SODWESTDEUTSCHE CHRONIK
Typhusfälle steigen weiter
th. Stuttgart. Bis gestern Mittag hat sich die Zahl der Typhusfälle in Stuttgart auf 187 erhöht. Die Zunahme von 26 Fällen gegenüber dem Vortag war nicht so groß wie das sprunghafte Ansteigen von Samstag auf Sonntag. Daraus auf ein Abklingen der Epidemie zu schließen, wäre allerdings verfrüht. Die Stuttgarter Krankenhäuser haben gestern zusätzlich 22 Typhuskranke aus den benachbarten Kreisen aufgenommen, in denen sich die Seuche ebenfalls weiter ausgebreitet hat. Das vor kurzem geräumte Obdachlosenheim ist inzwischen als Hilfskrankenhaus in Betrieb genommen worden. Das Städtische Gesundheitsamt hat die Angehörigen der Patienten gebeten, ke'ne Krankenhausbesuche zu machen.
Die Sterblichkeit an Unterleibstyphus, die bisher 5—10 Prozent der Erkrankungen betrug, ist gegenwärtig — vor allem durch das neue Heilmittel amerikanischen Ursprungs, das Chloromy- cetin — bedeutend geringer geworden. Die Bevölkerung wird weiterhin zur größten Sauberkeit. insbesondere beim Essen und bei der Benutzung sanitärer Anlagen aufgefordert
Um die Verbesserungen im Grenzverkehr
Siidbadische Paßamtsleiter tagten in Waldshut
Waldshut. Die Leiter sämtlicher Paßämter in der südbadischen Grenzzone besprachen am Sonntag die Verbesserungen, die in dem kürzlich in Kraftgetretenen Grenzverkehr-Abkommen zwischen der Bundesrepublik und der Schweiz vorgesehen sind. Da in dem Vertragswerk eine Reihe von Kannvorschriften enthalten sind, streben die Paßämter und das südbadische Regierungspräsidium einheitliche Regelungen an. U. a. ist vorgesehen, künftig auch die deutschen und schweizerischen Reisepässe als gültige Ausweise für den kleinen Grenzverkehr zuzulassen, während sie bisher nur für den großen Reiseverkehr verwendet werden konnten. Die Ausführungsbestimmungen dazu sollen im Einvernehmen mit der Schweiz erlassen werden.
In Kürze sollen auch die bereits im vergangenen Jahr für die Touris‘en und andere Besucher angekündigten „Dauerausflugsbewilligungen“ bei den Paßämtern verfügbar sein. Die Dauerausweise gelten vier Wochen. In dieser
Aus Südwürtfemberg
Zeit können die Inhaber von Dauerbewilligungen täglich beliebig oft die Grenze überschreiten. Diese Spezialausweise, die an alle Bewohner der Bundesrepublik ausgegeben werden, können vor allem an Touristen, Kurgäste und andere Besucher im Grenzgebiet ausgestellt werden. Daneben werden jedoch auch die bisherigen Tagesscheine (jetzt Grenzpassierscheine) beibehalten, die drei Tage gelten und seit kurzem ebenfalls gegen Vorlage einer Grenzkarte oder eines andern amtlichen Ausweises erhältlich sind.
Für besondere Anlässe (Schweizer Mustermesse in Basel, Lörracher Hebeltag, Fridolinsfest in Säckingen, Waldshuter Chilbi usw.) werden künftig Tagesgrenzkarten zu 50 Pfg. bzw. 50 Rappen ausgegeben. Auf diesen Karten wird, da sie eine schnelle Abfertigung ermöglichen sollen, lediglich der Name des Inhabers eingetragen. Bei der Tagung wurde außerdem eine eventuelle Verlängerung der Gültigkeit von Grenzkarten auf zwei Jahre besprochen. Auch hier handelt es sich um eine Kannvorschrift. Eine Entscheidung soll nach der Fühlungnahme mit der Schweiz getroffen werden.
Gegen eine Spannbetonbrücke
Erschossen aufgefunden
Tübingen. Der seit acht Tagen vermißte 20- jährige Kraftfahrer Johann S c h a a 1 aus Pfrondorf. Kreis Tübingen, wurde in der Nähe seines Wohnorts erschossen aufgefunden. Die Kriminalpolizei hat ihre Ermittlungen noch nicht abgeschlossen.
verhindert werden, daß ein Neubau in Säckingen völlig abbrannte. Dennoch ist der Sachschaden sehr groß. — In einer Bürstenfabrik in Schönau im Wiesental richtete ein Brand ebenfalls erheblichen Schaden an. Hier erlitten bei den Löscharbeiten einige Personen leichte Rauchvergiftungen.
Basel. In der Frage einer neuen Basler Straßenbrücke über den Rhein ist eine überraschende Wendung eingetreten. Entgegen dem Vorschlag der staatlichen Brückenbaukommission, eine Spannbetonbrücke zu errichten und sich dabei auf die deutschen Nachkriegserfahrungen zu stützen, entschied sich die Basier Kantm<--pojerurg als zuständiger Bauherr für eine Stahlbalkenkonstruktion im tradionellen Bauverfahren.
Aus Nordw
Polizeibeamter mit Füßen getreten Stuttgart. In Stuttgart wurde am Samstag ein Polizeibeamter von vier Männern niedergeschlagen. als er ihre Personalien wegen ungebührlichen Lärms feststellen wollte. Die Männer nahmen dem Beamten, den sie mit Füßen traten und bewußtlos schlugen, verschiedene Ausrüstungsgegenstände ab und suchten das Weite. Ein Passant nahm den Verletzten mit zum nächsten Polizeirevier, von wo er in ein Krankenhaus eingeliefert wurde. Neben einer Gehirnerschütterung wurden zahlreiche Prellungen an Kopf und Körper festgestellt. Noch am Samstag gelang es der Polizei, die vier Männer festzunehmen.
Süddeutsche Klassenlotterie Stuttgart. In der 3. Klasse der 12. Süddeutschen Klassenlotterie wurden 5500 Gewinne gezogen, darunter 100 000 DM auf Nr. 20 733, 30 000 auf Nr. 72 497. 10 000 auf Nr. 38 051 und 91 363.
Blinder Greis tödlich mißhandelt
Schwäbisch Hall. Zwei landwirtschaftliche Arbeiter haben in der Nacht zum Sonntag in Eltershofen, Kreis Schwäbisch Hall, einen blinden Greis so schwer mißhandelt, daß er noch in der gleichen Nacht gestorben ist. Die beiden
Ganz Süddeutschland war ohne Strom
Tübingen. Am vergangenen Freitag um 22.04 Uhr wurde für ganz Süddeutschland die elektrische Stromzufuhr unterbrochen. Bis das Licht wieder brannte, vergingen — örtlich verschieden — 10 Minuten bis eine Stunde. Wie nunmehr bekannt ist, sind eine Reihe von 220 000-Volt-Lei- tungen des Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerks ausgefallen
Brände landauf, landab
Reutlingen. Im Papierlager der Firma Knapp & Cie. in Reutlingen brach am Samstagnachmittag aus bisher ungeklärten Gründen ein Feuer aus, das erst in den späten Nachtstunden gelöscht werden konnte. Die Reutlinger Feuerwehr mußte unter Gasmasken gegen den Brand ankämpfen. Es entstand ein Schaden von 80 000 DM. Trotz des Brandes können die Angestellten des Betriebes sofort weiterbeschäftigt werden.
Ein Brand, der durch Selbstentzündung landwirtschaftlicher Futtermittel entstand, verursachte in einem Anwesen in Pfäffingen, Kreis Tübingen, einen Schaden von 11 000 DM. — Ina Trockenraum einer Wäscherei in Schwenningen kam es am vergangenen Freitag zu einem Brand, weil Wäschestücke zu nahe am Abzugsrohr des Waschbeckens aufgehängt waren. Schaden 5000 DM
Über 25 000 DM beträgt der Sachschaden, den ein Feuer auf einem landwirtschaftlichen Anwesen in Litzelstetten auf dem Bodanrück bei Konstanz anrichtete. Mobiliar und Vieh konnten gerettet werden, während die Futter- und Getreidevorräte verbrannten. — Nur durch das schnelle Eingreifen der Feuerwehr konnte
Kurze Umschau
74 211 Schwarzhörer im Gebiet des Süddeutschen Rundfunks haben im vergangenen Herbst ihre Geräte angemeldet. In Zukunft will der Süddeutsche Rundfunk Schwarzhörer anzeigen, die dann mit beträchtlichen Geld- oder Freiheitsstrafen sowie mit dem Entzug der Empfänger rechnen müssen.
Die Leiche eines 68jährigen Mannes wurde am Sonntag von der Feuerwehr aus dem Neckar geborgen Die Polizei konnte bisher nicht feststellen, ob es sich um einen Unfall oder um Selbstmord handelt
Die Pforzheimer Stadtbücherei ist mit einem Bestand von 11 000 Büchern gegenüber 12 000 vor dem Krieg wieder eröffnet worden.
Beim Rodeln wurde eine 22jährige Frau tödlich und ein 16jähriger Junge schwer verletzt. Sie waren beide auf einen Baum gerast.
Für 24 Wohnungen des Siedlungswerks der Diözese Rottenburg wurde am Donnerstag in Ehingen a. D. Richtfest gefeiert.
Lehrerberuf nicht gefragt
Reutlingen. Von mehreren hundert Schülern, die in diesem Jahr aus den Reutlinger Schulen entlassen werden, will nur einer Lehrer werden. Das ist um so bemerkenswerter, als die S'adt Reu'lingen begabten Kindern für die Ausbildung zum Lehrer erhebliche Beihilfen gewährt und in besonderen Fällen sogar eine Übernahme der gesamten Ausbiidungskosten zugesagt hat. Oberbürgermeister Kalbfell s‘el!te dazu fest, es sei höchste Zeit, das Interesse der Jugend für den Lehrerberuf neu zu wecken. Allerdings müßten die Volksschullehrer finanziell und damit auch gesellschaftlich besser gestellt werden.
Vor Freigabe der Sigmaringer Stadthalle
Sigmaringen. Nachdem die Räume des früheren Hotels „Adler“, -in dem bis 1945 das Wehrbezirkskommando untergebracht war. für die Aufnahme des Foyer Mflitaire der französischen Garnison in Sigmaringen hergerichtet worden sind, wird noch im Lauf dieses Monats mit der endgültigen Freigabe der Sigmaringer Stadthalle durch die Besatzungsmacht gerechnet.
100 Mann Technisches Hiifswerk
Friedrichshafen. Wie in andern Städten des Bundesgebiets wird auch in Friedrichshafen ein Technisches Hilfswerk gebildet, das 100 Mann umfassen soll. Die Organisation, die sich aus Freiwilligen zusammensetzt, wird unter anderem bei Unwetterkatastrophen und schweren Unfällen eingesetzt werden.
Quer durch
18 Goldmedaillen bei ADAC-Sternfahrt
Bei der 10. internationalen ADAC-Wintersternfahrt, die am Samstag in Garmisch-Partenkirchen endete, konnten 18 goldene, 47 silberne und 37 bronzene Medaillen überreicht werden. Auf die Motorradfahrer entfielen 12 goldene, 32 silberne und 19 bronzene Medaillen. Auf die Autofahrer sechs goldene, 25 silberne und 18 bronzene. Der Anteil von Auto- und Motorradfahrern am Medaillensegen zeigt deutlich, daß es die Wagenfahrer bei ihrer 48 Stundenfahrt wesentlich schwerer hatten als die Motorradfahrer, die nur eine 24-Stundenfahrt absolvieren mußten. Insgesamt gingen 161 Fahrzeuge durchs Ziel, 71 Motorräder und 90 Wagen.
Im März gesamtdeutsche Schachmeisterschaft
Bei einer Tagung des Präsidiums des deutschen Schachbundes wurde in Stuttgart beschlossen, eine gesamtdeutsche Schachmeisterschaft Ende März 1953 in Westberlin durchzuführen. Teilnehmen werden 18 Spieler aus Westdeutschland und fünf aus der Ostzone.
Lütgehetmann Billard-Europameister
Neuer Billard-Europameister im Cadre 47/2 wurde in Groningen/Holland der ehemalige Weltmeister Walter Lütgehetmann (Frankfurt) Er siegte im
den Sport
Stichkampi gegen den Düsseldorfer August Tiedtke mit 400:114. Die beiden Deutschen hatten sich im letzten Durchgang mit je 10 Punkten an die Spitze aller Teilnehmer gesetzt.
Schwarzwald ermittelte Jugendskimelster
Bei guten Schneeverhältnissen wurden am Sonntag in Rottweil die Jugendskimeisterschaften des Bezirks Schwarzwald ausgetragen. Bezirks!ugend- skimeister in der Nordischen Kombination wurde Eugen Mutschler, Kniebis, der auf 439,4 Punkte kam. Den Langlauf der Jungmannen gewann Gustav Klumpp, Baiersbronn, bei der Jugendklasse II siegte Helmut Haist, Baiersbronn Rolf Finkbeiner, Freudenstadt, sicherte sich den Langiaufsieg in der Jugendklasse I, die weibliche Jugend II sah JSrika Fahrner, Baiersbronn, vorne, in der weiblichen Jugend I setzte sich Roswitha Frey, Freudenstadt, durch. Den Sprunglauf der Jungmannen gewann Ernst Finkbeiner, Mitteltal, mit Weiten von 29 und 31,5 m. In der Jugend II belegte Ewald Epting, Kniebis, den ersten Platz und in der Jugend I Hans Mattes aus Spaichingen.
Vorläufige Totoquoten
West-Süd-Block: Zwölferwette: i. Rang je 182 740 DM, 2. Rang je 3110 DM, 3. Rang je 245 DM; Zehnerwette: 1. Rang je 8870 DM, 2. Rang je 288 DM, 3. Rang je 25 DM.
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Deutsche Meister im Eiskunst-Paarlaufen wur den am Sonntag die jungen Krefelder Helga Krüger und Peter V o ß. Die Meisterschaftsfa - voriten Inge Minor und Hermann Braun aus Bad Tölz konnten wegen eines Autounfalls nicht starten. Unser Bild zeigt das neue deutsche Met sterpaar im Krefelder Eisstadion Foto: AP
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hatten die Tochter des alten Mannes besucht und waren von ihm aus dem Zimmer gewiesen worden, worauf sich die Arbeiter auf ihn stürzten und ihn mit Händen und Füßen so bearbeiteten, daß er liegen blieb. Erst am nächsten Morgen wurde der Bauer tot am Tatort entdeckt. Die Täter wurden festgenommen.
Aus Baden
Verkehrs Unfälle um 20 Prozent zugenommen
Singen. Nach einer Unfallstatistik der Singe- ner Schutzpolizei haben die Verkehrsunfälle in der Stadt 1952 um 20 Prozent gegenüber 1951 zugenommen. Die meisten Unfälle ereigneten sich in der Zeit zwischen Mai und Oktober. Auch in diesem Jahre zeigte sich wieder, daß die Führerscheininhaber mit einer Fahrpraxis von mehr als einem Jahr und weniger als fünf Jahren am meisten an den Unfällen beteiligt sind.
Neue Ski- und Wanderhütte am Feldberg
Feldberg. Am Nordhang der Grafenmatte am Feldberg wurde am Sonntag eine neue Ski- und Wanderhütte elngeweiht, die vom Skiclub Emmendingen gebaut worden 'st. Die in die äußere Bauform der Landschaft angepaßt “ und im Innern gemütlich und praktisch eingerichtete Hütte hat 80 Betten in 2-, 4-, 6-, 8- und 12-Bett-Zimmern und ein Matratzenlager ff’ weitere 100 Gäste. Die Baukosten betrüge” 164 000 DM. Dazu kamen noch freiwillige Arbeitsleistungen der Mitglieder in Höhe von 30 000 DM und Spenden von Baumaterial im Betrag von fast 68 OOG DM.
Wie w : rd das Wetter?
Vorhersage bis Mittwochabend: Fortdauer des winterlichen, ruhigen, aber vielfach nebligen Wetters. Nur zeitweise aufgeheitert, höchstens geringfügiger Schneefall. Tagestemperaturen um 0 Grad, nachts Abkühlung auf minus 6 bis 10 Grad. Schwache nördliche Winde.
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Der Rest des Monats dürfte durch eine größere Wechselhaftigkeit der Witterung ausgezeichnet sein. Wiederholt werden kurzdauernde Hochdrucklagen mit Tiefdruckstörungen abwechseln; letztere werden voraussichtlich um den 19. und den 28. eine stärkere Milderung des Wetters bringen. Am Ende des Monats ist wieder etwas kälteres Wetter wahrscheinlich. Nachdem das erste Januardrittel um 1 Grad zu kalt ausgefallen ist, wird der Monat insgesamt in seinen Temperaturen nicht viel von der Norm äbwei- chen, während die Niederschläge den Durchschnitt etwas übertreffen dürften.
He! ung dui di die fc unst
Von der Farbenpsychelogie zur Kunsttherapie
Pastelltöne wirken auf werdende Mütter besonders beruhigend, erklärte Professor Schröder, der Chefarzt eines Hamburger Krankenhauses, in einem Vortrag über die Farbenpsychologie bei der Geburtshilfe. Und die gleiche Erkenntnis bestätigt ein englischer Versuch. Das St.-Alfege- K rankenhaus in Greenwich hat seine Entbin- dungssta'ionen verschiedenfarbig ausgemalt und dabei festgestellt, daß die Pfirsichfarbe offenbar am wirksamsten zur Genesung der Mütter beiträgt.
So neuartig diese „Farbentherapie“, wie das Experiment in Greenwich bezeichnet wird, auf den ersten Bück auch erscheinen mag, so alt ist sie ihren psychologischen Grundlagen nach. Schon seit Jahrtausenden verbindet der Mensch mit bestimmten Farben auch bestimmte Vorstellungen. und seit langem ist bekannt, daß er auf die verschiedenen Töne der Farbenskala auch unterschiedlich reagiert. Als die Büroräume einer amerikanischen Firma statt des gelben einen blaßgrünen Farbanstrich erhielten, stieg die Arbeitsleistung der Angestellten um 5.5 Prozent. Ähnliche farbpsychnlogische Erfahrungen wurden in zahlreichen anderen modernen Großbetrieben gemacht, so daß ihre Übernahme in die moderne He'lkunde eigentlich auf der Hand lag.
Tatsächlich ist die ärztliche Wissenschaft denn auch bereits über die spezielle Farbentherapie hinaus in das umfassende Oehiet einer allgemeinen Kunsttheranie vorgestoßen, in der auch die Farbe als Element der Malerei eine Rolle spielt. Die wohl einfachste Form dieser Kunsttherapie die la'ente seelische Kräfte des Kranken dadurch ak*ivieren will, daß sie ihn zu künstlerischer Ges'altung anregt, hat der britische Aquarellist Adrian Hill entwickelt und in seinem Ruch „Kunst gegen Krankheit“ dargestellt. Hill wuß*e aus eigener Erfahrung, wie lähmend ein langer Krankenhausaufenthalt auf d 5 e Interessen der Patiencen und damit schließlich auch auf die Ahwehrkräfte wirkt Er schloß daraus, daß man die schöpferischen Kräfte der Kranken anregen müßte, um ihnen ein neues Interesse am Lehen und dadurch zugleich einen verstärkten T,ehenswillen zu vermitteln.
Schon im Herbst 1942 begann Hill sein Experiment in einem Sanatorium in Sussex. Über die
Lautsprecheranlage des Hauses forderte er die Patienten auf, sich an einem Lehrgang für Zeichnen, Malen und Kuns betrach ung zu beteiligen. Nach anfänglichem Zögern wuchs das Interesse schnell. Den ers'en flüchtigen Kritzeleien folgte bald eine eifrige Beschäftigung mit formalen Problemen und Fragen der Perspektive, so daß die Patienten über der Freude an ihrer neuen Kunstfertigkeit oft genug ihre Leiden vergaßen Damit hatte Hill zwar sein Ziel erreicht, aber er ging noch weiter, indem er seinen Unterricht durch die visuelle Beeinflussung ergänz’e und in den Krankenzimmern farbige Reproduktionen berühm'er Gemälde aufhäng'e. die jeweils den Wünschen der Patienten entsprechend ausgewechselt wurden.
Rei dieser Auswahl des Wandschmucks machte Hill eine für die Farbentheranie bedeutsame Erfahrung: Während sich Durchschnittskranke
durchweg für T,andschaf‘sdarstellungen_ entschieden, bevorzugten Sriiwerkranke eher in kräftigen Farben gemn!*e Bilder. Eine zweite Feststellung H ; lls lei'et auf ein anderes Anwendungsgebiet der Kunsttherapie über- Die künstlerischen Hemorbrinmingen besonders kranker Patienten wurden stärker vnn der Phantasie als vnn rea’en Vnrb ! 1der n beeinflußt. Mit fortschreitender Genesung ließen sich die Patienten dann jedoch immer weniger von ihrer Phantasie und in wachsendem Maße von den Vorlagen inspirieren. und 'fiele gaben d'“ Kuns'nnsiibung nach (brer Gesundung wieder völlig auf.
Fine ähnliche Beobachtung t e il‘ Margaret Naumburg mR. die s : ch im New Yorker nsvohjatri- schen Rtaatsinstput eingehend mi* der Bedeutung des sonnfeuen künstlo r js"hen Schaffens für D ; a“nnse und Themnie der Gdsteskrarken beschäftigt ha 4 , sie schildert den Fall einer Wüähri- gen schlznnhrenen Rhidentin. hei der alle tiefen- psvehologischen Versuche zur Frgriindung der Ursachen ihrer Erkrankung fehlveschlaven waren Erst als es gelang, sie zur Malerei anzureoen und sie dann freiwillig mit ntas*icrhen Arbeiten begann. ergaben sich Anhaltspunkte für die Diagnose. Eines Taves nämlich formte die Kranke ein Donnelbildnis aus Ton. das auf der einen Saite e'n männliches, auf der anderen ein weibliches Wesen zeigte. Das deutliche Ahhüd der Snaltung in ihrer Seele“, w'e Margaret Naumburg schreibt, denn tatsächlich hatte die Studentin als Kind einer zerrütteten Ehe unter der
Trennung der Eltern gelitten und zudem von frühester Jugend an eine Neigung zum Lesbier- tum gefürchtet. Auch bei ihr verlief nun parallel mit der allmählichen Besserung ihres Zustandes ein Übergang von der Gestaltung aus der Phantasie zur Nachbildung realer Objekte, und als sie endlich eine Rote-Kreuz-Schwester malte, wurde dies als Ausdruck eines Berufswunsches und als Anzeichen baldiger Gesundung gedeutet.
Welche Bedeutung der Kunst als Spiegel der Seele beizumessen ist, beweisen neben diesem amerikanischen Fall auch noch Versuche in Deutschland, England und den USA, aus Kinderzeichnungen die Ursachen für Hemmungserscheinungen und Entwirklungsstörungen herauszulesen. Alle d'ese Beispiele aber deuten die Möglichkeiten nur an. die sich dem Arzt der Zukunft eröffnen könnten sofern er es erst versteh', die Kunst ebenso sicher wie seinen Augenspiegel als diagnostisches Hilfsmittel anzuwenden
Dr Karl Graak
Die Stuttgarter Akademie
als Gast der Münchner Neuen Sammlung
Die Münchner Neue Sammlung hat mit ihren Ausstellungen viel für die Entwicklung der modernen Formen getan. Die Graphische Ab'eilung der S'uttgarter Akademie ist jetzt mit einer umfassenden und sehr instruktiven Ausstellung bei ihr bis anfangs Februar zu Gast. Lehrer und Schüler stellen gemeinsam aus. Dabei wird deutlich. wie systematisch zunächst die Formelemente erarbeitet werden und wie dann erst das Umsetzen. das von der Phantasie getragene Schalten mit ihnen beginnt. Karl Rössing seit 1947 der Lehrer für illustrative und freie Graphik, ist eine so starke künstlerische Persönlichkeit, daß er mit seinen zugleich peinlich genau arbeitenden und visionär entrückenden Holzschnitten und Holzstichen auch unmittelbar in den Blättern mancher Schüler sichtbar wird, doch die meisten von ihnen bleuen überraschend und erfreulich eigenständig. Walter Brudi kommt ln seinen Aquarellen vom malerisch lockeren Impressionismus her. doch als Lehrer für Tvpograohie und Buchgestaltung sieht er sehr auf die klare, 1a strenge, handwerklich stets saubere Formung von Satz, Druck und Einband, auf deren Zusammengehen untereinander und mit der Wirkung des
Papiers. Vor allem das schöne, ausgewogene Satzbild ist offensichtlich ihm und seinen Schülern besonders wichtig. Eugen Funk verwendet mit seiner Klasse alle heu f e möglichen Formmittel für Werbegraphik und Plakate, einschließlich der Photomontage. Die Grundlage ist aber auch hier durch das Üben mit den einfachen Formen wie Rechtecken, Dreiecken und Kreisen streng erarbeitet. Das, was in der sogenannten „freien“ Kunst immer noch umstritten ist, die Formvereinfachung, die Abstraktion, ist hier bereits ganz selbstverständlich und sehr wirkungsvoll angewandt. H. D.
Kulturelle Nachrichten
Die Rektoren der westdeutschen Hochschulen, die in der letzten Woche in Berlin tagten, fordern für die Universitäten und Hochschulen grundsätzlich das Recht, sich ihre Satzungen selbst zu geben und ihre Disziplinarordnungen selbst zu erlassen. Auch das Recht, Berufungsvorschläge zu machen, müsse aus-* schließlich-den Fakultäten Vorbehalten bleiben.
Die Fakultäten der Universität Freiburg haben bereits mit der Veröffentlichung einer Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten zur 500-Jahr- Feier der Universität begonnen, die im Sommer 1957 begangen werden wird. Als erster Band erschien dieser Tage eine Arbeit von P. Säger über ,Die Vertretung der Kirchenge- Sthichle an der Universität Freiburg“ Eine Arbeit des früheren Professors der Anatomie. Dr. E. Th. Mauck. über die Geschichte der Freiburger Anatomie ist bereits im Druck
Eine originelle Besucherwerbung hat die Landesbühne Schleswig-Holstein in Rendsburg eineeführt In einem Schaufenster in einer Hauptgeschäftsstraße Rendsburgs läuft allabendlich ein Film, der einen Querschnitt durch der Snielnlan zeigt und der jeweils bei den Proben für die Aufführungen gedreht wird.
Der Württemberglsche Kunstverein, im Jahre 1827 von einer Handvoll schwäbischer Idealisten gegründet, ist 1952 125 Jahre alt geworden. Von seinen Schicksalen und seinem Wirken seit jenem Oriindungsiahr bis heute erzählt eine kleine Druckschrift „Lebendige Funken", die dieser Tage lm Corso-Verlag in
Cfii+‘rror* P“C c-4-| Ist.