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STADT UND LAND

HEIMATBLATT FÜR

CALWER TAGBLATT

ÜBEBPABTEILICHE TAGESZEITUNG

SAMSTAG, 31. MAI 1952

8. JAHRGANG / NR. 84

Landtag in Bebenhausen beendet seine Tätigkeit

Rechenschaftsbericht des Präsidenten / Dr. Müller: Abschied fällt schwer

BEBENHAUSEN (Eig. Bericht). Gestern nach­mittag beendete der Landtag von Württem­berg-Hohenzollern in einer feierlichen Schluß­sitzung der 119. seine Tätigkeit. Im blumengeschmückten Sitzungssaal des Schlos­ses Bebenhausen gab Landtagspräsident G e n g 1 e r, dem am selben Tage vom Bun­despräsidenten das Bundesverdienstkreuz (Steckkreuz) verliehen worden war, einen letzten Tätigkeitsbericht, dankte Staatspräsi­dent Dr. Gebhard Müller im Namen der Regierung für die gute Zusammenarbeit von Regiei.g nnd Parlament, gedachten Sprecher der CDU, SPD und FDP nochmals der in den letzten Jahren geleisteten Arbeit. Damit ist, wie Staatspräsident Dr. Gebhard Müller es ausdrückte,die letzte Instanz des bisher staatlich selbständigen Landes aufgelüst und Württemberg-Hohenzollern endgültig in das neue Bundesland Baden-Württemberg einge­gangen.

Landtagspräsident Gen gl er begrüßte ein­gangs die Gäste, darunter die Vertreter der Kir­chen, Domkapitular Hufnagel und Prälat Dr. Schiatter, sowie den Rektor der Univer­sität Tübingen, Prof. Dr Bünning, und zahlreiche Gäste, die als Vertreter der Ver­waltung, der Landwirtschaft, des Handwerks, des Handels, der Industrie, der Arbeiter und Angestellten an der Schlußsitzung teilnahmen. Nach nochmaligem Hinweis auf das am 15. Mai 1952 von der Verfassunggebenden Lan­desversammlung in Stuttgart verabschiedete Uberleitungsgesetz, das die Aufhebung der

Landtage und Regierungen der alten Länder festlegte, ging der Landtagspräsident näher auf die bisherige Tätigkeit des Landtags ein, der am 3. Juni 1947 zu seiner ersten Sitzung zusammengetreten war. Damals habe man sich, auf jeglichen Komfort verzichtend, hier in Bebenhausen zu gemeinsamer Arbeit zu­sammengefunden. Unser Landtag sei wohl der sparsamste gewesen. Die gesamten Kosten des Parlaments hätten sich bei der Einwoh­nerzahl von 1.2 Millionen auf 22 Pfennige im Jahr pro Kopf der Bevölkerung belaufen.

Wir waren kein Parlament eines großen Staates Die Sorgen und Nöte der Nach­kriegszeit hätten aber gleich schwer auch auf Württemberg - Hohenzollern gelastet: Indu­strie, Handel und Handwerk waren am Erlie­gen, hinzu kam die Sorge um das tägliche Brot und die schwere Belastung durch De­montagen.

Die geleistete Aufbauarbeit werde auch deutlich, wenn man sich vor Augen halte, daß der Landtag in 118 Vollsitzungen außer den Staatshaushaltsplänen 235 Gesetze, darunter 26 Initiativgesetze, beraten und in 489 Aus­schußsitzungen vorbereitet habe. In 106 Gro­ßen und 58 Kleinen Anfragen ist von der Staatsregierung Auskunft verlangt und gege­ben worden. Insgesamt h'abe das Plenum zu 357 Anträgen Stellung genommen und 513 Ein­gaben und Beschwerden von Staatsbürgern geprüft.

Als wichtigste verabschiedete Gesetze nannte

Fortsetzung auf Seite 2

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Der Präsident der Verfassunggebenden Landesversammlung von Baden-Württemberg, Dr. Nein­haus, vereidigte am Donnerstag die Mitglieder der vorläufigen Regierung. Unser Bild: Dr. Nein­haus (rechts) beglückwünscht Ministerpräsident Dr. Reinhold Maier. Weiter von rechts nach links: Wirtschaftsminister Dr. Hermann Veit, Innenminister Fritz Ulrich, Justizminister Vik­tor Renner und Kultminister Dr. Gotthilf Schenkel Foto dpa

Pfingsten 1952

Von Ernst M it t le>

Ratifizierungsgesetze vorgelegt

Entwürfe an gesetzgebende Körperschaften /Ein entscheidender Schritt

BONN. Die Bundesregierung hat gestern den gesetzgebenden Körperschaften die Ge­setzentwürfe zur Ratifizierung des Deutsch­landvertrags und seiner Zusatzverträge vor­gelegt. Der Entwurf zur Ratifizierung des Vertrags über die Europäische Verteidigung wird dem Bundestag und dem Bundesrat vor­aussichtlich in der kommenden Woche zu­gehen.

In der Begründung zu dem Vertragswerk, das als erstes dem Bundesrat zugeleitet wurde, erklärt die Bundesregierung, sie erblicke in diesen Verträgeneinen entscheidenden Schritt auf dem Wege zu Deutschlands Einheit in Freiheit und zu den Vereinigten Staaten von Europa. Wer diese Ziele bejaht, wird auch den Verträgen seine Zustimmung nicht ver­sagen können.

Der erste Gesetzentwurf, der den Deutsch­landvertrag und seine Zusatzverträge umfaßt, ist nicht an die Zustimmung des Bundesrats gebunden, sondern wird dem Bundesrat nur zur Stellungnahme zugeleitet. Der andere Ge­setzentwurf betrifft ein Zusatzabkommen zum Truppenvertrag, das die steuerliche Behand­lung der Verteidigungstruppen im Hinblick auf Ländersteuern regelt. Dieses Gesetz be­darf der Zustimmung des Bundesrats. Ein Re­gierungssprecher erklärte, die Bundesregie­

rung rechne damit, daß die Verträge noch vor Beginn der Sommerferien am 20. Juli ratifi­ziert werden

In der dem Parlament zugeleiteten Begrün­dung erklärt die Bundesregierung, der Deutsch­landvertrag seivölkerrechtlich ein vorläufi­ger Ersatz für einen Friedensvertrag. Dieser Notbehelf stamme nicht aus demunzurei­chenden Willen der Vertragspartner, sondern aus der durch die sowjetische Politik entstan­denen Zwangslage. Nur durch diese Zwangs­lage sind auch die Souveränitätsvorbehalte der Westmächte im Deutschlandvertrag not­wendig geworden. Ohne die Sowjets gäbe es keine gesamtdeutsche Frage, kein isoliertes Berlin, keine Verteidigungstruppen der West­mächte auf deutschem Boden.

Bundeskanzler Dr. Adenauer hatte zu­vor das Kabinett eingehend über seine Ver­handlungen im Zusammenhang mit dem Deutschlandvertrag in Bonn und über die Er­eignisse in Paris bei der Unterzeichnung des EVG-Vertrages unterrichtet. Nach der Be­richterstattung Dr. Adenauers und einer Aus­sprache billigte die Bundesregierung die Ra­tifizierungsgesetze.

Auf den ersten Blick scheint es kaum grö­ßere Gegensätze zu geben als die Nervosität, die Hilf- und Entscheidungslosigkeit der Men­schen von heute, ihr Auseinander- und Gegen­einanderleben und jene Pflngstszene, von der Lukas in der Apostelgeschichte berichtet, daß sie alle einmütig beieinander waren. Was dort nach 50 Tagen des Todes Jesu in Jerusalem geschah (Pfingsten ist eine Zeitbestimmung wie.Ostern), ist in seiner Art so einfach und wunderbar wie das Geschehen von heute ver­worren und undeutbar.

Doch der moderne Mensch hat sich ange­wöhnt, dem Verworrenen dadurch zu entflie­hen, daß er sich nach Trost und Ruhe in der schweigsamen Natur umschaut. Er macht das Fest zu einem frohen und erholsamen Wan­dertag in Gottes schön erblühende Schöpfung. Doch wie arm wären wir, wenn sich der Sinn von Pfingsten in einemlieblichen Feste er­schöpfen würde. Und nicht nur arm wären wir, sondern hätten uns selbst getäuscht. Noch steht über den Sonnentagen im christlichen Raum jener Himmel, von dem Gottes Geist als Sturmwind, Atem, Braus und Flamme hernie­derrauscht.

Und dieser Himmel ist kein fernes Jenseits, sondern der göttliche Horizont des irdischen Lebens. Er wölbt sich so heute wie ehedem, und immer ereignet sich Pfingsten, wenn es die Zeit ist. Immer schenkt Gott ohn all un­ser Verdienst und gegen den Geist, den wir von Natur aus haben, den Schöpfergeist, den Heiligen Geist. Unausdenklich ist seine Gnade und ohne Grund wie die reine Liebe. Da le­sen wir in dem Schwabenvater ötinger, daß Sein Geist wie eine Bruthenne über allem schwebt, allen Menschen das Herz bildet (was

Sdmman über Deutsch and

Nicht alle Kontrollen beseitigt

PARIS. Der französische Außenminister Ro­bert Sc h u m a n hat der französischen Öffent­lichkeit gestern versichert, daß die in Bonn Unterzeichneten Abkommen nicht alle Kon­trollen über den ehemaligen Gegner beseitigt hätten.Deutschland wird besetzt bleiben, nicht weil es damit einverstanden ist, sondern weil es unser Recht ist, das wir durch die Un­terzeichnung der Verträge nicht verlieren, tagte Schuman auf einer Pressekonferenz. Dieses Recht behielten sich die Westmächte nicht nur vor, um die öffentliche Meinung zu­friedenzustellen, sondern auch aus juristischen Gründen.Wir wären nicht berechtigt, die Be- satzungsfrage ohne die Sowjetunion zu er­örtern. Deutschland muß das verstehen.

Edenplan in Straßburg gebilligt

Zustimmung zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft / Erler contra Spaak

STRASSBURG. Die Beratende Versamm­lung des Europarats hat gestern mit überwäl­tigender Mehrheit den sogenannten Edenplan zur Angliederung der Europaarmee und der Montanunion an den Europarat gebilligt. Die Versammlung forderte damit die Zusammen­legung aller neuen europäischen Organisatio­nen und des Europarats ln einer einzigen Hauptstadt, Straßburg. Gegen diese Be­stimmung hatten nur zwei Belgier protestiert und vorgeschlagen, daß Lüttich zum Sitz der Europaarmee und der Montanunion bestimmt werde.

Die Beratende Versammlung stimmte auch dem Plan einer Europäischen Verteidigungs­gemeinschaft, allerdings unter Vorbehalten, zu. Der wichtigste Vorbehalt ist der, daß die Ver­sammlung den französischen Wunsch nach ei­ner anglo-amerikanischen Sicherheitsgarantie

RnnH«*eistoriao> ofe vprahcsrhiprlot gegen ein Ausbrechen der Bundesrepublik er- Bunaes]agage eg veiaosaiieaei füllt sehen ^JJ Die Zustimmung erfolgte in

Arbeitssitzung des Bundestags der Hauptsache mit den Stimmen der christ-

BONN. Das Bundes Jagdgesetz ist vom Bun- liehen und freien Demokraten sowie der son

ist es Liebe zu Deutschland, ist es Friedens­liebe? Die Antwort ist klar und eindeutig: Rußland will die Einheit Europas verhindern." Nach Ablauf einer gewissen Zeit, fuhr Spaak fort, würde Deutschland in das russische La­ger hinübergezogen werden.

Der deutsche Delegierte Fritz Erler (SPD) sagte zu den Ausführungen Spaaks, der so­wjetische Preis für die Abhaltung freier Wah­len in Deutschland brauche nicht unbedingt zu hoch zu sein. Erler forderte die Aufnahme von Viermächte-Verhandlungen und die Aus­schöpfung aller Möglichkeiten zur Befreiung der 18 Millionen Sowjetzonenbewohner. Er versicherte, daß eine friedliche Wiedervereini­gung Deutschlands nur mit Zustimmung der Sowjets erfolgen könne.

destag in dritter Lesung am Donnerstag ver­abschiedet worden. Das Gesetz sieht u. a. vor, daß das Jagdrecht dem Eigentümer auf seinem Grund und Boden zusteht. Bei Verpachtung des Jagdrechtes muß die Pachtdauer minde­stens neun Jahre betragen. Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischerei- Wirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben. Innerhalb dieser Grenzen soll die Abschußregelung bewirken, daß ein gesunder Wildbestand erhalten bleibt.

Außerdem verabschiedete der Bundestag ein Gesetz über die Wiederzulassung von Wirt­schaftsprüfern für die Genossenschaften.

stigen französischen und italienischen Ver­treter. Die acht Neinstimmen stammten von den sechs deutschen Sozialdemokraten, einem belgischen Sozialisten und einem dänischen Liberalen. Zahlreiche Delegierte enthielten sich der Stimme.

Der belgische Sozialistenführer, Paul Henry Spaak, erklärte am Donnerstag zu den so­wjetischen Vorschlägen für ein wiederverein­tes, wiederbewaffnetes und neutrales Deutsch­land vor der Beratenden Versammlung, der Westen könne bestenfalls einenfalschen Frie­den undfalsche Sicherheit einhandeln, wenn er auf diese Vorschläge eingehe.Was ist das einzige Ziel dieser Vorschläge, fragte Spaak,

Duclos unter schwerer Anklage

PARIS. Derzweite Kommunist Frank­reichs", Jacques D u c 1 o s, wurde noch am Donnerstagabend in das große Gefängnis von Fresnes bei Paris eingeliefert, nachdem er kurz vorher eines Anschlags auf die innere Si­cherheit des Staates angeklagt worden war. Die vom Strafgesetzbuch vorgesehene Strafe für das Delikt, das man Duclos zur Last legt, kann bis zu lebenslänglich Haft gehen.

Im Parlament hat die kommunistische Frak­tion überraschenderweise darauf verzichtet, die Freigabe ihres Parteiführers zu fordern, was als Beweis für die Unschlüssigkeit der Parteileitung über die zu ergreifenden Maß­nahmen gewertet wird. Der kommunistisch geführte CGT-Gewerkschaftsverband hat seine Mitglieder zu Streiks und Protestkundgebun­gen aufgerufen.

mehr ist als der Verstand und das Zentrum des Lebens), in der tiefen Unbegreiflichkeit aller Stäublein formiert alles, was zur Ewig­keit gelangen soll. Seht, das ist das Wunder von damals und doch kein Wunder im äußer­lich-sinnlichen Wortverstand, weil wir heute, sofern wir nur offen sind, dasselbe empfan­gen können, was damafe auf die Erwählten ausgegossen wurde.

Daß es vor dem heiligen Boten Gottes keine Sprach- und Völkergrenzen mehr gibt dies bedeutet nämlich das sogenanntephilologi­sche Wunder, daß alle in ihrer Volkssprache verstanden, was die Stimme aus der Flamme tönte, sondern nur die Einmütigkeit aller, die dieGroßheiten Gottes priesen und er­fuhren. Mit feinstem Gefühl für das Entschei­dende läßt der Erzähler den Ort und die Zahl unbestimmt! Im Hause sind sie versammelt, und was könnte dieses Haus auch anders sein als der Ort der Verkündigung, die Kirche des Herrn. Die Kirche ist die Voraussetzung für das Wirken des Gottesgeistes. Viele wissen das heute nicht mehr. Sie meinen, der Geist wehe, wo er wolle, überall in der Welt sei er das alleinig Vernünftige und Bindende. Er weht aber nur für die, denen er seit Uranfang verheißen wurde. Die anderen, denen die Ver­heißung nichts bedeutet, antworten mit dem Einwurf, den schon der Erzähler kannte, sie sagen spöttisch zu den Begeisteten, sie seien am frühen Morgen schon voll süßen Weins.

Es sind die Kinder der Welt, die Weltgläu­bigen, denen der himmlische Horizont ver­schlossen ist. Die Einmütigkeit, für die wir an Pfingsten bitten, kann die Welt nicht ge­ben, die Politik nicht und die Heimat nicht, auch nicht die gemeinsame Geschichte und Sprache der Völker, sie ist das grundlose Ge­schenk des Herrn der Kirche an die Gemeinde, die über und mitten unter den Völkern von der Verheißung lebt und vom Geiste, ohne den sie tot wären. Darum feiern wir heute unend­lich viel mehr als die Neugeburt der Natur mit all ihren spendenden Hoffnungen und schönen Gefühlen. Das rechte Pfingsten bedeutet Ge­burtstag der Gemeinde oder mit Luther die Berufung zum Evangelium, das uns mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben heiligt und erhält. Wo sich dann die die Hände rei­chen, die in seinem Namen versammelt sind und in seinem Namen dieWetter Gottes" über ihren Häuptern rollen hören, herrscht der pfingstliche Friede, über die kommt, um mit Hölderlin zu reden,allemeuemde Klar­heit und sie werden bestehen in allen Ent­scheidungen, die ihnen die Welt zumutet. Dank und Lob erfüllt ihre Seelen.

Kominandowerhsel

Eisenhower durch Ridgway abgelöst

PARIS. General Matthew B. R1 d g w a y hat gestern das Oberkommando Ober die At­lantikpaktstreitkräfte von General Elsen- _hower fibernommen, um diesem freie Hand für den Kampf um die Präsidentschaftskandi­datur zu geben.

Im Rahmen einer kurzen Feier auf dem weiten Rasenplatz vor dem Nato-Hauptquar- tier unweit Paris ging die von Eisenhower l 1 /» Jahre getragene Aufgabe, aus Truppen von 14 Nationen eine schlagkräftige Streit­macht gegen kommunistische Aggressionen zu machen, an den ehemaligen obersten alliierten Truppenführer im Koreakrieg über. Beide Ge­neräle sprachen zu den etwa 400 Stabsoffizie­ren und ihren Frauen, die sich unter den Fah­nen der Westmächte versammelt hatten, über die Arbeit hinter und das Ziel vor ihnen. Da­bei warnte General Eisenhower die Völker Westeuropas, daß sie sichviel enger zusam­menschließen müßten,oder unsere Schwie­rigkeiten können nicht überwunden werden".