HEIMATBLATT FÜR

STADT UND LAND

SAMSTAG, 29. DEZEMBER 1951

7. JAHRGANG / NR. 203

Gesdiäf sordnung

Für Ministerrat des Südweststaates

STUTTGART. Die vom Ministerrat des neuen südwestdeutschen Bundeslandes am Donnerstag in seiner ersten Sitzung beschlos­sene Geschäftsordnung bestimmt im einzel­nen, daß die Beschlüsse mit einfacher Stim­menmehrheit gefaßt werden. Jedes Mit­glied hat eine Stimme. Es wird offen und formlos abgestimmt. Ergibt sich bei der Ab­stimmung Stimmengleichheit, so gilt der An­trag als abgelehnt

Der Vorsitzende des Ministerrats kann au­ßerordentliche Sitzungen festlegen. Er muß eine derartige Sitzung einberufen, wenn dies zwei Mitglieder des Ministerrates oder eine der zurzeit noch bestehenden drei südwest­deutschen Landesregierungen verlangen. Der Vorsitzende setzt die Themen deren Beratung von einer der drei Landesregierungen oder von einem Mitglied des Ministerrates bean­tragt worden ist, auf eine vorläufige Tages­ordnung, die er dann spätestens drei Tage vor der Sitzung an die Landesregierungen absen­det Die endgültige Tagesordnung wird in der Ministerratssitzung durch Beschluß festge- «tellt f

Reorganisation der Nato

Zentralregierung" geplant

LONDON. Während in Paris die Außen- und Finanzminister der sechs Plevenplanstaaten in die abschließenden Beratungen über die Eu­ropaarmee eingetreten sind, arbeiten nach gut unterrichteten Kreisen in London die drei Westmächte an Plänen für eine Umgestaltung der Atlantikpaktorganisation. Sie laufen auf eine ArtZentralregierung für die Nato hin­aus.

Diese Pläne, die voraussichtlich auch zwi­schen Churchill und Truman besprochen wer­den, sollen folgende Hauptvorschläge enthal­ten: 1. Umwandlung des jetzt in London sit­zenden Rates der Au ßenminister-Stellv ertr eter der Atlantikpäktstaaten" in "einen ständigen Ministerrat. Dieser soll für alle Fragen der Wirtschaft. Verteidigung und Produktion im Rahmen des Bündnisses zuständig sein. Die militärischen Nato-Dienststellen würden dann in erster Linie dem Ministerrat verantwortlich sein, der auch die amerikanische militärische Auslandshilfe für alle Mitglieder zusammen erhalten und verteilen würde. 2. Zusammen­fassung aller Dienststellen und Organe der At­lantikpakt-Organisation in Paris, wo sich das militärische Hauptquartier unter General Ei- senhower befindet. 3. Ernennung eines zivilen Generalsekretärs der Atlantikpaktorganisa­tion, der hinsichtlich seiner Vollmachten und seines Prestiges dem militärischen Oberbe­fehlshaber gleichgestellt ist.

Einigung über gemeinsames Rüstungsbudget möglich

Erste Ergebnisse der Plevenplan-Konferenz / Deutsche Sonderstellung

PARIS. Die Außen- und Finanzminister der sechs Plevenplanstaaten haben in der franzö­sischen Hauptstadt auf ihrer Freitagsitzung beträchtliche Fortschritte auf dem Wege zur Bildung einer Europa-Armee erzielt, wurde von amtlicher Seite mitgeteilt. Der hollän­dische Außenminister Dirk S t i k k e r äußerte zn Pressevertretern,alle Anzeichen sprechen für eine Einigung über die Aufstellung eines gemeinsamen Rüstungsbndgets. Diese Fest­stellung aus dem Munde eines prominenten Vertreters der Beneluxstaaten, die sich bis jetzt in diesem Punkt reserviert, wenn nicht ablehnend verhalten haben, klingt nach An­sicht gutunterrichteter Kreise durchaus erfolg­versprechend für die Konferenz.

Bundeskanzler Adenauer, der auf der ersten Sitzung am Donnerstag von Staats­sekretär H a 11 s t e i n vertreten worden war, ist inzwischen in Paris eingetroffen und nahm an der Freitagsitzung teil, die sich vor allem mit Finanzierungsfragen der geplanten Euro­pa-Armee befaßte. Zur Debatte standen der deutsche Vorschlag, einen gemeinsamen Haus­haltsplan aufzustellen, zu dem alle sechs Staa­ten Ihren Beitrag zu leisten hätten, und der Vorschlag der Beneluxländer, daß jedes Land sein Truppenkontingent in seiner eigenen Währung finanzieren solle. Auf der Nachmit­tagssitzung wurden bereits Probleme des mili­tärischen Zusammenschlusses behandelt

In der Vormittagssitzung wurde von den Außen- und Finanzministern die deutsche finanzielle und wirtschaftliche Sonderstellung anerkannt. Nach Ansicht von Konferenzteil­nehmern ist dies das für Deutschland bisher wichtigste Ergebnis der Besprechungen. Nach deutscher Auffassung müssen die deutschen Aufwendungen für Berlin und die Wieder- ansiedlung der Flüchtlinge ebenso Berücksich­tigung finden wie die französischen Aufwen­dungen für den Krieg in Indochina. Deutsche Teilnehmer hoben hervor, daß bei der Dis­kussion der Budgetfrage die Gemeinsamkeiten allgemein viel mehr hervorgetreten seien als die Meinungsverschiedenheiten.

Unklar ist noch, ob neben dem gemeinsamen Verteidigungsbudget jeder Partner noch einen separaten Haushalt für ein nationales Trup­penkontingent aufstellt, was eine Kompromiß­lösung bedeuten würde.

Bundeskanzler Adenauer sprach nach seiner Ankunft in Paris die Hoffnung aus, daß über die Grundzüge des europäischen Verteidigungs-

Churchill: Alle wichtigen Weltprobleme

Drei Hauptfragen auf der WashingtonerTagesordnung / Morgen Abreise

WASHINGTON. Der britische Premiermini­ster Churchill habe das Weiße Haus in Washington in einer allgemein gehaltenen Tagesordnung davon in Kennntnis gesetzt daß er bei seinem Zusammentreffen mit Prä­sident Truman in der nächsten Woche alle wichtigen Weltprobleme und Fragen von ge­meinsamen anglo-amerikanischem Interesse, einschließlich der Atomenergie, zu besprechen wünsche erklärten am Freitag gut unterrich­tete amerikanische Kreise.

Churchill wird Ende der nächsten Woche mit derQueen Mary in New York eintreffen und unmittelbar nach seiner Ankunft nach Wa­shington weiterfliegen. Nach fünf, von Konfe­renzen angefüllten Tagen, wird er sich für zwei Tage nach New York und für vier Tage nach Ottawa begeben und anschließend am 15. oder

16. Januar nach Washington zurückkehren. Am

17. Januar wird Churchill voraussichtlich vor dem amerikanischen Kongreß sprechen.

Vor einigen Wochen hatte Churchill dem diplomatischen Vertreter der Vereinigten Staaten in London mitgeteilt, daß er die Frage der amerikanischen Auslandshilfe für Groß­britannien nicht anschneiden werde und über­haupt keinen besonderen Plan für seine Be­sprechungen mit Truman habe. Erst auf Er­suchen amerikanischer Vertreter, seineTages­ordnung in großen Zügen zu unterbreiten, habe Churchill eine Liste der ihn interessieren­den Fragen überreicht, die sich in drei Haupt­gebiete gliedert: 1. außenpolitische Fragen; 2. Wirtschaftliche Fragen; 3. Verteidigungsfragen.

Export von A Oman agen

BONN. Der deutsche Export bestimmter in­dustrieller Erzeugnisse, die auf dem Gebiet der Atomenergie verwendet werden, bedarf künf­tig der Genehmigung durch das militärische Sicherheitsamt. Die Alliierte Hohe Kommission hat nach einer Verlautbarung vom Freitag ein entsprechendes Abänderungsgesetz zum Gesetz Nr. 22 (Industriekontrollen) verabschiedet. Das Abänderungsgesetz bestimmt ferner, daß über verschiedene Maßnahmen innerhalb der Bun­desrepublik, die diese Erzeugnisse betreffen, dem Ministerpräsidenten des jeweiligen Bun­deslandes berichtet werden muß.

Plans eine prinzipielle Lösung erzielt werde. Von deutscher Seite werde alles geschehen, um die Konferenz inFluß zu halten. Die Probleme müßten soweit geklärt werden, daß die Sachverständigen ihre Verhandlungen ab­schließen könnten. Während der Verhandlun­gen hätten sich zwangsläufig neue Probleme ergeben, die vorher nicht zur Beratung vorge­sehen gewesen wären.Mit der Verteidigungs­gemeinschaft wird Neuland betreten.

Bei einer gesonderten Finanzminister-Kon­ferenz standen am Freitagnachmittag folgende Punkte zur Debatte: Ausmaß der Sonderbela­stungen der einzelnen Länder; Verteilung der Verteidigungslasten zwischen dem gemeinsa­men Haushalt der Verteidigungsgemeinschaft und den nationalen Haushalten der einzelnen Länder, Grundlagen für den Schlüssel, der die Lastenverteilung zwischen den einzelnen Län­dern bestimmt.

Die Donnerstagsitzung hatte, wie erst am Freitag bekannt wurde, zu keinem Ergebnis geführt, da die Beneluxstaaten sich weigerten, der geplanten politischen Behörde der Europa- Armee übernationale Befugnisse zu übertra­gen.

Es wild weiter verhandelt

Aber ohne Ergebnisse

MUNSAN. Die Unterausschösse der Waffen- stillstandslconferenz in Pan Man Jon haben am Freitag, dem ersten Tag nach Ablauf des Abkommens über die Demarkationslinie, die Verhandlungen in gewohnter Weise fortge­setzt. Fortschritte wurden, soweit sich nach der Vormittagssitznng übersehen läßt, nicht erzielt.

Der Unterausschuß für die Überwachung des Waffenstillstandes vertagte sich auf den Nach­mittag (Ortszeit).

Im Unterausschuß für den Gefangenenaus­tausch haben die Kommunisten den Alliierten zu verstehen gegeben, daß sich außer den li­stenmäßig erfaßten Gefangenen keine weite­ren lebenden alliierten Soldaten in kommuni­stischer Hand befinden.

Generalmajor Turner äußerte vor Pres­sekorrespondenten nach der fast zweistündi­gen Sitzung des Unterausschusses für die Über­wachung des Waffenstillstandes, daß die Kom­munisten jeder ernsten Diskussion auswichen und offensichtlich bemüht seien, die Verhand­lungen hinauszuzögern.

Ein Sprecher der UN-Streitkräfte teilte am Freitag mit, eine Überprüfung der am 26. De­zember von den Kommunisten gemachten An­gaben zeige, daß aus einer Gruppe von etwa 585 UN-Soldaten, die in Gefangenschaft gerie­ten, zum gegenwärtigen Zeitpunkt 450 tot sind.

Keine faulen Kompromisse

Von Dt. Heimat K teczu

Die Liste enthält eine Anzahl umstrittener Fragen, über die sich die beiden Staatsmän­ner zumindest verständigen wollen, wenn keine Einigung erzielt werden sollte. Eine dieser Fragen, die auch von weitreichender wirt­schaftlicher Bedeutung ist, stellt das Problem dar, ob die Nato-Streitkräfte das amerikanische oder das britische Gewehrmodell übernehmen sollen. Meinungsverschiedenheiten bestehen ferner über die Möglichkeit einer Erweiterung des Austauschs von atomwissenschaftlichen In­formationen zwischen Großbritannien, den Vereinigten Staaten und Kanada, über die Ein­richtung eines atlantischen Marinekommando­postens und seine Besetzung, sowie über die Haltung Großbritanniens zu den Plänen für den Aufbau einer Europaarmee.

Der englische Premierminister wird von Au­ßenminister Eden sowie von 34 Beratern, Sach­verständigen und Sekretären begleitet sein. Für die Delegation ist ein abgeschlossener Teil des Hauptdecks auf derQueen Mary reser­viert, die am Sonntagvormittag aus Southamp­ton ausläuft.

Noch wissen wir nicht, was die Konferenz in Paris beschlossen hat und beschließen wird, wie also das später von den Parlamenten zu ratifizierende Vertragswerk über den Pleven- Plan aussehen wird, ob die ursprüngliche Idee einerEuropa-Armee und wäre es vor­läufig nur als Provisorium beibehalten wird, oder ob es nur zur militärischen Koalition, oder zu einer Mischung von beidem reicht. Ge­gen die erste Lösung mit den Konsequenzen einer übernationalen Behörde (Kommissariat, Ministerrat und Parlament) wehren sich die Kleinen (Beneluxstaaten) voran Belgien. Die Begründung, man wolle Großbritannien den späteren Beitritt ermöglichen, ist nur eine halbe. Viel wahrscheinlicher ist, daß man befürchtet, denGroßen (Frankreich, Italien, Deutschland) eines Tages zu sehr ausgeliefert zu sein und in politische Abenteuer verwickelt werden könnte. Daher auch die Forderung nach Vetorecht, Einstimmigkeit der Beschlüsse und Verantwortlichkeit des Ministerrats ge­genüber den Teilnehmerländern. Das gleiche gilt für die Finanzierungsfrage. Man möchte auch hier am liebsten selbständig bleiben und steht einem gemeinsamen Verteidigungsfonds mißtrauisch gegenüber.

Die zweite Lösung Koalitionsarmee stößt vor allem auf Widerspruch bei Frank­reich, da dort selbständige deutsche Einheiten um keinen Preis akzeptiert werden. Dieses für uns keineswegs entscheidende Argument kann uns daher auch nicht ausschlaggebend sein. Wohl aber die Einsicht der Bundesregierung, die im Konzept des Bundeskanzlers, den Zu­sammenschluß Europa auf jedem Wege voran­zutreiben zum Ausdruck kommt. Und hier liegt auch für uns das Schwergewicht bei den gan­zen Vexhandlungen.

Wir verfolgen die bevorstehende Wiederauf­rüstung der Bundesrepublik schweren Herzens. Es ist uns gar nicht wohl dabei und am lieb­sten wäre es uns, einen sicher nicht vorhan­denen Schlußparagraphen des Vertragswerks für den Pleven-Plan zu lesen des Inhalts, die Europaarmee wird nach Beseitigung der inter­nationalen Spannungen im Rahmen einer all­gemeinen Abrüstung sofort ohne Rest aufge­löst. Nach bisherigen Erfahrungen ist eine solche Erklärung zwar immer rein platonisch, doch würde sie in diesem Falle deutlich ma­chen, weshalb wir sechs Jahre nach derBe­dingungslosen Kapitulation erneut uns rüsten,

Erfolge der irakischen Regierung

Freundliche Aufnahme in Kairo / Salah el Din: Nicht mit Israel

KAIRO. In dem tiefgehenden Konflikt zwi­schen Ägypten and Großbritannien scheint sich allmählich ein Weg zur Entspannung, vielleicht sogar zn einer Lösung anzubahnen. Nachdem König Faruk von Ägypten über­raschend zwei englandfreundliche Politiker als engste Berater berufen hat, greift die ange­sehene unabhängige ZeitungAI Ahram ge­stern den Versuch des Irak, seine Vermitt­lungsdienste anznbieten, in ungewöhnlich optimistischem Ton auf.

Das Blatt erwartet ln Kürze einebeträcht­liche Annäherung zwischen dem ägyptischen und dem britischen Standpunkt und umreißt das Ziel dieser Vermittlung wie folgt; 1. schneller Abzug der britischen Truppen aus der Suezkanalzone; 2. Sicherheitspakt zwi­schen den arabischen Staaten im Mittleren Osten; 3. Waffenlieferungen an die arabischen Länder aus dem Westen.

Als weiteres Moment der Entspannung ist die Reise des irakischen Ministerpräsidenten Nurl al Said zu Besprechungen mit den Leitern der arabischen UN-Delegation nach Paris anzusehen Man sieht in dieser Reise einen Beweis für die erfolgreiche Entwicklung der irakischen Vermittlungsbemühungen im anglo-ägvptischen Konflikt. Wie verlautet, wird Nuri al Said den Delegationschefs kon­krete Vorschläge für die Beilegung des Kon­flikts unterbreiten,

Ägypten werde niemals einem Verteidi­gungsbündnis für das östliche Mittelmeer bei­treten, dem auch Israel angehöre, erklärte der ägyptische Außenminister Salah el Din Pascha am Donnerstag bei einer Pressekonfe­renz in Rom. Britische Truppen seien für die Verteidigung des Suezkanals vollkommen überflüssig, weil der Kanal bereits an der tür­kischen Grenze verteidigt werden würde.

wenn auch diesesmal nur für den Fall, daß der Osten seine Aggressionspolitik fortsetzen wird.

Findet sich durch die Europaarmee das Un­umgängliche der Aufrüstung mit dem Zukunftsweisenden jjgr Förderung des eu­ropäischen »Zusarrifnensöfiussäl- in einem, '' dann können wir diese Lösung noch getrost als das kleinste aller Übel ansehen, was in der Po­litik vielleicht als das höchstmögliche Lob an­zusehen ist. Wird der deutsch-französische Ge­gensatz endlich und endgültig aus der Welt geschafft, wächst Europa zur unauflösbaren Einheit zusammen. Dann wird man auch die Europaarmee eines Tages, genau so wie den Schuman-Plan, zu den Meilensteinen unserer Geschichte zählen, die dann nur noch eine eu­ropäische sein wird. Es wird dann keine Heere mehr geben, die nationalistischen Leidenschaf­ten der Einzelstaaten zu dienen haben und sollte der große Weltgegensatz sich auf ein er­trägliches Maß reduzieren, was schon heute keineswegs als ausgeschlossen erscheint, dann ist keine Gefahr, daß die alten Gegensätze wie­der aufleben könnten. Wir haben demnach al­len Anlaß, uns unter den gegebenen Umstän­den für dieEuropa-Armee auszusprechen.

Damit ist allerdings noch nichts ausgesagt über unsere eigenste Situation. Die Mode ge­wordene Verdächtigung eines jeden Wieder­aufrüstungsgegners als Kommunistenfreund oder zumindest Rückversicherer hat nur be­wirkt, daß die Diskussion über diese für uns Deutsche schwerste Entscheidung kaum mehr öffentlich geführt wird, ein Kardinalfehler in einer Demokratie, wo der einzelne über sein Schicksal doch wenigstens ein Mitspracherecht nach den demokratischen Regeln zusteht. Wir halten es wirklich an der Zeit, daß der Bundestag einer Debatte über dieses Thema noch vor der Entscheidung über den Pleven- Plan Raum gibt und auch die einzelnen Par­teien diese Debatte inf die Bevölkerung Irnein- tragen. Eine rein autoritäre Entscheidung von oben, die dem Auftraggeber, dem Volk, nicht einmal als einziger Ausweg erscheint, könnte eines Tages beim geringsten Fiasko unabseh­bare innere Folgen haben. Die ohne H'lfe von außen gar nicht zu finanzierende Aufrüstung auf uns zu nehmen wird in irgendeiner Form Verzichte erfordern. Verzichte auf das. was das Leben erst lebenswert macht. Das Existenz­minimum allein ist zu wenig. Es sind also nicht allein menschlich - weltanschaulich - politische Gründe, sondern ebenso höchst konkrete mate­rielle Existenzsorgen, die uns in diesem Zu­sammenhang bedrängen.

Manchem mögen diese Überlegungen schon heute als reichlich versoätet Vorkommen, da doch ln Paris alles schnell vorangehen soll, da­mit bis zur Atlantikoaktkonferenz am 2. Fe­bruar in Lissabon ein fertiges Programm vor­gelegt werden kann, was sich natürlich über die Pariser Konferenz hinaus auswirken wird. Die letzt erst akut werdenden Einzelnrobleme dürften uns jedoch Im kommenden Jahr öfters mit diesem ganzen Komnlex zusammenführen, als uns vielleicht lieb sein mag. Es werden sich noch Konsequenzen ergeben, an die wir heute noch gar nicht denken. Daher ist es notwen­dig, daß wir über das Grundsätzliche baldmög­lichst ins Reine kommen.

Die Pariser Konferenz wird, wie es aussieht, manchen Kompromiß akzeptieren, um zu ver­hüten, daß der Pleven-Plan zusammenbricht. Hoffen wir um Europas willen, daß keine fau­len Komnromisse geschlossen werden, die das Einigungswerk eines Tages verhindern oder gar zunichte machen könnten.