HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND

CALWER ZEITUNG

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MITTWOCH, 10. SEPTEMBER 1952

ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG

8. JAHRGANG / NR. 169

Adenauer und Schuman verhandeln heute über die Saar

Unter Zeitdruck / Wenig Hoffnung auf eine Lösung

LUXEMBURG. Der Ministerrat der Montan­union bat gestern beschlossen, den Vormittag des heutigen Tages für die abschließende Aus­sprache des Bundeskanzlers mit dem franzö­sischen Außenminister Robert Schuman über die Saarfrage freizuhalten. Der Kanzler und Schuman haben daher ihre ursprünglich für gestern geplante Unterredung über die Zu­kunft der Saar auf heute verschoben.

In einer unter Zeitdruck stehenden Sitzung erledigten die Außenminister der sechs Schu- manplanstaateij in der Luxemburger Abge­ordnetenkammer eine Reihe von Verfahrens­fragen mit dem Ziel, die Konferenz noch am Abend zu beenden. Auch die heutigen Saar­gespräche Adenauers und Schumans werden unter dem gleichen Zeitdruck stehen, da die Minister an der ^ür heute abend angesetzten Eröffnungssitzung der Versammlung der Ver­sammlung der Montanunion in Straßburg teil­nehmen werden.

Weder in deutschen noch in französischen Konferenzkreisen setzte man große Hoffnun­gen darauf, daß die Saarverhandlungen über die praktisch ergebnislosen Pariser Vorver­handlungen Schumans und Hallsteins hinausführen würden.

Die Außenminister haben gestern den Luxem­burger C a 1 m e s zum Chef des Sekretariats

des Ministerrates ernannt und einen Rechts­ausschuß mit der Ausarbeitung der Geschäfts­ordnung des Ministerrates beauftragt.

Der vom Vorsitzenden der Hohen Behörde, Jean Monn et, eingereichte Personalhaushalt stieß dabei auf die scharfe Kritik des belgi­schen Außenministers Paul van Zeeland, der die Höhe der Gehälter der Mitglieder der Hohen Behörde beanstandete. Nach Monnets Plan erhält der Vorsitzende ein Jahresgehalt von 63 000 DM, daneben eine Aufwandsent­schädigung von 25 Prozent und einen Woh­nungsgeldzuschuß von 15 Prozent sowie fixe Spesen. Die übrigen Gehälter bewegen sich in entsprechenden Dimensionen.

Über das Ergebnis der Erörterung des von dem italienischen Ministerpräsidenten de Gasperi vorgelegten französisch-italie­nischen Planes zur Errichtung einerpoliti­schen Behörde -1 analog der Montanunion ist noch nichts bekannt. Dpa will wissen, daß an der Spitze der politischen Behörde eineuro­päischer Außenminister stehen soll, der die gleiche Stellung haben wird wie der Präsi­dent der Hohen Behörde der Montanunion und der Verteidigungskommissar in der Euro­päischen Verteidigungsgemeinschaft. Offen sei noch die Frage, ob auch einpolitisches Parla­ment geschaffen wird.

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Auf der am Sonntag in Hannover beginnendenZweiten europäischen Werkzeugmaschinen-Aus­stellung werden in den acht großen Hallen des Messegeländes alle bekannten Firmen der west­europäischen Werkzeugmaschinen-Industrie vertreten sein. Dem Eingang zur Halle VI, dem Europahaus, wurde nach dem MottoAlle im gleichen Boot die Form eines Bootes mit einer darin befindlichen Erdkugel gegeben. Foto: AP

Bemerkungen zum Tage

OHenhauer wendet sich an Adenauer Polnische Hohe Behörde?

Einmütige Haltung in der Frage der Wiedervereinigung vorgeschlagen Drahtbericht unserer Bonner Redaktion

BONN. Nachdem der Bundeskanzler einen Brief des verstorbenen SPD-Vorsitzenden Dr. Kurt Schumacher zur Frage der deutschen Wiedervereinigung nicht beantwortet hatte, hat sich jetzt der geschäftsführende Vor­sitzende der SPD, Erich OHenhauer, in einem neuen Schreiben an den Bundeskanzler gewandt und eine Aussprache über diese Frage vorgeschlagen.

OHenhauer ersucht den Bundeskanzler, einen Termin zu nennen und weist darauf hin, daß es nach Auffassung seiner Partei notwendig sei,das politische Gesicht der ganzen Nation zur positiven Einwirkung auf die Entschlüsse der Besatzungsmächte zu bringen.

OHenhauer fragt weiter, was der Bundes­kanzler bei den Besatzungsmächten unternom­

men habe, um den einstimmigen Beschluß des. Bundestags vom 10. Juli auszuführen, in dem die Regierung aufgefordert war, bei den Be­satzungsmächten auf baldige Einberufung einer Viererkonferenz zu drängen.

Wörtlich schreibt OHenhauer:So wenig er­mutigend das bisherige Verhalten der Regie­rung in dieser Frage für eine Fortsetzung der Bemühungen um die Herbeiführung eines die­sem Anlaß angemessenen Verhältnisses von Regierung und parlamentarischer Opposition sein mag, so sehr dränge die poUtische Lage doch zu einem neuen Versuch. Das sej der Grund, warum sich die SPD erneut bemühe, mit der Bundesregierung zu einer gemein­samen Haltung zu kommen. Das Ausland wür­de diese Einmütigkeit respektieren müssen.

Auflösung der ägyptischen Parteien

Regierung Naguib beschließt Bodenreform und Parteiengesetz

KAIRO. Die Regierung General N a g u i b s hat gestern nach neuneinhalbstüddiger Nacht- sitznng Gesetze über die Bodenreform und die Auflösung (Reorganisation" genannt) aller Parteien Ägyptens verabschiedet. Weni­ge Stunden nach der denkwürdigen Kabinetts­sitzung hat der Vorsitzende der Wafd-Partei, Expremier Mustafa N a h a s, General Naguib und der ägyptischen Armee die uneinge­schränkte Unterstützung seiner Partei zuge­sichert.

Das Gesetz über die Neuordnung des Par­teiwesens entzieht allen Personen die politi­schen Rechte, die wegen Amtsmißbrauch, Kor­ruption, passiver Bestechung durch ausländi­sche Interessengruppen und anderer Verbre­chen rechtskräftig verurteilt worden sind. Die

Neunzig Menschen ertrunken

Donandampfer im Sturm gekentert

bestehenden Parteien Ägyptens müssen gemäß besonderer Verfügung reorganisiert und neu genehmigt werden. Das bedeutet praktisch die Auflösung der bisherigen Parteien.

Die Aufteilung allen Landbesitzes über 80 Hektar, zusammen etwa 300 000 Hektar, bin­nen 5 Jahren zugunsten der Fellachen sieht das beschlossene Bodenreformgesetz vor. Von ihm werden 2150 Großgrundbesitzer der obe­ren Schichten betroffen. Jährlich soll ein Fünf­tel desungesetzlichen Landbesitzes enteig­net und in Parzellen von nicht mehr als 2 Hektar den Fellachen zugeteilt werden. Die bisherigen Eigentümer werden durch Renten entschädigt.

hr. In Luxemburg tagen heute vormittag noch heute nachmittag sind sie bereits in Straßburg die sechs Außenminister derje­nigen westeuropäischen Staaten, die ihre Grundindustrien, das sind Kohleund Stahl, zu eirtem einzigen Markt vergemeinschaften wollen. Der Bundeskanzler hat in seiner Er­öffnungsansprache vomBeginn einer neuen Epoche für Europa gesprochen. Gleichzeitig hören wir schon von einem Plane des ItaHe- ners de Gasperi, der aber eigentlich ein fran­zösischer Plan ist, auch eine Politische Hohe Behörde für die sechs Staaten der Montan­union zu schaffen. Man hat den Eindruck, daß Europa, zu dem sich die europäischen Völker in einem Jahrtausend nicht bequemen konnten, nun über Nacht aus dem Boden ge­stampft werden soll... wenigstens auf dem Pa­pier, wenigstens in der Konstruktion von in­ternationalen Institutionen und supranationa­len Behörden welch schwierige Begriffe! Es soll, so sagt man, in Zukunft keine Diskrimi­nierung, auf gut deutsch: keine Benachteili­gung irgendeines Partners mehr geben. Wieso besteht aber dann Frankreich auf seinen wirt­schaftlichen Vorrechten an der Saar? Viel­leicht sind die Pläne, die die Außenminister besprechen, so hochfliegend, daß der kleine Zank um diesen Landstreifen gegenstandslos erscheint. Aber eben diese Gegenstandslosig­keit hat man uns damals bei der Unterzeich­nung des Schumanplans schon versprochen. Sollte man picht erst die weitere Entwicklung der Montanunion abwarten, ehe durch die nächste Gründung der prüfende Blick für die tatsächlichen Gegebenheiten getrübt wird. Tat­sache ist, daß Schuman von seinem Parla­ment offenbar keine Vollmachten hat, Deutsch­land in der Saarfrage entgegenzukommen. Nun, der Kanzler hat in diesem Falle Zeit. Es wird ihm in seinem Lande niemand verden­ken, wenn er bis zu einer Regelung, die wenigstens die demokratischen Freiheiten an der Saar sichert, in dem ehrenvollen Wettlauf

FDP gegen Persönlichkeitswahl

.^Erschreckender Mangel anPersönlichkeiten 1 Parteitag in Bad Ems

BELGRAD. Neunzig Menschen sind am Dienstag in einem Donaudampfer nms Leben gekommen, der während einer Fahrt von Bel­grad nach Zemun in einem Sturm gekentert ist. Nur dreißig Passagieren gelang es, sich durch einen Sprung von Bord des sinkenden Schiffes zu retten.

30 cm hoher Schnee

Alpenpässe nur mit Schneeketten passierbar

MÜNCHEN. Die ungewöhnliche Kaltluftpe­riode über Westeuropa hat in den Alpen in den letzten Tagen zu ausgedehnten Schneefäl- len geführt. In einigen Pässen der Ostschweiz «egt der Schnee teilweise 30 cm hoch, so daß die Kraftfahrer die Pässe nur mit Schneeket­ten passieren können. Auch in den Dolomiten «e] der erste Schnee. Bayern verzeichnet seit Freitag die stärkste Regenperiode der letzten Monate. Auf der Zugspitze sind in diesen Ta­gen 35 cm Schnee niedergegangen. Der unun­terbrochene Regen im Alpenvorland hat der Fremdenverkehrssaison in vielen Orten schlag- a riig ein Ende bereitet. Die Frostgrenze lag am Dienstagmorgen bei 1400 m Höhe.

MAINZ. Die Einführung des Persönlichkeits- Wahlrechts in der Bundesrepublik hat der Bundesvorstand der Freien Demokratischen Partei bei einer kürzlichen Sitzung in Unkel am Rhein abgelehnt, geht aus dem FDP- Pressedienst von Rheinland-Pfalz hervor.

Allein das Mißbehagen, das sich auslöst, wenn man an die Nachfolge Adenauers denkt, zeigt zur Genüge, daß gerade die Partei, die ihre Abgeordneten nahezu ausschließlich auf dem Wege über die Persönlichkeitswahl in den Bundestag brachte, einen erschreckenden Man­gel an überragenden Persönlichkeiten auf­weist, heißt es in der Stellungnahme wörtHch.

Die FDP bekenne sich zu dem Grundgesetz derStimmengerechtigkeit. Es dürfe nicht sein, daß der Sinn des Stimmzettels durch ein rigoroses System und eine klug vermessene Wahlkreisgeographie aufgehoben werde. Der deutsche Wähler sei daran gewöhnt, daß eine Partei soviele Mandate erhalte, wie es ihr Anteil an den gültigen Stimmen rechtfer­tige.

Wie die rheinlandpfälzische Landesleitung mitteilt, wird der diesjährige ordentliche Bun­desparteitag der FDP vom 19. bis 22. Novem­

ber in Bad Ems stattfinden. Ferner sei ge­plant, einen außerordentlichen Parteitag Ende März nächsten Jahres folgen zu lassen, mit dem der Wahlfeldzug der FDP für die Bun­destagswahlen eingeleitet werden soll.

Bestenfallsunverbindlich

FDP zur Volkskammerdelegation

hf. BONN. Von zuständiger Seite der FDP wird betont, daß keineswegs die Absicht be­stehe,die Frage eines Gesprächs mit den sowjetzonalen Sendboten der Volkskammer etwa nach den rigorosen Grundsätzen rituel­ler Reinlichkeitsgesetze zu behandeln und Tür und Tor vor ihnen zu verschließen Es könn­te aber, so wird von dieser Seite betont, nie- -mals offizielle Verhandlungen mit den Vertre­tern eines in seinem Ursprung und seiner Staatsmoral so fragwürdigen Gebildes, wie das Pankower Regime sei, geben. Bestenfalls dürften sichunverbindliche Gespräche ent­wickeln, die umso fruchtbarer werden könn­ten, je mehr sie privaten Charakter tragen und sich der Gefahr einer propagandistischen Auswertung entzögen.

der europäischen Minister um die Gründung von Hohen Behörden und Zentralkommissa­riaten etwas kürzer tritt.

Gemeinsamer Standpunkt

hf. Ollenhauers Brief an den Bundeskanzler. hat wieder einmal die Frage nach einer ge­meinsamen Haltung von Regierung und Oppo­sition hinsichtlich der deutschen Wiederver­einigung in den Vordergrund gestellt. Lange Zeit war diese Gemeinsamkeit gegeben und noch im Juli hat der Bundestag mit Ausnahme der Kommunisten einstimmig den Beschluß gefaßt, die Bundesregierung zu ersuchen, bei den Besatzungsmächten auf die Einberufung einer Viererkonferenz hinzuwirken. Formal scheint die Bundesregierung keine Schritte zur Ausführung dieses Palamentsbeschlusses unternommen zu haben. Im Gegensatz zu maßgeblichen Stimmen in seiner eigenen Par­tei scheint der Bundeskanzler dazu zu neigen, auch die Frage der Wiedervereingung nur im Zusammenhang mit der von ihm geführten Außenpolitik zu sehen, über die es zwischen Regierung und Opposition keine Einigung gibt. Soweit die Wiedervereinigung jedoch als Ziel­setzung genannt wird, sind sich Regierung und Opposition einig und erst in der Methode zur Erreichung dieses Ziels gehen die Wege aus­einander. Es ist aber kein Grund vorhanden, von der Gemeinsamkeit der Zielsetzung nicht zu einer Gemeinsamkeit des Standpunktes zu kommen, die das deutsche Gewicht in dieser Frage vermehren würde. Es wäre gut, wenn der Bundeskanzler die sozialdemokratischen Vorschläge für eine Erörterung dieser Zusam­menhänge annnimmt und damit noch beste­hende Zweifel darüber beseitigt, ob die Regie­rung weniger entschlossen oder weniger kon­sequent als die Opposition die Wiedervereini­gung anstrebt.

London: Größte Beachtung

Mossadeq bittet Schacht am Rat

LONDON. Die Persienreise Dr. Schachts, der am Montagabend mit seiner Gattin nach Teheran abgeflogen ist, findet in London größte Beachtung. Sie erregt umso stärkeres Aufsehen, als die Reise des früheren deutschen Reichsbankpräsidenten mit dem Höhepunkt der Zerreißprobe in den britisch-amerikani­schen Beziehungen mit Persien zusammen- fällt. Dem Zeitpunkt der Reise wird daher weit größere Bedeutung beigemessen als der Tatsache selbst. Die Schlagzeile vonDaily Expreß:Mossadeq bittet Schacht um Rat.

Nach einer Meldung der amerikanischen ZeitungDenver Post stehen die in Teheran zwischen zwei Ölfachleuten aus Denver und der iranischen Regierung geführten Verhand­lungen über die Lieferung von mehreren Mil­lionen Faß öl an die amerikanische Cities- Service-Oelgesellschaft kurz vor dem Abschluß. Die Amerikaner, so heißt es in dieser Quelle, wollten den Tankerraum stellen.

Luftschlacht hält an

Hohe Jagdflugzeugverluste der Roten

SEOUL. Am sechsten Tag der nur nachts unterbochenen Luftschlacht über Korea haben amerikanische Flugzeuge weitere kommuni­stische Maschinen abgeschossen. Die Gesamt­flugzeugverluste der Kommunisten im Sep­tember belaufen sich nach Mitteilung der 5. amerikanischen Luftflotte bisher auf 29 zer­störte und 27 beschädigte Düsenjäger.