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Nr 125

Segrünäet 1827

Mittwoch, den 1. )uni 1927

Fernsprecher Nr. Li»

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Friedensbedrohung im Dauerzustand

' Moskau hoi erklärt, es werde sich wegen des Bruchs mit England nicht in einen Waffen gang hineinziehen lassen, wenn sie auch beide für alle Fälle Vorbereitungen treffen. Es ist unverkennbar, daß die Gewohnheit der Sowjetdiktatoren, überall die Welirevoluttvn" vorwärts zu treiben, in der ganzen Welt eine starke Gegenbewegung ausgelöst hat, wie denn von einer ganzen Reihe von Ländern in letzter Zeit ein verschärftes Vorgehen gegen den Bolschewismus gemeldet wird. Es mutz aber doch auch daran erinnert werden, datz weder England noch Amerika dem Bolschewismus von Anfang an mit solchen Gefühlen des Abscheus gegenübergestanden haben wie heute. Jri Gegenteil, es hat eine Zeit gegeben, wo das gesamte Angelsachsentum von Bewunderung sür die Helden und Wortführer des Bolschewismus erfüllt war, und wo Frank- ! reich ihm darin keineswegs nachstand. Das war zur Zeit der Verhandlungen von B r e st - L i t o w s k, als Trotzki j seine Brandreden hielt, als die rote Flut gegen die Rand- f stauten vordrang und Livland, Estland und Finnland nur durch den deutschen Vormarsch vor der MoskauerPropa­ganda der Tat" gerettet werden konnten. Damals ließ Wilson im Kongreß erklären:Das ganze Herz der Ver­einigten Staaten schlägt dem Volk Rußlands entgegen in dem Bemühen, sich für immer der autokratischen Regierung zu entledigen und Herr seines eigenen Landes zu sein." Und der Oberste Kriegsrat der Entente schloß sich dieser Huldigung aus seine Weise an, indem er das deutsche Vorrücken zum Schutz der bedrohten Randstaaten alsStreben nach Raub und Eroberung" brandmarkte und .zugleich beschloß, dem Bolschewismus dadurch zu Hilfe zu kommen, daß er die Fort­setzung des Kriegs mit äußerster Tatkraft betrieb.

Es ist nun einmal eine Tatsache: Der Bolschewismus als europäische Gefahr ist eine Frucht der englisch-französischen Krieospolitik. Diese Erkenntnis, für die wir schweres LK>r- geld haben zahlen müssen, gibt das Recht, zu fragen, ob das englische Vorgehen geeignet sei. Europa von dieser Gefahr zu befreien? Aufnahmefähig für den Bolschewismus ist nur ein Land, das von wirtschaftlichem Elend und politischem Zerfall bedroht ist. Deutschland hat sich als altes Kulturland verzweifelt gegen den andringenden Bolschewismus gewehrt. Aber es wäre vielleicht unterlegen, wenn dem Pomcarismus nach dem Ruhreinbruch nicht das gewalttätige Handwerk gelegt worden wäre. Damals hat die Welt außerhalb Frank­reichs richtig erkannt gehabt, was dem Bolschewismus den Boden bereitet.

Aber wir wollen auch nicht vergessen, daß es der aus Kanada stammende englische Crstminister Bonar Law gewesen, der Poincare zum Einbruch ins Ruhrgebietviel Glück" wünschte, und so brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn England es Rußland gegenüber auch einmal mit Ge- woltmethoden zu versuchen wünscht, die Frankreich unter Englands Segen uns gegenüber viel ,zu lange anwenden durste. Unter ehrlichen Leuten kann gar kein Meinungs-. streit darüber sein, wie Europa am besten gegen den Bolsche­wismus geschützt werden könnte: Indem man ihm endlich den wahrhaftigen Frieden gibt, den es in der ganzen Nachkriegszeit noch nicht kennengelernt hat. Locarno und Thoiry sollten ihn bringen aber wer ist schuld daran, wenn von Locarno und Thoiry nur mehr mit einem Lächeln oder mit einem Achselzucken gesprochen werden kann?

Wir Deutschen könnens nicht ändern. Wir sind nicht in der Lage, zugunsten endlicher Befriedung Europas irgend welchen Druck auf irgendwen auszuüben. Wi rkönnen uns auch den Luxus, im englisch-russischen Zwist Partei zu er­greifen, nicht leisten, und wenn wir den diplomatischen Schutz der russischen Staatsbürger in England übernehmen, so tun wir das als die, die das stärkste Interesse an der Erhaltung des Friedens haben.

Was jetzt geschehen ist, ist die Eröffnung eines Gegen- einanderwühlens und -ringens auf lange Sicht. Gewiß, es wird nicht gleich geschossen werden, es wird vielleicht über­haupt nicht geschossen werden. Aber auf einen Dauerzustand der Beunruhigung, der heimlichen Spannung und der in jedem Winkel lauernden Gefahr wird Europa sich einrichten mästen

Der Leiter der russischen Handelsabteilung in London, Chimhuk, erklärt, der Abschluß neuer Kaufsverträge in England sei ausgeschlossen, dagegen sei beabsichtigt, die Ge­schäfte der russisch-britischen Getreideausfuhrgesellschaft und ähnlicher Unternehmungen fortbestehen zu lassen, wenn man ihnen keine Schwierigkeiten in den Weg lege. Von eng­lischer Seite wurde dies zugestanden. Rußland hat in den letzten Jahren durch Unterbietung der Weltmarktpreise die russische Einfuhr nach England auf das Drei- bis Bierfache der britischen Einfuhr nach Rußland gesteigert. Rußland ist Hoher auf den englischen Absatzmarkt namentlich sür Ge­treide stark angewiesen, und es ist begreiflich, daß es von seinem Handel nach England zu retten sucht, was nach zu retten ist.

Der MailänderCorriere" schreibt, das faszjstüche Ita­lien werde in dem englisch-russischen streit nicht Par­tei ergreifen. Bis jetzt lei der- Friede nicht gefährdet. Der Streit sei ein Teil des alten Kampfes zwischen beiden Mächten um die Vormachtstellung im Osten.

Herrick gegen den Bolschewismus Boris, 31. Mai. Am gestrigen Gedenklag für die in Frankreich gefallenen amerikanischest Soldaten leai- der

amerikanische Botschafter Herrick am Grabmal desUn­bekannten Soldaten" einen Kranz nieder und hielt auf dem amerikanischen Friedhof eine Ansprache. Darin sagte er u. a.: Die Geißel des Bolschewismus werde, wie der Krieg im allgemeinen, mit Waffen der Wissenschaft be­kämpft. Der Fall Rußlands sei so recht ein Beispiel eines moralischen Niedergangs in der Geschichte. Die Völker sehen in dem bolschewistischen System Rußlands eine Regierungs- sorm bestehen, die drückender sei als der Despotismus eines Herrschers jemals in der Welt gewesen sei. Eine kranke Demokratie könne schädlicher und gefährlicher werden als der wahnsinnigste Fürst, ein wahnsinniges Volk sei ärger

als ein Nero. Die Amerikaner dürfen die Bande von Leuten nicht ruhig gewähren lassen, di« sich zu Tyrannen der lie­benswürdigen und begabten russischen Rasse gemacht haben und die nun mit teuflischer List der übrigen Welt ein töd­liches Gift einimpfen. Was sie in Rußland tun, ist ihre Sache und Sache der Russen, aber wir werden den Führern des Bolschewismus nicht die Mittel und di« Gelegenheit geben, uns schleichend zu vergiften. Wir werden unser Land gegen den Bolschewismus verteidigen.

London, 31. Mai. Die britische Admiralität wird an­fangs Juni das zweite Kreuzergeschwader, eine Aerstörer- flottille, Tauchboote und Begleitschiffe in die Ostsee senden. Dies Geschwader wird in verschiedenen dänischen, schwedi­schen und finnischen HäfenBesuche" machen.

Moskau, 31. Mai. DiePrawda" meldet, England werde im Juni ein Kriegsschifsgeschwader nach Helsingfors (Finnland) senden, das bis zum Spätherbst dort bleiben solle. Es sei wahrscheinlich, daß die englische Marineleitung eine Beobachtungsstelle in der Ostsee zu errichten beabsich­tige, Das bedeute eine Vorbereitung zum Krieg.

Der Rat der Volkskommissare dar beschlossen, eine innert 12prozentige Staviscmleihe von 200 Millionen Rubel zu beaeben.

Neuestes vom Tage

Geburtstagsfeier des Papstes in Berlin Berlin, 31. Mai. Aus Anlaß des 70. Geburtstags des Papstes fand heute vormittag in der Hedwigskirche ein feierliches Pontifikalamt statt, an dem u, a. der Reichskanzler und Frau Marx, der Staatssekretär der Reichskanzlei Dr. Pünder, der polnische Gesandte usw. teilnahmen.

Windjackenverbot in München München, 31. Mai. Die Polizeidirektion München hat durch eine vorläufige Vorschrift das Tragen einheit­licher Kleidung sür Angehörige politischer Parteiver­bände auf öffentlichen Straßen und Plätzen verboten, weil gerade in letzter Zeit das Tragen dieser Kleidung der­art zugenommen habe, daß nicht nur Schlägereien heraus­gefordert wurden, sondern auch die Allgemeinheit sich beun­ruhigt fühlte und die Sicherheit und Ordnung des Straßen­verkehrs gestört wurde.

Die französische Presse zu Herricks Rede Paris, 31. Mai. Die gestrige Rede des amerikanischen Botschafters Herrick gegen den Bolschewismus wird in der Morgenpresse eingehend gewürdigt. Die Rechtsblätter äu­ßern ihre lebhaft« Zustimmung, wobei sie teilweise ihrem Bedauern AuÄruck geben, daß mansolch heftige und klare Worte" (Gaulois") von einem Vertreter Amerikas hören müsse. Niemals, schreib: Herve, sei Europa wegen seiner Feigheit in ähnlicher Weise geohrfeigt worden. Zweifelnd über die Zweckmäßigkeit der Rede äußert sich dasOeuvre"; diese Rede könne ein Vorbote einerheiligen Allianz" ge­gen den Kommunismus sein, die die Möglichkeit eines Kriegs in sich schließe.

Die spanische Nationalversammlung ein ^erster Gerichtshof Madrid, 31. Mai. Der Kabinettsrot hat sich u. a. mit der Zusammensetzung und den Befugnissen der künftigen Natio­nalversammlung beschäftigt. Der Ministerpräsident meinte, diese Versammlung könnte dazu berufen werden, das Amt eines obersten Gerichtshofs auszuüben. Wie es scheint, soll die Nationalversammlung am 13. September zu- sammenberusen werden. Der Bericht, den die Minister für Finanzen und Justiz erstatten sollen, wird die Zahl der Mit­glieder sestsetzen un^. die Fragen bezeichnen, die die Ver­sammlung zu behandeln haben wird. Die Presse, die Kirche, die Handels- und Landwirtschaftskammern, die Arbeiter­organisationen und die Gewerkschaften sollen in der Ver­sammlung vertreten sein. (Spanien hat bekanntlich seit der Diktatur Primo de Rioeras kein Parlament mehr. Ein sch» ches soll ihm erst jetzt wieder gegeben werden, aber in der Form eines Gerichtshofs, in dem Parteistreit und Zank so­weit als möglich ausgeschlossen sein sollen.)

Areiheitsbeftrebungen in Aegypten London. 31. Mai. Die zunehmende englondseindliche Bewegung in Aegypten, die durch die Entsendung von Kriegsschiffen nach Aegypten noch aesteiaerr worden ist. er-

Tagesspiegel

Lin oersaffungsänderndec Antrag der Koalitionsparkeien im bayerischen Landtag, für Gemeindewahlen das Wahlalter auf 25 oder wenigstens 21 Jahr (statt 20 Jahre) heraufzu­sehen. fand nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit und wurde somit abgelehnt.

Lhamberlain hatte eine längere Unterredung mit den, deutschen Botschafter Skhamer über den engkfch-rustischen Streitfall und seine Folgen, so weit sie Deutschland berühren

regt die Besorgnis der Regierung in hohem Maß. Die Be­wegung ist besonders gegen den Oberkommissar Lloyd gerichtet. Im ägyptischen Abgeordnetenhaus ist ein Antrag eingebrachl worden, den Posten des Oberkommissars abzu­schaffen, und ein weiterer Antrag, die Oberaufsicht über das ägyptische Heer einem Wehrausschuß zu übertragen. Die englische Regierung erklärt in einer Note, die Lloyd gestern dem ägyptischen Erstminister übergab, beide Anträge für unannehmbar. Großbritannien habe die ..Verantwortung sür den Schutz von Leben und Eigentum der Ausländer in Aegypten" übernommen und sei daher zur Oberaufsicht ver­pflichtet.

Bevorstehende Entscheidung in China

London, 31. Mai. Reuter meldet aus Schanghai, der Angriff des Befehlshabers der Nordtruppen, General Fengtien, in der Provinz Honan am 26. Mai habe mit seiner Niederlage geendet. Die Südtruppen, die von Tschangkaischek selbst befehligt worden sein sollen, schlugen den Angriff ab und zwangen Fengtien zum Rück­zug. Tschangkaischek will nun durch Umgehung den Haupt­teil des Nordheers abschnerden; verschiedene Generale wol­len sich mit Tschangkaischek vereinigen. Sollte es Fengsu- jiang getingen, rechtzeitig gegen den Eisenbahnknoten­punkt Tschengtschauinder Provinz Honau vorzustoßen, so würde das Nordheer der Vernichtung nicht mehr ent­rinnen können. Es wirb als ein Fehler Tschangtsolins be­zeichnet. daß er sich zu weit noch Süden vorgewagi habe

Der MailänderPopolo d'Jtalia" erfährt aus Pettznq? Japan beabsichtige 8 Bataillone nach Tsinchau und weis«» nach der Mandschurei zu entsenden.

Bedrohliche Lage in Nordchma

London, 31. Mai.Sunday Expreß" meldet aus Schang­hai, die Gesandten der Mächte in Peking haben angesichts der bedrohlichen Lage in Nordchina, das in kurzer Zelt st» der Hand der vereinigten Nationalisten fein könue. dst» Frage erwogen, sich nach Tientsinzurückzu ziehe» Andernfalls mühten mindestens weiter« 25 000 Wcu» d» verschiedenen Mächte zum Gostmdtenschutz »ach PeNug Op. fandt werden.

Württemberg

Stuttgart. 31. Mai.

Tagung des Reichsgerichts in Stuttgart. Am 17. Juni beginnend wird in Stuttgart der vierte Strafsenat des Reichsgerichts unter dem Borsitz von Präsident Niedner schätzungsweise drei bis vier Wochen im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Stuttgart tagen. Die gegen einen gewissen Burkhardt und zwölf Genoffen gerichtete Verhandlung umfaßt zwei Taffachen: den am 26. November 1923 verübten Bombenanschlag auf das Gebäude derSüddeutschen Arbei­terzeitung" in Stuttgart und die tags darauf in einer kom­munistischen Geheimsitzung erfolgte, bereits im Tscheka- Prozeß wiederholt berührte Erschießung des Kriminal- oberwochtmeisters Tschiersch.

^ ^^tttgart, 31- Mai. Das Staatsministerium hat den Entwurf eines Gesetzes über die geschützten Tage und die Mgemeinen (bürgerlichen) Feiertage festgestellt, der dem- Landtag demnächst zugehen wird. Art. 1 des Entwurfs wm in das Polizeistrafgesetz einen Art. 17 b einstigen, wonach mit Geldstrafe bis zu 150 RM. bestraft werden soll, wer den Anordnungen zuwider handelt, die zum Schutz der Feiertage und zum Schutz der Werktage der Advents- und der Fastenzeit, insbesondere der Karwoche erlassen werden. Nach Art. 2 soll eine Verordnung des Staotsministeriums sestsetzen, welche Tage als allgemeine (bürgerliche) Feiertage gelten.

Ein bestechender Polizeibeamter. Zu der unter dieser Ueberschrift gebrachten Notiz, wonach der frühere. Landes- polizeibeamte Ernst Weigold-wegen Bestechung uich Akten- befeitigung zu 1 Jahr 6 Monaten Zuchthaus verurteilt wor­den ist, wird mitgeteilt, daß die weitere Mitteilung, Weigold habe zugunsten des früheren Hoteliers Emil Dobler die Akten­stücke gestohlen, unrichtig ist. Letzteres gehe aus dem Ge- vichtsurteil deutlich hervor.

Bad Mergentheim. 31. Mai. Besuch. Siegfried Wag- ne r und Gemahlin sind heute zum Besuch des hier zur Kur weilenden Generalmusikdirektors Prof. Dr. Karl Muck ein- getroffen und haben in der Kuranstalt Haus Ferdinand Wohnung genommen.

Lllwangen. 30. Mai. Schulfragen. Die Handels- abteilung an der hiesigen Gewerbeschule wurde, weil nur nock, funk sckmlvflickitioe Lebrlinae vorhanden sind, aufaeho»