Veite 2 - Nr. 45

aus1a»tfe. werde sein.' Pnrü': sich Vag--.n wehren -Redner wünscht Schutz der cbrisUicl > n gscierlagc Der 11. August sei kein Ralionalfeierkag, denn er einige nicht öus ganze Volk. Ein Gedenktag für die Opfer des Weltkrieges sollte aber möglich sein. Die Abstimmungsergebnisse des richter­lichen Beratungszimmcrs müssen geheim bleiben.

Abg. Dr. Bock ins (Z.) meint, es handle sich bei der Justiz mehr um eine RechtsprcchungSkrise als um eine Ver­trauenskrise. Wen» die Anwendung des Hocbvcrratspara- oraphen dem allgemeinen Rechtsempfinden nicht mehr ent­spreche. müsse das Gesetz geändert werden. Eine Erleichte­rung der Ehescheidung sei abznlehnen. Zn sozialer Bezieh­ung werde seine Partei aber an Verbesserungen gern Mit­arbeiten. Aus der Rcntnersiirsorge müsse ein Rechtsanspruch werden.

Abg. Dr. Kahl (D.Vp.): Unsere politische Gerichtsbar­keit sei ohne Tadel. Die Hochverratsurleüc entsprechen durchaus dem geltenden Recht. Der Staat könne kommu­nistische» Lehren gegenüber gar nicht aus sein Sclbsterhal- tungsrecht verzichten. Weiter tritt der Redner für Beber- gang der Zustizhoheit von den Ländern auf das Reich ein. Die Ehescheidungsresorm sei noch nicht reis sür die Behand­lung im Voll-Aeichstag.

Weikerberatung Donnerstag nachmittag 2 Uhr.

Neuestes vom Lage

Die Begnadigungen im Reich

Berlin, 23. Febr. Bemerkenswert sind die Mitteilungen, die in der gestrigen Reichstagssitzung Reichsjustizmin:st:r Hergk über die Begnadigungen im republikanischen Reich gemacht hak. Danach sind von 3818 Berurteilungen durch außerordentliche Gerichte 3036 durch Einzelgnadenbeweise erledigt worden. Bon den 761 Berurteilungen des Reichs­gerichts und des Staatsgerichtshoss wurden 458 durch Be­gnadigung. Amnestie, Strafkürzung usw. erledigt. Nach dem Berichr des Oberreichsanwalts sind in der Zeit vom 15. Februar 1026 bis 15. Februar 1927 723 Klagen gegen Kom­munisten anhängig gemacht morden. Im gleichen Zeitraum wurden aber nur 44 Anklageschriften eingereicht und alle andern Fälle durch Einstellung des Verfahrens erledigt.

Verhaftung deutscher Gendarmen durch Franzosen

Speyer, 23. Febr. Gestern vormittag fuhren ein fran­zösischer Personenkraftwagen und zwei französische Last­autos, besetzt mit einem Offizier, einem Gendarmen in Uniform und einem Beamten in Zivil, sowie einem Zoll­wächter aus Lachen bei Neustadt vor die deutsche Gendar- »Periestation Winden vor und verhafteten den Stationskom­mandanten. Die Station besetzten sie mit dem französischen Gendarmen, der allein im Dienstzimmer verblieb, bis ein deutscher Wachtmeister von seinem Dienstgang zurückkam. Die Tür zum Dienstzimmer wurde von dem französischen Gendarmen von innen abgesperrt. Die französischen Kraft­wagen fuhren nach Steinfeld weiter, wo der dortige Stationskommandant ebenfalls verhaftet wurde. Auf dem Rückweg über Winden holten sie den französischen Gen­darmen wieder ab. Die deutsche Gendarmeriestation von Winden war sonach zwei Stunden von französischer Gen­darmerie besetzt.

Die Verhaftung ist nach derB.Z." auf folgendes Vor­kommnis zuriickzuführen: Am 15. Februar war eine Gruppe von 17 jungen Leuten, die sich angeblich für die F r e m d e n- legion verpflichtet hatten und unter Begleitung ein-s tranzösischen Soldaten in Zivil nach Weißenburg fuhren, in Kapsweyer von der deutschen Gendarmerie verhaftet und nach Karlsruhe gebracht worden, weil man unter diesen Leuten steckbrieflich verfolgte Verbrecher vermutete. In Karlsruhe entdeckte inan unter ihnen drei steckbrieflich ver­folgte Burschen, darunter einen Schwerverbrecher. Der tranzösische Soldat weigerte sich, der deutschen Gendarmerie seinen Personalausweis zu zeigen, woraus diese ihn in Kapsweyer aus dem Zug setzten.

Die Erfahrung lehrt Sie

daß Sie heute ohne eine Zeitung nicht mehr auskommcn können: denn Sie müssen miterleben und mithören, was in Ihrer nächsten Umgebung und auf der gesamten Welt sich ereignet.

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Württemberg

Berufsberatung und Lehrftollenvermittlung in Württemberg

Die 31 öffentlichen Bcrufsberatungsstellen (9 mit weib­lichen Abteilungen) sind im verflossenen Aib-V-^b- (1. Zuli bis 30. Juni) erheblich stärker als in den voraus- gcgangcnen ausgesucht worden. Die Gesamtzahl der Rat­suchenden betrug 13 556. und zwar 9215 bei den männlichen, 4341 bei den weiblichen Abkeilungen: sie hat gegenüber dem Vorjahr um 26,3 v. H. zugenommen. Bei weitem die Mehrzahl der Ratsuchenden kommt aus den Volksschulen: der Anteil der Schüler und Schülerinnen von Mittel- und höheren Schulen mit und ohne mittlere Reife beträgt 17,9 bei den männlichen und 23,1 bei den weiblichen Berufs­anwärtern.

3696 männliche Jugendliche wurden in Lehr- und Anlern st eilen vermittelt. Obgleich die Zahl der ver­fügbaren Lehrstellen 6837 insolge der schlechten Wirt­schaftslage etwas geringer war als im Vorjahr, ist die Zahl der Vermittlungen gestiegen. (Von den übrigen 22 Arbeits­ämtern, bei welchen keine Berussberatungssiellen bestehen, wurden 795 Lehrstellen gemeldet und 505 vermittelt, bei 1246 Lehrsiellensnchenden).

Auch auf die Berusswünsche der männlichen Zu­gend ist die Wirtschaftslage nicht ganz ohne Einfluß ge­blieben. An erster Stelle steht zwar immer noch trotz seiner nun schon so lange besonders ungünstigen Lage das Me­ta l l g e w,e r b e.'dem sich 30,1 v. H- der Berufswünsche zu- wend'en. Der überfüiiie kaufmännische Beruf aber wurde nur von 8 v. H. gegen 12,4 v. tz. im Vorjahr

gewünscht. Das Hoizgewerbe steht, obgleich auch hier der Zustrom etwas zurückgegangen ist von 11,3 auf 10.7 v. H., an zweiter Stelle. Znnerhalb des Metall­gewerbes wird am meisten begehrt, und zwar von 31,2 v. H. aller dem Metallgewerbe Zustrebenden der Mechaniker­beruf, während noch nicht 1 v. H. (0,98) den des Rach­wuchses bedürfenden Former- und Gießerberuf ergreifen will. Zm Holzgewerbe wollen 79 v. H. der Berufsuchenden sich dem Schreinerberuf zuwenden. Mehr als ein Fünftel aller Zungen, die sich an die Berufsberakungsstellen wand­ten, wollten Mechaniker oder Schreiner 10,7 und 9,6

20,3 v. H. werden! Stärker als in früheren Zähren ist auch der Friseurberuf begehrt, was wohl schon eine Folge der verhältnismäßig günstigen Berufslage ist (Bubikopf!). Dasselbe trifft zu sür die Berufe des Kochs. Kellners und Konditors, bei denen freilich ein arges Mißverhältnis zwischen der großen Zahl der Berufsanwärter und der kleinen der zu besetzenden Lehrstellen besteht.

Zn den weiblichen Abteilungen wurden von 1638 gemeldeten Lehrstellen 1346 beseht. Die Berufswünsche zeigen eine Verschiebung zugunsten der h a u s wirtschaft­lichen Betätigung, der sich 32,1 o. H. aller Rat suchenden Mädchen zuwenden wollten: 26,4 wollten insKaufmän­nische', hier ist der Zustrom zum Berkäuferinnenberus (75 v. H. der Bewerberinnen) am stärksten, 22,1 wollten ins Bekleidungsgewerbe, von diesen wünschten 73,6 v. Hundert Schneiderin zu werden. Bei einer Zunahme der Lehrstellensuchenden um 30 v. H. gegen das Vorjahr und einem Rückgang der Lehrstellen um 134 v H- konnten nicht ganz 10 v. H. die gewünschten Lehrstellen in diesem Berns erhalten. Selbst in der Hauswirtschaft war die Spannung zwischen der Zahl der Anwärterinnen und der Stellen ss groß, daß nur 42 v. H. der Mädchen untergebracht werden konnten.

Stuttgart. 23. Febr. Der Staat als Aktionär der Südd. Rundfunk A.G. In der heutigen Sitzung des Finanzausschusses stand als erster Punkt der Tagesord­nung ein Antrag des Wirtschastsministers auf Erwerb von weiteren Aktien der Südd. Rundfunk A.G. zur Verhandlung. Staatsrat Rau teilte mit, daß das Aktienkapital der Rund­funk A.G. 300 000 RM. betrage, wovon der Staat bis jetzt Aktien im Nennwert von 24 000 RM. besitze. Jetzt sei Ge­legenheit geboten, aus Privatbesitz weitere 3500 Mark zum Kurs -von 55 v. H. .zu erwerben. Der Erwerb habe den Zweck, den Einfluß des Staats zu verstärken. Dem Ueber- wachungsausschuß des Rundfunks gehören zwei württember- gische und ein badischer Beamter an. Ein Redner des Zen­trums wünschte baldige Berufung des vorgesehenen kulturel­len Ausschusses, da manche Darbietungen des Rundfunks in letzter Zeit als minderwertig anzusvrechen waren. Ange-

Karl Schönherr.

Zum 86. Geburtstag am 24. Februar 1927.

Von Bert hold Wetzte r.

Seit 1916 wurde der Tiroler Karl Schönherr durch sein er­folgreichstes Werk ..Glaube und Heimat", derTragödie eines Volkes", weitere» Kreisen bekannt. 1887 zu Apams in Tirol geboren, studierte er in Wien Medizin, ließ sich dort später als Arzt nieder und veröffentlichte seit 1895 Tiroler Dialektdichtun­gen. die über ihr natürliches Verbreitungsgebiet kaum hinaus­drangen. Dafür fanden seine Dramen, insbesondereErde", Glaube und Heimat".Der Weibsteufel" undKindertragö­die" umso größeren Beifall. Diese Erfolge trugen Schönherr reichlich persönliche Ehrungen ein, u. a. wurde er mit dem Schillerpreis, Bauernfeldpreis und dem Grillparzerpreis ausge­zeichnet. 1921 wurde er zum Leiter des Grazer Schauspielhauses berufen. Man kann ohne Einschränkung sagen, daß Schönherr von den Dramatikern seiner Generation das höchste Ansehen und den stärksten Publikumsersolg errang.

Cchönherrs Stosse sind fast alle tragisch-düsterer Natur: sie sind vornehmlich dem eigenwilligen Leben auf der Scholle ent­nommen und wurzeln iri dieser und in psychologischen und ero­tischen Konflikten. Sein Lehrmeister in der dramatischen Archi­tektonik und der analytischen Technik ist Ibsen, mit dem er auch eine gewisse Kälte der Erscheinungen gemein hat. Schönherr arbeitet in seinen Dramen stets bei einigen Hauptpersonen das Wesentliche scharf und eindeutig heraus, so daß die Vorgänge klar und logisch hervortreten. Man muß Schönherrs gesundes, volkstümliches Wirken gegenüber der damals übertriebenen Stil­kunst und dem Aesthetentum durchaus als wichtig und wertvoll an seinem Platze anerkennen. Seine Dramen sind anfänglich breit angelegte, sreskenartige Bolksgemälde mit viel Personen: später (seit 1913) konzentriert er sich aus wenige Schauplätze und wenige Personen, und er gibt der Seeienanalyse mehr Raum auf Kosten des al sresco.

An seinem 8V. Geburtstag wird eine große Gemeinde dem Dichter Karl Schönherr huldigen. Mögen ihm noch viele Jahre kraftvollen Schaffens vergönnt sein!

Randleisten.

Von Joses Weiß

Schicksalsfügungen mannhaft und geduldig zu ertragen, ist viel schwerer als fick aus freier Wahl Opfer auszuencgen.

Leiden werden nichl dadurch erträglicher, daß man seine 'Umgehung darunler leiden läßl

Im Uuierscricd von der Charakterstärke neläligl sich der E i g e n s i n n da. wo es k ein en Sinn Hai.

Der Kutz.

Faschingsnooelle von Iosephine Adolph.

Es war an einem Märzabend zur Faschingszeit, als die Lehrerin Leonie Pfandt, unter ihrem dunklen Berufsmantel im Maskenkleid, einem jener Säle zustrebte, in dem Prinz Karneval Hof hielt. Der Einsall dazu war ihr ganz plötzlich gekommen, und das Kleid hatte sie auch nicht besorgt. Es war ein Masken­kostüm, das sich ihre Zimmernachbarin, eine junge Studentin, ausgeliehen hatte. Ein Telegramm rief das Fräulein in die Heimat und ins Elternhaus, da ein junger Bruder erschossen worden war. Maja Holm reiste sofort und bat die Lehrerin, am anderen Tag das geliehene Kostüm der eigentlichen Besitzerin zuriickzubringen.

Leonie Pfandt hatte das seidene Gewand auf ihr schmales Mädchenbett gelegt. Dann hatte sie sich an den Schreibtisch ge­setzt und begonnen, die dreiundzwanzig Schulaufsätze ihrer Boldsschülerinnen zu korrigieren. Aber zum ersten Male in ihrem Leben flatterten ihr die Gedanken davon. Umsonst ver­suchte sie, die Abtrünnigen herbeizurusen und zu kommandieren. Es war etwas Vibrierendes, etwas Strömendes, Störendes in ihren Nerven, in der Lust, im Zimmer. Es konnte nur von dem fremden Gewand ausgchen, das so seltsam und aufreizend in der Mietsstube des alternden Mädchens lag. Leonie stand auf. um es im Schrank zu verschließen. Aber als sie die fun­kelnde Seide von prachtvollem pompejanischen Rot anrührte und dos seltsame Kleid in allen Falten traumhaft rauschte, überkam sie ein süßer Zauber. Ohne sich ihres Tuns klar bewußt zu sein, hatte sie die Bluse abgestreift und den schimmernden Stoff gegen ihre Haut gehalten. Die war trotz ihrer neununddreißig Jahre noch zart und sehr weiß. Von dem leuchtenden Rot vollends hob sie sich ab wie Schnee. Es war. als ob eine fremde Hand das alte Mädchen einhüllte in dieses Kostüm: als ob eine fremde Hand ihr die Kappe auf die Haare setzte, ihr die Larve umband, die dreiviertel ihres Gesichts verdeckte und nur Mund und Kinn frei ließ.

Im Maskentreiben des großen Saales, in dem hohe Spiegel die Lichtreflexe zurückwarfen, kam sie sich vor wie eine Aus- gestoßene.

Woher nahmen die Frauen ringsum den Mut zu lachen, sich zu necken und zu tanzen? Woher hatten sie die Kühnheit, die Herren anzureden? Ihnen mit ihren Fächern Kühlung zuzu- mehen oder sie mit langen Pfauenfedern, die sie in den Händen trugen, an der Nasenspitze zu kitzeln?

Do«»«rs1ag, 24. Februar 19L7

nominen wurde folgender Antrag Pollich, Roos, Dr, Wals: Der Finanzausschuß wolle beschließen, dem Erwerb von weiteren Aktien der Südd Rundfunk A.G. im Nennwert von 3500 RM, durch den Staat zuzustimmen", mit 10 Ja gegen 2 Enthaltungen tSoz.) und 2 Nein tKomm.).

Auslandsingenieure in Stuttgart. Eine Anzahl von Ingenieuren aus Norwegen, Schweden, Dänemark, Holland, der Schweiz, Oesterreich, Italien, der Tschechoslowakei und Spanien traf hier ein, um die Beleuchtungsvorrichtungen in Stuttgart zu besichtigen.

Prüfung weibl. Lehrlinge im landw. Haushalt. Die nächste Prüfung für weibliche Lehrlinge im landw. Haus­halt wird in diesem Jahr in der 2. Hälfte des Monats März abgehalten. Zugelaffen werden weibliche Lehrlinge nach Beendigung einer mindestens 2jährigen praktischen Lehr­zeit, sofern sie das 17. Lebensjahr zurückgelegt haben. Die Anmeldungen zu der Lehrlingsprüfung müssen bis zum 10. März bei der Württ. Landwirtschaftskammer, Stuttgart. Marienstr. 33, erfolgen. Der Grundplan für die Prüfung wird Interessenten auf Verlangen unentgeltlich zugesandt.

Verbot der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten.

Das württ. Landesgewerbeamt hat dem früheren Rechts­anwalt Artur Köhler, der bei der Revolution in Stutt­gart eine große Rolle spielte, die gewerbsmäßige Besorguuo fremder Rechtsangelegenheiten und bei Behörden wahrzu­nehmender Geschäfte, insbesondere die Abfassung der darauf beziWchen schriftlichen Aufsätze, untersagt.

Ein württ. Junglehrer im deutsch-brasilianischen Schul­dienst. Ein württ. Junglehrer, Hermann Zehnder aus Stuttgart, verläßt dieser Tage seine Heimat, um eine Lehr­stelle an der deutschen kath. Schule in Estacao Cafundo in Brasilien anzunehmen.

Einigung in der Holzindustrie. In dem Lohnstreit in der württ. Holzindustrie wurde der Vorschlag des Schlichters von den Arbeitgebern und Arbeitnehmern angenommen, so daß die Aussperrung vermieden wird.

Kakaofrüchte in der Wilhelm«. Der Kakaobaum ist eine Pflanze der heißen Länder. Seine Heimat sind Mittel­amerika und der nördliche Teil von Südamerika, er wurde aber auch mit Erfolg auf Java, Ceylon und die atlantische Küste von Mittel-Afrika verpflanzt. Auch die Gewächs­häuser der Wilhelms in Cannstatt bergen einige Kakao- sträucher, die 191? von der Pflanzen- und Samenzuchtsirma Haage u. Schmidt in Erfurt bezogen wurden und damals eine Höhe von etwa 60 Zentimeter hatten. Heute sind die Bäumchen 1,5 Meter hoch bei einem Alter von 15 Jahren. Durch künstliche Bestäubung ist es nun gelungen, einen Fruchtansatz bei fünf Blüten zu erzielen. Die noch An­reisen Kataonüsje, die die bekannten Bohnen enthalten, ans denen Kakao und Schokolade bereitet wird, haben jetzt die Größe und Form emer mittelgroßen Landourke. Leider wurde bereits eine Frucht sinnlos vom p. t. Publikum ge­klaut. In den heißen Ländern dauert die Reifezeit vier bis sechs Monate: daß die Früchte in der Wilhelms zur vollen Reise gelangen, ist wobl nicht anznnehmen, ähnliche Ver­suche mit Bananen sind mißglückt. Immerhin ist es sehr interessant, daß in dem Gewächshaus der Erfolg des Fruchr- ansatzes erzielt wurde.

Aus dem Lande

Waiblingen. 23. Febr. Ehrung. In ehrender An­erkennung der Verdienste, die sich Baudirektor a. D. Fr. Göhr um vom städt. Gaswerk Stuttgart durch die Gas­fernversorgung des Remstals erworben hat, hat der Äe- meinderat beschlossen, den zwischen der Ludwigsburger und der Dammstraße verlaufenden Straßenzug der Andreästraße Göhrum-Straße" zu benennen.

Lausten a. N., 23. Febr. Selbstmord. In einem Lieldkeller an der Ilsfelder Straße wurde die Leiche des 56 I. a. Steinbrucharbeiters Christian Bechtle aus Neckar- westheim aufgefunden. Ohne Zweifel liegt Selbstmord vor mittels einer Sprengkapsel. Der Grund zur Tat ist nicht bekannt.

Aalen, 23. Febr. D a s G o l d i m K a st e n. Hier starb im Alter von 83 Jahren eine led. Person weiblichen Ge­schlechts, die früher eine Handelschaft betrieben hat. Bei der Durchsuchung ihrer Wohnung fand man über 7000 -st in Goldstücken, die in Lumpen eingenäht waren.

Heidenheim, 23. Febr. Leichenfund. Im Kalkofen des Kalkwerks Beck landen Arbeiter die völlig verkohlte

Ihr die mit ihren nemiimdöreißig Jahren zum erstenmal einen Balisaal betrat, fehlte das Lächeln und die Leichtigkeit zu diesen Dingen. Schon bereute sie, sich hierher gcivagt zu haben und wollte dem Ausgang znstreben. Aber einige Maskierte, die sich an den Händen hielten und eine Kette bildeten, umringten sie und kreisten sie so ein, daß an ein Entrinnen nicht zu denken war. Verzweifelt sah sie sich um. Als sich ihr Auge hob. sah sie, daß oberhalb eine schmale Galerie herumlief, die ganz men­schenleer war. Wenn es ihr gelang, sich dorthin zu flüchten, konnte sie dem Maskcntreiben Zusehen, ahne selbst mitgerissen zu werden.

Endlich gaben sie ihre Peiniger frei und umkreisten tanzend ein neues Opfer. Sie aber huschte die Treppe hinauf und lehnte sich an einen Pfeiler, der rückwärts im Schatten lag. Hier war es still, hier war es kühl. Das Halbdunkel tat ihren Augen wohl nach der brennenden, fressenden Helle, der sie im Saal aus­gesetzt gewesen. Plötzlich hörte sie einen Schritt. War sie dock nicht allein? Sie wollte sich umsehen, aber bevor sie den Kops wenden konnte, fühlte sie sich von starken Armen fest umschlun­gen, ihr Haupt wurde zurückgebogen. Ein Mund preßte sich heiß und fest auf ihren Mund. ,

Sie hielt still wie in einer Betäubung. Sie hatte nicht die Kraft, sich zu rühren oder sich zu wehren. Als der Mann sie freigab, taumelte sie gegen das Geländer. Schritte eilten rasch die Treppe hinab. ...

-Der Alltag fand die Leonie Pfandt. wie er sie kannte.

Sie ging täglich den gleichen Weg in ihrem ewigen braunen Kleid mit weißen Manschetten und weißer Krause am Hals. Sie gab täglich die vorgeschriebene Stundenzahl, üb. wachte in den Pausen die Schülerinnen im Schulhof, korrigierte im Hause die Hefte und bereitete sich aus das neue Pensum vor.

Wer irgendwie war sie doch die Frühere nicht mehr. I» ihr Blut war eine Unruhe gekommen, die sie erschreckte, m ihren Sinn ein Fremdes, das sie nicht verstand.

Oft saß sie, die immer Fleißige, die sich nie ein Ausruhen gegönnt träumend da. Dann hörte sie hinter sich einen klin­genden Schritt. Dann fühlte sie einen Arm um ihre Schultern. Dann preßte sich ein Mund auf ihren Mund, heiß und fest.

Und es gab Stunden, in denen sie sah. was sie vorher nicht gesehen: Arm war ihr Leben und einsam, elend und karg. Dann konnte es geschehen, daß sie mitten in der warmen Sonne fror und daß ihre Zähne wie im Frost auseinander schlugen Dann konnte sie die Hände ringen in innerlicher, großer Nor

Warum, fragte sie sich dann, warum mußte dieses Kleid aus Seide von pompejanischem Rot in meine Hände kommen?

Warum band ich mir die Maske vor?

Warum ging ich im Fasching zu einem Fest, von dem ich wußte, daß es nur ein Fest für die Schönen, die Lachenden, die Glücklichen war? Warum?