Wir diskutieren den deutschen Wehrbeitraa

Ist die Aufrüstung nötig?

Von Fritz E r 1 e r, M. d. B.

Wir leben im kalten Krieg. Er darf nicht verloren, aber auch nicht zum heißen Krieg werden. Die Waffen der kommunistischen Aggression im kalten Krieg sind die kommu­nistischen Parteien, die soziale Zersetzung in weiten Gebieten des Erdballes, der Hunger und die Furcht. Ihre Bekämpfung ist offen­sichtlich kein militärisches Problem. Wer es militärisch sieht, hat sich mit der Unvermeid­barkeit des Krieges abgefunden. Die Sozial­demokratie tut dies nicht.

Während übermäßige Aufrüstung Sicherheit geben soll, gehen Kontinente verloren. Indien, Südostasien, der Nahe Osten sind Alarmzei­chen. Die russischen Kommunisten vertrauen darauf, daß das Übermaß der Rüstung das soziale und politische Fundament des Westens zerfrißt, so daß ihnen die Herrschaft über Mil­lionen von Menschen zufällt, ohne daß ein einziger russischer Soldat kämpfen muß.

Das mangelnde Verständnis für die sozialen Fragen ist am deutschen Finanzbeitrag zu er­kennen. Die eigentliche Hilfe für Berlin ist nicht als Verteidigungsbeitrag anerkannt, die Last der Bundesrepublik zur Versorgung der Kriegsopfer nicht berücksichtigt, sondern nur die Versorgung der früheren Berufssoldaten. Als ob moderne Kriege nur von Berufssol­daten geführt werden..

Aeheson kündigt zum Frühjahr Waffenruhe ln Korea an. Die Westaußenminister wünschen eine Einigung über Österreich. Die Russen sind zur Mitarbeit in der Abrüstungskommission der UN bereit Die UN-Kommission für ge­samtdeutsche Wahlen hat ihre Tätigkeit auf­genommen. In dieser Lage dürfen die Hoff­nungen auf eine Einigung der Weltmächte über die Wiederherstellung der deutschen Ein­heit in Freiheit nicht gefährdet werden. Die Bewaffnung der Bundesrepublik würde den Spalt durch Deutschland vertiefen und die internationalen Spannungen verschärfen. Außerdem würde sie die mit der Sowjetherr­schaft unzufriedenen Ostvölker an die Seite der Russen pressen. Aus unzuverlässigen Sa­tellitenarmeen würden zuverläsige russische Hilfstruppen.

Jetzt ist die Zeit für ein Gespräch der Welt­mächte über eine Regelung der schwierigsten Probleme. Der Westen ist stark genug und keiner russischen Erpressung ausgeliefert. Die Militärs wollen natürlich immer noch mehr Stärke. Wenn man nur auf sie hört, nimmt das Wettrüsten nie ein Ende.

In seinem Streben nach deutschen Soldaten ist der Westen inkonsequent. Immer noch sol­len die Deutschen gleichzeitig Feinde und Alliierte sein. Die französische Furcht vor den Deutschen ist genau so groß wie die vor den Russen. Deutschland bleibt weit von echter Gleichberechtigung entfernt. Die deutsche Saar bleibt unter Fremdherrschaft, Deutschland darf als einziges Land der Europaarmee nicht

dem Atlantikpakt angehören, bleibt bestimm­ten Produktionsbeschränkungen unterworfen, unterliegt erheblichen Beschränkungen seiner Selbstbestimmung. Es kann an den politischen und strategischen Hauptentscheidungen nicht ernsthaft mitwirken. Es weiß nicht, ob seine Erde für genau so verteidigungswürdig gehalten wird wie die der anderen. So lange das alles so ist, hat ein Verteidigungsbeitrag für Deutsch­land such militärisch keinen Sinn. Er müßte doch wenigstens militärisch dafür sorgen, daß Deutschland nicht einfach als Vorfeld der Ver­teidigung anderer Länder verbrannte Erde wird.

An die Stelle der Politik des Kanzlers, un­gefragt und ohne Auftrag z. B. deutsche Sol­daten anzubieten, müßte eine andere Außen­politik treten. Die Bundesrepublik Deutschland hätte die Pflicht, der westlichen Welt den Vor­rang der sozialen und politischen Probleme klarzumachen. Wenn die militärische Stärke nur ein Mittel sein soll, mit den Russen ernst­haft verhandeln zu können, muß man zu Ver­handlungen entschlossen sein. Dieser Zeit­punkt ist gekommen .

Das europäische Einigungswerk darf keine neuen Trennungslinien aufreißen, sondern muß den ökonomischen Zusammenschluß ganz Europas jetzt vollbringen. Skandinavien und England sind bereit, Zoll- und Währungsunion, gemeinsame Politik der Vollbeschäftigung und der sozialen Sicherheit mitzumachen. Das alles bedeutet für jeden europäischen Bürger mehr als das zoll- und visumfreie Reisen allein von Kohle, Stahl und Soldaten in nur sechs Staa­ten. Nur ein gesunder Wirtschafts- und Sozial­körper gibt auch miltärische Stärke. Gewiß ist das ein langfristiges Programm. Wir befinden uns aber gar nicht in Zeitnot. Die Panikmache dient nur dazu, uns Deutschen voreilige Ent­scheidungen abzupressen. Wenn es anders wäre, hätten die Russen längst losgeschlagen, bevor die westliche Aufrüstung begann.

Das ist unser Weg zur Rettung Europas vor dem Kommunismus. Wer ihn gehen will, muß den Mut zur politischen Bekämpfung der Kommunisten haben Polizei und Soldaten sind dafür kein Ersatz. Wer sich auf sie ver­läßt, statt selbst aufzuklären und zu überzeu­gen, vergrößert die Zahl kommunistischer Wähler. Wer nicht eines Tages zum Kampf mit der Waffe gegen eine tödliche Bedrohung gezwungen sein will, darf heute nicht zur politischen Abwehr der KPD in den Herzen und Hirnen unseres Volkes zu feige sein.

Über den Verteidigungsbeitrag darf nicht über das Volk hinweg entschieden werden Der Einbau einer Militärverfassung bedeutet eine Ergänzung des Grundgesetzes. Darüber wird der Verfassungsgerichtshof entscheiden. Auf keinen Fall darf eine kleine Mehrheit des Bundestages denWehrbeiträg wie einesteuer verhängen.

Ein Dorf versinkt im Stausee

TIGNES. Mehr als 400 eigensinnige Berg­bauern des Savoyschen Alpendörfchens Tignes weigern sich zurzeit hartnäckig, ihre Häuser zu räumen und ihre bewegliche Habe auf be­reitstehende Lastwagen zu verladen. Sie wei­gern sich, obwohl sie schon seit dem 15. März wissen, daß der gewaltige neue Staudamm des Alpenkraftwerkes am Oberlauf des reißenden Isere geschlossen wurde und das Dörfchen Tignes in Kürze von den Wassermassen, die bald einen großen Stausee bilden werden, über­flutet wird.

Nach Mitteilung des französischen Innen­ministeriums soll das Alpenkraftwerk von Tignes künftig Südostfrankreich mit zusätz­lichen 140 Millionen kw/st Strom versorgen. Außerdem hat die Regierung sich mit der Ent­schädigung der Bewohner in Höhe des 1 H- fachen Schätzwertes ihres Besitzes einverstan­den erklärt. Die Bergbauern haben sich aber geweigert, auch nur einen Franken Entschädi­gung anzunehmen. Die Bewohner von Tignes sind überzeugt, daß sie um Dreiviertel des wirklichen Wertes ihrer Höfe und Felder be­trogen werden. Trotzdem ist der Kampf der Bewohner um ihre Heimat bereits verloren, verloren an der Technik, deren Vorteile aus-

Neues Polizeiarchiv

Nachschlagewerk und Fachzeitschrift zugleich

DasNeue Polizeiarchiv", das in diesen Ta­gen im Martin-Pausch-Verlag in Isny/Aligäu (Postverlagsort Tübingen) zu erscheinen beginnt, will eine stets aktuelle Sammlung den Polizi­sten interessierender Gerichtsentscheidungen und Berichten aus der täglichen polizeilichen Praxis sein und darüber hinaus durch regelmäßige Be­handlung der Prüfungsaufgaben der Polizeischu­len auch dem Unterrichtswesen und der Allge­meinbildung dienen. Das Archiv, das sich die gro­ßen Vorteile des fortschrittlichen Loseblattsy­stems zunutze macht, wird von dem früheren Polizeioffizier und derzeitigen Leiter des Aus­bildungswesens der südwürttembergischen Lan­despolizei, Raimund Warth, unter Mitwirkung leitender Fachkräfte der Polizei und der Justiz herausgegeben dieKriminalistik" besorgt der Senior der deutschen Kriminalpolizei, Boxler und varmittelt (wie es im Vorwort des Heraus­gebers heißt) Ordnung, Wissen und Erfolg. Nach­schlagewerk und Fachzeitschrift zugleich, soll sich das Archiv, dessen einzelne Hefte zwar in sich abgeschlossen sind, wenn auch die einzelnen Bei­träge ohne Schwierigkeit nach Sachgebieten ein­geordnet werden können, zu einem immer dem neuesten Stand entsprechenden polizeilichen Lehrbuch entwickeln. Die erste Lieferung be­rechtigt zu der Hoffnung, daß dem jungen wie alten Polizisten nunmehr ein wirklich brauch­bares Nachschlagewerk in die Hand gegeben wird. (Preis monatlich -.80 DM; Bestellungen sind bis zum 25. März zu tätigen.) -e.

Festliche Musikwoche auf Schloß Elmau

In Fortführung der musikalischen Tradition der Elmau findet zu Pfingsten (1. bis 8. Juni) erstmals nach dem Kriege wieder eine festliche

schlaggebender bewertet werden, Schicksal eines kleinen Dorfes.

als das

Bruno Gröning treioesprodien

MÜNCHEN. Der 46jährige Herforder Wunderdoktor, Bruno Gröning, der in Gräfelfing bei München wohnt, wurde am Mittwoch von einem Münchener Schöffenge­richt von der Anklage eines Verstoßes gegen das Heilpraktikergesetz freigesprochen. Der Staatsanwalt hatte 500 DM Strafe beantragt.

Bei der Urteilsverkündung klatschte das dicht gedrängte Publikum Beifall. Mehrere Frauen sanken einander in die Arme. Nach der Sitzung drückten zahlreiche Zuhörer dem Meister" ergriffen die Hand.

In der Urteilsbegründung heißt es, es seil zweifelhaft, ob objektiv ein Verstoß gegen dasj Heilpraktikergesetz vorliege, und nicht nach­weisbar, daß Gröning sich subjektiv einer Schuld bewußt gewesen sei. Dem Gesetz zu­folge dürfen Personen, die nicht als Heilprak­tiker zugelassen sind, Kranke nur unentgelt­lichin freier Liebestätigkeit behandeln. Gröning soll bei mehrerenMassenheilungen Anfang 1950 etwa 104 000 DM eingenommen! haben, die er jedoch alsSpenden bezeichnete.

Musikwoche statt. Elly Ney, Wilhelm Kempff, Ludwig Hoelscher, das Schäffer-Quartett, das Essen-Quartett, Otto Ludwig und das Kölner Kammerorchester Erich Kraack spielen erlesene Werke aus dem goldenen Zeitalter der Musik.

Kulturelle NttrJirirJnen

Der frühere Generaldirektor der preußischen! Staatsarchive, Prof. A. Brackmann, ist in[ Berlin im 81. Lebensjahr gestorben.

Ludwig Hinrichsen, der niederdeutsche Heimatschriftsteller, wird heute 80 Jahre alt. Die berühmte ehemalige Berliner Operettensängerin Fritz Massary vollendete in Hollywood ihr 70. Lebensjahr.

Der Schriftstellerin Anna S e g h e r s wurde im Kreml der Stalinpreisfür Festigung des Frie­dens zwischen den Völkern" überreicht. Anna Seghers, Ostberlin, hat Romane, Novellen und Hörspiele geschrieben und ist besonders durch den RomanDas siebente Kreuz bekannt ge­worden.

Der Berliner Kunstpreis 1952 wurde an 15 Berliner Künstler verliehen. Preise er­hielten u. a. Kurt Ihlenfeld (Literatur), Mary Wigman (Tanz), Karl Schmidt-Rottluff und Woty Werner (Malerei), Richard Scheibe, Gerhard Schreiter und Lidy v. Lüttwitz (Plastik).

Die Stuttgarter Staatsoper ist für] die nächste Spielzeit zu einem neuen Gastspiel! nach Paris eingeladen worden.

Von der Landesuniversität

Dr. rer. nat. Wolfgang J u r k a t wurde mit Wirkung vom 15. 3. 1952 zum Dozenten ernannt und ihm die Lehrbefugnis für Mathematik ver­liehen. Gleichzeitig wurde er der mathematisch­naturwissenschaftlichen Fakultät zugewiesen..

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