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FREITAG, 9. NOVEMBER 1951
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
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7. JAHRGANG /NR. 175
Adieson fordert Sowjetunion zur gutwilligen Zusammenarbeit auf
Abrüstungsplan veröffentlicht / Truman schlägt Atomwaffenkontrolle vor
PARIS. Der amerikanische Außenminister Dean Acheson legte gestern zu Beginn der Generaldebatte, in der die Führer aller Delegationen zu Wort kommen, der ÜN-Volfver- sammlung den Plan der Westmächte über eine allgemeine Abrüstung einschließlich der Atomwaffen vor und forderte die Sowjetunion zur gutwilligen Zusammenarbeit auf. Acheson wandte sich dabei direkt an die sowjetisch» UN-Delegation und forderte die sowjetische Regierung auf, zur Beendigung des Koreanischen Krieges beizutragen und auch andere Zeichen des guten Willens zu geben, damit die Völker der Welt mit der Herabsetzung der schweren Rüstungslasten beginnen könnten. Der Abrüstungsplan der drei Westmächte müsse als „dringende Angelegenheit“ von großer Bedeutung von der Vollversammlung erörtert werden.
Für die Festlegung der Stärke der verschiedenen Armeen und des Umfangs der Rüstungen schlug Acheson eine obere Begrenzung der Stärke aller Streitkräfte auf einen bestimmten Prozentsatz der Bevölkerungsziffer und Beschränkung des für militärische Zwecke bestimmten Anteils des Nationalprodukts auf ein Maß vor, das in unmittelbarem Zusammenhang mit den Bedürfnissen der nach dem Programm zugelassenen Streitkräften steht.
Die einzige erwünschte Art von Krieg sei die gegen Not und menschliches Elend. Solange aber einige Völker von Frieden redeten, während ihre Handlungen auf Krieg ausgingen,
müßten die freien Nationen mit Entschlossenheit den Aufbau ihrer Verteidigungskräfte fortsetzen. Die Aufgaben, die sich in diesem Stadium den UN stellten, seien besonders schwierig, weil gleichzeitig Stärkepositionen aufgebaut und für den freien Frieden gearbeitet werden müsse.
Die Sowjetunion könne ihren Willen zur Zusammenarbeit durch folgende weitere Maßnahmen demonstrieren: Zustimmung zur Errichtung einer UN-Kommission zur Untersuchung der Voraussetzungen für allgemeine Wahlen in den vier Besatzungszonen Deutschlands und Berlins—„Amerika hat sich stets für die demokratische Wiedervereinigung des Landes eingesetzt“ —; Zustimmung zum Abschluß des österreichischen Staats Vertrags; Aufgabe der Einwände gegen den Beitritt Italiens in die UN und Gewährung der grundlegenden Menschenrechte in den Gebieten, die unter sowjetischer Kontrolle stehen.
Vor Acheson bezeichnete der holländische Außenminister S t i k k e r die Zukunft Deutschlands als eines der größten Probleme. Eine befriedigende Lösung des deutschen Problems sei der Eckstein für das Nebeneinanderbestehen der Großmächte und die Grundlage eines dauernden Friedens für alle. Fragen von derartiger Bedeutung müßten aber zunächst von den Großmächten unter sich entschieden werden. Er hoffe jedoch, daß die Versammlung zu einer allgemeinen Entspannung beitragen könne.
Bundespräsident Prof. H eu ß überreichte am Mittwoch den beiden deutschen Tennis-SpUzcns Kielern Gottfried v. Gramm und Rolf G öpf e r t das silberne Lorbeerblatt, die höchste deutsche Sportauszeichnung, für ihre hervorragenden Leistungen im Spiel um den Davis-Pokal. Von links nach rechts: v. Cramm, Prof. Heuß, Göpfert Foto: AP
Bemerkungen zum Tage
Guter Wille gesucht
Der Plan der drei Westmädite
In einem Vorschlag an die Vereinten Nationen sprechen sich die drei Westmädite für eine kontrollierte Abrüstung nach einer weltumfassenden Überprüfung und Registrierung aller vorhandenen Waffen aus. Sie befürworten ferner die Abschaffung der Geheimhaltung in allen militärischen Dingen und die Durchführung von Kontrollen, die sich auf alle bewaffneten Streitkräfte, einschließlich der halbmilitärischen Sicherheits- und Polizeistreitkräfte und auf alle Waffen, die Atombombe Inbegriffen, erstrecken sollen. In dem neuen Abrüstungsplan, der gleichzeitig in den Hauptstädten der USA, Großbritanniens und Frankreichs in Form einer gemeinsamen Erklärung herausgegeben wurde, heißt es, wenn alle Regierungen einen aufrichtigen Beitrag zur Begrenzung der Streitkräfe und Rüstungen leisten, könne die Kriegsgefahr wesentlich herabgesetzt werden. Der Plan aber könne solange nicht verwirklicht werden, wie die Streitkräfte der Vereinten Nationen der Aggression in Korea Widerstand leisten müßten.
Auch der amerikanische Präsident Truman machte in seiner an die ganze Welt gerichteten Rede vom Mittwoch präzise Abrüstungsvorschläge. Truman richtete einen dringenden Appell an die Sowjetunion, den neuen Vorschlägen, die auch ein Verbot der Atomwaffen vorsehen, zuzustimmen. „Es mag merkwürdig klingen“ 1 , sagte Truman, „daß ich in diesem Zusammenhang von dem Abbau unserer eigenen Stärke spreche. Aber das ist der eine Weg zu Sicherheit und Frieden. Ein anderer Weg ist der der Abrüstung, den die USA und ihre Verbündeten dem ersten ent- achieden vorziehen würden, den sie aber nur gehen können, wenn ein wirksames internationales System zur Überwachung der Abrüstung gegeben ist. Alle Staaten müßten ihre Karten offen auf den Usch legen uh8 sie dort auch liegen lassen. Ein Staat, der hierzu nicht bereit ist, ist an einer ehrlichen Abrüstung auch nicht interessiert.“
15 Tote — 15 Sdiwerverletjte
Eisenbahnunglück in Bayern
MÜNCHEN. Ein außerordentlich schweres Eisenbahnunglück ereignete sich am Donnerstagmorgen auf der Strecke Mühldorf-München. Im Bahnhof Walpertskirchen, Kreis Erding, fuhr ein Personenzug auf einen haltenden Nahgüterzug. Der erste Wagen des Personenzuges wurde völlig zertrümmert. Nach den bisherigen Ermittlungen forderte das Unglück 15 Todesopfer und 15 Schwerverletzte. Über die Ursache des Unglücks ist noch nichts bekannt.
Nach dem Unglück wurde fieberhaft an der Bergung der Verletzten gearbeitet. Dreiviertel Stunden später trafen ein Arztzug von München mit einem Arzt, sechs Krankenpflegern und den modernsten Operationsmitteln sowie ein Gerätezug ein. Amerikanische Sanitätseinbeiten und das Deutsche Rote Kreuz leisteten die erste Hilfe. Sie brachten die Verletzten in das Erdinger Krankenhaus. Bei einigen der Verletzten dauerte es Stunden, bis sie befreit werden konnten
Die Mittwochsitzung der UN-Vollversamm- lung, die von dem neuen Präsidenten Dr. P a - dilla Nervo (Mexiko) eröffnet wurde, war mit der Wahl der Ausschuß Vorsitzenden und der Vizepräsidenten ausgefüllt. Vorsitzender des politischen Ausschusses wurde ohne Gegenstimmen der norwegische Delegierte Finn Moe; Vorsitzender des Rechtsausschusses Manfred Lachs (Polen); Vorsitzender des Wirtschafts- und Finanzausschusses Fürst Wan Waithayakon (Thailand).
Die sowjetische Presse berichtete in großer Aufmachung über den Vorschlag des französischen Staatspräsidenten Vincent A u r i o 1 für ein Treffen Trumans, Stalins und Churchills mit dem französischen Ministerpräsidenten Pleven zu „privaten“ Gesprächen. Nach Bonner Ansichten müßten mit dem Abrüstungsplan der Westmächte Hand in Hand die Probleme gelöst werden, die zum „kalten Krieg“ geführt haben. Dazu gehöre insbesondere die Klärung der deutschen Frage.
cz. Als der amerikanische Außenminister Acheson gestern der UN-Vollversammlung den Abrüstungsvorschlag der Westmächte vorlegte und dabei die Sowjets aufforderte, ihre Friedensbereitschaft nunmehr unter Beweis zu stellen, nannte er die Wiedervereinigung Deutschlands als eines der wichtigsten zu lösenden Probleme. Acheson meinte, hier sei Gelegenheit, guten Willen zu beweisen. Zur Diskussion steht vorerst die von der Bundesregierung erbetene Einsetzung einer UN-Kommission, die prüfen soll, ob in ganz Deutschland die Voraussetzungen für freie Wahlen gegeben sind. Bis jetzt wissen wir nur so viel, daß die Ostzonenregierung eine UN-Kontrolle ablehnt und für Viermächte-Kontrolle ein- tritt. Das ging sowohl aus den letzten Reden Grotewohls, als auch aus dem Schreiben des Ostzonenpräsidenten Pieck hervor, der seine Einladung für den Bundespräsidenten mit den üblichen Angriffen gegen die Bundesregierung und den Bundestag koppelte. Nahm man in der Sowjetzone an, man könnte hier Zwietracht säen? Auf diese Weise überzeugt man jedenfalls niemand von seinem guten Willen. Die Antwort des Bundespräsidenten mußte daher
Beteuerungen und Beschuldigungen
34. Jahrestag der Oktoberrevolution / Taditionelle Militärparaden in Moskau
MOSKAU. Die Sowjetunion beging am Mittwoch den 34. Jahrestag ihrer Oktoberrevolution. Den Höhepunkt der Feierlichkeiten bildete die traditionelle große Militärparade auf dem Roten Platz. Bei scharfem Frostwetter marschierten Infanterie, Artillerie und Panzerverbände an den Mitgliedern des Politbüros, die unter Führung von B e r i a und Malen- k o w auf dem Dach von Lenins Mausoleum an der Kremlmauer standen, vorbei.
Vor Beginn der Parade versicherte der Marschall der Sowjetunion, Malinowski, in einer Ansprache, die Sowjetunion werde „niemals die Vereinigten Staaten von Amerika oder irgendein anderes Land angreifen“. Gleichzeitig beschuldigte er die USA der Aggressionspolitik und des Versuchs der Welteroberung.
Kriegsmimnister Wasilewski und Marineminister Kuznetsow erließen Tagesbefehle, in denen den „amerikanischen und englischen Kriegsbrandstiftern“ vorgeworfen wurde, sie setzten die unterminierende Tätigkeit gegen die Sowjetunion und ihre Aufrüstung fort, um die Völker in einen neuen Weltkrieg zu verwickeln. Das sowjetische Volk könne sich auf seine Streitkräfte vollkommen verlassen.
Die führenden politischen und militärischen Vertreter der Sowjetunion versammelten sich zu einem Staatsakt im Moskauer Bolschoi- Theater, wo der stellvertretende Vorsitzende des sowjetischen Ministerrats Beria die Festrede hielt. Beria würdigte die Leistungen der sowjetischen Bevölkerung, die jedoch „noch nicht groß genug seien“. In der sozialistischen Wirtschaft müsse jeder die Staatsinteressen über alles andere stellen und „strenge Staatsdisziplin“ üben. Für das neue Jahr versprach er eine Erhöhung der Produktion von Gebrauchswaren und Lebensmitteln.
Die Sowjetunion sei bereit, mit den bürgerlichen Staaten Nichtangriffspakte und ein Abkommen über die Abrüstung bis zur völligen Abschaffung der stehenden Heere abzuschließen. Im Anschluß daran kritisierte er die amerikanische Politik, besonders im Hinblick auf
Deutschland und Japan und behauptete, daß das von der kapitalistischen Welt umgebene sowjetische Land zur Abwehr einer Aggression stets gerüstet sein müsse.
In Berlin marschierte eine Abteilung sowjetischer Infanterie in den britischen Sektor und legte vor dem sowjetischen Ehrenmal einen Kranz nieder. In der Staatsoper Unter den Linden fand eine Gedenkfeier statt, auf der der Ostzonenministerpräsident Grotewohl erneut die Bundesregierung in der Frage der gesamtdeutschen Wahlen angriff. Der Vorsitzende der sowjetischen Kontrollkommission, Tschuikow, und der Sowjetbotschafter bei der Ostzonenregierung, Puschkin, weihten aus Anlaß des Jahrestags mit einem Galaempfang die neue sowjetische Botschaft Unter den Linden ein. Die zu dem Empfang eingeladenen alliierten Kommandanten ließen sich durch ihre Protokollchefs vertreten.
„Nationale Gruppen“
Einigung über Europaarmee
PARIS. Die sechs Teilnehmerländer der Pariser Plevenplan-Konferenz haben sich nunmehr über die Zusammensetzung der „Europa- Armee" geeinigt, die General Eisenhowers atlantischem Kommando unterstellt werden soll. Sie wird aus 43 „nationalen Gruppen“ von Divisionsstärke bestehen, von denen die Bundesrepublik 12 stellen soll. Die Bezeichnung „Division“ ist auf französischen Wunsch umgangen worden.
Frankreich wird 14 „nationale Gruppen“ beisteuern, darf aber daneben sechs nationale Divisionen zur eigenen Verfügung im Mutterland behalten mit Rücksicht darauf, daß es seine überseeischen Streitkräfte auffüllen muß. Italien stellt nach dem Plan, wie Deutschland, 12 Gruppen, die Beneluxländer zusammen fünf.
Eine internationale Zusammensetzung haben erst die Korpsstäbe.
notwendig negativ ausfailen. Gleichzeitig wäre nochmals festzustellen, daß jetzt nur noch von den Großmächten, sei es unter sich, sä es bei den Vereinten Nationen, die Lösung der gesamtdeutschen Frage gefördert werden kann. Die zu befürchtende Ablehnung der UN-Kommission durch die Sowjets nimmt jedoch von vorneherein den Mut, hier allzu optimistisch zu sein, wiewohl die Sowjets sich im allgemeinen nicht davor scheuen, wenn es sich lohnt, recht radikale Schwenkungen vorzunehmen.
Aui den Gabentisca
hr. Zum 1. Dezember werden nun die Beam* ten der BundesrepuPlik die schon für Oktober beschlossene 20prozentige Gehaltserhöhung endlich voll ausbezahlt bekommen. Im Oktober und November konnten nur 15 Prozent bezahlt werden. Auch diese restlichen 5 Prozent werden auf den Anfang des Weihnachtsmoaai.es nachträglich angewiesen. Der zuständige Ausschuß des Bundestags ist zu dem Ergebnis gekommen, daß jetzt die notwendigen Mittel aufgebracht werden könnten. So wirkt sich also der Einnahmenüberschuß In den Bundesfinanzen aus den erhöhten Erträgen der Einkommens- und der Umsatzsteuer sehr rasch aus. Noch schöner wäre es freilich gewesen, hätte man zur Erhöhung der Beamtengehälter damals sofort auf vorhandene Mittel zurückgreifen können, oder aber zugewartet, bis die erforderlichen Mehrausgaben eine Deckung gefunden hätten. Man müßte eben bei einem hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit als Schuldner ohnehin recht mittelmäßig beleumdeten Staat auch vom Parlament aus alles vermeiden, was nach Insolvenz riecht.
Die Beamten erhalten ihre längst fälligen Gehaltserhöhungen. Nur die Pensionäre müssen weiter warten. Bei ihnen soll aber nunmehr die Schwierigkeit — und das ist immerhin beruhigend — nicht mehr daran liegen, daß es an den erfordern Ht,
sondern nur noch an der bisher noch ungeklärten Frage, inwieweit die zum Kreis der vom 131er Gesetz erfaßten Personen gehörigen Pensionäre gleichgestellt werden. Vielleicht ließe sich diese Frage vor dem 24. Dezember auch noch entscheiden. Die Gewerkschaften haben im Laufe dieses Jahres ihren Mitgliedern eine ganze Reihe von Lohnerhöhungen erkämpft. Es wäre nur recht und billig, wenn der Staat seinen Beamten wenigstens diese einmalige Gehaltserhöhung noch in vollem Umfange aul den Gabentisch legen würde. Aber wie gesagt, nicht nur denen, die man im Augenblick noch braucht, sondern auch denen, die man ausgebraucht hat.
Antikarteligeset?
hf. BONN. In einer außerplanmäßigen Sitzung hat das Bundeskabinett den Entwurf des sogenannten Großbankengesetzes, in dem der Niederlassungsbereich von Kreditinstituten Umrissen wird, verabschiedet. Ferner hat die Regierung der Gesetzesvorlage gegen Wettbe- werbseinschränkungen zugestimmt, die die Grundlage für weitere deutsch-ailiierte Verhandlungen sein soll Abänderungswünsche zum Bundesbeamtengesetz wurden vom Kabinett abgelehnt. Ausführlich wurde die Frage neuer Verhandlungen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund behandelt und bestätigt, daß neue Besprechungen voraussichtlich am kommenden Mittwoch stattfinden werden