Verlagsort Calw

HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND

CALWER ZEITUNG

VBEITAG, 6. NOVEMBER 1953

ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG

9. JAHRGANG / NR. 259

EVG- Gegner weiter rührjg

PARIS. Die Vereinigung von rund 200 französischen Abgeordneten und Senatoren, die die Pläne für die Auf­stellung einer Europaarmee bekämpft, billigte eine Entschließung, in der die Verschärfung des Kampfes gegen die Ratifizierung desEVG-Vertrages durch die Nationalversammlung angekün­digt wird.

Die EVG-feindlichen Parlamenta­rier betonen, daß die Ratifizierung des EVG-Vertrages eine nie mehr gutzumachende Spaltung der Einheit Frankreichs und der Französischen Union mit sich bringen würde. Au­ßerdem befürchten sie eine Auflö- «ung der nationalen Verteidigung und eine Begünstigung der Vorherrschaft Deutschlands imEuropa der Sechs. Der Vorsitzende der Vereinigung, Pierre A n d r d, hat angekündigt, daß Parlamentarier der fünf EVG-Staa- ten, die den Vertrag noch nicht rati­fiziert haben, bald Zusammentreffen werden, um über eine gemeinsame Opposition gegen die- Ratifizierung des EVG-Vertrags zu sprechen.

Eden: Die Türen bleiben offen

Nach wie vor zu Gesprächenauf jeder Ebene bereit / Bedingungenunannehmbar

LONDON. Der britische Außenminister Eden hat am Donnerstag erklärt, Großbritannien werde sich trotz dergrundlegenden Feindschaft der Sowjet­union gegenüber dem Westen nach wie vor für Besprechungen mit der So­wjetregierungauf jeder Ebene einsetzen. Zusammen mit den anderen Westmächten sei Großbritannien weiterhin bereit, zu jeder Zeit, an jedem Ort und ohne jede Vorbedingungen mit dem Kreml über Deutschland und Österreich zu verhandeln.

Eden, der damit die Mitteilung des französischen Außenministeriums vom gleichen Tage bestätigte, der zufolge die Vereinigten Staaten, Großbritan­nien und Frankreich der Sowjet­union auf ihre letzte ablehnende Note noch einmal antworten werden, sagte unter dem Beifall des Unter­hauses:Das Haus wird sehen, daß unser Ziel trotz aller Enttäuschungen imverändert bleibt. Wenn andere es vorziehen, ihre Türen zu verschlie­ßen und zu versperren, so bleiben unsere Türen geöffnet. Besprechun-

Der Noten sind genug gewechselt

Eisenhower und Dulles haben die Konferenz-Hoffnung aufgegeben

WASHINGTON. Präsident Eisen­hower und Außenminister Dulles haben nach der jüngsten enttäuschen­den Sowjetnote die Hoffnung auf das Zustandekommen einer Konferenz mit der Sowjetunion in absehbarer Zeit aufgegeben, wie aus Informationen von unterrichteter Seite in Washing­ton hervorgeht. Sie werden zwar nochmals eine Antwort senden, wenn die Stimmung besonders in der west­europäischen Öffentlichkeit dies ver­langen sollte.

Wie diese Stimmung sich nach dem Bekanntwerden der letzten Sowjet­note entwickelt, besonders in Frank­reich, interessiert zurzeit in Washing­ton viel stärker als das Verhalten der Sowjetregierung unter den ge­genwärtigen Umständen. Man hofft

Der Hamburg-Block (CDU, FDP, DP, BHE( hat auf seiner ersten Fraktions­sitzung nach dem Wahlsieg am Don­nerstag beschlossen, keineGroße Ko­alition mit der SPD einzugehen und die Regierungsbildung allein zu über­nehmen.

Das Bundesministerinm wird den bisher für eine öffentliche Vorführung noch nicht zugelassenen deutschen Hit­lerfilmBis fünf nach Zwölf am "amstag in einer geschlossenen Vor­stellung ln einem Bonner Kino den Mitgliedern der Bundesregierung und den Abgeordneten vorführen.

hier jedoch, daß die sowjetische Op­position gegenüber jeder für den Westen annehmbaren Form von Ver­handlungen über Deutschland jetzt genügend klar hervorgetreten ist, um die baldige Ratifizierung des Euro­päischen Verteidigungsvertrages na­hezulegen, und wird, wenn sich dies bestätigt, den Notenwechsel ab­brechen.

gen auf jeder Ebene bleiben unser Ziel, denn unsere Arbeit ist ein Werk für den Frieden, das wir nicht auf­geben werden.

Der Außenminister bezeichnete Be­dingungen der jüngsten Sowjetnote, in der die Einladung der Westmächte zu einer Außenministerkonferenz über Deutschland und Österreich ignoriert und die Forderung erhoben wird, der Westen solle seine Europaarmeepläne fallen lassen und die Atlantikpaktor­ganisation auflösen, als unannehm­bar.

Wenn wir diese Bedingungen an­nehmen würden, würden wir unsere Sicherheit untergraben und esDeutsch- land unmöglich machen, seine Ein­heit wiederzuerlangen. Trotz dieses Rückschlages und dieser Note sind wir nach wie vor bereit, die Deutsch­land- und österreichfrage mit der Sowjetregierung zu jeder Zeit, an jedem Ort und ohne irgendwelche Vorbedingungen zu erörtern.

Bonn: Notwendigkeit bleibt

hf. BONN.-Sowohl der CDU-Frak- tionsvorsitzende Dr. von Brentano

Straßenschlacht in Triest

Mit Tränengas und Knüppeln gegen Studenten / Bleiben die Amerikaner?

TRIEST In der umstrittenen Stadt Triest ist es am Donnerstag wieder zu schweren Unruhen gekommen. In Straßenkämpfen zwischen demon­strierenden italienischen Stundenten und der Polizei gab es auf beiden Seiten zahlreiche Verletzte, die in die Krankenhäuser geschafft wurden. Die Bereitschaftspolizei war zum er­stenmal mit Tränengas ausgerüstet und schlug mit Knüppeln zu.

Zwischen 20 und 100 Rädelsführer wurden von der Polizei festgenom­men, die auch nicht davor zurück­schreckte, sie bis in die St. Antonius­kirche zu verfolgen, wohin einige geflüchtet waren, und sie zum Ärger­nis der dort Betenden mit Knüppel­hieben hinauszutreiben.

Schon bei den ersten Studenten­demonstrationen des Vortags hatte es Zusammenstöße mit der Polizei ge­geben, wobei 15 Demonstranten ver­letzt wurden.

Einen neuen Mittelstand schaffen

Adenauer bei der Eröffnung vomHaus des Deutschen Handwerks

BONN. Bundeskanzler Aden­auer erklärte am Donnerstag in Bonn bei der Einweihung desHau­ses des Deutschen Handwerks, es müsse wieder ein gesunder Mittel­stand in Deutschland geschaffen wer­den, der die Eigenschaften des deut­schen Volkes bewahre und fördere, die es besonders auszeichnen. Bun­despräsident Heuß nahm ebenfalls an der Einweihungsfeier teil.

Das Haus des Deutschen Hand­werks ist mit einem Kostenaufwand von über 800 000 D-Mark in Bonn als Hauptsitz des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks und der Fach­verbände errichtet worden.

Der Präsident des Zentralverban-

20 DM je Kind

hf. BONN. Im Bundesarbeitsmini- terium ist der Gesetzesentwurf über die Errichtung von Familienaus­gleichskassen so weit ausgearbeitet worden, daß noch in diesem Monat mit seiner Vorlage im Kabinett ge­rechnet werden kann. Der Entwurf sieht genau wie die früheren Anträge der CDU keine staatlichen Ausgleichs­kassen vor und geht davon aus, daß die Mittel der Kassen ausschließlich von der Wirtschaft aufgebracht wer­den. Angestrebt wird, daß auf Fami­lien mit drei und mehr Kindern mo­natlich 20 DM je Kind fallen

des des Deutschen Handwerks, Ri­chard Uhlemey er, überreichte dem Bundespräsidenten und Dr. Adenauer den Ehrenring des deut­schen Handwerks in Anerkennung ih­rer besonderen Verdienste um das deutsche Volk und um den Hand­werksstand.

Ein amerikanischer militärischer Sprecher in Triest teilte am Don­nerstag mit, daß unverheiratete Be­satzungsoffiziere gegenwärtig die Verheirateten ablösten, damit diese ihren im Oktober evakuierten Fami­lien nachreisen können. Daraus wäre zu schließen, daß sich die amerika­nische Besatzung nun doch auf län­geres Bleiben einrichtet.

als auch maßgebende Stellen des SPD- Parteivorstandes betonten am Don­nerstag in Kommentierung der letz­ten sowjetischen Note die Notwen­digkeit weiterer Bemühungen um das Zustandekommen einer Vier-Mäehte- Konferenz über die Frage der deut­schen Wiedervereinigung. Trotz der enttäuschenden Antwort aus Moskau dürften die Westmächte ihre Anstren­gungen um das Zustandekommen der Vierer-Gespräche nicht verringern, heißt es in fast wörtlicher Überein­stimmung nicht nur von seiten der CDU und SPD, sondern auch bei der FDP.

Das Spiel der Könige

Was, ich bin schon wieder am Zuge?'

Vorspann für die EVG

hr. Daß die Sowjetunion sich nicht von den Westmächten nach Lugano zi­tieren lassen werde, war vorauszusehen. Das schrieben wir schon damals, als die Einladung hinausging, an die sich so viele Erwartungen knüpften. Moskau kann gegenwärtig beim Thema Deutsch­land und bei den Verhandlungspunkten Freie Wahlen undFriedensvertrag nichts gewinnen. Warum sollte es sich da vor der Weltöffentlichkeit die Blöße des unnachgiebigen Verhandlungspartners geben. Die ganze Friedensoffensive würde diskreditiert.

Aber sind diese Gründe so gewichtig, daß Malenkow und seine Ratgeber sogar eine Folge in Kauf nehmen, die ihnen nicht lieb sein kann? Indem sie nämlich Lugano ausschlagen, fördern sie indi­rekt die Pläne, auf deren Verhinderung ihre diplomatische Aktivität seit Mona­ten gerichtet ist: Die Europaarmee. Na­türlich wird es auch in Zukunft im We­sten Leute geben, die gegen den EVG- Vertrag sind. Aus nationalen, aus wirt­schaftlichen Gründen oder einfach aus Ressentiments. Aber die westliche Op­position ist ihres besten Argumentes beraubt, wenn sie sich vernünftiger­weise nicht mehr darauf berufen kann, daß man vor Abschluß eines Militär­bündnisses noch einmal mit dem vor­aussichtlichen Gegner gütlich verhan­deln müsse.

Vor allem gilt das für Frankreich. Wenn jemand der EVG in der Natio­nalversammlung zur Ratifizierung ver­helfen kann, dann ist es Malenkow. Und

einen wichtigen Schritt dazu hat er nun getan. So erhalten Washington und Bonn in ihrem kräfte- und zeitraubenden Kleinkrieg mit Paris Zuzug von einer Seite, von der sie ihn am wenigsten er­hoffen konnten.

Soweit so gut. Von Interesse wäre nun, die Gedankengänge zu kennen, die Moskau bewogen haben, diese Folge als das kleinere Übel anzusehen. Ein­mal, wie gesagt, die negative publizisti­sche Wirkung einer Konferenz, auf der sich die Vertreter des internationalen Proletariats gegen Freie Wahlen sträu­ben müssen. Aber die EVG ist eine mili­tärische Angelegenheit und es müssen noch andere, wichtigere, eben strategi­sche Gründe im Spiele sein. Und da kommt man zum Ergebnis, daß die rus­sische Planung ein halbes Deutschland im Lager der Europaarmee, dessen Ge­wicht durch ein Viertel-Deutschland im roten Lager einigermaßen kompensiert wird, offenbar für ungefä h r l icher* hält, als ein Dreiviertel-Deutschland, das Bündnisfreiheit besitzt, und früher oder später auch wieder zu einer militäri­schen Macht heranreift.

Daraus ergibt sich dann eine weitere, bittere Konsequenz: Die westdeutschen Parteien, die sämtlich von der Wieder­vereinigung so sprechen, als hinge sie nur von einer guten außenpolitischen, nämlich ihrer eigenen Konzeption ab. werden wahrscheinlich nicht umhin kön­nen, ihren Wählern nun so langsam Wermutstropfen in die freigebig kre­denzten Pokale der deutschen Einheit zu gießen.

Landesversammlung wird erster Landtag

Verfassung tritt ohne Volksabstimmung in Kraft / Legislaturperiode läuft bis zum 31. März 1956

Von unserer Stuttgarter Redaktion

STUTTGART. Die Verfassunggebende Landesversammlung hat am Don­nerstag die dritte Beratung des Entwurfs für die künftige Verfassung abge­schlossen. Die Aussprache dauerte drei Stunden. Mit Spannung wurde die Diskussion über eine etwaige Volksabstimmung über die Verfassung und über etwaige Neuwahlen zum ersten ordentlichen Landtag erwartet. Aber es er­gab sich eine Überraschung insofern, als auch in der dritten Lesung über die­sen Gegenstand kein Wort verloren wurde. Ohne namentliche Abstimmung wurde mit großer Mehrheit der Artikel angenommen, der die Umwandlung der Verfassunggebenden Landesversammlung in einen ordentlichen Landtag mrsieht, dessen Legislaturperiode am 31. März 1956 endet.

Zwei Anträge aus den Reihen der CDU stellten das Thema zwar zur Diskussion, doch wurden die Anträge weder begründet noch fühlte sich einer der Abgeordneten veranlaßt, dafür oder dagegen'zu sprechen.

Die Anträge, von denen der eine die Streichung des umstrittenen Ar­

tikels 86 verlangt, wurden nur von wenigen Abgeordneten unterstützt. Die* Antragsteller hatten sich, wie wir erfahren, dem Beschluß der CDU- Fraktion fügen müssen, ihre Anträge ohne mündliche Begründung vorzu­legen.

Die CDU hatte im Verlauf der Be­ratung durch einen Antrag zu errei­chen versucht, daß bei einer Volksab­stimmung über eine Verfassungsän­derung nicht, wie vorgesehen, die Mehrheit der Abstimmungsberechtig­ten, sondern die Mehrheit der abge­gebenen Stimmen entscheiden soll. Dr. Gebhard Müller sagte, das Volk dürfe bei der Gestaltung der Verfas­sung nicht nur eine dekorative Rolle spielen; die vorgesehene Fassung be­

deute eine Vergewaltigung des Volks­willens. Dagegen wurde geltend ge­macht, die Mehrheit der abgegebenen Stimmen könne eine Zufallsmehr­heit sein. Die Verfassung dürfe nicht zu einem Spielball der Interessen ge­macht werden. Der Antrag wurde in namentlicher Abstimmung abgelehnt.

Im übrigen wurde in der Ausspra­che von Abgeordneten der CDU noch­mals die alte Forderung erhoben, die Regierungspräsidien zu echten Mit­telinstanzen mit eigenen Vollmachten auszubauen. Ein Sprecher der SPD erklärte dazu, die Mittelinstanzen könnten in der heutigen Form nicht erhalten bleiben, wenn man sich dem Vorwurf aussetzen wolle, daß der Verwaltungsapparat zu kostspie­lig sei

Nach der Verfassungsberatung wur­de vom früheren südbadischen Mini­ster Lais der Landesversammlung eine Erklärung von 13 badischen Ab­geordneten der CDU zur Kenntnis gebracht, in der gegen den Abstim­mungsmodus bei der Volksabstim­mung über den Südweststaat am 9. Dezember 1951 Rechtsverwahrung eingelegt wurde.

Admiral Arthur Radford, Chef des gemeinsamen Stabes der amerikanischen Streitkräfte, der zur Zeit amerikanische Verteidigungseinrichtungen in Europa inspiziert, wurde von Bundeskanzler Dr, Adenauer im Palais Schaumburg emp­fangen. V. I. n. r.: Der amerikanische Hohe Kommissar James B. Conant, Ad­miral Radford, Staatssekretär Hallstein und Bundeskanzler Adenauer Bild. AP

KeinAltbadener mehr

th. STUTTGART. Staatsrat Dr. Werber (CDU) ist am 20. Oktober aus demHeimatbund Badener Land ausgetreten, dessen Vorstandsmitglied er war. Dr. Werber erklärte am Don­nerstag unserem Korrespondenten, er habe sich dazu entschlossen, weil er die ständigen Angriffe des Heimat­bundes gegen die CDU und gegen die Person des Bundeskanzlers mißbil­lige.Diese Katastrophenpolitik ma­che ich nicht mehr mit. Auch die, die den Südweststaat nicht gewollt hätten, müßten sich damit abfinden,

daß das neue Bundesland eine Rea­lität sei. Es sei an der Zeit, dem ba­dischen Volkdie volle Wahrheit zu sagen

Überwiegend trocken

Bericht des Wetteramts Stuttgarts

Freitag vorwiegend wolkig, ver­einzelt etwas Regen bei wenig ver­änderten Temperaturen. Samsta.g wolkig bis aufheiternd, im wesent­lichen trocken, leichter Temperatur­rückgang.