MITTWOCH, 13. MAI 1953
Die Nacht der entfesselten Wasser
Der englische Bombenangriff auf die Möhnetalsperre vor 10 Jahren / Schrecken und Tod im Ruhrgebiet / Von Werner Niehaus
III.
Die erste Bombe trifft
„25 — 24 — 23 — 22 — 21 — 20 — 19 —18!“ Monoton klingt die Stimme des Bordschützen, der unten in der Wanne liegt, im Kehlkopfmikrofon. Höhe 18 Meter.
Ein schneller Blick auf den Geschwindigkeitsmesser 385 km/h, wie vorgeschrieben.
Mit rasender Geschwindigkeit kommt die schwarze Krone des Möhnedamms auf die Lancaster zugeflogen Noch immer fürchterliche Flakabwehr!
Alle sieben Besatzungsmitglieder wissen: Ein Flaktreifer, ein nervöser Steuerausschlag von Gibson, aus! Abspringen? Aus 18 Meter Höhe? Nein! Gibt es nicht, Mindesthöhe tum Fallschirmabsprung ist 80 Meter.
The damned guns! Gibsons Maschine ist in ein tödliches Netz von Flakgeschossen eingehüllt.
Noch hundert Meter bis zur Sperre! Der Bombenschütze berechnet eiskalt den Abwurf. Er muß seine Bombe dicht vor den Damm bringen. Fest blickt er auf den sich mit unheimlichem Tempo nähernden schwarzen Strich Dann ein Druck.
Die Bombe fällt!
Rasender Feuerwirbel der Flak! Bellende Bordkanonen! Die Hölle ist los! Leuchtkugeln raus! Die Flak muß geblendet werden! Taghelle Nacht. Bleiche Gesichter in dem engen Flugzeugrumpf.
Steil jagt die Maschine hinter der Mauer in die Höhe. Flakfeuer von rechts, aus den Rohren, die in Günne stehen.
Die Lancaster verschwindet in der Nacht. Hinter dem Flugzeug schießt eine mehrere hundert Meter hohe Wassersäule in die Luft! Die erste Bombe hat haargenau getroffen!
Maschinist Köhler im E-Werk preßt sieh dicht an die Erde. Am liebsten möchte er sich die Ohren zuhalten. Es ist wie das Jüngste Gericht. Wasser prasselt auf ihn herunter. Schnell wendet er den Kopf zum Damm. Es kommt ihm wie ein Wem der vor, daß der Beese nach diesem Inferno noch steht. Doch, was ist das? Schwarze, breite Striche am Gemäuer. Blitzschnell jagt es ihm durch den Kopf: der Damm ist gerissen! Genau in der Form gerissen, wie er später ganz ausbrechen wird.
Köhler springt hoch, rast den Berg hinauf. Keucht, hastet durch die Tannenstämme. Auf die Höhe, bevor der Damm bricht!
„Raufkommen!“ schreit Maschinist Schmidt kn Nebenwerk den unten im Keller Sitzenden su. ,;Der Damm ist gerissen!“ Atemlos stür- Stn seine Frau und die anderen Bunkerinsas- *en herauf. Sie starren auf die Mauer. Noch »teht sie. Aber die schwarzen Adern im Mauerwerk, wie heimtückisch sie glänzen. Nur fliehen, nur hinauf!
Das Flakschießen und der Detonationsknall der ersten Spezialbombe sind für viele Bewohner des Möhnetals das Signal, die Keller zu verlassen. Sie fürchten das Wasser.
„Achtung, der nasse Tod!“ ertönt es überall. Hinauf auf die Berge, dorthin, wo wir vor dem Wasser sicher sind.
Angriff auf Angriff
Fünf Minuten, zehn Minuten vergehen, bis sich das Wasser, das von der Gibson-Bombe hochgepeitscht wurde, wieder beruhigt hat. Bei wildem Wasser ist die Spezialbombe wegen der zu unsicheren Treffmöglichkeit nicht zu werfen
Dann kommt Gibsons Stimme im Bord-
Bord-Sprechverkehr der viermotorigen Lancaster: Hauptmann Hop- good fliegt den zweiten Angriff!
Rasender Anflug auf die Dammkrone! Flak,
Flak, Flak! Höhe 18!
Hopgoods Bordschütze spricht mit trockener Stimme in das Mikrophon.
Ein Krachen in der Maschine! Der Bordschütze wird herumgewirbelt! Hauptmann Hopgood starrt nicht nach rechts und links.
Fest blickt er auf die Mauer. Feuer in der Maschine! Es riecht nach verbrennendem öl. Hastige Stimmen: Der Tank ist getroffen! Das Benzin lauft brennend aus!
Auf Höhe gehen? Aussteigen! Gibt es nicht! Erst den Einsatz! Erst die Mauer! Der Bombenschütze ist durch das Feuer nervös geworden. Zu spät ausgelöst. Die Bombe knallt hinter die Sperrmauer auf das Elektrizitätswerk Die Zuleitungsrohre der Turbinen platzen auseinander. Das E-Werk brennt.
Hauptmann Hopgood reißt am Steuerrad. Notgriffe los! Aussteigen! Alle raus! Langsam gewinnt das Flugzeug Höhe. Jetzt sind es fast 900 Meter. Die Flammen fressen rasend um sich Der Heckschütze zieht den Notgriff. Mit der ganzen Plexiglaskuppel stürzt er in die Tiefe. Vorne fliegt die Haube ebenfalls weg. Der Bombenschütze kann sich noch retten, dann platzt das Flugzeug auseinander. Drei Kilometer hinter dem Damm schlägt es auf. Außer den beiden, die lebend am Fallschirm unten ankommen, wird von der Hopgood-Be- satzung nichts mehr gefunden.
Und die Sperrmauer? Sie steht noch immer!
Gibson gibt Hauptmann Martin den Befehl zum Angriff. Die Flak hat sich gut eingeschossen. Die Rolle des Angreifers wird immer schwieriger. Was bei Gibson schon eine halbe Höllenfahrt war, wird jetzt zum grauenhaften Inferno.
In Martins Maschine kracht und splittert es. Verdammt! Ran an die Mauer! Bombe raus! Wassersäule! Ziehen! Ziehen! Und dann zurückgeschaut.
Die Mauer steht! Auch der dritte Angriff scheitert an der Dicke der Möhnemauer.
Sofort kommen Gibsons neue Befehle. Vierter Angriff durch Major Young. Auch Youngs Bombe sitzt im ZieL Wieder folgt die hohe Wassersäule. Aber der Damm steht!
Jetzt ist es so weit! Bombe im Ziel! Der Damm bricht in 77 Meter Breite und 20 Meter Tiefe auseinander Die Wasser sind frei!
Eine 30 Meter hohe Flutwelle rast durch das Möhnetal, 140 Millionen Kubikmeter Wasser nehmen ihren Weg durch die Riesenlücke des Dammes, vernichten, verwüsten, morden. So muß die Sintflut über die ersten Menschen gekommen sein! (Fortsetzung folgt)
Bunter Welt-Spiegel
Die Pußta stirbt
WIEN. Die vielbesungene ungarische Pußta liegt im Sterben. Bereits Ende des nächsten Jahres wird von ihr nur noch der Name auf den Landkarten zu finden sein. Bis dahin sollen, wie ungarische Blätter berichten, die sowjetischen Traktoren dieses romantische Stück Ungarn mit seinen weiten Grasflächen in Ackerland umwandeln. In aller Eile wurden Unterkünfte für 20 000 Zwangsarbeiter gebaut, die aus den Konzentrationslagern und Zuchthäusern Ungarns in die Pußta geschickt worden. sind. Ihre tägliche Arbeitszeit liegt bei 12 Stunden. Bei den rigorosen Antreibermethoden wird schon zum Ende dieses Sommers die Hälfte der Pußta aufgebrochen sein. Danach soll auch mit dem Bau von
Hauptmann Malty wagt den fünften Einsatz.
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Der Damm ist gebrochen. Am Morgen nach der Bombennacht
Foto Niehaus
Gott und Geschichte
Zum 50. Geburtstag Reinh. Schneiders am 13. Mai
Um die Jahrhundertwende hätte niemand geglaubt, daß religiöse Dichtung wieder so zur zwingenden Lebensmacht werden könne, wie sie es heute ist. Eliot, Greene, Bernanos, Claudel bei den anderen, Gertrud von Le Fort, Ina Seidel, R. A. Schröder bei uns sind dafür Zeuge. Ihnen gesellt sich Reinhold Schneider, dessen Schaffen, bereits in Jahren geistiger Verdunklung ein Trost, stetig an innerem Gewicht zugenommen hat.
„Wo am meisten gefordert wird, dort wird auch am meisten entstehen“, hieß es bereits in dem 1933 erschienenen Buche „Die Hohenzollern“. Dies Wort galt nicht als Ermutigung der nachfolgenden Hybris, es war Mahnung an die Herrschenden, die sich immer in „Könige“ und „Kronenträger“ scheiden, je nach dem Zusammenfall von Amt und Opfer, Leben und Auftrag. Mehr und mehr fand er zum großen Thema seines Lebens, zur Frage nach Gott und Geschichte. Seine Gedanken hierzu sind jüngst in „Rechenschaft, Worte zur Jahrhundertmitte“ niedergelegt worden: Die Welt wird vom Menschen als Geschichte erfahren, deren beherrschende Gestalt der Erlöser ist.
In allen seinen Dramen richtet Reinhold Schneider das Kreuz .auf vor Mensch und Welt. Schon der Mythus wandelt sich ihm ins Christliche. In „Tarnkappe“, seiner Siegfried-Tragödie, ist der Held erwählt, „den letzten Drachen zu töten und der erste vor dem Kreuze zu sein“. Die Burgunder aber fallen in den Blutbann der alten Göttergewalten zurück. „Der Traum des Eroberers“ schildert das Drama des Normannenherzogs Wilhelm, der das „England der Heiligen“ stürzt und dessen Eroberungswillen als Verhängnis auf seine Seele zurückfällt trotz päpstlicher Unterstützung, denn „Gott reißt Menschen auf Wegen an sich, die wir nicht verstehen“. Im „Zar Alexander“ gestaltet Schneider die Taganrog-Überliefe- rung um Alexander I. von Rußland, der machtmüde, im Bewußtsein seiner Verfehlung trotz Glanz und Erfolg durch vorgetäuschten Tod auf den Thron verzichtet und zur Sühne freiwillig mit den Verbannten nach Sibirien geht, „denn seine Seele will gesunden".
In Reinhold Schneiders Dichtung ist eine neue Geschichtsanschauung, fern von Fortschrittsideologie und Optimismus, gestellt unter das Vorzeichen verantwortungsvoller Existenz, Gestalt geworden, Mit untrüglichem Blick findet er die großen Konflikts-Momente in der Historie und stellt sie als das uns zutiefst Angehende heraus. Das Wort wird Botschaft und das Drama christliche Tragödie. hms.
Bewässerungsanlagen begonnen werden. Der Plan sieht vor, daß bereits im kommenden Frühjahr mit Aussaaten begonnen wird. Mit der sterbenden Pußta verschwindet auch das eigenartige Hirtenleben, das dieser weiten Landschaft ihr besonderes Gepräge gab.
Tierlieb
KOPENHAGEN. Bäckermeister Knudsen aus Kolding erschien dieser Tage auf einem Polizeirevier und meldete, daß seine Nachbarin seit drei Tagen nachts in der Hundehütte ihrer Dogge schlafe. Sie sei ihm in letzter Zeit so sonderbar erschienen. Er fürchte um ihren Verstand. Die Ermittlungen ergaben dann, daß die Dogge Prinz schwer krank im Bett der Witwe lag, während die Frau auf Anraten einer schalkhaften Nachbarin zwecks schnellerer Genesung ihres Hundes aus „Tierliebe“ in der Hütte übernachtete.
pE »Mit ihm
fühle ich midi immer wohl!«- »Er hilft bei Überbeanspruchung meiner Nerven!« »Nervöse Herzbeschwerden, Schlaflosigkeit und nervöse Magenstörungen habe idi mit ihm rasch behoben.« • So loben unzählige Tag für Tag den echten Klosterfrau melissenoeist i Und mit Recht: Seine ausgleichende Wirkung auf den Organismus ist seit Generationen berühmt I
Die blaue Packung mit den S Nonnen schlitzt Sie vor Nachahmungen I
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