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Fernsprecher Nr. 9

verantwort!. Schriftleituna: Frteärich Hans Scheel« vruck unä Verlag äer A. Oelschläger'schen Luchäruckerei

Nr. 131

Samstag, den 7. Juni 1930

Jahrgang 103

Moldenhauer über das Sanierungsprogramm

Die Maßnahmen zur Einleitung einer Produktionskosten- und Preissenkungsaktion

TU. Berlin, 7. Juni. Reichssinanzministcr Molöen- Hauer äußerte sich am Freitag abend in einer Besprechung ausführlich über die in der Donnerstag-Kabiucttssitzung be­schlossenen Deckungsplänc. Der Minister stellte erneut fest, baß man mit einem Fehlbetrag von rund 738 Millionen Reichsmark rechnen müsse, der z-um größten Teil auf un­vorhergesehene Arbeitslosigkeit zurückzuführen sei. Von einer Reform der Krankeuversichernng erwarte man 258 bis 888 Millionen Reichsmark. ES verblieben dann 460 Millio­nen Reichsmark, von denen etwa ISO Millionen als Zuschuß für die Arbeitslosenversicherung geleistet werden müssen. Weitere 100 Millionen Reichsmark würden als Kredite an die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung gegeben, die in den beiden nächsten Jahren diese Summe zu gleichen Teilen zurückzuzahlen habe. Der Rest entfalle auf die Krisenfür­sorge und auf die Einnahmeausfälle. Die Deckung des Fehl­betrages von 4S0 Millionen Reichsmark soll wie folgt vor sich gehen:

Von der Verkürzung der Fristen für die Zigarettcniudn- strie von 2 Monaten anf 1 Monat erwarte man einen Be­trag von etwa 38 Millionen Reichsmark. Diese Maßnahme werde eine Erhöhung der Preise nicht zur Folge habe«. Der Restbetrag wird dann einmal ansgebracht werden aus Er­sparnissen am Haushalt *n Höhe von etwa 68 Millionen Reichsmark, von denen noch 25 Millionen Reichsmark gestri­chen werden müßten. Von dem dann noch verbleibenden N'- trag von rund 358 Millionen Reichsmark würden durch die Neichshilfe der Festbesolüets« 288 Millionen Reichsmark auf­gebracht, während die Ledigensteuer 45 Millionen RcichS- neark bringen werde. Unter de» Festbesoldete« seien die Be­amten und Angestellten der öffentlichen Verwaltungen «nd die Festangestellten der Wirtschaft zu verstehe«, deren Ein­kommen über 8488 Reichsmark liege, ferner die Mitglieder der Aufstchtsräte von Gesellschaften, die sich in einer ähnlichen Lage befinden wie die Festvesoldeten.

Besonders hervorgehoben zu werde« in diesem Zusam­menhang verdient d>e Feststellung Moldenhauers, daß das Notopser nicht, wie ursprünglich angenommen wurde, bis

zum 31. März 1981 befristet ist, sondern, falls es die Negie­rung für notwendig erdchtet, in gemildertem Matz fortge­führt werden kann. Lediglich das Notopser der Ledigen ist bis znm 31. März 1931 befristet.

Der Minister erklärte alsdann, daß man es bei diesen Plänen der Negierung keineswegs mit einem Notbehelf zu tun habe, sondern daß man die Ptäne Untergrößen und um fas sendenGe sichtspunkten behandelt habe. Das Endziel bestehe darin, daß die Schaffung niedriger Löhne und Gehälter auch zu niedrigen Preise« führe» werde. Man ziele aus die Ermäßigung Lex Erzcugnngskoste« hin. Was jetzt in der Gruppe Nordwcst als erster Versuch unternommen werde, werde die Regierung auf anderen Gebieten, wie beispielsweise im Bauwesen, forisetzen. Unter diesen großen Gesichtspunk­ten sei auch das Ausgabensenkungsgesetz zu verstehen. Zum Ausgabensenknngsgesrtz teilte Moldcnhaner mit, daß man sich über diese Frage zwar in der letzten Kabinettssitzung grundsätzlich einig geworden sei; eine Reihe von Maßnahmen, die auf die Beamtenschaft verärgernd wirken könnten, würde jedoch angesichts der Größe des der Beamtenschaft zu­gemuteten Notopfeis wieder aufgegeben werden. Es handle sich dabei nm Beträge, die nicht allzusehr ins Gewicht fielen. Das Kabinett werde in der kommenden Woche diese Frage noch einmal behandeln. Fest stehe heute schon, daß in einem Ministerium eine frei werdende Planstelle nur neu besetzt werde mit ausdrücklicher Zustimmung des Kabinetts.

Die Neichshilfe der Fcstbesol-ctcn.

Der Zuschlag für die Festbesoldeteu wird nicht anf die Ein­kommen st euer, sondern ans das Einkommen erhoben, und beträgt 4 Prozent. Der Einkommensteuersatz wirb damit sür die betroffenen Kreise von 18 ans 14 Prozent erhöht; das bedeutet eine 48prozentige Erhöhung. Dieser Zit­schlag wird von allen Beamten erhoben, dagegen nnr von den Angestellten der Privatwirtschaft, deren steuerpflichtiges Ein­kommen die Grenze von 8888 NM. überschreitet. Dazu kommt dann noch der bereits gemeldete Zuschlag für die Ledigen, so daß der Einkommenstcnersatz für sic 15 Prozent beträgt.

Die Neuregelung der Arbeitslosenversicherung

Erklärungen des Reichsarbeitsministers

TU. Berlin, 7. Juni. Neichsarbeitsmiuister Dr. Sieger- wald äußerte sich am Freitag vor Pressevertretern ausführ­lich über die Neuregelung der Arbeitslosenversicherung. Die gegenwätigcn Beiträge und die Mittel, die im Neichshaus- halt bcreitstünden, reichten zur Unterstützung von 1,4 Millio­nen arbeitslosen Hauptunterstützungscmpfängern und Kriscn- fürsorgeberechtigten aus. Um den Hanshalt der Arbeitslosen­versicherung und des Ncichshaushalts ins GleiArewicht zn -ringe», müßten Mittel beschafft werden für etwa 1,6 Mill. Hanptnnterstütznngsempsänger und 468 888 Krisensürsorgc- berechtigte. Daneben erweise sich noch ein Arbeitsbcschassungs- programm von Neichsregicruug, Neichspost und Reichsbahn sür mehrere Hunderttausend Arbeiter als erforderlich. Alles <n allem sei hierfür ein Aufwand von über 2 Milliarde» RM. notwendig. Für die Neuordnung der Arbeitslosenversiche­rung fehlten insgesamt 856 Mill. NM., die durch lanfende und einmalige Einnahmen sowie durch Reform der Arbeitslosen­versicherung zn beschaffe« seien. Diese Mittel seien nunmehr anf folgende Weife gefunden (die nachstehenden Angaben gel­ten für die Zeit vom 1. Juni 1930 bis 31. März 1931):

1. Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung 228 Mill. NM.;

2. Erfparnisrcformen in der Arbeitslosenversicherung 115 Mill. RM.;

8. Notopser der Festbesoldeteu in der öffentliche« «nd der Privatwirtschaft, der Ledige» und der Anssichtsräte 358 Mill. NM.;

4. Verkauf von Vorzugsaktien der Reichsbahn 188 Mill. NM. ,md

5. Umgruppierung der Zahlungstermine für die Zigaret- tenstcucr 68 Mill. RM.

Der Rest soll durch Einsparungen im RcichShaushalt ge­wonnen werden.

Wie der Minister weiter ausführte, müssen die Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung aus 4>6 v. H., die in Aussicht genommenen Ersparnisreformcn und die in Vor­schlag gebrachten Steuern, insbesondere das Notopfer für die Festbesoldeteu, alseine Einheit angesehen werden. Sozial und am gerechteste« wäre die Einführung eines all­gemeinen Notopfers gewesen. Damit wäre aber bei der deut­schen Lapitalvcrknappung der Kapitalflucht ins Ausland Vor­schub geleistet, die Heranziehung fremden Kapitals erfchrvert «nd praktisch einer Vermehrung der Arbeitslosigkeit in die

zu den Beschlüssen des Reichskabinetts

Hände gearbeitet worden. Die jetzige Negierung belaste die Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit der Beitragserhöhung, die besser bezahlten Versicherten, sofern sie keine 52 Wochen Bei­träge geleistet haben- mit einer Verringerung ihrer Unter­stützungssätze, die über 21 Jahre alten Ledigen mit Ser Ein- fürung einer Wartezeit von 14 Tagen und ferner die Fest - besoldeten in der öffentlichen und privaten Wirtschaft mit einem Notopfer von 4. v. H. ihres Ein­kommens snicht der Einkommensteuer). Daneben werden noch die Ledigen und die Aufsichtsräte zum Notopfer heran­gezogen.

Was im übrigen das zusätzliche Beschaff«,»gsbanprogrami« der Neichsregisrnug angeht, so sollen der Rcichswirtfchafts-, Reichsfinanz- und Reichsardeitsminister vor Inangriffnahme dieses Programms mit den Baustoffinteresscnten, den Arbeit­geberverbänden und den Gewerkschaften des Baugewerbes Verhandlungen darüber führen, wie die Baukvstenrkchtzahl, die seit langer Zeit um 2030 Punkte über der allgemeinen Tencrungsrichtzahl liegt, dieser angenähert werden könne. Besprechung des Nrbeitsministers mit den Gewerkschaften über die Kriscnunterstützuug.

Amtlich wird mitgeteilt: Der Rcichsarbeitsminister hat gestern mit den Vertretern der Gewerkschaften Fragen der Krisennnterstützung besprochen. Er führte aus, daß er ständig bemüht sei, der Notlage ans dem Arbeitsmarkt auch auf dem Gebiete der Krisennnterstützung im Rahmen des Möglichen Rechnung, zu tragen. Die Geldmittel, die das Reich für die Krisenunterstütznng z«r Verfügung stellen könne, seien bei der gegenwärtigen Gesamtlage begrenzt. Wenn den vielfachen Wünsche« ans Ansdehnnng der Krisennnterstützung in vollem Umfang entsprochen werde« würde, so würde dies für das Reich gegenüber dem Haushaltsansatz von 156 Mill. RM. eine Mehrbelastung von mehreren 188 Millionen RM. er­geben. Er habe sich bereits mit Erfolg für eine nicht unbe­trächtliche Erhöhung der Haushaltsmittel eingesetzt.

Landarbektcrwohnnngsba«.

Amtlich wird mitgcteilt: Der Rcichsarbeitsminister hat jetzt entsprechend seiner Zusage im HauShaltsauKschuß des Reichstages 25 Mi«. RM. sür die Förderung deS Land- arbeiterwohnnngsbanes ans die Länder »erteilt. Dadurch ist, soweit es am Reiche liegt, di« Möglichkeit geschaffen, den Landarbeiterwohnungsban in angemessenem Umfang« sort- zuführen.

. Tages-Spiegel

Reichssinanzministcr Dr. Moldcnhaner sprach gestern über das Saniernugsprogramm der Reichsregiernugnd die Maßnahme« zur Einleitung einer großzügige« Produk­tionskosten- «nd Preisfenknngsaktion.

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Reichsminister Stegerwald gab in einer Pressebesprcchnng bekannt, daß das Notopfer der Festbesoldeteu 4 Prozent, für Ledige 5 Prozent des Einkommens betrage« soll.

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Die Untersuchung des deutsch-polnische« Grcnzzwischenfallcs in Renhöfen ergab, daß die deutschen Beamte» pflichtgemäß gehandelt haben. Das Auswärtige Amt hat in Warschau Protest eingelegt.

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Tie thüringische Landesregierung hat, nachdem der Sperr­beschlutz des Reichsinnenministers sür die Polizeigelder in Weimar amtlich eingegangen ist, de» Staatsgerichtshos an- gernfen.

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Das dentsch-amertkanische Schuldenabkommcn nmrde gestern von Präsident Hoover unterzeichnet. Zugleich gab die am«, rikanlschs Regiernng amtlich bekannt, daß gegen die Pla­zierung der deutschen Neparationsbonds in Amerika keine Einwendungen mehr erhoben werden. _

Das Gutachten

über den Neuhöfener Grenzzwischenfall

Deutsche Protestnote nach Warschau unterwegs.

TU. Berlin, 7. Juni. Amtlich wird mitgeteilt: Der für die Untersuchung des Grcnzzwischenfalls bei Ncnhösen ein­gesetzten deutsch-polnischen Kommission ist cs n i cht gelu n - aen, sichüberei«engen»einsamc»«ndeinheit- lichen Bericht an die beide« Regierungen zu einige«. Die deutsche Regierung hat aber von den beiden Gutachten der deutsche« «nd der polnisch:« Kommissionsmit- gliedcx sowie von dem gesamten Vcweismaterial KcnntniS erhalte«. Sic hat dieses Material geprüft und ist dabei zu der Gewißheit gelangt, daß die Darstellung in dem dcntschen Gut­achten de» Sachverhalt zutreffend wiedergibt.

Danach haben seit dem Herbst vorigen Jahres polnische Grenzschutzbcamt« den Versuch gemacht, deutsche Grenz­beamte in Marienwerder zur Auslieferung von Ge­heimmaterial zu verleiten. Die deutschen Beamte« haben es zum Zweck der wirksamen Bekämpfung solcher Ver­suche für ihre Pflicht gehalten, sich zum Schein darauf ei »zu­lasten. Infolgedessen ist es dazu gekommen, daß am 24. Mat abends zwei polnische Grenzschutzbeamte hie deutsche Grenz« überschritten und sich zur Empfangnahme des Geheimmate­rials zur Patzkontrollbaracke bei N«nhöfen begeben haben. Sie waren selbst mit Revolvern und einer Handgranate be­waffnet und nahmen zu ihrem Schutz bervaffnete Grenzsolda­ten bis an die Grenze mit. Als die deutschen Beamten in der Poßkontrollbarack« zur Verhaftung der betden polnischen Beamten schreiten wollten, haben diese mit der Waffe in der Hand Widerstand geleistet und dabei einen deutschen Beam­ten verwundet, der seinerseits einen polnischen Beamten ver­wundet hat. Der polnische Beamte ist später bedauerlicher­weise seinen Verwundungen erlegen. Fast gleichzeitig mit den Vorgängen in der Baracke haben die erwähnten polnischen Grenzsoldaten die deutsche Grenze überschritten und in Rich­tung auf das deutsche Gebiet «ine Anzahl von Schüssen ab­gegeben.

Anf Grund dieses Tatbestands ist der deutsche Gesandte in Warschau beanstragt worden, der polnische« Regierung eine Rote z« überreichen, i« der wegen der Uebergriffe der pol, nischen Beamt«« Protest erhöbe» wird. Die Note wird alsbald nach ihrer Ueberreichung veröffentlicht werden.

Graf Zeppelin" wieder im Heimathafen

Friedrichshafe«, 7. Juni. Das. Luftschiff ^Gras Zeppelin" ist gestern nm 7.28 Uhr «ach Lltchgiger Fahrt glatt und ohne Zwischenfall gelandet. Die bei der Südamerika­fahrt znrückgelegte Strecke beträgt beinahe 38 868 Klm.

Nach der Landung fand ein Festakt statt. Dr. Ecken er dankte für Len Empfang und führte ans: Wir hatten wei­tere große Fragen zu klären anf dieser Fahrt. Die Beant­wortung dieser Fragen ist bejahend und günstig für die Lusi- schifsahrt. _

Um Briands Paneuropa-Denkschrist

Zusammengehen Oesterreichs «nd Deutschlands.

TU. Berli n, 7. Juni. Wie nach einer Meldung d. DAZ." aus Wie« verlautet, soll die österreichische Regier« die Absicht hegen, das Panenropa-Mcmoraubnuv Briands ce nach einer Fühlungnahme mit dex deutsche« Regiernng z beantworte«. In politische« Kreise« hält man es für ansgc schloffen, daß in einer Angelegenheit von solcher Tragwe-tc, wie es das Paueuropaproblem ist, die beide« Ncgierrmgeu ohne vorherige Verständigung miteinander vorgche».