Beschlüsse des Reichsrats

TU. Berlin, 6. Juni. Im Reichsrat wurde das Retchs- «ilchgcsetz angenommen. In 7 Abschnitte» enthält der Lntwurf Vorschriften über den Verkehr mit Milch, Mar- Lenmtlch, Mttchzubereitungen und Milcherzeugnisscn, über die Schaffung einheitlicher Sorten usw. Durch die Schaf­fung von Standardwaren soll der starken Einfuhr aus dem Ausland entgegengcwirkt werden. In Abänderung der Re­gierungsvorlage beschloß der Reichsrat u. a., daß die aus der Durchführung des Gesetzes entstehenden Kosten vom «eich zu tragen sind. In dieser Frage wird die Regie­rung dem Reichstag eine Toppelvorlage unterbreiten.

Genehmigt wurde weiter der Gesetzentwurf über die G e- ineinniitzigkett von Wohnungsnnterneh- m u n g e n. Gegen die vom Reichstag beschlossene Aende- rung des Postftnanzgesetzes, wonach dem Verivaltungsrat der Reichspost künftig ein Abgeordneter mehr angehörcn soll, beschloß der Reichsrat, einstimmig Einspruch einzu­legen. Der Reichsrat stimmte weiter den Richtlinien für die wirtschaftliche Förderung der Luftfahrtindustrie zu, ebenso den Ausftthrungsbestimmungen für die Mineralwasser- steuer. Angenommen wurde auch der Gesetzentwurf über die Mitwirkung der öffentliche» Betriebe bei Erhebungen zur Prüfung der Frage ihrer Besteuerung. Der Retchsrat hat hier eine Bestimmung angefügt, wonach auch private Betriebe zur Auskunftsertetlung verpflichtet wer­den, soweit die Steuerakten die Lage nicht genügend aus- weisen. _

Der Grenzzwischenfall bei Neuhöfen

TU. Berlin, 6. Juni. Wie von zuständiger Stelle mit­geteilt wird, stehen die Untersuchungen über den deutsch-pol­nischen Grenzzwischenfall bei Neuhöfen unmittelbar vor dem Abschluß.

Wie verlautet, ist die Nachprüfung des Grenzzwischen­falls so weit gefördert worden, daß bis heute mittag eine ge­meinsame Veröffentlichung fcrtiggestellt werden dürfte, aus der einwandfrei hervorgeht, daß die deutschen Grenzbeam­ten nichts weiter als ihre Pflicht und Schuldigkeit getan haben, als sie die polnischen Grenzwächter verhafteten. Aller Voraussicht nach dürfte also die ganze Aktion noch .-in diplomatisches Nachspiel haben, da die Neichsrcgierung vor der Absendung ihrer Protestnote nach Warschau ledig­lich das Ergebnis der Untcrsuchungsarbetten abivarten wollte.

Die Kampslage in China

Rückzug der Nanking-Armee.

TU. London, 6. Juni. Die Streitkräfte der Nankingregie­rung in der Provinz Hunan sind nach Meldungen aus Schanghai von kommunistischen Truppeu entscheidend geschlagen morden. Die Räumung von Tschangscha durch die Regierungstruppen ist bereits im Gange. Ein britisches Kanonenboot mit dem Befehlshaber der britischen Flotten- statton im Fernen Osten an Bord ist von Hankau nach Tschangscha ausgefahren.

Das Hauptquartier der Nanking-Armee teilt mit, daß der Oberbefehlshaber der chinesischen Regierungstruppen in Lsinanfu am Mittwoch befohlen hat, die große Eisenbahn- brlicke über den Gelben Fluß zwischen Tsinanfu und Fukau aus strategischen Gründen in die Luft zu sprengen. Die Brücke ist daraufhin unverzüglich gesprengt worden, um den Vormarsch der nordchinesischen Armee aufzuhaltcu.

Minenexplosion bei Prag

TU. Prag, 8. Juni. Auf dem Militärübungsplatz in Hrdlorec bet Prag kam es gestern zu einer Explosion, der zwei Tote, drei Schwer- und eine Reihe von Leichtverletzten zum Opfer fielen. Ein Zug von etwa 108 Soldaten hatte sich frühmorgens aus den Uebungsplatz begeben, aus dem sie Gräben anlegten, in die Blechbüchsen mit Ekrasit gelegt wurden. Kurz nach S Uhr explodierte eine der Büchsen in einem der Schächte mit solcher Wucht, daß große Erdmassen viele Meter hoch in die Luft geschleudert wurden. Auf der Erde lagen zwei tote Soldaten mit zerschmetterten Schädelbecken. Die verstümmelten Körper waren mit Lehm und Blut bespritzt,' drei nreiterc Soldaten waren schwer, eine Reihe anderer leicht verletzt. Der inzwischen ausgegebene -mtltche Bericht sagt, ein Soldat sei auf eine Flatter­mine getreten. _

Kleine politische Nachrichten

Pulverkammer» auch in der Eifel- und Moselbahn. Während des sogenannten passiven Widerstandes haben die Franzosen auch in den Brücke» der Eifelbahn WitlichDaun Pulverkammern angelegt, um gegebenenfalls die Brücken sprengen zu können. So wurde, wie erst jetzt bekannt ge­worden ist, in die 42 Meter hohe Sandstcinbrttcke über den Oterbach bei Plein eine Pulverkammer von 3,20 Meter Tiefe und 2,38 Meter Höhe durch einen 18 Meter langen Schacht in den Pfeiler vorgetrieben. Die Oeffnung wurde, nachdem die Kammer mit Sprengstoff gefüllt war, wieder geschloffen. Bei der Freigabe der Eisenbahn durch die Regie soll der Spreng­stoff entfernt worden sei». Wie weiter verlautet, sollen auch tn den Brücken und Tunnels der Moselbahn Trier^Koblenz von den Besatzungstruppen mährend der Zeit des Ruhr- kampfes Pulverkammern angelegt worden sein.

Tagung der Bölkerbnndsligen. In Genf ist die 14. Jahres- »ersammluug des Weltbunds der Völkerbundsligen durch den holländischen Vorsitzenden Limbourg eröffnet worden. Ltmbourg sagte dabei, daß der Völkerbund tn den 11 Jahren seines Bestehens seine Tätigkeit nach allen Richtungen aus- zedehnt habe. Heute befinde er sich in einer schwierigen Lage. So seien auf dem Gebiet der Abrüstung keine Fortschritte zu lerzeichnen. Die Londoner Flottenkonferenz habe keine be­friedigenden Ergebnisse gebracht- auch die Haager Konferenz für die Kodifizierung des internationalen Rechts sei ergeb­nislos verlaufen. Trotz der großen Wirtschaftskrise fei die Zollfriedenskonfercnz wirkungslos geblieben. Schuld an die­ser Lage trage die öffentliche Meinung, die nicht genügend Druck auf die Negierung ausgeübt habe. Die Bearbeitung der auf der Tagesordnung stehenden Frage», darunter die

Abrüstungs- und Minderheitenfrage, sowie die Methode für die Revision unabwendbar gewordener Verträge ist 5 Aus­schüssen überwiesen worden. Auf deutscher Seite wird eine Entschließung vorbereitet, die völlige Abrüstung und neue Methoden für die Mtnderheitenpolitik des Völkerbundes fordert.

Frankreich und die anßenpolitische Rebe Grandis. J>n Echo de Paris beschäftigt sich Pertinax mit der außenpoli­tischen Rede Grandis und hebt die verschiedenen Auffassun­gen der beiden Länder in bezug auf die Sicherheit, Schieds­gerichtsbarkeit und Abrüstung hervor. Er weist darauf hin, daß sich Italien gegen Frankreich der deutschen Auffassung anschließe, die in gewissem Grad auch die englische und ame­rikanische sei. Grandi habe, wie nicht anders zu erivarten gewesen sei, sein -Hauptaugenmerk aus die Flottenfragc ge­richtet. Wenn er aber erkläre, daß Italien, falls es mit Frankreich Flottengleichheit besitze, die niedrigste Tonnage anerkenne, so habe er dabei stets den Hintergedanken, einem Lande den Vorrang im Mittelmecr zu sichern.

England b«»t ke<ne nenen Luftschiffe. Im Unterhaus wurde mitgetetlt, daß das LuftschiffR 100" spätestens Anfang Juli zum Flug nach Kanada starbereit sein werde. Während des Aufenthalts desR 100" in Kanada werdeR 101" in England Probeflüge durchführen, um im Anschluß daran ein« Fahrt nach Indien zu unternehmen. Weiterhin teilte der Unterstaatssekretär mit, daß Pläne für den Bau eines neuen Luftschiffes nicht beständen und der Bau eines solchen auch nicht beabsichtigt sei.

Aus aller Welt

Ein neuer MilUonenverlnft der Stadt Berlin?

DasTempo" beschäftigt sich mit einem neuen Millionen- verlnst der Stadt Berlin, der aus der Verpachtung eines Grundstücks an eine amerikanische Gesellschaft entstanden sein soll. Das Blatt berechnet die Höhe -es erlittenen Scha­dens auf wenigstens 60 bis 70 Millionen Mark, da die jähr­liche Pachtsumme, die die Stadt erhält, nur 850 000 Mark beträgt, während die Stadt Berlin selbst als ursprüngliche Kaufsumme vor der Umwandlung des Alexanücrplatzes 35 Millionen Mark gezahlt habe und diese jährlich 2,1 Millionen Mark verzinsen müsse. Die von der Stadt für die gleichen Grundstücke zu zahlenden Zinsen würden also bet weitem Lie Pachtsumme überschreiten. Die günstige Lage des Grund­stücks hätte einen höheren Pachtpreis bedingt. Wenn auch nach dem Erbpachtvertag die Stadt Berlin nach 50 Jahren Eigentümerin der Bauten würde, so sei zu begchteu, daß die Lebensdauer solcher Bauten nur 70 Jahre betrage, also nach 50 Jahren der Bauwert auf 15 v. H., d. h. auf 750000 Mark herabgemindcrt wäre.

Der Lübecker Bericht über das Kindersterben.

Nach dem vom Lübecker Gesundheitsamt ausgegebenen Bericht hat sich die Zahl der infolge des Calmette-VerfahrenH gestorbenen Säuglinge durch weitere 2 Todesfälle auf 28 er­höht. Krank sind 101 Säuglinge, gebessert 36, während 81 ge­sund sind ober sich in ärztlicher Beobachtung befinden.

Niesenfeuer in Harburg.

In der am Seehafen Harburg-Wilhelmsburg gelegenen Baumwoll- und Salatölfabrik von Thörl brach Großfeuer aus. In kurzer Zeit stand ein 120 Meter langer und 20 Meter hoher Schuppen, tn dem 15 000 Tonnen Oelkuchen sowie zahlreiche mit Oel gefüllte Fässer lagerten, tn Flam­men. Fortgesetzt explodierten Oelfässer unter gewaltigem Krache». Dichte schwarze Rauchwolken stiegen zum Himmel empor. Die Feuerwehren unter Mitwirkung von 4 Lösch­dampfer und 2 Löschüooten bekämpften den Brand mit 40 Rohren. Glücklicherweise gelarrg es, 6 unmittelbar an -er Brandstelle gelegene Oeltanks, die mit je 400 Tonnen Oel gefüllt sind, vor den Flammen zu schützen. Der Schuppen ist völlig nt»dergebrannt, eine Lanfbrücke und ein Kran sind etngestüyzt. Der Schaben wird von der Fabriklettung auf 2H Millionen Mark geschätzt.

Dreister Raubüberfall a«f eine Sparkasse.

Auf die Nebenstelle der Opeluer Spar- und Girokaffe tn Peppelau wurde am Donnerstag vormittag ein äußerst drei­ster Raubüberfall verübt. Zwei Männer, di« mit einem Auto vor das Sparkassengebäude vorgefahren waren, dran­gen mit »orgehaltenem Revolver in den Kassenraum et«

Die Sowjets erwarte» einen neuen Weltkrieg. Wie

aus Moskau gemeldet wird, hielt derNote Marschall" Ge­neral Bndcnnyi aus der Moskauer Parteitagung eine groß angelegte Rede über die internationale Lage, in der er aus­führte, daß Sowjetrußland vor einer großen Kriegsgefahr stehe. Ein neuer Weltkrieg sei nicht ausgeschlossen und die Sowjetunion müsse stark rüsten, um ihre Wehrmacht zu ver­stärken. Im Auftrag der kommunistischen Gcwerkschaftsinter- nationale sprach Losowski, der erklärte, man stehe vor einer neuen revolutionären Bewegung, die mindestens 70 Millio­nen Menschen unrfassen werde.

Die Frühjahrsaussaat in der Sowjetunion. Vom Kom­missariat für die Landwirtschaft ivcrden jetzt die neuesten Zahlen für den Verlaus der Frühjahrsaussaat in der Sowjet­union bekanntgegeben. Darnach waren bis 31. Mat ins­gesamt etwa 64 Millionen Hektar ausgesät, was 75 v. H. des vorgesehenen Planes entspricht. Den Plan lOOprozentig üurchgeführt haben bisher nur die Staats-Wirtschaften, wäh­rend der Aussaatverlauf in den Eigenbetrieben am meisten zurückgeblieben ist.

Aushebung der sowjetrussische« Spionageorganifation in Beffarabie«. Wie aus Kischinew gemeldet wird, ist es der rumänischen Polizei gelungen, die gesamte sowjetrussische Spionageorganisatton in Veffarabien auszuheben. Nicht weniger als 16 Spionagezentralen seien aufgedeckt und über 100 Verhaftungen vorgenommen worden. Die Aufdeckung erfolgte durch die Verhaftung eines russischen Kuriers, der über den Dujepr gekommen war.

und bemächtigten sich sofort der Kassenschlüssel. Während der eine der Räuber die Kaffenbeamten und zwei im Raum be­findliche Kunden in Schach hielt, öffnete der andere den Kas­senschrank und raubte daraus 7400 Reichsmark tn bar. Noch ehe die Ueberfallenen Alarm schlagen konnten, waren die Täter im Automobil wieder entkommen.

Ehedrama im Pariser Justizpalast.

Im Pariser Justizpalast ereignete sich ein aufsehe»- erregcnder Zwischenfall. Ein junges Ehepaar war dort vor dem Friedensrichter erschienen, der die der Scheidung vor­ausgehende übliche Vcrsöhnungsaktion einleiten wollte. Nach Beendigung der ergebnislos verlaufenen Aussprache ver­ließ der 20jährige Ehemann zuerst den Raum. Kurze Zeit darauf folgte ihm seine Frau. Am Ausgang des Justiz­palastes angelangt, kehrte der Ehemann jedoch wieder zurück und stürzte sich, mit einem Revolver bewaffnet, auf seine Frau. Nach einer wilden Jagd durch verschiedene Gänge des Gebäudes holte er sie ein und gab verschieden« Schüsse aus sie ab. Von 4 Kugeln durchbohrt stürzte die Frau blutüber­strömt zusammen. Während man sich noch um die Schwer­verletzte bemühte, jagte sich der Ehemann eine Kugel in den Kopf. Beide sind in schwerverletztem Zustand ins Kranken­haus gebracht worden.

Drei Kinder verbrannt.

Bei Krakau ist ein Bauerngehöft einer Feuersbrunst zum Opfer gefallen. Drei kleine Kinder sind tn den Flammen »nngekommcn. In dem Dorf Vieckt bei Czenftochau wurden durch einen Brand 40 Wohnhäuser und 38 Wirtschaftsge­bäude eingeäschert.

Ein amerikanisches Verkehrsflugzeug ins Meer gestürzt.

Kurz nach dem Aufstieg von Boston ist ein Verkehrsflug­zeug aus etwa 30 Meter Höhe tn der Nähe der Küste tus Meer gestürzt. Zwölf Reifende und die beiden Flugzeug­führer wurden verletzt, während ein Reisender tödlich ver­unglückt ist. Da das Flugzeug nicht für die Landung auf »ein Wasser ausgerüstet war, wurde die Kabine schnell über­flutet, so daß die Reisende» gezwungen waren, auf den Trag­flächen des Flugzeugs Zuflucht zu suchen, von wo ste geret­tet wurden. Der glimpfliche Verlauf des Unfalls ist nur dem Umstand zuzuschreiben, daß der Wasserstaus um diese Zeit niedrig war und der Unfall sich tn unmittelbarer Mhe der Küste ereignete.

Zahlreiche Todesfälle der Hitzewelle t» Amerika.

Die Hitzewelle tn Amerika hat in de« letzten 48 Stunden in Neuyork stoben Todesopfer gefordert. Im Schatten wer­den 32 Grad Celsius gemessen. In Philadelphia haben stch drei Todesfälle ereignet, während Boston und andere Städte den Zusammenbruch einer Reihe von Personen infolge der Hitze melde».

Die neuen deutschen Botschafter Das Revirement vollzogen

Das bereits seit längerer Zeit in Aussicht genommene diplomatische Revirement ist nunmehrperfekt. DerReichs- prästdent hat die Ernennun­gen für die Botschafterposte» in London und Rom sowie für den Posten des Staats­sekretärs des Auswärtigen Amtes vollzogen. Botschafter Sthamer in London wird am 1. Oktober in den Ruhe­stand treten. Sein Nachfolger wird der bisherigeDotschafter in Rom Freih.v.Neurath, während d. bisherige Staats­sekretär von Schubert nach Rom geht. Zum Staatsse­kretär des Auswärtigen Am­tes rückt der bisherige Dirs^ gent Bernhard von Bülow auf.

Unser Bild zeigt links oben den bisherigen Botschafter in Rom, Herrn von Neurath, in der Mitte die Botschaft in Rom und rechts den neuen Botschafter, Herrn von Schu­bert. Unten links sieht man das Gebäude der deutschen Bot­schaft in London, in der Mitte den künftigen Staats-

sekretür von Büloiv und Botschafter von Sthamer.

scheidenden Londoner