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Mil der landwirtschaftlichen Wochenbeilage Haus-, Sorten- und Landwirtschaft"

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Nr. 129

Gegründet 1827

Tagesspiegel

Mnister Chamberlain ist am Samstag zur Tagung der Völkerbundsrats nach Genf abgerefft. Sein Zustand Hai sich gebessert.

Der ungarische Außenminister Dr. Walko erklärte. An garn lehne den Beitritt zu einemWirlschafts-Donaubnnd". wie er auf der lekken Taau-a de-' Kleinen Verbands in Joa­chimstal angeregt worden sei. ab.

Die ägyptische Regierung hak dem britischen Obsckom- mifsar Lloyd in Kairo die Antwortnote auf die englische Rote übergeben. Sie soll in versöhnlichem Ton "-Balten fein.

Japan soll die beabsichtigte Truppeusendung nach Peking und Tientsin aufaegeben haben.

Englands starke Hand in Aegypten

Die Entsendung von drei der größten englischen Linien­schiffe nach Alexandrien und Port Said läßt mit aller Klar­heit erkennen, daß England unter keinen Umständen gewillt ist, die Sicherheit der militärischen Verbindungen vom Mutterland durch das Mittelmeer nach Indien und Ost- Asien beeinträchtigen .zu lassen. Sie macht es vor aller Welt deutlich klar, daß die englische Diplomatie nicht zögert, ihre Machtmitel einzuseßen, sobald sie auch nur die leiseste Ge­fahr für die großen Verbindungslinien des englischen Welt­reichs wittert. Sie läßt endlich keinen Zweifel darüber, daß England entschlossen ist. jegliche Ansäße ägyptischer Selb­ständigkeitsgefühle auf militärischem Gebiet im Keim zu ersticken. Das Wort vomSelbstbestimmungsrecht der Völler" soll dort keine Anwendung finden, wo englische Interessen ins Spiel kommen.

In der Deklaration vom 28. Februar 1922, die die da­malige Regierung Lloyd Georges dem Sultan in Aegypten übersandte, wurde das britische Protektorat über Aegypten als beendet und Aegypten als ein unab­hängiger Staat erklärt. In'dem Paragraph 3 der Deklaration behielt sich jedoch die britische Regierung bis zu einer solchen Zeit, wo auf dem Wege freier'Aussprache und freundlichen Entgegenkommens auf beiden Seiten wei­tere Abkommen geschlossen werden könnten, das Recht vor, in folgenden vier Punkten nach eigenem Ermessen zu handeln: 1. in der Sicherheit der englischen Weltreichsoer­bindungen über Aegypten: 2. in der Verteidigung Aegyptens gegen ausländische Angriffe oder gegen direkte oder in­direkte Einmischungen: 3. in dem Schuß von Ausländern in Aegypten und im Sck> der Minderheiten und 4. in der Frage des Sudans.

In diesen Punkten soll bis zum Abschluß von weiteren Vereinbarungen es beim alten bleiben. Damals belief sich die Stärke des ägyptischen Heers, ausschließlich der im L-udan garnisonierenden Einheiten, auf etwa 4800 Köpfe. In Aegnoten standen 7 Infanterie-Bataillone, 1 Batterie Feldartillerie, 1 Kompagnie Festungsartillerie, 1 Schwadron Kavallerie, verschiedene Hilssformationen und das Haupt­quartier der Armee. Infolge der Unruhen in Khartum vom ^9. bis 11. August 1924, sowie infolge der Ermordung des Sirdars und Generalgouverneurs vom Sudan, Stack, am 19. November 1924 mußten die ägyptischen Truppen aus dem Sudan zurückgezogen werden, so daß sich die stärke des Heers in Aegypten durch zwei weitere Infanterie- Bataillone, 3 Batterien Feldartillerie. 1 Kompagnie Fe­stungsartillerie und 1 Schwadron Kavallerie auf etwa 10 600 Mann erhöhte. Im Jahre 1922 waren die Stäbe des ägyptischen Hauptquartiers und zahlreicher weiterer Abteilungen fast durchweg englisch, so daß das Heer unter unmittelbarer englischer Aufficht stand. Die Zahl der britischen Offiziere belief sich damals auf 172. Die Zahl fiel während der nächsten Jahre, so daß sie im Jahr 1926 auf 9 zusammengeschrumpft war. von denen lediglich der eng­lische General-Inspekteur eine Ausführungsgewalt hat. Die Stärke der Infanterie-Bataillone schwankt zwischen 600 bis 800 Mann.

Als im Mai 1926, nach Aufhebung der Weihleinschrän­kungen, die Zaghlulisten mit 150 Mitgliedern gegenüber 30 Liberalen, 5 Nationalen, 20 Unabhängigen und 10 Unio- nisten in das ägyptische Parlament eingezogen waren, setzten Bestrebungen ein. sich von den englischen Vorrechten zu' be­freien und insbesondere auf dem Gebiet des Heers sich freiere Hand im eigenen Haus zu schaffen. Es wurde ein besonderer parlamentarischer Ausschuß für militärische An­gelegenheiten gebildet: ihm wurde die Aufgabe übertragen, ^.n Bericht zu verfassen, der als Unterlage für den neuen Militärhaushalt dienen sollte. Dieses Schriftstück wurde vor Eisigen Wochen fertiggestellt und am 23. Mai veröffentlicht. Es empfiehlt, den Ausbau des ägyptischen Heers und seiner Bewaffnung zu beschleunigen. Die Infanterie-Bataillone sollen auf eine Stärke von 800 Mann gebracht werden, -veraltete Geschüße sollen durch eine bewegliche Batterie, womöglich durch Tanks ersetzt werden. Scharfe Klagen werden darüber erhoben, daß England die Lieferung von Geschützen seit drei Jahren fortgesetzt verzögert. Tat­sächlich sind nur zwei Geschütze geliefert worden, obwohl beim englischen Krieqsministerium drei Batterien angefordert waren. Die britischen Behörden haben sich dem' Bericht Zufolge damit entschuldigt, daß derartige Aufträge nach­einander erfüllt werden. Der Ausschuß verlangt weitere Geschützankäufe für die Feldbatterien und die Beschaffung einer größeren Anzahl von Maschinengewehren. Endlich

Dienstag, den 7. Juni 1927

Fernsprecher Nr. 29

101. Jahrgang

Krisenluft in Paris

Paris. 6. Juni. In der Kammer herrscht eine Erregung, wie sie sonst nur vor schweren Krisen bemerkbar ist. Die Ab­sicht der Regierung, zum Zweck rascher Geldbeschaffung das staatliche Zündholzmonopol an den schwedischen Zündholz­trust zu verkaufen oder zu verpachten, stieß auf einen zähen Widerstand in der Kammer. Poincare geriet ob des Wi­derstands in einen dauernden Zustand hochgradiger Erre­gung, so daß er bei seinem leidenschaftlichen Temperament sich oft nicht mehr beherrschen kann. Die Linksgruppen, die es auf einen Sturz Poincares anlegen, nützen dies aus, um ihn noch mehr zu reizen. Zu einem erregten Zu­sammenstoß kam es wieder in der letzten Sitzung bei der Be­sprechung der Großen Anfrage des kommunistischen Abge­ordneten Cach in über die Kampfansage des Innenmini­sters Sarraut in einer öffentlichen Rede in Eonstantine (Algier). Der Radikale Hulin verlangte eine Ausdehnung der Sozialgesetzgebung. Poincare erwiderte erregt, die vielen Versprechungen der vorigen radikalen Regierung ha­ben nur dadurch eingehalten werden können, daß er (Poin­care) einen Teil der Lasten durch indirekte Steuern gedeckt habe. Der frühere radikale Minister Schmidt rief:Die jetzige Regierung liegt in den Ketten der Großbanken!" Be­bend am ganzen Leib sprang Poincare auf und rief: Die das behaupten, haben sich seinerzeit vor dem Ausland auf die Knie geworfen. Ms ich die Regierung 1926 über­nahm, waren die Staatsfinanzen so schlecht, daß der vorige radikale Finanzminister (De Monzie) sogar die Kupfervor­räte des KriegsminAeriums auf dem Londoner Markt ver­kaufen wollte." Darauf entstand ein minutenlanger, tosen­der Lärm. Die Sozialisten und Radikalen drangen auf Poin­care ein.

Handelsminister Bokanowski kündigte an, die Regie- runa werde die besckleuniate Erledigung der Zolltarifvorlage

und hierin liegt der Kernpunkt der augenblicklichen Krise empfiehlt der Ausschuß dem Parlament, die Aus­gaben für den Sirdar abzulehnen. Diese Stellung ist zurzeit von dem englischen Generalmajor C. W. Spinks besetzt, der damit gleichzeitig Oberbefehlshaber des ägyp­tischen Heers ist.

Dazu kommt, daß der Ausschuß auch die Ablehnung der Ausgaben in Höhe von 750 000 ägyptischen Pfunden (etwa 15 Millionen Mark) für das Sudan-Heer empfiehlt. Dieses ist infolge des englischen Bestrebens, den Sudan ganz unter den Einfluß Englands zu stellen, dem ägyptischen Ein­fluß gänzlich entzogen worden, und der Ausschuß begründet seine Ansicht damit, daß ihm und dem Parlamente keinerlei Aufklärung über die Verwendung der Gelder zugehe. Die Abzweigung des Sudans von Aegypten hat in der ägyp­tischen Bevölkerung Bitterkeit hervorgerufen. Die Vor­schläge des Ausschusses finden daher den vollen Beifall der Massen.

Die ägyptische Kammer ließ sich diese Gelegenheit zu einem Vorstoß gegen die englische Herrschaft in Aegypten nicht nehmen und schuf durch eine erregte Aussprache über Len Besuch des englischen Oberkommissars Lord Lloyd in Mnia die nötig« Stimmung. Soweit die Nachrichten erkennen lassen, hatte sick Lord Lloyd am 30. April ohne Wissen der ägyptischen Regierung zu einer Notabelnver- sammlung nach Ober-Aegypten begeben, wobei er sich amt­lich von den lokalen Würdenträgern empfangen ließ. Das Parlament erblickt hierin eine Schmälerung der Rechte der ägyptischen Regierung und einen ungerechtfertigten Eingriff

des Oberkommissars in die inneren Angelegenheiten Aegyp­tens.

Diese jüngsten Ereignisse haben in Aegypten die Stim­mung gegen die Engländer außerordentlich verschärft, der gegenüber der Unzufriedenheit während der Verhandlungen anläßlich der Umbildung der gemischten Gerichtshöfe, der Abschaffung der Kapitulation, der Reorganisation der Lokal­verwaltungen und der Besteuerung von Ausländern gering genannt werden muß. Die englische Regierung hat nicht gezögert, in diesem kritischen Augenblick den Aegyptern ihre Machtmittel vor Augen zu führen.

Die Vorgänge beweisen, daß die englische Regiemmg die Erschütterungen im Weltreich infolge des Kriegs im großen und ganzen überwunden und die Verhältnisse für soweit gefestigt erachtet, daß sie das Risiko einer militärischen Machtanwendung ohne allzu große Gefahren auf sich nehmen kann. Die tatsächlichen oder angeblichen Mißerfolge einer Politik, welche sick nur auf den Gedanken eines Ausgleichs und einer Versöhnung von Interessen ausbaut, hat dem Einfluß des rechten Flügels der Konservativen die Oberhand gewinnen lassen. Er ist der Ansicht, daß gegenüber den Völkern des Ostens die starke Hand den Gang der Ver­handlungen nur begünstigen und beschleunigen könne und daß damit in kürzerem Zeiträume klarere Verhältnisse von längerer Dauer geschaffen werden. Ckamberlain scheint sich dieser Auffassung endgültig angeschlossen und demnach sein Handeln eingerichtet zu haben.

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fordern und gegebenenfalls die Vertrauensfrage freuen. All­gemein besteht die Ansicht, daß die Stellung der Regierung stark erschüttert ist.

EineEntente" gegen deutsche Kolonialanspruche

Paris, 6. Juni. DieEntente cordiale", die kürzlich in London zwischen Doumergue und Briand und dem König Georg und den englischen Staatsbanken neu gestärkt wurde, hak nicht genüg*. Auf .Einladung" des französischen Kolo­nialverbands kamen der englische Kolonialminister Amery und eine Reihe von Kolonie-Gouverneuren wie die von Kenya, der Goldküste, Bermudas, Nordrhodesia, Nigeria usw. bei einem Bankett in Paris zusammen. Hauptredner war Poincare. Er meinte, die Kolonien werden in Zu­kunft zur Stärkung der freundschaftlichen Bande zwischen Frankreich und England beitragen. Der Zweck der Grün­dungKolonial-Entente" war, Deutschland klar zu machen, daß es keine Aussicht habe, seine Kolonialforderungen er­füllt zu sehen.

Unfall Lhmnberlains

London, 6. Juni. Als Außenminister Chamberlain vom Auswärtigen Amt nach Hause fuhr, stieß sein Kraft­wagen auf eine Wartehalle am Parlamentsplatz. Cham­berlain wurde durch Glassplitter am Kopf und an ein«» Finger verletzt. Nach Anlegung eines Verbands setzte «k die Fahrt fort.

Ein Arcosfatl in Mexiko

London. 6. Juni. Nach einer Meldung aus Mexiko hat die dortige Polizei den diplomatischen Vertreter von Sow­jetrußland und sein Personal, sowie eine Anzahl anderer Personen bei einer geheimen Zusammenkunft im Gesandt­schaftsgebäude verhaftet. Die Gesandtschaft wurde nach eini­gen Stunden wieder freigelassen.

Neuestes vom Tage

Hilfe des Reichspräsidenten für die Sturmgeschädigteu Berlin, 4. Juni. Reichspräsident von Hindenburg emp­fing heute den Landrat des hannoverschen Kreises Lingen> Dr. Pantenburg, ferner den Bürgermeister Gilles und Stu­dienrar Schwerin« aus Lingen als Abordnung des durch den Wirbelsturm besonders schwer geschädigten Kreises. Me Herren trugen dem Reichspräsidenten nähere Einzelheit«» der furchtbaren Katastrophe vor. Der Reichspräsident sprach ihnen mit dem Ersuchen um Uebermittlung an die Betrof­fenen sein tiefstes Mitgefühl aus und sagte ihnen materiell« Hilfe zu.

Der Reichspräsident hat für die durch den Wirbelsturm geschädigten preußischen und oldenburgischen Ortschaften den Betrag von 200 000Mark aus seinem Dispositionsfonds zur Verfügung gestellt.

Der neue Präsident für das Saargetnel Saarbrücken. 6. Juni. Als Nachfolger des Präsidenten Stephens (Kanadier) wird der Sitzung des Völkerbunds­rats am 19. Juni in Genf der englische Diplomat Sir Ernest Wilton, bis vor kurzem Verwalter der Salzsteuer i» China, in Vorschlag gebracht. Er steht im 57. Lebensjahr und ist der deutschen Sprache mächtig. Ob die Wahl des Engländers für das Saargebiet in der französischen Einstellung der völkerbündlickm Regierunaskommiffion ein« Aenderung bringen wird, muß angesichts der engeren fran­zösisch-englischen Verbindung vorerst noch obgewartet wer­den. Wilton ist der dritte vom Völkerbund dem Saarland aufgezwungene Regierungspräsident.

Me Bestätigung der zerstörten Unterstände

Paris, 6. Juni. Havas verbreitet, der deutsche General Pawelsz habe sich damit einverstanden erklärt, daß die Zerstörung der 34 Unterstände an den deutschen Ofkbefesti- gungen durch Verbandsoffiziere nachgeprüft werden, Mini­ster Stresemann habe es aber abgelehnt, weil er den Widerstand der deutschenNationalisten" fürchte. Man habe nun nur noch einen Vorschlag Deutschlands zu er­warten. Sollte dies nicht der Fall sein, so würde nichts übrig bleiben, als den Fall vor den Völkerbund zu bringen. Die Deutschen haben immer. Ene Doppelpolitik: an der Ostarenze eine mit Nationalisten und Reichswehr, an der Westgrenze mit dem Vertrag von Locarno. Sie ver­suchen bereits, Zugeständnisse im Westen zu erlangen zum Austausch für die Nichtausführung oder unvoll­ständige Ausführung ihrer Verpflichtungen im Osten.

Durch M.T.B. wird dazu mikgeteilk, daß weder General Pawelsz eine derartige Zusage an die Fremdoffiziere ge­macht, noch Dr. Stresemann sie abgelehnt habe. Der Nach­weis, daß die Unterstände bestimmungsgemäß zerstört sind, werde auf diplomatischem Weg erörtert. Auf die weitere« Bemerkungen des Havasartikels, die das deutsche inner­politische Gebiet berühren, erübrige sich jede Antwort.

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