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Nr. 116

Gegründet 18L7

Freitag, den 2V. Mai 1827 . Fernsprecher Nr. 2S 161. Jahrgang

Kein Ost-Locarno

Berlin, 19. Mai. Durch die Blätter war eine (unglaub­würdige) Meldung gegangen, von der Reichsregierung sei in dem Handel um die Befatzungsverminderung im Rhein­land das Angebot gemacht worden, auch mit Polen und der Tscheche! Verträge zu schließen, durch die Deutschland aus ewige Zeit-n auf die ihm entrissenen Gebiete im Osten ver­zichten werde. Demgegenüber wird halbamtlich auf eine Erklärung Dr. Stresemanns verwiesen, daß das Verhältnis Deutschlands zu Polen in Locarno bereits geregelt worden sei.

Der Mißerfolg der kleinen Verbandskonferer.z Mailand. 19. Mai. DerPopolo d'Jtalia" schreibt, die Konferenz des Kleinen Verbands in Ioachimsthal (Böhmen) sei ein vollständiger Mißerfolg gewesen und der Einfluß Italiens auf dem Balkan sei dank dieser Konferenz eher größer als vermindert morden, so sehr sich gewisse Teil­nehmer oder ihre Auftraggeber (Frankreich) auch bemüht haben, den Kleinen Verband gegen Italien zusammen- zubringen. Nicht nur sei der gegen den italienisch-unga­rischen Vertrag gerichtete Versuch eines Ausbaus des KlechE Verbandes gescheitert, es habe sich auch aufs-neue die Urr- -Möglichkeit erwiesen, Kräfte des Kleinen Verbandes, sei es siegen Deutschland, Rußland oder Italien, zusammenMsch- sen. Der Druck aus Belgrad und der Wunsch der sranzv- sischen Presse hätten nicht genügt, um eine einheitlsthe Stel­lungnahme gegen Italien in der albanischen Ar-EjegeDhsD herbeizukührtzn.

Die neue Regierung in Oesterreich Wie?, 19. Mai. Im Nationalrat verkündete der Prä­sident Miklas (Christl.-Soz.) den Rücktritt der Regierung. Der Hauvtausschuß forderte Dr. Seivel aus. wiederum

die Kabinettsbildung vorzunehmen. Seipel machte den Vor­schlag, das alte Kabinett beizubehalten mit der Aenderuuq, daß den Posten des Vizekanzlers Abg. Hartleb (Land­bund) erhalte, da der Landbund neu in die Koalition einge­treten ist. Der bisherige Vizekanzler Dr. Dinghofer (Großdeutsch) soll als Minister ohne Fach im Kabinett blei­ben und die Einsetzung des besonderen Justizministeriums, das es bis jetzt nicht gibt, vorbereiten. Dinghofer wird dann dieses Ministerium übernehmen. Ein Gesetzentwurf zur Er­richtung eines Justizministeriums soll dem Nationalrat in Bälde zugehen. Der Nationalrat hat den Vorschlag Seipels mit 94 gegen 70 Stimmen der Sozialdemokraten ange­nommen.

Das Justizministerium wurde bisher von dem Bundes^ kanzler verwertet, es ist aber stets der Wunsch besonders deck Richterstands gewesen, daß ein Justizministerium errichtet werde, um Verwaltung und Rechtspflege zu trennen.

Der Gesetzentwurf über dieMobilisierung der Ration" f bedroht

Paris, 19. Mai. Der Heeresausschuß des Senats hat den von der Abgeordnetenkammer angenommenen Artikel des Mobilisierungsgesetzes, wonach im Kriegsfall sämtliche- französischen Staatsangehörigen ohne Unterschied des W- ters und Geschlechts mobilisiert und zu irgendwelchen Dienst­leistungen verpflichtet werden sollen, mit 15 gegen 2 Ski»- men abgelehnt mit der Begründung, das Gesetz.sei kej» Militärgesetz und könne deshalb keine Milltarisiedrg de« gesamten Nation zur Folge haben. Es handle sich um ei»> bürgerliches Gesetz, und die zu lösenden Autaaben seien po­litischer, verwaltungsmäßiger und wirtschaftlicher Art. M-

Tagesspiegel

Dem Reichskabinett ist der Gesetzentwurf über die Skeuer- vereinheitlichung zugegangen.

Das Reich wird laut TR. der in der Grenzmarkbeihilss vernachlässigten Provinz Ostpreußen eine Sonderzuweifung von 10 Millionen machen, doch behält sich das Reich die Verteilung vor.

Die Zerstörungsarbeikcn an den deutschen Oslsestungen sind beendet.

Doumergue und Vriand sind von London nach Paris zurückgekehrk.

Der französische Besuch m London

Für die gegenwärtig m England herrschende Richtung

in England nennt man ihre Vertreter dieDiehards", die Männer der gepanzerten Faust ist SowjeLrußlemÄ der" Feind, wie es bis zum Jahr 1918 und nach etliche Jahre darüber hinaus Deutschland gewesen ist. Sie haben es durchgesetzt, daß England das Russenlum zunächst, einmal versuchsweise in Peking vor den Kops gestoßen hat. Ms,das gut ging, wurde der Stoß vor den Kopf in London sckbst wiederholt durch die Durchsuchung der Arcos. Die englische Regierung brauchtStimmung", um das Gesetz gegen di« Gewerkschaften durchzubringen. Sorvjetrutzland hat sich auch jetzt nicht zu unüberlegten Gegenmaßregsln Wrreißen laffeu. Es versucht, England da zu treffen, wo es am empfindlichstes ist, beim Geschäft, das mittels eines Kredits-von 200 Millro- neu Mark in Schwung gebracht werden -sollte. In England dürfte man sich aber täuschen, wenn man annähme, daß der Zwischenfall für Rußland mit ein paar wirtschaftlichen Gegenmaßregeln abgetan sei. Möglich, daß wir von heute die Begleichung der englisch-russischen Rechnung gar nichl mehr erleben, aber beglichen wird sie eimnal.

In England hat man sich aber nicht damit begnügt, Ruß­land, das immer noch eine Weltmacht ist, vor den Kops zu stoßen, man hat auch die andere Weltmacht, die Bereinigten Maaten, vor den Kopf gestoßen. Die englische Regierung ^hot Amerika Vorwürfe gemacht über die Art, wie Amerika seine Kriegsvorschüsse von England wieder einziehe. Es Hai diese Art darin ziemlich derb aks ungehörig und un­anständig gekennzeichnet undchamit nichts weiter erreicht, als daß Amerika über seinen Vetter England gründlich ver­schnupft wurde. Und damit noch nicht genug, hat die eng­lische Regierung auch noch die heimische Arbeiterklasse mit dem Gewerkschaftsgesetz zum Kamps herausgefordert, was

mag der Kamps ausgehen, wie er will der Opposition zweifellos einen starken Austrieb geben wird.

Ws Deutscher soll man diese Tatsache nicht verzeichnen, mn sich einem billigen Gefühl-der Schadenfreude hinzugeben. Es fragt -sich noch sehr, ob dazu überhaupt Anlaß vorhanden sein wird. Der Vorstoß gegen Sowjetrußland z. B. wird von der Welt sehr verschieden beurteilt, je nach dem, was dabei herauskvmmt. Gelingt es England, den Nachweis von einer völkerrechtswidrigen Wühlerei Sowsctruhlands zu erbringen, so wird es vor aller Welt groß dastehen, und die Vereinigten Staaten werden ihm vielleicht sogar die grobe Kritik seiner Schuldenpolitik verzeihen. Mißlingt da­gegen der Nachweis, so wird der Rechenfehler mit einer starken Minderung des Ansehens der englischen Regierung bezahlt werden müssen. Der Ausgang bleibt also abzuwarten, che man ein leidlich begründetes Urteil fällen kann. Un­abhängig davon gilt es für uns, die Tatsachen selbst klar ins Auge zu fassen, um der Reise Briands und seines Staats­präsidenten nach London willen.

Eine Politik des Draufgehens gegen Rußland, gegen Amerika, gegen die eigene Arbeiterklasse, wird bei der eng­lischen Regierung offenbar ein starkes Bedürfnis nach An­lehnung erzeugt haben. Daß sich England in der Rolle eines Vorkämpfers gegen den Bolschewismus" besonders wohl Bhle, muß man nur nicht glauben. Ja, wenn es den ameri­kanischen Goldonkel dabei hinter sich hätte! Aber das ist es ja eben! Mit Amerika hak man sich .zur Einleitung des Kampfes gegen die bolschewistischePest" gelinde verkracht. Eo wir- dann die englische Regierung nur zu sehr geneigt sein, den Besuch Briands und Doumergues als eine Erlösung aus peinlichster Lage zu betrachten, und kann sie französische Gefälligkeiten durch ein bißchen Vertrags­bruch gegen das ohnmächtige Deutschland einhandeln, so wird sie sich schwerlich lange besinnen.

Dos ist die Lage der Dinge in dem Augenblick, wo wir ums erlaubt haben, an die Einlösung des engtisch-französischen Versprechens vom November 1925 .zu erinnern, das eine Herabsetzung der Rheinlandbesetzung aus dennormalen Stand" chs gegebene Folge des Locarno-Abkommens ab­erkannt hatte. DieTimes" haben die Erinnerung alsun­zeitgemäß" bereits abgefertigt. Das will sogen: Me englische Regierung empfindet es als störend im höchsten ^Istad, ebe« letzt an das uneingelöste Versprechen erinnert zuf werde», Dovan auch sie beteiligt ist. Damit ist natürlich hoch nicht Sesazst, daß es unzweckmäßig war, eben jetzt dckrau zu er-. mnern. Politik ist ein in stetigem Fluß ^befin dliches Wese«, Md ob eine Handlung .zweckmäßig oder unzweckmäßig go- mesen, das hängt davon ab. was für Folgen sie hat, und mos -er Handelnde aus Liesen Folgen zu machen versteht.

D arüber aber müssen wir uns Kar sein: Für deutsche Forderungen ist bei der veränderten Weltlage in London ungünstiges Wetter. Uns wird nichts anderes übrig bleiben,

ms uns weiter m GeoutS zu sa)>eu, ohne von der Linie unserer berechtigten Forderungen auch nur einen Fußbreit zurückzuweichen. Die Hauptsache ist, -daß wir den Mut auf­bringen, auch dem veränderten Gesicht der Welt gerad' in die Augen zu schauen- Es wird ja nicht immer so bleiben. Italien sieht die Aufwärmung der französischenglischen Entente corckisle" sicherlich nicht mit reiner Freude. Und ab England die Erwartungen, die das Frankreich Poincares daran knüpft, auch nur annähernd befriedigen kann, ist zweifelhaft. Und dann gibt es in England nächstens auch einmal wieder Wahlen. Die Liberalen sehen ihnen sehr hoffnungsvoll entgegen und die Arbeiterpartei erst recht.

Deutscher Reichstag

Vertagung des Reichstags auf 14. Juni

Berlin. 19. Mai.

Bei der 2. Beratung des Gesetzes über die Erlaub­nispflicht für Herstellung von Zündhölzern erklärt Reichswirtschaftsminister Dr. Curtius: Die bei der 1. Beratung von der Linken gegen den Berichterstatter Abg. Behrens gerichteten Angriffe haben sich als halt­los erwiesen: die Berichterstattung sei durchaus sachlich ge­wesen. Von einer Schädigung deutscher Interessen könne keine Rede sein. Das überwiegende Interesse der deutschen Fabriken bestehe in der Aufrechterhaltung des Vertrags mit dem Schwedentrust. Würde das Gesetz abgelehnt, so würde das Syndikat gesprengt und die deutschen Fabriken würden vollends ganz aufgesaugt werden. Die Vorteile, die durch das Gesetz erreicht werden, seien, daß der Schwedentrust auf 65 v. H. der Zündholzherstellung in Deutschland be­schränkt werde, daß die Gefahr einer weiteren Ueberfrem- dung abgewehrt werde, daß die deutschen Fabriken zu 50 v. H. am Syndikat beteiligt seien, in dem ein Deutscher den Vorsitz habe und die Mehrheit im Auffichtsrat deutsch sei, daß der verderbliche Konkurrenzkampf aufhöre, der Absatz geregelt, die Ausfuhr gesteigert werde

Abg. Helling (Soz.) befürwortet dagegen eine staat­liche Zündholzverkaufsaktiengesellschaft.

Abg. Nippel (DN.): Die Untersuchung im Ausschuß habe rasch ergeben, daß der Bericht des Abg. Behrens durchaus einwandfrei gewesen sei.

Der Gesetzentwurf wurde unter Ablehnung sozialdemo­kratischer Anträge in zweiter und dritter Lesung ange­nommen.

Hieraus berichtete Abg. Dr. Schreiber (Z.) über die Beratungen des Bildungsausschusses über Berufsschulkurse für Schulentlassene. Der Ausschuß ersuchte in einer Entschlie­ßung die Reichsregierung, für jugenüpflegerische Arbeit an Len erwerbslosen Schulentlassenen und zur Pflege ihrer beruflichen Ausbildung und Fortbildung Mittel bereit zu stellen. Mil der Annahme dieser Entschließung war die Tages­ordnung erledigt, worauf sich der Reichstag auf den 14. Juni, nachmittags 3 Uhr, vertagte.

Reaeftes vom Tage

Die Ansprüche Preußens an das Reich Belli», 16. Mai. In einer Denkschrift der preußischen Regierung an den Landtag wird behauptet, das Reich habe vis jetzt von den vereindnrimasaemäü rurückruerstattenden

I L r i e.g s s ch ä d e n in Höhe von 314 Milliarde« Mark echt I 6Z Miklwnen ersetzt, Preußen habe auch noch kehren Eechatz seiner jährlich 36 Millionen Mark betragenden aus den Saargruben erhalten. Preußen vertzm« Wr die durch den Vertrag von Versailles verlopenen 4tzp<Äd Hektar Staatsforsten im Wert vo« 1600 MMo«e« Work als Abschlagszahlung die Ueberlassung der 6000 Hekkchc, die das Reich noch von früheren TruppenütmnMpkähe« har » Preußen besitze.

Die Notwendigkeit des Reichsrahmengesehes für Realste««»

Bramtsthrveig, 19. Mai. Der braunschweigische Lcsrdtag hat den Paragraph 1 des Gewerbefteuergesttzes, der die Befreiung der Landwirtschaft von der Ge­werbesteuer vorsieht, abgeiehnt. Dagegen stimmten die Sozialdemokraten, der Wirtschostsverband und die Kom­munisten. Die Regierung zog darauf sämtüche SketwrUksttze zurück und erklärte sich ihre Stellungnahme vorbehcüten z» wollen. Diese Vorkommnisse sind ein Zeugnis s8r läe Notwendigkeit der Reichsrahmengesetzgebung aus dem Ge­biet der Realsteuern. Gerade die Nachkriegszeit hat ei« großes Durcheinander gebracht, das dringend der Bereini­gung bedarf und nach einer Vereinheitlichung ruft. Je nach der parteipolitiMe» Lagerung eines Landes wurde« Laad- wirffchast und Ke« Berufe in ÄM.Hvsis Lee Gsmeebeste««- Michtigen einbezogeu und wieder befreit.

Burgfrieden in Magdeburg

Magdeburg, 19. Mai. Der Magdeburger Polizeipräsi­dent hakte die Vertreter der politischen Parteien, der Ver­bände und der Presse am Mittwoch zu einer Aussprache über beabsichtigte Aenderungen der polizeilichen Maßnahmen b« öffentlichen Umzügen eingeladen. Gei polizeilicher Schutz nötig, so müßten wegen der hoben Kosten Gebühren erhoben werden. Die Vertreter des Stahlhelms, des Reichst)ann-erS, des Roten FrontkämpserbrmdS und des KreiSkriegerverbandS gaben die Erklärung ab, daß an dem Tag eines Kundgebungs­umzugs einer Partei oder eines Verbands Gegenkimdgebun- gen nichl statt finden sollten. Von nun an werden nur ein oder zwei berittene Schutzleute den Zug begleiten.

Tauschgeschäfte in London

London, 19. Mai. In der gestrigen.zweisiürtdigen reduag Briands mit Cha-mberlain luwchte Cham- berkain lsie Räumung des Rheinlands zur Sprache und be­tonte, es wäre richtig, 16 Monate »och dem Abschluß der Verträge vom Locarno Deutschland ein größeres Entgegenkommen zu zeigen. Bricmd kehnte nicht ad, rueälbe ober, der gegenwärtige Augenblick, wo die deutsche NeichsoochvMg soeben in Paris eine« Vorstoß gemacht «mb Striemem-aMn mit seinem Rücktritt gedrotzt habe, fei dafür nicht MMg, sonst könnte es scheinen, ckld ob die Verbündeten unter dem Druck von Berlin nochgege­ben hätten, und dann würde in Bälde von Berlin ein M»er Druck versucht werden. Frankreich sei indessen nicht abge­neigt, ein gewisses Entgegenkommen ,zn zeigen es erwarte aber, daß auch England in der albanische» Frage, die Frankreich mehr interessiere, eutgegenkomme mst» Amen Einfluß b« Mussolini benutze, um eb»e> schiedsgerichtliche Regelung dieser Frage doochsu- setzeu. Chamberloin lehnte dies ab.

In Londoner Regiermlgskreisen wird die Unterredung Briands mit Ehombertain als nicht befr i>ediqe n d be- zeichuet.