MONTAG, 3. NOVEMBER195 2
FDP bleibt weiterhin selbständig
Parteitag in Sigmaringen wählte Dr. Leuze erneut zum Landesvorsitzenden
SIGMARINGEN (Eig. Bericht). Mit großer Mehrheit hat der Delegiertentag des Landesverbandes Württemberg - Hohenzollern der Freien Demokratischen Partei die Aufhebung seiner organisatorischen Selbständigkeit und damit den Anschluß an den vor zwei Wochen in Stuttgart konstituierten Landesverband Baden-Württemberg abgelehnt. 70 von 92 Delegierten, die 16 Kreise des Landesverbands Württemberg - Hohenzollern — der Kreis Freudenstadt war nicht vertreten — repräsentierten, billigten nach einer äußerst lebhaften Aussprache die von Dr. Leuze vertretene Politik. Mit 75 von 92 Stimmen wurde Dr. Leuze wiederum zum 1. Landesvorsitzenden, Oberbürgermeister Dr. Köhler, Schwenningen, und Frau Witzig, Reutlingen, zu seinen Stellvertretern gewählt.
Das Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstandes und Vorsitzender der hessischen FDP, August Martin Euler, der die Delegierten vor dem Aufgehen im Landesverband Baden-Württemberg gewarnt hatte, erklärte, der organisatorische Zwiespalt im Südwesten sollte nicht mehr lange fortbestehen. Er hoffe, daß der Bundesparteitag in Bad Ems vom 19. bis 22. November eine organisatorische Lösung für die südwestdeutsche FDP finde, die „die Stuttgarter zum fairen Verhalten zwingt“. Euler kritisierte ebenso wie Dr Leuze die kürzlich von Ministerpräsident Dr. Maier vor jungen Unternehmern gehaltene Rede und meinte, diese Rede habe eine politische Situation entwickelt, die keine Zukunft habe. Nach seiner Meinung, sagte Euler, würde die Deutsche Partei (DP) die große Gewinnerin sein, wenn die FDP „das Beispiel der Stuttgarter Koalition auf Bundesebene nachmachen“ würde. Die Aufgabe von Ems müsse sein, diese Gefahr zu beseitigen.
Dem Landesvertretertag war am Samstag eine siebenstiindige Konferenz im Alb-Hotel auf dem Traifelberg vorausgegangen, in der Vizekanzler Blücher und Bundesjustizmi- niser Dr. Dehler versuchten, zwischen Vertretern der Stuttgarter FDP'DVP und dem
Landesverband Württemberg-Hohenzollern der FDP eine Einigung herbeizuführen. Der Versuch scheiterte, wie Dr. Leuze mitteilte, an den bestehenden grundsätzlichen politischen Gegensätzen.
Nach einem eineinhalbstündigen Referat Dr. Leuzes. das sich vornehmlich mit der Entwicklung seit Bildung der Kleinen Koalition in Stuttgart und der Stellung der FDP als „dem Bollwerk der Freiheit gegen den sozialistischen Kollektivismus“ beschäftigte, setzten sich die Delegierten in zum Teil leidenschaftlicher Form mit der Frage der Auflösung des Landesverbandes Württemberg-Hohenzollern auseinander. In der von der großen Mehrheit angenommenen Entschließung faßte der Landesverband seine Hauptaufgaben in folgende vier Punkte zusammen: 1. Bekämpfung des Kommunismus, 2. Schaffung eines starken Gegengewichtes gegen die marxistisch-sozialistischen Bestrebungen der SPD und der Gewerkschaften, um einen gerechten sozialen
Unter Vorbeha't
Erst Gleichberechtigung für Deutsche
HANNOVER. Der Vorsitzende der SPD, Erich Ollenhauer, erklärte am Samstag in Hannover, seine Partei sei bereit, „einem EVG-Vertrag zuzustimmen, wenn das deutsche Volk in einem solchen Vertrag die gleichen Rechte und Pflichten wie alle anderen beteiligten Völker erhält“. In seiner jetzigen Form würde der Vertrag deutsche Menschen unter fremde Verfügungsgewalt bringen. Ollenhauer, der auf einer Wahlkundgebung für die niedersächsischen Kommunalwahlen und die Bundesagsnachwahl in Hannover am 9. November vor rund 3000 Zuhörern sprach, prophezeite „einen überwältigenden Sieg der Sozialdemokraten“ bei der nächsten Bundestagswahl. Zwar sei die deutsche Produktion seit der Währungsreform wesentlich gesteigert worden, das deutsche Volk aber habe seinen Anteil an diesem Anstieg nicht erhalten, sagte Ollenhauer. Hinter Bundeswirtschaftsminister Erhard stünden einige Hundertschaften neuer Millionäre, denen Hunderttausende mit menschenunwürdigem Lebensstandard gegenüberstünden.
Ausgleich und damit den Bestand der Demokratie zu ermöglichen, 3. Zurückgabe des Glaubens an die Jugend, daß Politik nicht eine Sache des mit den Mitteln der Taktik durchzusetzenden Machtwillens ist. und 4. allen Menschen, die in selbstverständlicher Bindung an ihr Deutschtum um eine aufbauende politische Haltung ringen, zur neuen politischen Heimat zu werden.
Der Parteitag erklärt es für unmöglich, sich dem neu gegründeten Landesverband Baden- Württemberg anzuschließen, da die von diesem Landesverband verfolgte Politik diesen von der südwürttembergischen FDP genannten Bestrebungen in „einer für die weitere Entwicklung unserer ganzen Partei gefährlichen Weise beharrlich zuwiderläuft“. Die Leitung des Landesverbandes Baden-Württemberg habe sich der von Südwürttemberg dringend gewünschten grundsätzlichen Klärung völlig versagt.
Die Gründung eines Bezirksverbandes Württemberg-Hohenzollern innerhalb des Landesverbandes Baden-Württemberg wird vom Sigmaringer Parteitag als „im Widerspruch zu § 4 der Satzung der Bundespartei FDP“ und als rechtswidrig und parteischädigend bezeichnet.
Sammlung in seiner Heimatstadt Köln erneut die Ratifizierung des europäischen Verteidigungsvertrages und die europäischen Föderation. Beides dürfe an der Saarfrage nicht scheitern. „Will man das Schicksal Europas in die Hände des Herrn Hoffmann in Saarbrücken legen?“, fragte der Kanzler in Hinblick auf die Forderung der SPD, daß vor einer Ratifizierung der Verträge zunächst die Saarfrage gelöst werden müsse.
Dieckmann mahnt Ehlers
Bundestagsdelegation eingeladen
BERLIN. Das am Freitag von Beauftragten der Sowjetzonen-Volkskammer im Sekretariat des Bundestagspräsidenten in Bonn abgelieferte Schreiben enthält nach einem Bericht des Sowjetzonen-Nachrichtendienstes ADN eine Mahnung von Volkskammerpräsident Johannes Dieckmann an Bundestagspräsident Dr. Hermann Ehlers, möglichst bald zu den ostzonalen Vorschlägen Stellung zu nehmen. Dieckmann verweist darauf, daß seit dem Besuch der Volkskammerdelegation in Bonn schon fast sechs Wochen vergangen seien, ohne daß der Bundestag geantwortet habe.
Mehr Ehrfurcht vor der Schöpfung Kultusminister Schenkel gegen moderne Kunst
REUTLINGEN. Kultusminister Schenkel benützte die Eröffnung einer Kunstausstellung im Reutlinger Spendhaus, um die Situation der modernen Kunst einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Ist die Kunst wirklich ein Bild unserer Zeit? Kultminister Schenkel, dessen Abneigung gegen die moderne Kunst bekannt ist. verneinte diese Frage.
Ratifizierung erneut gefordert
Adenauer vor CDU-Mitgliedern
KÖLN. Bundeskanzler Dr. Adenauer forderte am Sonntag in einer CDU-Wahlver-
In seinem Schreiben schlägt der Volkskammerpräsident vor, der bereits früher von der Volkskammer an den Bundestag gegebenen Einladung entsprechend, am 13. November eine Aussprache zwischen Delegationen des Bundestages und der Volkskammer herbeizuführen.
Kleine Weltdironik
Er wies darauf hin, daß das deutsche Volk nach der letzten Katastrophe eine Zeitlang Tendenzen gezeigt habe, sich in Pessimismus und Nihilismus zu verlieren, sich dann überraschend schnell aber einer Wiedergesundung zugeneigt und die Krise überwunden habe. Die Künstler hingegen, besonders empfindlich für labile Zeiten, hätten den Anschluß an die Normalisierung und Wiedergesundung des öffentlichen und kulturellen Lebens noch nicht gefunden. Als Kultminister müsse er zwar auch dem Heutigen aufgeschlossen sein, doch erfülle ihn die Besichtigung sogenannter modernster Kunst mit größter Niedergeschlagenheit. Er müsse es aussprechen, daß hier ein falscher Weg beschritten werde.
Wenn die heutigen Maler sagen, sie malten bewußt nicht gegenständlich, sondern abstrakt, so halte er dem entgegen, daß ohne Form, Farbe und Inhalt in bewußter Synthese kein Werk zu schaffen sei. Nur Wenigen gelinge es, auch nur Farbe und Licht einzufangen, vom Inhalt ganz zu schweigen. Kunst müsse Ehrfurcht vor der Schöpfung zeigen, wer die Formen der Schöpfung mißachte, habe auch keine Achtung vor dem Schöpfer. Man könne insbesondere den Menschen nicht in Form von Kugel und Walzen darstellen wollen, das sei eine Verspottung der göttlichen Schöpferkraft.
SPD-Fraktion tagte in Reutlingen. Reutlingen. — Die SPD-Fraktion in der Verfassunggebenden Landesversammlung beriet am Samstag in Reutlingen in Anwesenheit der Minister Veit, Renner, Hohlwegler und Schenkel die Tagesordnung der nächsten Sitzung der Verfassunggebenden Landesversammlung, organisatorische Fragen im Staatsaufbau sowie aktuelle Frobleme.
Ukrainischer Widerstandskämpfer zurückgetreten. Frankfurt. — Partisanengeneral Stephan Bandera, der Führer der antirussischen und anti- kommunistischen ukrainischen Nationalistenbewegung, ist von seinem Posten zurückgetreten. Bandera will den Führern der Nationalistenbewegung in der Ukraine selbst die Entscheidung über ihre weiteren Schritte überlassen.
Bundespräsident ruft zur Kriegsgefangenenhilfe auf. Bonn. — Bundespräsident Theodor Heuß weist in einem Aufruf für die „Kriegsgefangenenhilfe der Wohlfahrtsverbände“ darauf hin, daß diese Hilfe nur dann wirkungsvoll fortgesetzt werden könne, wenn „alle, die sich der Betreuung unserer Gefangenen annehmen wollen, dieses gemeinsame Werk unter Verzicht auf Einzelaktionen tatkräftig unterstützen“.
Dr. Brüning wieder in Deutschland. Bremerhaven. — Der frühere Reichskanzler Dr. Heinrich
Brüning traf in der Nacht zum Sonntag wieder in Deutschland ein. Brüning reiste sofort nach Köln weiter, wo er seit dem vergangenen Winter an der Universität einen Lehrstuhl für politische Wissenschaft inne hat, von dem er während des Sommersemesters nach den USA beurlaubt war.
Großfahndung nach Hamburger Kindsmörder. Hamburg. — Mit allen Kräften fahndet die Hamburger Polizei gegenwärtig nach dem Mörder der 7jährigen Renate Böttcher, die am Donnerstagnachmittag erdrosselt in einem -Sack auf einem Kartoffelfeld immittelbar am Stadtrande Hamburgs aufgefunden worden war. Die Bevölkerung wird aufgerufen, nach einem etwa 1,75 Meter großen Mann mitzufahnden, der ein blau angestrichenes Fahrrad mit Gepäckträger mit sich führt.
Jugoslawischer KP-Kongreß eröffnet. Agram.
— Marsch all Tito eröffnete am Sonntag in Agram in seiner Eigenschaft als Generalsekretär der KP Jugoslawiens den 6. Kongreß der Partei.
Boliviens Zinnbergbau verstaatlicht. La Paz.
— Die größten Zinnbergwerke Boliviens, die an der Weltzinnproduktion mit etwa einem Fünftel beteiligt sind, wurden am Freitag verstaatlicht.
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' Neue Störaktion gegen Verträge?
Zwei führende britische Zeitungen, die „Time s“ und der ,M anch e st e r Guardia n“, sahen am Wochenende in dem überraschenden Auftauchen zweier Volkskammerkuriere in der Bundesrepublik Anzeichen dafür, daß der Kreml nunmehr das Sowjetzonenparlament für Störaktionen gegen die Integrationsverträge benützen wolle. Die „Time s“ schreibt:
„Der Zwischenfall scheint eine neue Taktik anzudeuten. Der Kreml hat noch nicht auf die Westmächtenote vom 23. September geantwortet und in einigen Kreisen beginnt man zu zweifeln, ob er überhaupt zum gegenwärtigen Zeitpunkt antworten will. Vielleicht zieht er es vor, die Volkskammer als Instrument seiner Unter- höhlungs- und Verzögerungspolitik zu benutzen.“
Der „Manchester Guardian“ kommt zu dem gleichen Ergebnis:
„Versuche dieser Art könnten Teile eines Plans sein, die Ratifizierung der deutsch-alliierten Verträge durch die Demonstrationen konkreter Gegenaktionen aufzuhalten. Die natürlichen politischen Folgerungen wären nun sowjetzonale Versuche zur Herbeiführung gesamtdeutscher Gespräche. Es sieht heute so aus, als ob etwas derartiges im Gange ist. denn ganz überraschend traf eine zweiköpfige Delegation der Volkskammer in Bonn ein.“
Weiße Stimmzettel
Aufforderung an die Saar-Bevölkerung
hf. BONN. Nachdem der Vorsitzende der oppositionellen SPD an der Saar, Conrad, in einem Interview erklärt hatte, daß die Gegner der Regierung Hoffmann bei den Landtagswahlen an der Saar am 30. November weiße Stimmzettel abgeben sollten, wurde in Bonn von den zuständigen Stellen der FDP und der SPD erklärt, daß die Parteien entsprechende Aufforderungen an die Bevölkerung des Saargebiets richten würden. In Regierungskreisen wird zu dieser Absicht nicht Stellung genommen, sondern lediglich darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung bei der weiteren Behandlung der Saarfrage sich vor allem von dem Willen leiten lassen würde, zu gegebener Zeit die mit Paris geführten Gespräche wieder aufzunehmen.
Verfrühte Meldungen
Bisher 25 000 freiwillige Meldungen
hf. BONN. Nachdem bei der Dienststelle Blank über 25 000 Anfragen oder Bewerbungen hinsichtlich einer Verwendung in den Kaderverbänden künftiger deutscher Kontingente der europäischen Armee eingegangen sind, wurde in Bonn offiziell festgestellt, daß die Dienststelle Blank über diese Bewerbungen nicht entscheiden könne. Zu gegebener Zeit, d. h. nach Errichtung der deutschen Verwaltungsstelle, würde es vielmehr Aufgabe lokaler Instanzen sein, über Verwendung oder Nichtverwendung der einzelnen Freiwilligen zu entscheiden. Diesen lokalen Stellen würden dann auch die Bewerbungen zugestellt werden, die seit geraumer Zeit in Bonn eingehen.
Obstbauern marschieren getrennt
Württembergischer Obstbauring gegründet
SCHORNDORF. In einer sehr bewegten Versammlung der Obstbauern in Weiler bei Schorndorf wurde gestern der „Obstbauring Württemberg“ gegründet. Diese Organisation, so sagen ihre Initiatoren, habe sich als notwendig erwiesen, weil der württembergische Landesobstbauverband sich bisher geweigert hatte, die neuen Pläne hinsichtlich des Oeschbergschnitts und die Zusammenfassung der Erzeuger einerseits und der Verbraucher andererseits zur Behebung der Absatzkrise anzuerkennen. Damit ist der Württ. Landesobstbauverband gespalten worden. Zum Präsidenten des Obstbaurings Württemberg wurde Bürgermeister a. D. H o y 1 e r, Zell, Kreis Göppingen, gewählt.
ROMAN
VON
LARSEN
Copyright by Dr. Paul Herzog, Tübingen durch Verlag v. Graberg & Görg, Wiesbaden
(33. Fortsetzung)
Sie schenkt die Gläser ein, und der Kriminalrat trinkt das seine halb leer, als habe er großen Durst gehabt.
„Ich habe natürlich“, spricht er gleich darauf weiter, „Beobachtungen darüber anstellen lassen, ob jemand aus der Stadt plötzlich verreist, aus jenem Kreis natürlich, der an dem unglückseligen Festabend teilgenommen hat. Bisher ist das nicht geschehen. In einem solchen Falle hätte ich wahrscheinlich eingegriffen. Es wäre vielleicht ein Verdachtsmoment gewesen. Aber nichts hat sich gerührt. Nichts.“
Die Zeit vergeht bei solchen Gesprächen schnell. Es ist dunkel geworden. Dr. Aiwa ist nicht gekommen. Sie hätten ihn von der Veranda aus sehen müssen. Dagegen erscheint Dora Olbrich noch auf eine Stunde, herzlich von Sabine begrüßt und mit einem freudigen Aufflammen in den Augen Hans Burgdorfs, der sie so schnell nicht wieder zu sehen erwartet hat
„Wie geht es Ihrem Herrn Vater?“ fragt der Kriminalrat.
„Danke, nicht gut“, anwortet Dora. „Er kränkelt seit ein paar Tagen. Heute hat er sich sogar ein paar Stunden hingelegt. Sie wissen ja, wie lebhaft er sonst ist. Er ist ein ganz stiller Mann geworden, und er sagt auch nicht, was ihm fehlt.“
„Nun“, der Kriminalrat, der die beiden Töchter des Arztes sehr gern hat, lächelt Dora zu, „er hat ja die beste Pflege zu Hause.“
„Ja“, sagt Dora mit einem kleinen, kaum hörbaren Seufzer, „Inge lebt nur für ihn, während ich .. “
„Nun?“ Der Kriminalrat nickt ihr ermunternd zu, „Sie lassen sich von dem unruhigen Geist noch nicht ganz in Fesseln legen, wie?“
„Oh, er ist eifersüchtig auf uns“, sagt Dora, „am schönsten wäre es, wenn keine von uns auch nur einen Schritt aus dem Hause täte. Aber das geht doch nicht.“
„Nein, das geht wirklich nicht, da haben Sie ganz recht. Schließlich sind Sie jung und vor Ihnen liegt die Zukunft. Das muß er ja wohl auch einsehen.“
„Na, bis jetzt scheint es mir nicht so...“ Doras helles Gesicht ist ganz ernsthaft. Ihr Blick geht zu Hans Burgdorf, der nachdenklich den Kopf gesenkt hat und zuhört.
„Nun, da Sie hier sind, darf man wohl annehmen, daß Sie Energie genug haben, mit dem Herrn Vater auch mal ein Tänzchen zu wagen, wie?“
„Es ist schon manchmal ein richtiger Tanz...“ lacht Dora.
„So wie ich ihn kenne, wird er ja schnell wieder auf den Beinen sein. Er hält die Ruhe nicht lange aus.“ Der Kriminalrat nickt ihr wieder aufmunternd zu.
Draußen auf der Straße sind die Laternen angezündet worden und blinken mit ihrem blassen Schein durch die Bäume des Parkes. Hopfner zieht die Uhr.
„Scheint hoffnungslos, das Warten. Na, dann werden wir uns eben morgen sehr früh noch einmal mit dem Herrn Dr. Aiwa aussprechen. Sie bleiben ja noch einige Zeit hier?“
Hans Burgdorf bejaht, und der Kriminalrat verabschiedet sich jetzt ziemlich schnell und geht.
Am nächsten Morgen ist Dr. Aiwa noch nicht zu Hause. Nachdem diese Tatsache feststeht, zögert Kriminalrat Hopfner, der schon sehr zeitig mit Berndt zusammen in der Villa erschienen ist, keinen Augenblick mehr mit den notwendigen Maßnahmen.
Er zieht Hans Burgdorf hinzu, läßt einen Schlosser holen und kurzerhand die Wohnung Dr. Alwas öffnen. Als sie eintreten, sind sie vielleicht auf irgendeine Ueberraschung gefaßt. Aber sie werden enttäuscht. Die Wohnung ist leer.
Sie ist auch unverändert. Sie sieht so aus wie eine Wohnung, die jemand verläßt, der nach ein paar Stunden wiederzukommen ge
denkt. Auf dem Schreibtisch liegt ein aufgeschlagenes Buch, ein -wissenschaftliches Werk der Chemie.
Die Kriminalbeamten überzeugen sich, daß ln Dr. Alwas Heim offenbar nichts fehlt. Im Schrank hängen zwei Anzüge auf Bügeln, ein Sommermantel, die Wäsche liegt in den Fächern. Auf dem Schrank steht unberührt ein großer Reisekoffer. Mehr hat der Kriminalrat auch bei seinen bisherigen Besuchen nicht gesehen.
„Der Mann ist nicht abgereist“, sagt er und kann seine Aufregung nicht ganz verbergen.
„Es sieht nicht so aus.“ Hans Burgdorf ist gerade dabei, die Schubladen des Nachttisches neben dem Bett aufzuziehen.
Endlich ist die Schublade auf. Es ist nicht viel darin. Ein kleiner, mit Samt ausgeschlagener Halter für eine Taschenuhr, eine Schachtel mit Kragenknöpfen, ein kleines ledernes Notizbuch, in das der Chemiker offenbar noch Formeln geschrieben hat, wenn er schon im Bett lag und vielleicht nicht ein- schlafen konnte und...
„Sehen Sie mal, Herr Kriminalrat“, ruft Hans Burgdorf überrascht, „da haben Sie Ihren Knopf!“
Es sind in der Tat die Perlmutt-Manschettenknöpfe. An dem einen ist die kleine Perlmuttscheibe aus der Fassung gefallen. Hopfner, der den wertvollen Fund, in Seidenpapier eingeschlagen, in der Brieftasche trägt, zieht ihn hervor: die gefundene Perlmuttscheibe paßt in den Knopf.
" “ * «'»»vwa civiauiii | sagt tli
ner mit deutlicher Genugtuung, „daß die Doktor Aiwa im Arbeitszimmer Bares Va war. Für mich besteht kein Zweifel rr daran, daß er den Schreibtisch erbrochen um den Schuldschein zu entwenden. Wai das nicht glückte, können wir nur vermu Wahrscheinlich wurde er durch die He kehrenden oder durch Frau Schallek, die eine Stunde früher kam als Dr. Burgdorf Sabine Pertus, gestört.“
„Daß er auch den Mord begangen hat, w damit naheliegend.“
„Allerdings."
Sie suchen noch weiter in der kleinen Wohnung, ohne etwas von Bedeutung zu finden. Schließlich gibt es beim besten Willen nichts mehr, was noch einer Prüfung wert wäre, und Hopfner sagt etwas atemlos:
„Jetzt ist die Frage: Wo ist der Mann?“
Aber darauf weiß niemand eine Antwort. Dr. Aiwa ist verschwunden.
Kriminalrat Hopfner ist entschlossen, keine Minute mehr zu versäumen. Er ärgert sich darüber, daß er nicht schon am vergangenen Abend zu den gleichen Feststellungen gekommen ist. Dann wären zwölf Stunden gewonnen gewesen. Er verabschiedet sich schnell von Hans Burgdorf, um vom Amt aus sofort den Steckbrief gegen Dr. Aiwa zu erlassen.
„Sie machen ein so zweiflerisches Gesicht ...?“
„Ich habe das Gefühl, daß der Mann nicht abgereist ist...“
„Ja, wo ist er denn? Mit Gefühlen kommen wir ja doch nicht weiter. Ich glaube, wir haben in dieser Sache schon viel zuviel auf Gefühle Rücksicht genommen. Bei mir ist es jetzt damit aus!“
Eine Stunde später ist der Steckbrief gegen den Chemiker Dr. Aiwa unterwegs. „Er wird gesucht wegen Mordes ...“
Und nun beginnen die Ereignisse sich fast zu überstürzen.
Am nächsten Morgen sitzt Dr. Olbrich mit seinen beiden Töchtern am Frühstückstisch Er hat die Nacht ruhig geschlafen und fühlt sich bedeutend besser. Inge, die es sich angewöhnt hat, ganz für ihren Vater zu leben, sieht wohlgefällig, daß er mit Appetit ißt. Er läßt Sich sogar Zeit zum Essen und ist viel ruhiger als sonst. Inge freut sich, wie ausgeschlafen, ausgeruht er aussieht. Es war in der letzten Zeit einfach zuviel der Aufregung und Anstrengung.
Dora sitzt etwas unruhig auf ihrem Platz. Sie hat versprochen, früh bei Sabine zu sein, und sie gesteht sich selbst ihre Hoffnung, Hans Burgdorf noch im Hause anzutreffen. Gegen sich selbst wenigstens soll man ehrlich sein, danach hat sie immer gehandelt. Was nützte es auch, es abzuleugnen, daß sie sich auf Hans Burgdorf freut? (Forts, folgt)
Tragen Sie „die gute HAUX-Klei'duna" I Gemeint Ist natürlich Kleidung aus dem Fachgeschäft
3 a * Bekleidung u. Ausstattung m Reutlingen. Wilhelmstr. 54-«»