HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND
CALWER ZEITUNG
Verlagsort Calw
DIENSTAG, 21. APRIL, 1953
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
9. JAHRGANG / NR. 91
Adenauers Rede Höhepunkt des Hamburger CDU-Parteitages
„In unserer Hand liegt das Schicksal der Welt“ / Mehr erreicht als geplant
HAMBURG. Der vierte Bundesparteitag der Christlich-Demokratischen Union begann am Montag seine Arbeit mit einer Plenarsitzung, die ihren Höhepunkt erreichte, als Bundeskanzler Dr. Adenauer in einer kurzen Rede die Notwendigkeit unterstrich, die bisherige Politik der Bundesregierung fortzusetzen. „In unserer Hand, in der Hand der CDU' CSU und ihrer Koalitionspartner, liegt in Wahrheit das Schicksal der Welt“, rief der Bundeskanzler, der wiederholt von stürmischem Beifall unterbrochen wurde, den 600 Delegierten zu.
Die Rede des amerikanischen Präsidenten Eisenhower habe das Aktionsprogramm für die nächsten Jahre festgelegt Ihr Fundament sei die Einigung Europas und die Sicherung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft.
„Dieser Augenblick muß genutzt werden. Ihn ablehnen heißt, die geschichtliche Größe des Augenblicks verkennen“. Es gelte zu begreifen, daß Deutschland in den Mittelpunkt des Weltgeschehens gerückt sei. Frieden und Freiheit der Welt hingen davon ab. die gegenwärtigen Sternstunden der Menschheit nicht verstreichen zu lassen.
Der Bundeskanzler, der besonders die Erfolge seiner Gespräche in den USA und die Herzlichkeit seines Zusammentreffens mit Präsident Eisenhower unterstrich, sagte, beide Regierungen seien sich darüber klar geworden, daß eine Lösung des Saarproblems zwi
schen Deutschland und Frankreich zur Förderung der intereuropäischen Beziehungen wünschenswert sei. Über die Oder-Neiße-Linie sei nicht gesprochen worden. Seiner Ansicht nach müsse diese Frage auf friedlichem Wege durch Verhandlungen zwischen Deutschland und Polen nach der Wiedervereinigung gelöst werden.
Konkrete Ergebnisse seiner Verhandlungen über eine Anleihe für Deutschland teilte der Kanzler nicht mit. Er beschränkte sich auf die Erklärung, daß wahrscheinlich der Weg hierfür nach Inkrafttreten des Londoner Schuldenabkommens frei sei.
Während der Arbeitstagungen des Parteitages stellte der Bundestagsabgeordnete von Brentano in seinem über einstündigenRechenschaftsbericht über die Arbeit im Bundestag in der abgelaufenen Legislaturperiode besonders heraus, daß vielmehr erreicht worden sei, als in der Regierungserklärung 1949 geplant wurde. Als eines der Hauptmerkmale der von der CDU getragenen Regierungspolitik bezeichnet von Brentano die Bemühungen um die Wiedervereinigung Deutschlands. Bundestagsabgeordneter T i 11 m a n s wies darauf hin, daß die CDU kein christliches Monopol in der Politik beanspruche oder gar christliche Machtpositionen wahren wolle. Der Abgeordnete K a t h e r erklärte, im Gegensatz zu den bisherigen Parteitagen könne er feststellen, daß die für die Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge wichtigen Gesetze verabschiedet seien
Appell an die freie Welt
Die Völker sollen sich zusammenschließen / Der Kanzler vor der Presse
HAMBURG. Auf seiner ersten Pressekonferenz nach der Rückkehr aus Amerika richtete Bundeskanzler Dr. Adenauer am Montag in Hamburg an die Völker der freien Welt den dringenden Appell, sich zusammenzu- »chließen und verteidigungsbereit zu machen. „Ich glaube“, so sagte der Bundeskanzler, „daß das Jahr 1953 entscheidend für das Schicksal der freien Welt sein wird und zwar für lange Jahre“
Die jetzige weltpolitische Situation werde von zwei Tatsachen bestimmt: den Tod Stall n s und der damit verbundenen Möglichkeit einer Änderung der sowjetischen Politik und von der Botschaft Eisenhowers, welche die Grundsätze der neuen USA-Politik festlege. Die Frage des europäischen Zusammenschlusses und der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft spielten in der amerikanischen Politik eine entscheidende Rolle.
In blauen chinesischen Uniformen
Die ersten 100 UN-Soldaten in Pan Mun Jon übergeben / Günstige Berichte
PAN MUN JON. Die ersten kranken und verwundeten Kriegsgefangenen des Koreakrieges sind am Montag in der neutralen Zone von Pan Mun Jon ausgetauscht worden. In dickwattierten blauen chinesischen Uniformen traten hundert UN-Soldaten — unter Ihnen 50 Südkoreaner — den Weg in die Freiheit an. Die Alliierten übergaben gleichzeitig 500 Chinesen und Nordkoreaner.
Der erste UN-Gefangene, der von den Kommunisten übergeben wurde, war Carl Kirch- hausen, ein deutschstämmiger Amerikaner 8us New York, dessen Mutter noch in Deutschland lebt. Sanitätsautos brachten die Freigelassenen von Pan Mun Jon in das „Friedensdorf“ bei Munsan, wo der alliierte Oberbefehlshaber, General Mark Clark, sie erwartete.
Kalter Krieg am Nordpol
Um den Nordpol herum wird der Kalte Krieg immer heißer. Waren die Russen schon maßlos erbost über den neuen amerikanischen Luftstützpunkt von Thule in Grönland, der praktisch ihr Bemühen der letzten 12 Jahre zunichte gemacht hat, ihre Schwerindustrie hinter den Ural in „sichere“ Gebiete zu verlagern, so erfährt man nun, daß eine neue große Basis für die amerikanische Luftwaffe in Brönlundsfjord auf mehr als 82 Grad nördlicher Breite gebaut wird.
Nördlicher Seeweg
@ amrik.bm.mrweg
QsowJef.lt/fi6atb
Neueomerik
Luflbosislm
SPITZBERGE
urmansk
Nordwik
'icksond
Oudmka
ulminiiimiiiimHiiHmimmtiniimimiiiiiimimiiiimmniimmiiiniiimmimiiHitiimNitiutiHMmiiiimiiimimmmmtuiMutmiiwniUHiiiMiHiiiimmtiiimiiiiliHHmmMtiiiiiiHiiiimimti»
Bemerkungen zum Tage
Dr. Adenauer betonte, die Eisenhower-Er- klärung zerstreue die Befürchtungen, daß die USA unter Umständen mit der Sowjetunion auf Kosten Deutschlands eine Einigung erstrebten. Die Zeit sei auch vorbei, auf einfache Versprechungen und Vorschläge der Sowjetunion einzugehen. Man wolle Taten sehen. Dazu gehöre an erster Stelle die Wiedervereinigung Deutschlands und der Abschluß eines Friedensvertrages.
Der Kanzler, der vor und nach seinen Ausführungen von den in- und ausländischen Pressevertretern Beifall erhielt, verbandseine politischen Erklärungen mit einem Dank an die amerikanische Regierung und die Bevölkerung der Vereinigten Staaten für die ausgezeichnete Aufnahme, die er überall gefunden habe.
Am Abend sprach der Kanzler auf einem weiteren Empfang noch einmal zur Lage.
Zwei Austauschgefangene, ein amerikanischer Soldat und ein britischer Korporal, gaben günstige Berichte über ihre Gefangenschaft ab. Der Soldat N o 1 a n erklärte: „Wir erhielten alles, was die Chinesen und Nordkoreaner uns geben konnten. Aber der erste Winter war sehr hart.“ Korporal Gr een a- w a y berichtete, die Kommunisten hätten sich nicht besonders bemüht, die Gefangenen „umzuschulen" Täglich habe ein politischer Vortrag stattgefunden, doch war die Anwesenheit nicht unbedingt notwendig.
Pakistanisches Dilemma
wn. Nur spärlich fließen die Nachrichten aus Pakistan, das mit seinem Flächeninhalt von 233 000 Quadratmeilen und seiner Bevölkerung von rund 66 Millionen Menschen zahlenmäßig zu den großen Mächten zählt. Doch der nach außenhin kräftige Staat besitzt eine Reihe innerer Schwächen, die bei der kürz- lichen Ablösung der Regierung Nazimuddin durch die des ehemaligen Finanzministers Mohammed Ali offenbar wurden. Pakistan ist in zwei weit auseinander liegende Hälften aufgesplittert. In der nordwestlichen Ecke des indischen Subkontinents liegt der flächenmäßig größere westliche Teil mit der Hauptstadt Karachi, und östlich von Kalkutta liegt der in der Hauptsache durch Ostbengalen gebildete östliche Teil. In der Mitte liegt Indien. So ist es nicht verwunderlich, wenn der neue Ministerpräsident versprach, vor allem für bessere Beziehungen mit Indien zu sorgen. Was jedoch nicht nur für Pakistan von lebenswichtiger Bedeutung ist, sondern ebensosehr im wohlverstandenen Interesse Indiens liegt; der Zwist mit dem Brudervolke soll so rasch als möglich beendet werden. Was Nazimuddin ferner vorgeworfen wird, ist die Tatsache, daß es ihm nicht gelang, den Kashmir-Kon- flikt mit einem für Pakistan günstigen Ergebnis zu beenden. Korruption und Vetternwirtschaft sind weitere Vorwürfe. Ferner gibt man ihm die Schuld für die plötzlich aufgetretenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Zwar ist Pakistan eines der wenigen asiatischen Länder, wo keine Hungersnöte an der Tagesordnung waren, weil die Welt seine Jute und Baumwolle stets abgenommen hat. Nun sind aber die Preise für beide Rohstoffe bedeutend gefallen, was eine latente Hungersnot zeitigte. Hinzu kommt, daß das pakistanische Volk in sich verfallen zu sein scheint. Die religiösen Fanatiker streben ein rein islamisches Staatswesen an, während die liberaleren Moslems die Türkei nachzuahmen versuchten, wo ein islamischer Staat sich die Errungenschaften moderner Technik und Verwaltungsmethoden zunutze gemacht hat. Ruft man sich diese Tatsachen ins Gedächtnis zurück, dann ist zu verstehen, weshalb die Ablösung Nazimuddins als ein Kulminationspunkt gilt für seit Jahren brodelnde Kämpfe und Unzufriedenheiten. Aus den wenigen Äußerungen des neuen Ministerpräsidenten, die bisher bekanntgeworden sind, darf man aber die Bereitschaft zu einer, vornehmlich innenpolitischen Schwenkung herauslesen
Keine absolute Mehrheit für Yoshida
Parlamentswahlen stabilisierten nicht die Lage im japanischen Unterhaus
Peron ohne Evita
hm. Behalten die Kenner der argentinischen Verhältnisse recht, die beim Tode Evita Pe- rons das Ende des Peronismus voraussagten? Die jüngsten Entwicklungen in Argentinien sprechen für diese Prognose. Das Alarmzeichen waren die beiden Bomben, die während der letzten öffentlichen Rede Präsident Pe- rons in der argentinischen Hauptstadt explodierten und eine Säuberungsaktion gegen die Gegner des Regimes auslösten. Man kann dieses Attentat als den ersten offenen Ausbruch eines seit Jahren schwelenden Feuer» bezeichnen, entfacht durch eine immer deutlicher zutagetretende Wirtschaftskrise, d» ihren letzten Höhepunkt in einem Anstieg der Lebensmittelpreise zu Beginn des Jahres bi* zu 50 Prozent hatte. Wo Hunger und Not zu regieren beginnen, da verblaßt auch der legendäre Schein einer toten Evita, der bislang immer noch ein bedeutender propagandistischer Faktor für die Festigung der Macht Pe- rons war. Ja, wenn Evita noch lebte, sie würd# mit viel psychologischem Geschick unter Tränen den gläubig versammelten Hunderttausenden die Gründe der augenblicklichen und sicher bald überwundenen Krise darlegen. Präsident Peron hat es auch versucht; er nannt* das unterirdische Wühlen ausländischer Kreis# als Ursache der gegenwärtigen Wirtschaftskrise. Man glaubt ihm nicht so bedingungslos, bringt ihm nicht das blinde Vertrauen entgegen, das die verstorbene „Erste Frau des Landes“ besaß. Dazu ist in letzter Zeit schon zu viel über Korruptionsaffären an die Öffentlichkeit gedrungen. Gipfelpunkt war der Selbstmord des Privatsekretärs des Präsidenten und Bruders Eva Perons. Mag sein, daß sich Juan Peron durch diktatorische Gewaltmaßnahmen gegen die Opposition und mit Hilfe des von ihm vorerst noch beherrschten Gewerkschaftsbundes weiter im Sattel hält. Die Möglichkeit aber, daß auch er durch e'ne in anderen südamerikanischen Staaten fast zur Tagesordnung gehörende Revolution eines Tages hinweggefegt wird, gewinnt in den letzten Wochen jedenfalls an Wahrscheinlichkeit.
Kanzler informiert Bundesra'
BONN. Mit großer Spannung wird in Bonn die Sitzung des Auswärtigen Ausschusses des Bundesrates am Donnerstag erwartet, auf der Bundeskanzler Dr. Adenauer Uber seme vertraulichen Gespräche mit Präsident E > - senhower berichten wird. Auf der Sitzung werde möglicherweise die Entscheidung über die endgültige Haltung des Bundesrates zu den deutsch-alliierten Verträgen fallen, die am Freitag dem Bundesrat zur Stellungnahme vorgelegt werden, erklärten Bundesratskreise am M'mtan
Im Pendelverkehr flogen dann Hubschrauber die Gefangenen nach der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, wo sie in einem großen Krankenhaus untergebracht wurden. Die jeichteren Fälle wurden nach kurzer Zeit nach •lokio weitergeflogen
Die von den Kommunisten übergebenen Ge-
sngenen sahen gutgenährt aus, hatten eine rrisdie Gesichtsfarbe und machten einen gesunden Eindruck. Der erste, mit dem die zahl- . lc “ versammelten Reporter im „Friedens- bovT sprechen konnten, lag auf einer Trag- ure und sagte vor vielen Wochenschauka- eras; „Ich möchte für all das danken, was ® , n worden ist. um unsere Rückkehr zu bewerkstelligen ■■
raar ‘Zeile
Homer ein Kommunist gewesen ist fTn,Ä ester Zeitung „Szabad Nep“ nerau DirbfP' . Hon L e , rs Werke zeigten deutlich, daß r ln ? K , la ssenkampf auf der Seite der weiter gestanden habe.
TOKIO. Dem japanischen Ministerpräsidenten Yoshida gelang es bei den Wahlen am Sonntag nicht, die absolute Mehrheit im neuen Unterhaus wieder zu erringen, die ihm vor einigen Wochen durch eine Spaltung seiner Partei verlorengegangen war. Die Wahlen brachten gleichzeitig starke Gewinne für die Sozialisten und Stimmenverluste für die Fortschrittlichen, die gleich den Liberalen eine konservative politische Linie vertreten. Den Kommunisten gelang es, einen Vertreter ins Parlament zu bringen. Bei den Wahlen im letzten Jahr hatten sie alle Sitze verloren.
Das Endergebnis der Wahlen, die bei relativ hoher Wahlbeteiligung ohne Zwischenfälle verliefen, zeigt folgenden Stand 6er Parteien- Yoshida-Liberale 199 Sitze (205 im letzten Unterhaus). Fortschrittliche 76 (HB), Linkssozialisten 72 (56). Rech+~=o-m1isten 66 (60), Liberale Splittergruppen 35 (40), Arbeiter- und Bauernpartei 5 (4), Kommunisten 1 (0), Einzelne 12, bei diesen errang die größte Stimmenzahl der frühere Außenminister O h a s h 1 , der seinerzeit den Dreimächte
pakt mit Deutschland und Italien unterzeichnet hatte.
Nach Ansicht politischer Beobachter in Tokio wird eine Einparteienregierung der Yo- shida-Liberalen wahrscheinlich nicht mehr möglich sein. Die Beobachter glauben, c’aß Yoshida überhaupt nicht mehr kandidieren wird. Es wird daher angenommen, daß Ma- moru Shigemitsu eine Koalitionsregierung von abtrünnigen Liberalen, Fortschrittlichen und Rechtssozialen bilden wird
Pakistan — Indien
AH für bessere Beziehungen
KARACHI. Der neue pakistanische Ministerpräsident Mohammed Ali hat sich am Montagnachmittag in einem Interview für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Pakistan und Indien ausgesprochen. Er werde sich bemühen, zu einer Lösung der Kashmir- Frage beizutragen. Einer Einladung Nehrus werde er gerne nachkommen, sagte der neue Premier.
och keine Entscheidung
th. STUTTGART. Der Ministerrat von Baden-Württemberg hat am Montag über das Votum der Landesregierung bei der Abstimmung im Bundesrat über die deutsch-alliierten Verträge beraten. Beschlüsse wurden wie erwartet, nicht gefaßt Das Kabinett sei vielmehr übereingekommen, so heißt es in einer Verlautbarung, im Hinblick auf die Sitzung des Auswärtigen Ausschusses des Bundesrats am Donnerstag eine Ministerratssitzung in Bonn ah-’-hai+en
olllreie Flugzeuge
BONN. Die Bundesregierung hat dem Bundestag eine Verordnung zugeleitet, nach der die Einfuhr von Flugzeugen zollfrei sein soll. Bisher waren solche Einfuhren mit 40 Prozent des Wertes belegt Auch die Zollsätze für Motoren, Fallschirme und sonstiges Zubehör sollen aufgehoben werden. Der Bundestag hat gegen diese Verordnung keine Einwendungen erhoben.