HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND

CALWER ZEITUNG

Verlagsort Calw

MONTAG, 4. JANUAR 1954 ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG 10. JAHRGANG / NR. 2

Für alle Fälle

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In Berlin rüstet man zur Vierer-Kon­ferenz

PMitik

Als Stellvertreter des amerikanischen Hohen Kommissars trifft Henry Park- m a n am Dienstag zur Aufnahme sei­ner Amtsgeschäfte in Berlin ein.

Der traditionelle Neujahrsempfang beim Bundespräsidenten bildet am T. Januar den offiziellen Auftakt des Jahres 1954 in Bonn. Wie alljährlich werden die Chefs der fast fünfzig aus­ländischen Missionen in der Bundes­republik dem Bundespräsidenten und ln seiner Person auch dem deutschen Volke die Glückwünsche der von ihnen vertretenen Völker überbringen.

Der sowjetische Ministerpräsident Ma- Ienkow hat dem Pankower Minister­präsidenten Grote wohl zum Jahres­wechsel ein Glückwunschtelegramm übersandt, in dem er der Überzeugung Ausdruck gibt, daß die Zusammenar­beit zwischen der russisch-besetzten Zone und Rußland sich weiter festigen werde.

Für den niederen Lebensstandard in der Sowjetzone macht das amerikani- che Außenministerium die Sowjet­union unmittelbar verantwortlich. In einem jetzt veröffentlichten detaillier­ten Bericht wird die laufende Ausplün­derung der Zone durch die Besatzungs- macht nachgewiesen.

Kommandanten verhandeln

lieber den Konterenzort in Berlin / Gteve in ständiger Fühlung mit Bonn

' Von unserer Bonner Redaktion

BONN. Die drei Hochkommissare der Westmächte werden am Dienstag oder Mittwoch in Bonn Zusammentreffen, um ihre Vertreter für die vorge­sehenen Vorverhandlungen mit dem Vertreter des sowjetischen Hochkom­missars über den Konferenzort der Berliner Außenministerkonferenz zu be­nennen. Wie aus Kreisen der Alliierten Hochkommission verlautet, sei da­mit zu rechnen, daß die ständigen Vertreter der Hochkommissare in Ber­lin, die drei westlichen Stadtkommandanten, mit der Führung der Vorver­handlungen beauftragt werden.

Sie werden sich in den Besprechun­gen über das Konferenzgebäude, nach der letzten westlichen Note, dafür einsetzen, daß die Konferenz im Haus des früheren Kontrollrats beginnt.

In alliierten Kreisen der Bundes­hauptstadt wird in diesem Zusam­menhang nicht damit gerechnet, daß die Berliner Konferenz über den 25 Januar hinaus noch einmal verscho­ben wird

Das Bundeskabinett und der inter­ministerielle Ausschuß der Regierung und des Bundestages werden sich

noch in dieser Woche mit den Fragen der Berliner Konferenz erneut befas­sen. Auch der Außenpolitische Aus­schuß des Bundestages, der für den 11 Januar einberufen worden ist, wird die deutschen Stellungnahmen zum Verhandlungsprogramm der West­mächte erörtern.

Während der Berliner Konferenz wird die Bundesregierung in Berlin durch ihren Sonderbevollmächtigten, Prof. Grewe, und ihre ständigen Beauftragten in Berlin vertreten sein. Außerdem werden sich, zumindest

11624 schreiben aus Rußland

96116 ungeklärte Schicksale / Spätes tbeimkehrer fördern Ermittlungen

BONN. 11 624 deutsche Kriegsgefan­gene in der Sowjetunion stehen nach Feststellung des Verbandes der Heim­kehrer (VdH) in Postverbindung mit ihren Angehörigen. Die Gesamtzahl der nicht heimgekehrten deutschen Kriegs­gefangenen, die lebend in Gefangen­schaft festgestellt worden sind, deren Schicksal aber bisher nicht geklärt wer­den konnte, wird vom VdH mit 96 116 angegeben. Als Stichtag ist hierbei der 15. Dezember 1953 angenommen wor­den.

Nach den Ermittlungen des VdH sind rund 5128 Schicksale früherer Soldaten, die von den Westmächten gefangen ge­nommen wurden, noch ungeklärt. 687 Gefangene, darunter die Werl- und Landsberg-Häftlinge, schreiben.

Nach den vom VdH bei seit September 1953 aus der Sowjetunion heimgekehr­ten über 5000 Kriegsgefangenen ange- stellten Ermittlungen zählten etwa 93 Prozent von ihnen zu den Kriegsver­urteilten und etwa 7 Prozent zu den sogenannten Kriminellen. Im einzel­

nen seien entlassen worden: 1. Kriegs­gefangene, die wegen Kollektivschuld verurteilt worden waren, jedoch nicht, wenn ihnen dabei angeblich individuelle Vergehen nachgewiesen worden seien; 2. sogenannte Kriminelle, das sind Kriegsgefangene, die wegen Diebstahls, Sabotage, Arbeitsverweigerung und dergleichen verurteilt worden waren; 3. Invaliden, bevorzugt ältere Jahrgänge, da diese für einen Arbeitseinsatz nicht mehr in Frage kommen.

Bisher nicht entlassen wurden nach den Feststellungen des VdH: 1. Kriegs­gefangene, die während des Krieges in der Abwehr tätig gewesen sind. Diesen werde vielfach Spionage vorgeworfen; 2. Dolmetscher (nicht grundsätzlich) und Sonderführer; 3. Generalstabsoffiziere, besonders Oberste jüngerer Jahrgänge und Stabschefs; 4. Ortskommandanten; 5 Landesschützen (weil diese früher russische Gefangene bewacht hätten); 6. Generale, soweit sie sich nicht im Lager Woikow befanden. Aus diesem Lager sind elf Generale entlassen wor­den.

Herzlich willkommen im deutschen Vaterland

Der Bundeskanzler in Friedland / Unablässige Bemühung um die Zurückgebliebenen

FRIEDLAND. Großer Jubel erfüllte das in strahlendem Sonnenschein lie­gende Heimkehrerlager Friedland, als Bundeskanzler Dr. Adenauer am Samstagmittag das Lagertor durchschritt, um die mit den letzten Transporten gekommenen 1000 Heim­kehrer persönlich zu begrüßen. Sie gehören zu den rund 7000 Entlasse­nen, die seit September vorigen Jah­res von insgesamt etwa 10 000 Heim­kehrern in bisher 11 Transporten in der Bundesrepublik eingetroffen sind Herzlich willkommen im deutschen Vaterland rief der Bundeskanzler den Versammelten zu. Er bezeichnete dieses Zusammentreffen als eine sei­ner schönsten Stunden und rief die Heimkehrer zur Mitarbeit auf, um unserem Vaterland Ansehen und Würde zu verschaffen und dem Frie­den der Welt zu dienen. Dr. Adenauer überbrachte ihnenden Gruß des ge­samten deutschen Volkes, ohne Un­terschied der Konfessionen"

Er gedachte auch derer, die noch nicht zurückgekommen sind,aber die wills Gott noch eines Tages zu­rückkommen werden Die Bundesre-

Ruhe vor dem Sturm

HANOI (Indochina). Die kommuni­stischen Vietminh bereiten sich zum Angriff auf Dien Bien Phu, den letz­ten größeren Stützpunkt der franzö­sischen Unionsstreitkräfte im Nord­westen von Indochina (Gebiet der Thai-Stämme) vor. Wie von französi­scher militärischer Seite am Sonn­tag gemeldet wird, führen sie ihrer Eisernen Division (Nr 316) erheb­liche Verstärkungen von der 308. und 312. Division zu. die bis jetzt An­griffsvorbereitungen gegen das Delta des Roten Flusses vorgetäuscht haben.

publik werde nicht nachlassen, um die Heimkehr aller, die noch draußen sind, zu erreichen.

Zuvor hatte der niedersächsische Ministerpräsident Heinrich K o p f in einer kurzen Begrüßungsansprache versichert, daß Bund, Länder, Ge­meinden und Kirchen alles tun wer­den, um den Heimkehrern die Ein­gliederung in ein neues Leben zu er­leichtern.

Im Namen der Heimkehrer dankte Dr. Ottmar Köhler, seinerzeit lei­tender Chirurg im Lazarett von Sta­lingrad, der vielen Kriegsgefangenen

das Leben gerettet hat, dem Bundes­kanzler für seine Bemühungen um die Heimkehr der Kriegsgefangenen. Sie wüßten, daß sie es der beharrli­chen und stetigen Politik des Bundes­kanzlers verdankten, wenn sich ihr Los gebessert habe und ihnen die Heimkehr ermöglicht worden sei.

Nach der Feierstunde, die mit dem ChoralLobe den Herren eingeleitet wurde und mit dem Deutschlandlied ausklang, besuchte der Bundeskanzler die Krankenbaracke des Lagers und wünschte den kranken Heimkehrern baldige Genesung.

während der ersten Phase der Kon­ferenz, mehrere Mitglieder des Bun­destagsausschusses für gesamtdeut­sche Fragen in der Viersektorenstadt aufhalten. Nach Auffassung dieser Parlamentarier soll der Sonderbevoll­mächtigte nicht nur in ständiger Füh­lungnahme mit Bonn stehen, sondern auch die Möglichkeit erhalten, sich in Berlin laufend über die Meinungen der im Bundestag vertretenen Par­teien zu informieren.

Von der SPD wird Herbert Weh- n e r nach Berlin entsandt werden. Wehner ist als Vorsitzender des ge­samtdeutschen Bundesausschusses an die Öffentlichkeit getreten.

$mi nur Heimuege

Io Sflddeotschlands erster Liga gab es außer dem Auswärtssieg des FSV Frankfurt in Mannheim und des Unentschieden zwischen Hessen Kassel und Waldhof-Mannheim nur SiegederHeimmannschaften.Dadurdi ist die Tabellenlage in der Spitze unverändert, weil die favorisierten Mannschaften, Eintracht Frankfurt and VfB Stuttgart, sicher gewinnen konnten

Björnstad bester Springer

Die Vormacht der nordischen Springer wurde durch vier über­legene Siege des Norwegers Björn- stad über die Neujahrfesttage in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Oberammergau und Innsbruck ein­deutig belegt. Auch auf den weite­ren Plätzen waren meist nordische Springer.

West-Südbloch: 111112061 0 1111 (Ohne Gewähr)

Wendemarke Berlin?

Von rund IOOO tiuplandheimkehrern stürmisch begrubt. hat Bundeskanzler Adenauer am Samstag das Durchgangslager Friedland besucht und den Heimkehrern in persönlichen Gesprächen in den Baracken immer wieder ver­sichert. daß die Bundesrepublik alles tun werde, um ihnen den Weg ins Leben zu erleichtern. Bild: ap

®m. Es ist nicht zu übersehen, daß Rußland seit Stalins Tod so etwas wie einen neuen Kurs in seiner Außen- und Innenpolitik zu steuern begonnen hat. Wie weit es sich wirklich um einen Kurswechsel oder bloß um taktische Manöver handelt, darüber wird man von westlicher Sicht aus nie ganz ins Reine kommen. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz bei den Sowjets, im politisch-diplomati­schen Verkehr mit Drohen oder Drän­gen vorhandene ideologische Regeln zu befolgen, die so rasch auswechsel­bar, wie sie dogmatisch auch unwan­delbar sind.

Malenkow und das Führerkollek­tiv in Moskau haben bisher keine Zweifel gelassen, daß Stalins rauhe und kalte Methode durch eine freund­lichere und wärmere ersetzt wurde. Ja, es unterliegt auch keinem Zwei­fel, daß durch die Verurteilung Berijas auch Stalins Säuberungs­methoden mitverurteilt wurden. Außenpolitisch wird zunächst eine Entspannung der West-Ost-Beziehun­gen und eine Bereinigung bestehen­der kriegerischer Auseinandersetzun­gen angestrebt. Das beweist das Waf­fenstillstandsabkommen in Korea vom 27. Juni 1953. Das beweist die Wieder­aufnahme von diplomatischen Bezie­hungen zu Jugoslawien, Griechenland und Israel. Das beweist die Er­setzung der Militärherrschaft in der deutschen Sowjetzone durch einen Hohen Kommissar und Botschafter Ferner kann man die Zurückhaltung der russischen Behörden und des Militärs beim Aufstand der Berliner Arbeiter am 17 Juni des vergange­nen Jahres als günstiges Zeichen aus­legen und bedenken, daß die lebhaft einsetzenden Gefangenenrüdetrans­porte von Deutschen eine Folge der von Malenkow nach Stalins Tod ver­kündeten Amnestie sind. Ulbricht und Genossen sind gleichfalls angewie­sen worden, die Pläne für die So- wjetisierung der ostzonalen Land­wirtschaft zu widerrufen, und im Gleichklang mit innerrussischen Maß­nahmen hat man auch in der Ost­zone die Schaffung von Qualitätsware befohlen.

Was die deutsche Frage anlangt, so sind die Antwortnoten der Sowjets

auf die westlichen Vorschläge zwar sehr zögernd, aber immer mehr unter dem Gesichtspunkt einer Verständi­gung bei den Westmächten einge­laufen. Die letzte Moskauer Not» nimmt den Vorschlag, die Vierer­konferenz in Berlin abzuhalten, an.

Freilich die russische Forderung einer Verschiebung der Konferenz vom 4. auf den 25. Januar hängt ohn» Zweifel mit einem Hauptziel der rus­sischen Außenpolitik zusammen. Frankreich, das am 17. Januar ein» Regierungskrise durchmachen wird, soll Gelegenheit gegeben werden, in Berlin mit einem Minister aufzutre­ten, der, anders als Bidault, die euro­päische Verteidigungsgemeinschaft mit dem Hinweis auf einen mögli­chen deutschen Militarismus ableh­nen wird. Malenkow rechnet mit Sicherheit auf Frankreichs Unter­stützung in der Frage der Zerschla­gung einer europäischen oder nord­atlantischen Blockbildung, in di» Deutschland eingegliedert werden könnte. Er rechnet mit der alten deutsch-französischen Rivalität nach dem römischen Grundsatz desdivide et imperia.

Doch die Dinge sind verwickelter. Moskau nützt die amerikanisch» Interessenverlagerung auf Ostasien aus, um Paris unter Druck zu halten und Alternativen zu setzen; entweder Beendigung oder Fortsetzung eine« Kampfes, der für Frankreich in Asien außerordentlich bedrohliche Formen angenommen hat.

Das scheinbare Entgegenkommen Moskaus gewissen amerikanischen Bemühungen gegenüber suchen jetzt die Sowjets dadurch auszugleichen, daß sie sich die Vorherrschaft in Eu­ropa verschaffen wollen und darauf ausgehen, nur einem solchen europäi­schen Bund Ihre Unterstützung zu lei­hen, der die Teilnahme der USA aua- schließt. Die Berliner Konferenz wird bald beweisen, was da für Deutsch­land und Europa auf dem Spiel steht. Sollte Amerika auf irgendeine Weise seine europäische Außenposition aöf- geben oder schwächen, dann scheint Moskau das Spiel in Europa gewon­nen zu haben. Das ist es, was wir heute sicherlich wissen.

Schnee und Glatteis

FRANKFURT. Über das Mittel­rheingebiet und größere Teile Süd­westdeutschlands legte sich ln der Nacht zum Sonntag zum erstenmal in diesem Winter eine mehrere Zenti­meter dicke weiße Schneedecke, wäh­rend in Norddeutschland Regenschauer in der Nacht und eine milde Winter- sbnne am Sonntagmorgen größten­teils das winterliche Weiß zum Schmelzen brachten.

Da die Temperaturen Im Laufe des Tages allgemein anstiegen, yrird es bei neuerlichem Frost vielerorts zu Glatteisbildung kommen. In den mei­sten Mittelgebirgen, wie in der Eifel, im Hundsrück, Westerwald und Tau­nus kam es zum Teil zu starken Schneeverwehungen.

Bohlen bei Molotow

WASHINGTON. Die Vereinigten Staaten haben, wie von diplomatischen Gewährsleuten in Washington verlau­

tet, der Sowjetregierung durch ihren Botschafter in Moskau, Bohlen mitteilen lassen, daß sie bereit seien, in geheime Besprechungen über eine gemeinsame internationale Nutzung der Atomenergie einzutreten. Bohlen soll ln den letzten drei Tagen bei Mo­lotow gewesen sein, um sich zu er­kundigen, wie die Sowjetunion nach ihrer Erklärung vom 21. Dezember weiter vorzugehen gedenke. In dieser Erklärung hatte sich die Sowjetregie­rung zu Atombesprechungen bereit­erklärt

Wieder wärmer

Bericht de? WetteramTes Stuttgart

Die Zufuhr von Meeresluft dauert an. Heute meist stark bewölkt, zeit­weise Schnee. In tieferen Lagen zum Teil auch Regen» stellenweise Glatt­eis. Tagestemperaturen in den Nie­derungen bis gegen null Grad an­steigend, in Hochlagen leichter bis mäßiger Frost Morgen weiter un­beständig