NUMMER 161

Bemerkungen zum Tage N ur über gesamtdeutsche Beratung T'S»!irL d Kl K rlt n el ",' e pf,f,

Zweischneidige Vertassungsk'agen

hf. Beim Verfassungsgericht sind drei Ver­fassungsklagen der SPD eingegangen. Zwei davon richten sich gegen das vor zwei Jahren abgeschlossene Petersberg-Abkommen, das nicht vom Bundestag ratifiziert worden ist und gegen die Rechtsgültigkeit des deutsch-fran­zösischen Wirtschaftsabkommens. Es entspricht gewiß den Prinzipien eines Rechtsstaates, wenn solche Klagen auch sehr spät erhoben werden, da die Konstituierung des zuständi­gen Gerichts so viel Zeit in Anspruch nahm, wie es beim Verfassungsgerichtshof der Fall war. Aber sollte man bei der Erhebung solcher Klagen nicht auch ein wenig der tatsächlichen politischen Entwicklung Rechnung tragen? Wir sind überzeugt davon, daß es ein unumstöß­liches Gebot ist, daß Verträge wie die über den Schuman-Plan, den Pleven-Plan oder die Neu­ordnung der politischen Beziehungen zu den Westmächten, ratifiziert werden müssen, um rechtskräftig zu sein. Aber unsere Position nach einer totalen Niederlage ist erst sehr kurze Zeit selbständig und gefestigt genug, um auf der Konsequenz des politischen Ver­fahrens nach den Bestimmungen unserer Ver­fassung bestehen zu können und zu müssen.

War nicht gerade das Petersberger Abkom­men, an dessen Unzulänglichkeit und auch staats- bzw. völkerrechtlicher Problematik wir keine Zweifel haben, eine Stufe, die ge­nommen werden mußte, damit die Bundes­republik überhaupt die Stellung eines halb­wegs bündnisfähigen Partners gewinnen konnte? Was wird also damit erreicht, wenn wir jetzt im Besitz dieser Stellung einen juri­stischen Konflikt über die Legalität der ein­zelnen Schritte zu dieser Stellung heraufbe­schwören? Wenn man nur das Recht will, steht es dann an, den Spruch eines Gerichtes zu ver­langen, der über eine Phase der Entwicklung urteilen müßte, in der manch anderer Grund­satz als der des Rechts verloren gegangen war? Gerade eine große Partei sollte die de­struktiven politischen Wirkungen solcher Ur­teile einkalkulieren, sonst kommen wir mit der Konsequenz des Rechtes zu einer Kette von verfassungsgerichtlichen Verfahren, die Regie­rung und Opposition in eine nicht recht ein­fache Lage bringen sollten. Zügeln wir besser unseren Elan, mit Mitteln der Verfassung und anderen Gesetzen über Dinge entscheiden zu wollen, die in einer Zeit des Niedergangs und des Übergangs zustande gekommen sind.

Hausbrandversorgiinq! unsicher

Ausschußberatung des Städtetags

KÖLN. Der Hauptausschuß des deutschen Städtetags stellte auf seiner Sitzung in Köln fest, daß keine Stadt .oder Gemeinde in der Bundesrepublik die vom Bundeswirtschafts- minster versprochenen 20 Zentner Hausbrand­kohlen garantieren könne. Der Bundeswirt­schaftsminister sei von einer Tagesförderung von 407 000 Tonnen Kohle ausgegangen, wäh­rend sie tatsächlich nur 375 000 Tonnen betrage. In diesem Zusammenhang wurde über Kälte­ferien in den Schulen, Abschaltung der Rekla­mebeleuchtung, Kurzarbeit, mangelnde Ver­sorgung der Krankenhäuser und der Elektri­zitätswerke verhandelt. Zum Lastenausgleich wurde eine Beschleunigung der Feststellung der Kriegsschäden befürwortet und ein beson­deres Feststellungsgesetz abgelehnt. Der Haupt­ausschuß sprach sich auch dafür aus, daß die kommunalen Spitzen verbände zu den Vorbe­reitungen für ein Gesetz über die endgültige Verteilung der Steuereinnahmen auf Bund und Länder hinzugezogen werden sollten. Nach Ar­tikel 107 des Grundgesetzes muß dieses Gesetz spätestens bis 1952 verabschiedet sein.

Bundeswirtschaftsminister Erhard sprach sich anläßlich des ersten deutschen Schuhfabri­kantentages für eine Revision der Steuerpolitik aus.

NEW YORK. Der persische Ministerpräsident Mossadeq ist am Samstag nach eingehender ärzt­licher Untersuchung aus dem Krankenhaus ent­lassen worden.

Sowjetzonenpräsident Pieck schaltet sich ein / Noch keine Haftentlassung

BERLIN. Gesamtdeutsche Beratungen seien nach wie vor die Voraussetzung für jede Ver­ständigung zwischen West- und Ostdeutsch­land, erklärte der Sowjetzonenstaatspräsident Pieck am Samstag anläßlich desTages der Aktivisten in der Ostberliner Staatsoper. Er hoffe, daß der BundestagKraft und Mut aufbringen werde, um entgegen derameri­kanischen Bevormundung gesamtdeutsche Beratungen zuerzwingen. Die Erklärung der Volkskammer, daß die Mehrzahl der 14 Punkte des Bundestags annehmbar sei, müsse als ein Verständigungsbeitrag der Sowjetzonenregie­rung angesehen werden, angesichts dessen man eine ebensolche Haltung vom Bundestag ver­langen könne. Die Vorschläge der Ostzone seien ehrlich gemeint. Er sei davon überzeugt, daß man sich einigen werde, falls eine Bera­tung von Vertretern der Bundesrepublik und der Sowjetzonenrepublik zustande komme.

Aus den Haftanstalten der Sowjetzone sind bis zum Samstag, eine Woche nach Erlaß der Amnestie für angeblich 20 000 Häftlinge, noch keine amnestierten Gefangenen freigelassen worden. Aus Kreisen der Sowjetzonenregie­rung verlautete, die Entlassungsaktion verzö­gere sich aus bisher nicht bekannten Gründen, solle aber beschleunigt abgewickelt werden. Die Entlassungsvorgänge für eine Reihe von Verurteilten, hauptsächlich sogenannten Wirt­schaftsverbrechern, seien bereits fertig bear­beitet, ohne daß bisher eine endgültige Wei­sung zur Freilassung ergangen sei.

Der Parteivorstand der SPD warnte seine Freunde in der Ostzone davor,auf Grund der letzten politischen Ereignisse die bisher ge­übte Vorsicht aufzugeben.

Die Verurteilung der 18 Werdauer Ober­

schüler zu insgesamt 130 Jahren Zuchthaus hat eine Welle von Protesten ausgelöst. Schü Organisationen, Studentenverbände und poli­tische Organisationen Westberlins protestier­ten gegen die Urteile des Zwickauer Landes­gerichts in einer Versammlung, zu der die Kampfgruppe gegen die Unmenschlichkeit und der Bund der Verfolgten des Nationalsozialis­mus aufgerufen hatten.

Kongreß tür Laienapos'o'at

Die Botschaft von Fatima ROM. Der erste Weltkongreß für das katho­lische Laienapostolat appellierte an alle Men­schen, sich für die wahre internationale und humane Völkergemeinschaft als Grundbedin­gung eines dauernden Friedens einzusetzen. Tn der Schlußresolution wurden alle Christen, ganz gleich welcher Konfession, aufgefordert, sich mit den katholischen Christen im Kampf um den Frieden und die Sache des einen wah­ren Gottes zu vereinigen. In einer Prozession gedachten über 2000 Katholiken aus den Län­dern hinter dem Eisernen Vorhang ihrer gefan­genen und verfolgten Glaubensbrüder Das Heilige Jahr fand in Anwesenheit von einer Million Pilger aus allen Teilen der Welt am Samstag in Fatima (Portugal) seinen feier­lichen Abschluß. Papst Pius XII. forderte von Rom aus über den Rundfunk die Gläubigen auf, besonders die Botschaft der Gottesmutter in der Welt zu verbreiten und in ihrem Sinne zu wirken. Höhepunkt der Abschlußfeier war, als Kardinal Tedeschini als päpstlicher Legat bekanntgab, daß Panst Pius XII. im ver­gangenen Jahr selbst dreimal Marienerschei­nungen, ähnlich der von Fatima im Jahre 1917, gehabt habe.

Kleine Weltchronik

STUTTGART. Der Untersuchungsausschuß für Polizeifragen beim württembergisch-badischen Landtag kam nach längerer Beratung zu der ein­mütigen Auffassung, daß das gewerkschaftliche Koalitionsrecht der Polizeibeamten grundsätzlich nicht beschränkt werden dürfe.

MÜNCHEN. Der bayerische Ministerpräsident Ehard sagte als Zeuge vor dem Untersuchungs­ausschuß des bayerischen Landtags über die Vor­gänge im Landesentschädigungsamt aus, er selbst habe das Strafverfahren gegen Auerbach in die Wege geleitet. Auerbach sei im Ausland und be­sonders bei der Militärregierung persona grata gewesen und hätte daher nicht ohne weiteres ab­gesetzt werden können Es handle sich bei Auer­bach um keine Verbrechernatur, sondern um ei­nen übergeschäftigen, mitunter nützlichen Mann mit einem unerhörten Geltungsbedürfnis.

BONN. Die sozialdemokratische Fraktion ins Bundestag hat die Einsetzung eines parlamenta­rischen Ausschusses zur Untersuchung der Perso­nalpolitik der Bundesregierung, insbesondere im Auswärtigen Amt, beantragt.

KÖLN. Die im Marburger Bund zusammenge­schlossenen angestellten Ärzte protestierten am vergangenen Wochenende in einer Entschließung an die Bundesrepublik dagegen, daß ihre Arbeit­geber dazu übergingen, nur noch zeitlich be­grenzte Dienstverträge abzuschließen und die schon bestehenden unbegrenzten umzuwandeln. Die Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes in dieser Form müsse verhindert werden.

DÜSSELDORF. Der DGB-Bundesvorstand for­derte in einer Eingabe an das Bundesemährungs- und das Wirtschaftsministerium Sofortmaßnah­men für eine Kartoffeleinkellerungzu wirt­schaftlich angemessenen Preisen. Forderungen zwischen 7.50 und 9.50 DM pro Zentner wurden alsunberechtigt bezeichnet. Auch der Landes­bezirk Württemberg-Baden des DGB wandte sich in dieser Angelegenheit an Bundesminister Niklas.

HAMBURG. Der Hauptabteilungsleiter im so­wjetzonalen Außenhandelsministerium, Orlopp, soll sich nach Zeitungsmeldungen unter falschem Namen seit einigen Tagen in Hamburg aufhal­ten, um Verhandlungen über Schiffsbauaufträge zu führen.

WIEN. Den sofortigen Zusammentritt einer Viermächte-Konferenz zum Abschluß des Staats­

vertrags mit Österreich und den anschließenden Abzug aller Besatzungstruppen forderte der ame­rikanische Hohe Kommissar Donnelly auf der Sitzung des Alliierten Kontrollrats und antwor­tete damit auf einen sowjetischen Protest gegen die angeblicheRemilitarisierung der westlichen Besatzungszonen Österreichs, die nur den Zweck haben könn e, dem österreichischen Volk wei­terhin seine Rechte vorzuenthalten.

ROM. Nach italienischen Zeitungsmeldungen ist das Grab Mussolinis hinter dem Altar des Doms von Pavia entdeckt worden. Die Begräb­nisstätte wurde bisher geheimgehalten, um eine Wallfahrt neofaschistischer Elemente zu verhin­dern. Die Familie Mussolinis weiß nach ihren Angabenoffiziell noch nichts davon. Die Über­führung der sterblichen Überreste Mussolinis auf seinen Heimatfriedhof in Predappio bei Rimini soll kurz bevorstehen.

ROM. Papst Pius XII. empfing Franklin D. Roosevelt jr. zu einer Privataüdienz, auf der die Möglichkeit der Wiedererrichtung diplomatischer Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Washington erörtert wurde. Nach dem Rüdetritt des Vertreters Trumans beim Vatikan, Myron Taylor, Anfang 1950 wurde kein Nachfolger er­nannt.

BURRA FIRTH (Schottland). Die pünktlich zu allen britischen Flottenmanövern erscheinende sowjetische Heringsfischerflotte hat sich jetzt auch zu den bei den Shetland-Inseln stattfinden­den Übungen der britischen Flotte wieder ein­gefunden. Sie besteht aus zwei Fischereimutter­schiffen von je 10 0001 und elf kleineren Fahr­zeugen.

NEW YORK. In den USA und auf der Iberi­schen Halbinsel wurde am vergangenen Wochen­ende der 459. Jahrestag der Entdeckung Ameri­kas durch Kolumbus und zugleich der 500. Ge­burtstag des großen Genuesen gefeiert.

SAN SALVADOR. Die Außenminister von San Salvador, Nicaragua, Guatemala, Costarica und Honduras haben eine Charta unterzeichnet, durch die eine neue Union mittelamerikanischer Staaten gebildet wird.

DJAKARTA. Hjalmar Schacht gab in Djakarta bekannt, er habe eine Einladung der persischen Regierung nach Teheran angenommen und werde wahrscheinlich Ende Oktober direkt nach Per­sien abreisen.

TETTNANG. Das jähe Ansteigen der Preise für Einkellerungskarloffeln sei durch die ,Pa- nik der Käufer und Gerüchte über eine knappe Kartoffelernte hervorgerufen worden, erklärte der Präsident des südwürttembergischen Bauern­verbandes. Bauknecht, am Samstag auf einer Pressebesprechung in Tetlnang. Die Ernte im Bundesgebiet betrage mit 23,5 bis 24 Millio­nen Tonnen fast das Vierfache des Bedarfs an Speisekartoffeln, der sich nur auf etwa 5,5 Mil­lionen Tonnen belaufe.

1,5 Mrd. Steuereinnahmen im August

BORN. Das gesamte Steueraufkommen des Bundes und der Länder betrug im August 1.491 Milliarden DM, teilte das Bundesfinanzministe­rium am Freitag mit. Das Gesamtsteueraufkom­men blieb damit um 31 Millionen DM hinter dem Eingang des Vormonats zurück. Der Ertrag aus der Umsatzsteuer war trotz der im August sich erstmalig auswirkenden Erhöhung des Steuertarifs um 14 Millionen niedriger als im Ju'i

Erhöhung des Kohlenexportpreises?

PARIS. Die französische Regierung soll sich grundsätzlich mit einerbeschränkten Herauf­setzung des deutschen Kohlenexportpreises ein­verstanden erklärt haben, meldet das französi­sche WirtschaftsblattAgefi, die von deutscher Seite vorgeschlagene Erhöhung um 3,5 Dollar je Tonne erscheine jedoch etwas zu hoch. Frank­reich soll auch nicht damit einverstanden sein, daß die Preissteigerung rückwirkend vom 1. Mal dieses Jahres an in Kraft tritt. Im übrigen seien die Regierungen von Großbritannien und USA ebenfalls mit einer Erhöhung des Exportpreises einverstanden.

Erfolgreicher Abschluß der Anuga

KÖLN. DieAllgemeine Nahrungs- und Ge­nußmittelausstellung 1951 hat nach neuntäEiger Dauer am Sonntagabend ihre Pforten geschlos­sen. Wie die Kölner Messeleitung mitteilt, ist die Ausstellung von insgesamt 250 000 in- und aus­ländischen Einkäufern und Gästen besucht wor­den. Vizekanzler Blücher sagte am Sonntag auf der Abschlußveranstaltung, die Bundesreou- blik werde aller Voraussicht nach im nächsten Jahr zu einem langfristigen Einfuhrplan über­gehen können Bisher habe das bescheidene De­visenaufkommen der Bundesrepublik und die sich daraus ergebende Bedarfsdeckung am Weltmarkt 140 Millionen DM Mehrausgaben Jährlich verup sacht. Blücher bestätigte erneut, daß die Bundes­republik ab Januar 1952 im größeren Umfang di« Liberalisierung wieder einführen werde.

Sftdwestfunk-Vertiag

Allerlei Bedenken !

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TÜBINGEN. Die Regierung von Württemberg- Hohenzollern hat nach einer Erklärung der Staatskanzlei die badischen Verbesserungsvor- Schläge zum Staatsvertrag über den Südwest­funk im Gegensatz zu anderslautenden Veröf­fentlichungen nicht abgelehnt, sondern in Wirk­lichkeit ihnen den Vorzug vor einem Zusatzpro­tokoll gegeben und dies auch den Ministerpräsi­denten von Rheinland-Pfalz wissen lassen. Da die Mainzer Regierung aber einen anderen Stand­punkt eingenommen und Staatspräsident Wohieb seinen Vorschlag schließlich zurückgezogen habe, sei man mit dem Zusatzprotokoll einverstanden gewesen, zumal auch Vertreter des Rundfunk« dieser Regelung zugestimmt hätten.

Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, A11 m e i e r, teilte dem Landtag in Mainz am vergangenen Wochenende mit, die französische Hohe Kommission habe Bedenken gegen den Staatsvertrag über den Südwestfunk geäußert, da er in gewissen Punkten im Widerspruch zum Gesetz Nr. 5 der Hohen Kommission stehe, da« Unabhängigkeit und Freiheit der Presse und de« Rundfunks garantiere, und erklärt, daß er dem Vertrag nicht zustimmen und die entsprechenden Ordonnanzen der französischen Militärregierung in bezug auf den Südwestfunk unter diesen Um­ständen nicht aufheben könne. Schließlich ver­abschiedete der Landtag von Rheinland-Pfalz da« Gesetz zum Abschluß des Staatsvertrag über den Südwestfunk zwischen den Ländern Baden, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern.

Die Bundestagsfraktionen der SPD und FDP haben den Vertrag in einer gemeinsamen Inter­pellation mit der Begründung abgelehnt, der Ver­trag verletze die im Grundgesetz zugesicherte Freiheit der Meinungsäußerung und versuche, ein Rundfunkprogramm unter staatliche Aufsicht zu stellen.

Ein heiterer Roman oon I' ranz Goßt:

Nachsaison"

Copyright by ßchwäb. Verlagsgesellschaft, Tübingen

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Mir ists recht, willigte der Obermoser eia.

Nur wenige Minuten drauf hatte Herr Myera die Scheine und der Andreas Obermoser, Bauer in Zwischenquell, eine Bestätigung, daß Herr Jack Myera aus Valparaiso die Summe von so­undso viel erhalten habe, um dafür Herrn Obermoser Minen zu kaufen. In jeder Hin­sicht erleichtert suchte der Ander gleich dar­auf die Gaststube auf, hinter ihm Jack Myera. Sie mußten doch auf das Gedeihen der Minen anstoßen. Gerade als sie die Stiege herabka­men, wollte die Lisi ein paar Eier aus der der Küche gegenüberliegenden Vorratskammer ho­len. Wie sie die schöne Einträchtigkeit sah, blieb sie verwundert einen Augenblick stehen. Das deutete Herr Myera zu seinen Gunsten aus na, er machte auf das Mädchen ja einen tiefen Eindruck! Freudig eilte er auf sie zu:Fräulein Lisi, sieht man Sie auch wieder einmal! Das macht für mich den Sonntag erst richtig.

Aber lang sehen Sie mich nicht, die Wirtin wartet auf die Eier. Verdutzt und sprach­los starrte der Amerikaner der Enteilenden nach. Auch dem Obermoser kam die Sache spanisch vor. So bissig war die Lisi ja sonst doch nicht. Ja, ja, man hatte se ; n Gefrett mit den Kindern! Was mußte Herr Myera nur von der Lisi denken! So schnappig! Er wollte trachten, den schlechten Eindruck zu verwi­schen

Da schauen Se, ha? meinte er gezwungen lachend,so sind sie, die Weiberi Wenn sie beim Kochen sind, darf man ihnen nicht in die Quere kommen. Sonst kriegt man gleich eine aufs Dach.

Auch der neu gewonnene Geschäftsfreund zwang sich ein Lächeln ab und übertrumpfte den Vater sogar:Das ist nur eine der vielen guten Eigenschaften, die ich an Ihrer Tochter so sehr schätze. Arbeitsefrig, pflichtbewußt, sich auch nicht durch Angenehmes ablenken lassen. Es war nur gut. daß er zehn Minuten später, als er berets mit dem Obermoser bei anklingendem Weinglas die Zukunft leben ließ, nicht sah, wieviel Zeit auf einmal die Lisi hatte.

Mit dem geschärften Gehör, das junge Mäd­chen nun -einmal in verliebtem Zustand ha­ben, hatte sie die Schritte Martins im Haus­gang vernommen. Wie eine Soinne auf de Fhege im Netz war sie aus der Küche h : naus- geschossen und gleich darauf hatte sie den Martin in eine geschützte Ecke bugsiert.

Du, Martin, was hat denn mein Vater mit dem Amerikaner?

.Mußt ihn schon selber fragen, deinen Ame­rikaner, erwiderte kurz angebunden der Wirtssohn. Ihm saß noch immer der Stachel vom vorigen Sonntag im Herzen. Dies um so mehr, als sich unter der Woche keine Gele­genheit geboten hatte ihn sich von der Lisi mit zärtlicher Hand herausziehen zu lassen.

Wie redest denn du mit mir? fuhr sie ihn an.

Weils wahr ist, begründete er sein Ver­halten mehr nachdrücklich als klar.

Was ist wahr? zwang sie ihn Farbe zu be­kennen.

Wenn du schon so genau weißt, wo der Amerikaner alleweil umgeht, mußt schon sau­ber hinter ihm her sein, wurde er deutli­cher

So du bist ein Aff! Das war nun gewiß keine sachliche Verteidigung, aber sie erschütterte doch die Grundfesten der An­klage.

Ich habe ja selbst gesehen, wie du ihn an- schmachtest, vor acht Tagen, da in der Küche

drinnen." Das klang zwar nicht grollend, aber ein gewisses Einlenken war herauszuspüren.

,Du bist ein rechter Depp, Martin, daß dus nur weißt, aber wenn so ein ungehobelter Mensch einen nicht mehr anschaut nach... Sie wurde rot und blieb mitten in der schö­nen Fahrt stecken.

Beim Martin brachte diese eindeutige Lie­beserklärung den letzten Groll zum Schmel­zen und so fand er sich auch bereit, auf die ursprüngliche Frage einzugehen.

Es war nur mißlich, daß er keine Auskunft geben konnte.

Ich kanns auch nicht riechen, gab er seine Unwissenheit kund,was der Kerl mit deinem Vater hat. der Kerl der hundshäuterne. Wenn auch sein Zorn auf die Lisi verflogen war, so witterte er doch weiterhin im Frem­den den anschleichenden Gegner und mußte seinem Unmut Luft machen.

Überhaupt, fuhr er fort,hab ich das sc^on gefressen, wenn einer sich so aufführt. Schläft in unseren guten Botten in den l'chten Tag hinein, hockt faul herum, frißt sich mit den besten Sachen den Bauch voll, sauft den besten Wein und läßt alles aufschreiben

Zahlt er denn nicht? fragte die Lisi un­gläubig zurück.

Ach, woher denn! Der Vater und die Mut­ter sind schon fast übere'nandergeraten we­gen dem Lümmel. Die Mutter hat gesagt, der Vater soll ihm doch einmal die Rechnung un­ter die Nase halten, aber der Vater, der ist ganz närrisch auf den Kasper, den geschnie­gelten. Wo denkst denn hin, sagt er, solche Herren sinds nicht gewöhnt, jeden Schmar­ren gleich zu zahlen, das geht bei ihnen alles in einem Wisch. Und wenn man ihn beleidigt, dann kommt ken Teufel mehr zu uns denn der Myera könnts ja weitersagen, daß wir keine Lebensart haben. Mit dem Faui 'nzer geht er vorsichtiger um als mit einem Korb voll Eier. Der Lackl mag ja Geld haben, aber eine Ordnung muß sein!

Geh, reg dich nicht so auf, Martin. Mein Vater ist kein Haar besser. Der schlieft ja auch den Amerikaner hinein, als wenn er ihn beerben wollt, und läßt nichts darüber kom­men.

Da mag er gut aufpassen! Über den komm schon ich, wenn er dir noch länger nachsteigt. Nachher kann er schauen, wo er seine Kno­chen zusammenklaubt.

Der Martin redete sich in gefährliche Wut Das konnte die Lisi nicht mehr länger mit an- sehen. ohne Angst zu bekommen und so beru­higte sie ihn, wie eben vernünftige Mädchen aus dem Häuschen geratene Männer beruhi­gen. Es war wirklich Selbstaufopferung, denn de Lippen brannten sie noch lange nachher ganz jämmerlich.

Und doch hatte Martin Herrn Myera mit seinen von der Eifersucht getrübten Gedanken bitter Unrecht getan. Dem Gast war näml cb aufgefallen, daß ihn schon eine Weile nicht mehr die Wirtin selbst bediente und in rich­tiger Erkenntnis der Ursache zahlte er noch am gleichen Abend die ganze Summe bei Hel­ler und Pfennig Er vergaß auch das fürst­liche Trinkgeld nicht. Der Hirsehenwirt aber strahlte vor Genugtuung darüber, daß er mit seiner biederen Ansicht über den Amerika­ner im Recht geblieben war. Das rieb er sei­ner Frau und dem Martin auch brühwarm unter die Nase. Und sie mußten es sich wotu oder übel gefallen lassen, obwohl es ihnen gar nicht angenehm hinaufstank.

Durch das Wohlwollen Herrn Myera« und das dadurch hervorgerufene Vertrauen de Obermosers für Herrn Myera war für den Bauern der Grundstein zu einem sich an ~?T nenden Freundschaftsverhältnis zwischen de Mann von Welt und dem einfachen Dorfbe­wohner gelegt Und schon am vierten Tag nach der Übergabe des Geldes konnte d Amerikaner freudig bewegt ein Telegramm schwenken, als er die Stube Obermosers * trat. (Fortsetzung folg /