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SODWESTDEUTSCHE CHRONIK
Ohne Nachteile
Barbara Pleyer kann weiterstudieren
Tübingen (Eig. Bericht). Der Studentin Barbara Pleyer, dem „Friedensengel von Helsinki“ wurde am Mittwochvormittag im Verlaufe eines Gesprächs vom Rektor der Universität Tübingen, Prof. Dr. Bü n n i n g, versichert, daß die Universität keine Veranlassung habe, Ihr die Friedensaktion in Helsinki nachzutragen. Barbara Pleyer könnte also im kommenden Semester sich an der Universität Tübingen immatrikulieren lassen, um ihr rechtswissenschaftliches Studium abzuschließen. Als Berufsziel schwebt ihr die diplomatische Laufbahn vor.
Wenn man der sympathischen jungen Dame mit den offenen Gesichtszügen und der klaren, etwas selbstbewußten Ausdrucksweise im Gespräch gegenüber sitzt, wird einem klar, daß dieses Mädchen, das ohne Auftrag handelt, von Ihren Ideen besessen ist und davon auch nicht sogleich lassen wird. Daß sie ihre Proklamationen nicht verlesen konnte, betrübt sie zwar, aber sie tröstet sich damit, daß sie, auch ohne zu Wort gekommen zu sein, von der Welt gehört worden ist. Das beweisen nicht zuletzt die vielen hundert Briefe, die seit zwei Tagen sowohl ln Tübingen als auch ln Cannstatt ein- gehen und in denen hoch und niedrig sie zu ihrer mutigen Tat beglückwünschen. Wie populär sie über Nacht geworden ist, das sagte uns
Efnzelhandelsverband für Gesamtwürttemberg
Sitz der Hauptgeschäftsstelle ist Stuttgart / 13 000 Mitglieder werden betreut
gw. .Freudenstadt. Etwa 70 Delegierte aus Die Vereinigung der Verbände ist im Zusam- Nord- und Südwürttemberg gründeten am Mitt- menhang mit der Errichtung des Landes Baden- woeh in Freudenstadt den „Einzelhandels- Württemberg erfolgt, aber auch aus Gründen der verband Württemberg und Hohen- Arbeitsvereinfachung. Inwieweit sich das alte zollern". Damit hat der bisherige Einzel- Land Baden'diesem Verband anschließt, bleibt handelsverband Südwürttemberg mit Sitz in abzuwarten. Die Zahl der organisierten Mitglie- Reutlingen seinen Geschäftsbereich auf Gesamt- der des neuen Verbandes beträgt rund 13 000.
Ichäfte^e S ist a ^t u d t 6 t h g a r fui Iteu t ffnsTn ♦ ^Versammlung überbrachteRegierungsdirek- konnte 'sidT selbst aus”"dem~ OmihbV bäretem
bleibt zur Betreuung der Mitelieder ln Süd- r “J m Baden-WürttemberrundYetor öter” Ge- ?ä^ V gebra*t. Zehn^konnten ’SänSm
Schaftsabteilung Handel die Grüße der Staatsre- Verbänden sofort wieder entlassen werden. Die
Omnibus umgestürzt — 16 Verletzte
Tcttnang. Sechszchn Personen wurden verletzt, als am Dienstagnachmittag ein Omnibus, der eine 29köpfige Reisegesellschaft aus Westberlin nach Überlingen bringen sollte, auf der Straße zwischen Tettnang und Langenargen eine zwei Meter tiefe Böschung hinunterfuhr und amstürzte.
Das Unglück geschah, als der Omnibus auf sehr schmalen Straße einem Lastwagen auswei- chen mußte. Ein großer Teil der Reisenden
bleibt zur Betreuung der Mitglieder ln Südwürttemberg eine Landesgeschäftsstelle.
Bei der Tagung ist ferner mit den bisherigen Fachverbänden in Nordwürttemberg, die in einer Landesarbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen waren, eine Vereinigung vollzogen worden, so daß die Mitglieder dieser Verbände jetzt eine Doppelmitgliedschaft im Landesverband des Gesamteinzelhandels und ihrem zuständigen Fachverband besitzen.
gierung und des Ministeriums.
Umsiedler kommen
andern sechs hatten sich Prellungen und Gesichtsverletzungen zugezogen. Lebensgefahr besteht in keinem Fall.
Unglücklicherweise trug sich beim Abtransport der Kranken ein zweiter Unfall zu. Ein Sanitätswagen geriet beim Überholen eines Mo-
Tübingen. Am heutigen Donnerstagmorgen treffen aus dem Lager Hof-Moschendorf
ln Nordbayem 480 Umsiedler (120 Familien) ln torrades ebenfalls über die Straßenböschung, so Als & Verbandsvorsitzender ^würde einstimmig Südwürttemberg ein. Von Ulm aus wird der daß «ine bei dem Omnibusunglück verletzte Frau Kaufmann Friedrich Stock Freudenstadt ge- Transport aufgeteilt nach den Bahnhöfen Reut- sidl noch eins Gehirnerschütterung zuzog.
wählt. Mit der Hauptgeschäftsstelle des Verbands Jlngen, Hechingen, Freudenstadt, Wildberg (Kreis -
in Stuttgart wurde der bisherige Geschäftsfüh- Schießstelle entfernt befindliche 58 Jahre alte
rer von Südwürttemberg, Rum e y beauftragt m 1 t? Frau aus Obertalheim wurde von einem heraus-
d * n _ d ? 3 EÄ 5 geschleuderten Holzstück am Kopf so schwer ge-
Elnzelhandels: Franz, Biberach; Graf, Ra- Siedlerfamilien sind Wohnungen vorbereitet, auch vensburg; Moosbacher, Rottweil; Klein, warten auf einen Teil bereits feste Arbeitsstel- die Anschrift eines Briefes aus Dover (Eng- Tübingen; Haas, Sigmaringen; Stiefe 1, Heil- len. Die Umsiedler stammen zum größten Teil - ~ ~™- -- bronn; Klef er le, Stuttgart; Lamm, Schwä- aus den Balkanländem und haben Im Lager Hofbisch Gmünd; Buschle, Stuttgart, und Lei- Moschendorf eine Wartezeit von drei bis fünf
troffen, daß sie am folgenden Tag im Krankenhaus verstarb.
land): „Miß Barbara Rotraut Pleyer, Western Germany (Westdeutschland).“ Der Brief wurde **“* am Mittwoch in Tübingen übergeben.
n e n, Stuttgart.
Aus Baden
300 Bombenopfer beigesetzt nibussen der Besatzungsmacht und der Straß-
Pforzheim. Auf demPforzheimer Hauptfriedhof
wurden am Montag in einer Feierstunde die Ge- Frankreich fort, wo sie einen anderthalbmona-
beine von 300 Menschen beigesetzt, die bei dem Luftangriff auf Pforzheim am 23. Februar 1945 im öffentlichen Luftschutzkeller am Marktplatz ums Leben gekommen waren. Zu den Beisetzungsfeierlichkeiten waren neben vielen Pforzhei- nwm auch Angehörige aus Karlsruhe, Lörrach, Emmendingen, Calw und Nagold gekommen.
Tödlich abgestürzt
tigen Ferienaufenthalt bei französischen Familien oder in Ferienheimen verbringen werden.
Die Aktion geht von der „Gesellschaft für übernationale Zusammenarbeit“ in Offenburg aus, die bereits im vergangenen Jahr 350 deutschen Kindern einen Ferienaufenthalt im Ausland ermöglicht hat. In diesem Jahr handelt es sich durchweg um Kinder im Alter von sechs bis 16 Jahren, die mit ihren Eltern in Flüchtlings-
15jähriger Oberschüler tat den Königsschuß
Ravensburg. Schon fünf Minuten nach Beginn des traditionellen Adler-Schießens beim Ravensburger „R u t e n f e 81“ fiel in diesem der Königsschuß. Ein 15jähriger Schüler aus Weingarten, der die Ravensburger Oberschule besucht, schoß dem Adler den Reichsapfel aus der Klaue. Er gewann , damit die Königsfahne, eine kleine Nachbildung des Reichsapfels in Gold, Horb. Beim Ausschießen von Stockholz Im Wald einen goldenen Siegelring, einen Photoapparat, bei Obertalheim, Kreis Horb, ereignete sich eine von der Stadt Ravensburg gestiftete Armein schwerer Unfall. Eine rund 300 m von der brust und zahlreiche andere Ehrengaben.
Jahren verbracht.
Aus Schleswig-Holstein trifft in diesen Tagen ein Transport mit 190 Umsiedlern (45 Familien) und aus Niedersachsen ein solcher mit 195 Personen (49 Familien) ein.
Ein unglücklicher Zufall
Aus Nordwürttemberg
Mit dem Messer gegen den Wirt
in Brand, das noch nicht abgemäht war. Durch . . . . „ den starken Wind wurden die Flammen rasch
1 . _ _ ., . T . , , _t Stuttgart. In Stuttgarter Innenstadt wurde weitersetrasen so daß in kürzester Zeit ein
Oppenau. Ein 17jähriger Junge aus Frank- gSSL’lÄ Weizengebiet Von 30 Ar abgebrannt war. In
f urt-Höchst ist am Montag bei den Aller- wird von deutschen und französischen amtlichen un^aufgefordert die Kasse herauszugeben Der ^ ler £ au ™ ten Bauern die Garben von
heiligen-Wasserfallen bet Oppenau imRench- stellen sowie durch Privatspenden finanziert. Wirt mdelhandererGart der^hm zu Hilfe d S, anftoßendenFeldem so daß das Feuer tai tödlich verunglückt. Er gehörte dem evan- "'irt juncl^ ein ^üerer^^jast.^aer schließlich eingedämmt werden konnte.
gelischen Kirchenchor von Frankfurt-Höchst an, der mit Jugendlichen einen Ausflug zu den Was-
„Der Bodensee in Wort und Bild”
kam wurden leicht verletzt. Dem Räuber gelang
es 80 DM aus der Kasse zu stehlen und ln ein Auch in d€r Nähe von Markdorf im Kreis Eerfäilen'untemähm.'dbwohfeln'Äufseher streng 1 Dberlineen. In Überlingen entrde übeedasWo- Nadtbarhaus zu Biehen. Dort wurde er j^odr Ftamuwi^uT^Fa^tkarbliterti ^
Getreide vernichtet worden waren. In beiden Fällen ist die Brandursache unbekannt.
Quer durch den Sport
Über 7000 Wettkämpfer
len zu verlassen, stieg der 17jährige auf einen staltete Ausstellung „Der Bcdensee in Wort und fallkommando festgenommen, etwa 30 m hohen Felsen und stürzte tödlich ab. Bild“ eröffnet. Die Schau gibt einen Überblick
über das Bodenseeschrifttum und die Werke von Vier Hektar Wald abgebrannt Bodenseemalern. Zum ersten Male wird in der
Ausstellung auch das handschriftliche Testament
Billige Universal-Tretstrahler Stattgart. Nur 20 bis 30 Pfennig für ein Paar
Bühl. Vier Hektar Wald wurden am Montag der westfölischen Dichter^ Leuchtknöpfe braucht jetzt der Fahrradbesitzer
j_vuu._ _o.-iui aer westianscnen uicnterm Anneue von urosie- mr wi».
in der Nähe von Schiftung bei Bühl durch «ülshoff eezeiet einen Brand vernichtet. Erst nach vielen Stun- 8 8 ‘
Heidelbeeren im Südschwarzwald erfroren
aufzuwenden, um der Polizeiverordnung zur Wiedereinführung der Tretstrahler für Fahrräder zu genügen. Angeregt durch diese Verordnung, konstruierte ein schleswig-holsteinischer Kaufmann
Schwäbisches Landestumfest ln Schwenningen Nach Abschluß der Meldungen für das Landes-
den gelang es den Feuerwehren der umliegenden Gemeinden, den Brand einzudämmen. Der _ IT ... . , ..... , _ - —- -~- --- . „ alJ1 Ausau uu ucl i»cmuii E eu iu. u„ Dwut»-
Wald gehört der Gemeinde Stollhofen, die Freiburg. In de: t onenlagen des ^ süducheii einen Universaltretstrahler, für den Ihm das turnfest der Schwäbischen Turner in Schwenningen, bereits durch Abtretung von Gelände für den Schwarzwalds sind, mit Ausnahme einiger frost- deutsche Patentamt am Montag den Gebrauchs- vom i. bis 3. August beträgt die Teilnehmerzahl an Flugplatz rund 100 ha Wald verloren hat. geschützter, sonniger Südhänge, die Heidelbeeren musterschutz erteilte. Der pfennigroße Leucht- Wettkämpfen allein über 7000. Das bedeutet, daß
■ . in den kalten Tagen nach den „Eisheiligen“ er- knöpf soll sich auf jedes Pedal montieren lassen. ü , a ® di( r dähr j£ e Landestiirnfest alle bisherigen
Schwere Schaden an den Kehler Kirchen froren Es ist eine völlige Mißernte an Heidel- gleichartigen Tumertreffen im schwäbischen Raum
. . hcprpn 711 erwarten Während ln andern Tahren .......... „ an Wettkämpfen übertrifft Des weiteren stellen die
Kehl. Bei Reparaturarbeiten an der evange- zu erwarten wahrend in andern Janren Weizenfelder fangen Eener gemeldeten 420 Vereine an die 300 Riegen zum Ver-
lischen Friedenskirche und der katholischen Tausende von Beerensammlern aus dem südli , nemarVima der Oe- einswetturnen. Diese hohe Teilnehmerzahl macht
Stadtkirche in Kehl sind schwere bisher noch c * led Baden in die Beerengebiete strömten, sind Vaihingen-Enz. Auf der Gemarkung der Ge- e j ne stärkere Belegung der Wettkampfplätze, im
nicht hekann*e «Schäden festsestellt worden Bei m dlesem Jahr nur einige wenige Sammler an- meinde Schmie im Kreis Vaihingen-Enz ge- besonderen in den leichtathletischen bzw. volkstüm-
manchen GebLdSn Sstfht EinXzgefahr! Neffen. riet währetid der Erntearbeiten ein Weizenfeld liehen, Mehrkämpfen, nötig. So müssen .außerhalb
Die Instandsetzung der katholischen Kirche wird rund 165 000 DM erfordern. Bei der evangelischen Friedenskirche hatten sich schon vor dem Krieg Gebäuderisse gezeigt. Sie rühren daher, daß die Pfähle, mit denen die Kirche des sumpfigen Untergrunds wegen abgestützt war, eingesunken sind.
Flüchtlingskinder auf Urlaub in Frankreich Kehl. 900 Flüchtlingskinder trafen am Mon-
Kurze Umschau im Lande
In den Straßengräben gefahren sind bei Aach, Kreis Freudenstadt, zwei junge Männer aus Freiburg mit ihrem Motorrad. Der eine wurde getötet, der andere schwer verletzt.
, ... , _ „ . „, Zum diesjährigen „Jägertag 1952“ am 27/28.
tagmorgen mit einem Sonderzug aus K i e I auf September in Freudenstadt werden 1200 Teil- dem Bahnhof in Kehl ein Sie setzten mit Om- ne hmer aus dem ganzen Land erwartet.
■ " —— zu einer Messerstecherei kam es zwischen zwei
Ausländern in einem staatlichen Wohnheim in Stuttgart. Der eine der beiden Messerhelden wurde erheblich verletzt.
Von einem Pkw angefahren und tödlich verletzt wurde am Montag eine 52jährige Frau bei Neuenbürg, Kreis Calw.
Innerhalb von zwanzig Minuten brannte in Schrezheimbei Ellwangen in der Nacht zum Mittwoch ein Bauerngehöft samt Erntevorräten
Wie wird das Wetter?
Aussichten bis Freitagabend: Am Donnerstag meist wolkig, jedoch nur einzelne Gewitter wahrscheinlich. Tagestemne^a/'”-'"! nicht wesentlich über 25 Grad ansteigend. Schwache nördliche bis nordwestliche Winde. Nächtliche Tiefsttempera- turen zum Teil unter 10 Grad. Am Freitag wieder freundlich und etwas wärmer.
dem Hauptkampffeld allein SO Weitsprungbahnen, 25 Schl euderbaU fei der, 25 Hochsprungbahnen, 30 Felder für Kugelstoßen, und für den 100-m-Lauf 24 Bahnen bereitgestellt werden. Während die volkstümlichen Mehrkämpfer in 136 Riegen der Aktiven ■ 1 1 und in 57 Riegen aus den Altersklassen antreten,
, , , _ „ , , benötigen die Gerätetumer zur Abwicklung ihrer
und Mobiliar nieder. Nur das Großvieh konnte Wettkämpfe in 241 Riegen je 9 Satz Geräte (Rede, gerettet werden. Der Schaden beträgt 80 000 DM. Barren, Pferd-quer, Pferd-lang, Ringgerüste usw.). Die Brandursache ist noch nicht bekannt. — Bei
Buggensegel im Kreis UbeTlingen brannte Kurz berichtet
am Sonntagnachmittag das Wirtschaftsgebäude
des großen Wehhauserhofes bis auf den Grund Für dea »Großen Preis von Deutsch- nipH^r Tiar n??r/4 auf oftfl hm I ä n (J ( o6r stti 3« August 3us§ßr3hr6ii wird» nsben
nieder. Der Schaden wird aut JO 000 DM geschätzt. di(j Dalmler . B enz-Werke vorsorglich sieben 300-SL-
Dreißig französische Gewerkschaftsvertreter aus Wagen gemeldet, davon vier in der Klasse bis drei Beziers in Südfrankreich besuchten am Montag Liter und drei in der Klasse über drei Liter.
«Das internationale Schachturnier in Salso- maggiore (Italien) endete am Dienstag mit einem Sieg des württembergischen Schachmeisters Theo Scnuster, Stuttgart.
In der Klasse 1500 ccm gewann der italienische Porsche - Fahrer Deila Fafera beim Bergrennen auf das 2200 m hohe Sellajoch, dem zweiten Lauf zur italienischen Bergmeisterschaft, den ersten Preis.
die Stadt Offenburg.
Zum Generalmusikdirektor der Stadt Mannheim und Chefdirigenten des Nationaltheaters wurde Professor Herbert Albert berufen.
Das neue Uracher Freibad wurde am Sonntag seiner Bestimmung übergeben.
Beim Baden ertranken ist ein 16jähriger Lehrling aus Ludwigsburg am Montagabend.
Englische Ferien
Eine Sommergeschichte von Malcolm Lowry
Herr Laruelle, der zu Languion in der Mosellandschaft geboren war, dessen Vater aber, ein reicher Philatelist und Sonderling, nach Paris gezogen war, verbrachte als Knabe mit seinen Eltern gewöhnlich die Sommerferien in der Normandie. In einem heißen Sommer war die Familie des berühmten englischen Dichters Abraham Taskerson hierhergekommen und Mutter Tasker- son hatte für den französischen Knaben eine Vorliebe: der Höhepunkt war, daß Jacques aufgefordert wurde, den September mit den Tasker- sons in England zu verbringen. Und so war Herr Laruelle nach Leasowe gekommen.
Die TaskersonS wohnten in einem behaglichen Hause; der Garten hinter dem Hause grenzte an einen schönen, welligen Golfplatz, der auf seiner Längsseite bis an die See reichte. Es sah aus wie die See; tatsächlich war es die sieben Meilen lange Mündung eines Flusses: Wellenkämme im Westen zeigten an, wo die wirkliche See begann. Die Berge von Wales, hager und schwarz und wolkig zuweilen mit Schnee bedeckt, lagen jenseits des Flusses. Die Woche über, wenn sie spielen durften, war der Platz leer: gelber, schäbiger Seemohn flatterte im niedrigen Seegras. Am Ufer standen die Reste eines vorsintflutlichen Waldes und weiter aufwärts ein alter, dicker, verlassener Leuchtturm. In der Bucht lag eine Insel mit einer Windmühle darauf wie eine seltsame, schwarze Blume, wohin man bei Ebbe auf einem Esel.reiten konnte. Der Rauch der Frachter, die von Liverpool in See gingen, hing tief unten am Horizont. Es war ein Gefühl von Raum und Leere. Das größte Vergnügen war es, mit Geoffrey in die Stadt zu gehen, die noch voll war von lachenden, hübschen Mädchen, und durch die sonnigen, krummen Straßen zu laufen oder bei einer der komischen Kasperlaufführungen am Strand zuzusehen. Doch das Schönste war. wenn sie auf dem Marine-Lake in einer geborgten Zwölffuß-Jacht segePen, die von Geoffrey mit kundiger Hand geführt wurde. Denn Geoffrey und er waren viel sich selbst überlassen. Von ihm und den Taskerons hatte Jaques die otielische Kunst des „picking uo girls“ gelernt. Damit zogen Jacques und er singend die Promenade entlang. Es gehörte zum Ritus, „Hoi“ zu
schreien und einem Mädchen nachzulaufen, dessen Bewunderung hervorgerufen zu haben man sich einbildete, wenn es sich zufällig umschaute. War das tatsächlich der Fall und war die Sonne schon untergegangen, dann führte man sie zum Golfplatz spazieren, der voll von hübschen „Sitzgelegenheiten“ war, wie die Taskerons sich ausdrückten. Diese waren in den Hauptbunkern oder Gulleys zwischen den Dünen. Die Bunker waren gewöhnlich voll Sand, aber sie waren windgeschützt und tief,'^keiner aber war tiefer als der „Höllenbunker“. Der Höllenbunker war eine gefürchtete Stelle, ziemlich nahe beim Taskeron- schen Hause in der Mitte der langen, abschüssigen achten Bahn. In gewissem Sinne verteidigte er das „Grün“, wenn auch auf große Entfernung, da er viel tiefer und etwas links davon lag. Oft hatten sie festgestellt, daß der Höllenbunker eine hübsche Stelle wäre, um ein Mädchen dorthin zu führen, doch es war natürlich klar, daß, wohin man immer eines führte, nichts Ernsthaftes passierte. Im allgemeinen war die ganze Geschichte des „pteking up“ eine harmlose Sache. Nach einer Weile gewöhnte sich Jacques daran, Mädchen auf der Promenade aufzulesen, mit ihnen zum Golfplatz zu spaziereru sich dort zu trennen und sich später wieder zu treffen.
Einmal war er zufällig mit seinem Mädchen, das ihn langweilte, über die achte Bahn zu der Straße nach Leasowe gegangen, als sie plötzlich Stimmen aus dem Höllenbunker hörten. Dann enthüllte der Mondschein die komische Szene, von der weder er noch das Mädchen die Augen abwenden konnten. Laruelle wäre schnell weitergegangen, aber weder er noch sie — die überhaupt keine Ahnung hatten von der seelischen Erregung, die zu dem gehörte, was im Hölien- bunker geschah, konnten das Lachen verbeißen. Geoffrey und ein anderes Mädchen küßten sich heiß und innig. Dann hatten sie beide, Geoffrey und er die starken Männer gespielt. Sie gingen zusammen in eine Kneipe mit dem seltsamen Namen „Die Lage hat sich geändert“. Mit lauter Stimme bestellten sie für jeden einen „Johnny Walker“, aber der Kellner rief den Besitzer herbei und weigerte sich, sie zu bedienen, und sie wurden als Minderjährige vor die Tür gesetzt. Ach. aus irgendeinem Grunde sollte ihre Freundschaft diese beiden traurigen, wenn auch wohl vorbestimmten, kleinen Enttäuschungen nicht
überleben. Die Ferien endeten mit Verstimmung und Äquinoktialstürmen. Es war ein trübseliger, melancholischer Abschied in Liverpool und eine traurige, melancholische Fahrt nach Dover und dann heimwärts, einsam wie ein Zwiebelverkäufer auf dem schaukelnden Kanalboot nach Calais.
Aus dem Amerikanischen von Clemens ten Holder für die deutsche Ausgabe des Romans „Unter dem Vulkan“, Ernst Klett Verlag, Stuttgart.
Kulturelle Nachrichten
Einen ausführlichen Plan zu einem Internationalen Quellenlexikon der Musik veröffentlicht die Gesellschaft für Musikforschung als Sonderdruck der Zeitschrift „Die Musikforschung“. Dieser Generalplan, der sowohl die wissenschaftlichen als auch die technischen und finanziellen Notwendigkeiten berücksichtigt, wurde von der Gemischten Kommission der Internationalen Gesellschaft für Musikwissenschaft und der Internationalen Vereinigung der Musikbibliotheken auf ihrer Pariser Tagung im Januar aufgestellt und dient dem Zweck, einen möglichst großen Kreis von Fachkollegen. Musikwissenschaftlern, Musikbibliothekaren, von Behörden und wissenschaftlichen Institutionen sowie sonstigen Interessenten mit dem auf weite Sicht geplanten Unternehmen bekannt zu machen.
Der Verlag Herder in Freiburg will noch in diesem Jahr mit der Auslieferung einer Neuausgabe des „Großen Herder“ beginnen. Der erste der insgesamt zehn Bände soll noch vor Weihnachten erscheinen. Neun Bände dieses umfassenden Lexikons umfassen das Alphabet von A bis Z, der 10. Band trägt den Titel „Die Weit des Menschen“ und soll über das gesamte Bildungsgut unserer Zeit berichten
Die „Bayreuther Festspiele 195 2“ wurden am Mitiwochnachmittag eröffnet. Mit „Tristan und Isolde“ begannen die Festspiele, die 27 Tage dauern werden.
Der Dirigent Wilhelm Furtwängler, der sich schon seit einiger Zeit in Berchtesgaden in ärztlicher Behandlung befindet, ist mit allen Anzeichen einer schweren Grippe erkrankt. Von der Salzburger Festspielleitung wurde am Mittwoch mitgeteilt, daß Furtwängler die Eröffnungsvorstellung der Salzburger Festspiele daher nicht leiten könne.
Picasso „bekennt“
Der 'spanische Maler Pablo Picasso soll nach einer Meldung aus Paris „bekannt“ haben, er sei nur ein „Unterhalter der Öffentlichkeit“ und kein Künstler. Die Kunstkritiker hätten alle die „Seltsamkeiten, die mir durch den Kopf gingen“, bewundert. „Je weniger sie diese verstanden, desto mehr bewunderten sie mich. Mit all diesen Scherzen, Nichtigkeiten und Bilderrätseln amüsierte ich mich und wurde berühmt, doch wenn ich mit mir allein bin, habe ich nicht den Mut, mich als Künstler im alten und großen Sinne des Wortes zu betrachten.“ Zugleich mit diesen Bemerkungen, die einem neuen Buch von Giovanni Papini entnommen sein sollen, stellt Picasso fest, er sei „nur ein öffentlicher Unterhalter, der seine Zeit erkannt und die Dummheit, Hohlheit und Habgier seiner Zeitgenossen nach besten Kräften ausgenutzt hat“.
Für den Bücherfreund Babylon und sein Ausgräber
Walter Andrae, Babylon (Die versunkene Weltstadt und ihre Ausgräber Robert Kolde- wey), Verlag W. de Gruyter, Berlin 1952, 252 S., DM 18.40.
Wer Cerams „Götter, Gräber und Gelehrte“ gelesen hat, der greife nun auch zu diesem Buch und vertiefe sich in die Geschichte der deutschen Ausgräber, die unter Leitung von Robert Kolde- wey ln den Jahren von 1898 bis 1917 das versunkene Babylon im mesopotamischen Zweistromland wieder erstehen ließen. Andrae. der begabteste Schüler Koldeweys vielleicht, weiß in ebenso spannender wie wissenschaftlich profunder Art vom Leben des großen Architekten und Archäologen zu berichten, der 25 Jahre seines Lebens opferte, aus der Wüstenei der einstigen Weltstadt das Bild ihrer Tempel, Paläste, Stadtmauern, Tore und Wohnviertel Wiederaufleben zu lassen. Briefstellen und die Wiedergabe von Erlebnissen einzelner Mitarbeiter dieser großen Kampagne, deren materielle Ergebnisse einst das Berliner Museum barg, verlebendigen die Persönlichkeit Koldeweys, dessen Leben deutlich macht, daß objektive Gültigkeit allein das Werk besitzt. wn.