des Schisses gab ein Mann plötzlich mehrere Revolverschüsse aus v. Bal'gand ab, die den Gesandten schwer oerlctzten. Die portugiesische Polizei konnte den Täter sofort verhaften. Der Gesandte ist dann am Samstag nachmittag im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen.
Das Attentat gegen den Gesandten v. Valigand ist, wie die ersten Ermittlungen ergeben haben, die Tat eines Geistesgestörten, der dem Gesandten vollkommen unbekannt war und der auch niemals auf der Gesandtschaft oder im Konsulat vorgesprochen hat. Der Täter, der verhaftet worden ist^hcißt Franz Pjechowski, ist 39 Jahre alt und aus Danzig gebürtig. In Lissabon hielt er sich seit dem 2V. April auf, wohin er von Madrid gekommen ist. Vorher war er in Amerika. Piechowski hat gleich bei dem ersten Verhör erklärt, daß er sich mit'der Absicht getragen habe, irgend eine Persönlichkeit von Rang umzubringen, gleichgültig, wer es sei. Er ist unbestimmter Staatsangehörigkeit und soll im Jahre 1921 aus dein Irrenhaus Lanenburg in Pommern entwichen sein und anscheinend an Verfolgungswahn leiden.
Portugals Traue»seier für von Baligand.
Der Berliner portugiesische Gesandte Da Costa Cabral hat dem Auswärtigen Amt mitgeteilt, daß die portugiesische Regierung beschlossen hat, dem verstorbenen deutschen Gesandten von Valigand die einem Botschafter zustehenden Ehrungen zu erweisen. Alle i« Lissabon garnissniertcn Land- und Seeftrestkräste werden die Leichenparade bilden, an der auch die Neuerung, das diplomatische KvrpS nnd die Besatzung des deutschen Geschwaders teilnchmcn. Die Tranerparade findet hente in Anwesenheit des Präsiden jen der Republik statt. Der Tranerzug wird sich von der dsnt- schen Gesandtschaft nach dem dentschen Friedhof bewegen.
Am Donnerstag wird unter Teilnahme der Regierung und des diplomatischen Korps eine Messe in der deutschen Kirche zelebriert, wonach der Sarg auf den deutschen Kreuzer „Königsberg" überführt werden wird. Ein Kriegsgericht wird den Mörder aburteilen.
Aus Anlaß des Trauerfalles sind alle offiziellen Feierlichkeiten anläßlich des Besuches des deutschen Geschwaders abgesagt worden. Es wird lediglich ein Frühstück tm kleinsten Kreise bei dem Präsidenten der Republik für den deutschen Admiral stattfinöen.
Um dos Sanierungsprogramm der Reichsregierung
— BcUi», 10. Juni. Der Reichskanzler hat sich über Pfingsten nach einem süddeutschen Kurort begeben. Er wird am nächsten Freitag wieder zurück sein. An diesem Tag findet die neue Kabinettsitzung über den noch unerledigten Teil des Finanzprogramms statt. Es handelt sich vor allem um die endgültige Verabschiedung des Ausgabensenknngs- und Spe'rrgesctzeS. Auch einige andere Mitglieder des Kabinetts haben einen kurzen Pftngsturlaub angetreten.
Das Sanierungsprogramm der Neichsregie- rung hat nur geringe Aussicht auf Annahme. Die Hoffnungen der Regierung, auf dem von ihr «ungeschlagenen Weg zu einer Ucberwindnng der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzkrise zu gelangen, werden von den bürgerlichen Parteien skeptisch beurteilt. Deutlich tritt allenthalben die Befürchtung zutage, daß die drakonische Senkung der Gehälter den erwarteten Preisabbau nicht nach sich zieht, ja daß womöglich die verminderte Kaufkraft eine weitere Arbeitslosigkeit bewirken werde. Fast allgemein wird weiter der Befürchtung Raum gegeben, daß die Reichshilfe sich zu einer dauernden Einrichtung auswachsen könnte. Nach dem Entwurf des ReichSfinanzminrsteriums hört die Notopferpflicht mit dem 1. April 1931 ja nicht, wie die Ledigensteuer, automatisch ans. Das Kabinett soll nur ermächtigt werden, von diesem Termin ab das Rotopfer aufzuhcben oder zu mildern. Bei dem Kabinett, nicht beim Reich, liegt demnach, wenn der Entwurf in dieser Form Gesetz wird, die Entscheidung darüber, was vom 1. April nächsten Jahres ab ans dem Notopfer wird. Von verschiedenen Seiten wird gegen das Neichskabinett der Vorwurf erhoben, -aß es die Opfer seiner Steuerpolitik aus der Seite des gtt'mgsten Widerstandes gesucht habe.
Carol zum König von Rumänien ausgerufen
Der neue König mit Jubel in Bukarest empfangen
TN. Budapest, 18. Inn«. Der frühere Kronprinz Carol von Nnmänien ist am Samstag, aus München kommend, im Flugzeug in Klansc«b«rg-Siebenbürgen angckommen nnd hat sich von dort nach Bukarest begeben. Carols Rückkehr ist mit ausdrücklicher Zustimmung der Negierung, ferner der Nationale» Bauernpartei sManiu), der Volkspartei sNva- rescn) und der Nationalpartei sJorga) erfolgt. Die Liberale Partei hat sich dem Willen der Mehrheit gefügt.
Die Nationalversammlung hat einen Gesetzentwurf, durch den das am 4. Januar 1926 beschlossene Gesetz über die Thronfolgefrage als aufgehoben erklärt wirb, mit 488 gegen 1 Stimme angenommen. Die Vertreter der einzelnen Parteien gaben dementsprechende Erklärungen ab. Der Präsident der Nationalversammlung erklärte hierauf unter dem Jnbcl der Anwesende« Prinz Carol znm König von Nnmä- nie« erhoben. Nach der Sitzung begab sich Minorescu ins Schloß und teilte Karol das Ergebnis mit. In Begleitung seines Bruders Nikolaus begab sich Karol darauf im Galawagen unter dem Jubel der Menge zur Nationalversammlung. Dort leistete er den Eid und hielt eine Thronrede, in der er n. a. ausführte:
Die Verbannung, in der ich 4 Jahre lebte, wurde mir von Leuten anferlegt, die mich von den Rumänen trennen wollten. Die wunderbare Huldigung, die mir heute zuteil wurde, beweist, daß diese Versuche keinen Erfolg gehabt haben. Ich komme zu meinem Volke reinen Herzens zurück, selbst ohne Zorn gegen die, die die unzertrennlichen Bande zwischen mir und den echten Rumänen zerschneiden wollten. So, wie das Evangelium lehrt, will ich nicht den Tod den Schuldigen bringen. Mit der ganzen Kraft meiner Seele will ich Me Rumänen in gemeinsamer Arbeit für das Wohlergehen des Vaterlandes zn sammeln vcrsnchen. Das Beispiel meiner Vorfahren wird mir ein leuchtendes Vorbild sein. Ich kann nicht umhin, hier vor den versammelten Vertretern aller Rumänen der 800 900 Toten zu gedenken, die ihr Blut auf den Schlachtfeldern gelassen haben. Gemäss meinem Eide werde ich die Unverletzlichkeit der territoriale« Grenze« verteidigen. Ein geeintes Nnmänien wird alle Schwierigtzei- . 4e», die sich «ns in den Weg stellen, zu überwinde? verstehe«.
Freundschaft soll uns mit allen Völkern, insbesondere mit unseren Nachbarn, verbinden. Unser Land ist so reich und hat so viel natürliche Hilfsquelle«, dass wir unsere wirtschaftliche Lage wic-erhersteUe« «nd alle« ei« gewisses materielles Wohlergehen gewährleisten könne«. Es drängt mich noch, ihnen von der großen Freude zu sprechen, die mir zuteil wurde, endlich meinen geliebten Sohn wiederzusehcn. Ich möchte noch meinem lieben Bruder meinen herzlichen Dank- für seine Mitarbeit in der Regentschaft ausdrücken. Noch einmal bitte ich Sie, sich in der Arbeit für das Wohlergehen unseres Vaterlandes zu vereinen. Rumänen aus den vier Himmelsrichtungen unseres Landes, vereinigt Euch, seid einig! Und jetzt an die ArbeitI
Rücktritt des Ministerpräsidenten Mronescu.
Nach der Proklamation König Karols hat Ministerpräsident Mironescu seine Entlassung eingereicht, um die Entschließung des Königs nicht zu beeinträchtigen. Nach Mironescus Rücktritt berief der König zuerst Prof. Jorga, dann die übrigen Parteiführer zu sich. Jorga empfahl dem König ein Kabinett unter Führung des Generals Presan. Man Hält es für wahrscheinlich, daß Manin die Kabinetts- bilduirg übertragen wird.
Die Königin-Witwe Maria hat an König Karol ein Glückwunschtelegramm gerichtet, in dem sie ihrer — Freude darüber Ausdruck gibt, daß es der Zusammenarbeit der beiden Brüder gelungen sei, Karol zu krönen. König Karol antwortete mit einem Danktelegramm.
Wechselseitiger Protest im Neuhösener Grenzzwischenfall
TU. Berli«, 19. Juni. Der deutsche Gesandte in Warschau hat der polnische« Regierung am Samstag eine Note übergebe«, in der es heißt:
Die deutsche Regierung bedauert, daß die deutsch-polnische Kommission trotz des durch bi« Beweisaustrahme in nahezu alle« Einzelheiten klargestellte« Tatbestandes und trotz -es besten Willens der deutschen Kommissionsmita lieber nicht i«
Tages-Spiegel
Der deutsche Gesandte i« Lissabon, von Baligaud, ist am Samstag dem Attentat eines Wahnsinnige« zum Opfer gefalle«.
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Zwischen Warscha« «nd Berli« hat ein wechselseitiger Austausch von Proteste» über de» Neuhösener Zwischenfall stattgefunden.
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Der Rotopferplan der Reichsregiernng findet bei de« bürgerlichen Parteien entschiedene Ablehnung. Seine Durchführung dürfte demnach zweifelhaft se'n.
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Die rumänische Nationalversammlung hat den am Samstag überraschend nach Bukarest znrückgekehrte« Prinzen Karol gegen eine einzige Stimme znm König ausgernsem Der bisherige König Michael wurde zn« Kronprinzen ernannt.
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Der französische Finanzminister Reynand empfing am Samstag Reichsbankpräsident Dr. Luther, mit dem er sn über die Anflegnngsnvodalitäten der ersten Tranche d r NonngobNgatione« unterhielt.
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Während der Feiertage sind in Lübeck weiter« siebe« Kinder an den Folgen der Calmette-Jmpsnng gestorben, svdaß nunmehr 38 Todesfälle zu beklage« sind.
der Lage gewesen ist, einen gemeinsamen und einheitlichen Bericht an die beiden Regierungen zu erstatten. Die deutsche Regierung ist zu der Ueberzeugung gekommen, daß dao Gutachten der deutschen Kommissionsmitglieder den Tatbestand richtig -arstell-t. Diese Darstellung, die schon nach der ganze» Lage der Umstände die inner« Wahrscheinlichkeit für sich hat, wird durch die erhobenen einzelnen Beweise außer Zweifel gesetzt. Die in dem Gutachten der polnischen Mitglieder enthaltene Kritik an einzelnen Beweisen ist entweder unerheblich oder entbehrt, wo sie erheblich iväre, einer irgendwie haltbaren Begründung.
Als die polnische Regierung es unmittelbar nach dem Zwischenfall für angebracht hielt, bei der deutschen Regierung wegen eines angeblichen Unrechts deutscher Beamter Verwahrung einznlegen, hat die deutsche Regierung dies sofort znrückgewiesen und ihrem Befremden darüber Ausdruck gegeben, daß die polnische Regierung sich zn einem solchen Schritte entschlossen hatte, obwohl damals der Tatbestand noch nicht klar zu übersehen war. Das Ergebnis der jetzt durchgesührten Untersuchung beweist, daß die damalig« Stellungnahme der deutschen Regierung vollauf berechtigt war. Darüber hinaus muß die deutsche Regierung jetzt aber ihrerseits Protest gegen das gesamte Verhalte«'der beteiligten polnischen Beamten erheben. Die deutsche Regierung erwartet, daß die polnische Regierung die schuldigen Beamten zur Rechenschaft ziehen und di« erforderlichen Maßnahmen treffen wird, um die Wiederholung derartiger, für die nachbarlichen Beziehungen gefährlicher Vorgänge zu verhüten.
Gegen den in Hast befindlichen polnischen Grenzschutzbeamten ist das ordentliche Strafverfahren eingeleitet.
Auch Pole« protestiert.
TU. Berlin, 10. Juni. Am Spätabend des SamStag hak der polnische Gesandte im Auswärtigen Amt eine Protestnote wegen des Neuhösener Grenzzwischensalls überreicht. In der Note wird betont. Laß die unmittelbar nach dem Zwischenfall bet der Reichsregiernng eingelegte Verwahrung aufrechterhalten werde. Die Note geht dann auf das Gutachten der polnischen Vertreter zur deutschpolnischen gemischten Kommission für die Untersuchung des Neuhösener Zwischenfalles ein und behauptet, daß die in diesem Gutachten gegebene Darstellung -eS Zwischenfalles den Tatsachen entspreche.
Die dänische Hafenstadt Nykjöbing in Flammen
TU. Kopenhagen, 10. Jnni. Ein großer Teil der dänischen Hafenstadt Nykjöbing am Falster, die 15 OVO Si«woh- »rer zählt, steht seit der Nacht znm Sonntag in Flammen. Das Fener entstand in einem Holzlager am Hafen. Infolge starke« WindcS dehnte sich der Brand ans die Lagerhäuser und ans das sogenannte Geschäftsvicrtcl «nd auf Wohnhäuser aus. Mehrere Kornsilos, Tabak- «nd Zigarren- fabrike« sind in Mitleidenschaft gezogen worden. ES find Werte von viele« Millionen Kronen durch den Brand vernichtet worden. Rach den letzte« Meldungen soll die Wehr Herr des Brandes sei«.
Der Brand in Nykjöbing, der eine Reihe Wohn- «nd Lagerhäuser zerstört hat, vernrsachte einen Schaden von rnnd 3 >4 Millionen Kronen. Das Feuer breitete sich infolge des orkanartige« Sturmes sehr schnell ans.