HEIMATBLATT FÜR
STADT UND LAND
FREITAG, 5. OKTOBER 1951
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
7. JAHRGANG / NR. 155
Konferenzort im Niemandsland von Ridgway vorgeschlagen
Kommunisten beharren auf Käsong / UN-Offensive in Westkorea
TOKIO. Das Oberkommando der kommunistischen Streitkräfte hat gestern den Vorschlag des Generals Ridgway abgelehnt, die Waffenstillstandsverhandlungen von Käsong an einen anderen Ort zu verlegen. Die Note wurde den alliierten Verbindungsoffizieren in Pan Mun Jon übergeben. Sie ließ den Weg sur Wiederaufnahme der Verhandlungen offen, wenn das alliierte Oberkommando bereit ist, diese in Käsong weiterzuführen.
General Ridgway beantwortete noch am Donnerstag die kommunistische Ablehnung seines Vorschlages, den Konferenzort zu wechseln, mit der Forderung, daß nunmehr ein Konferenzort im Niemandsland bestimmt werde. Zufriedenstellende Bedingungen für die Wiederaufnahme der Gespräche könnten nur dadurch erreicht werden, daß man den Konferenzort ln ein Gebiet verlege, das nicht von einer der beiden Seiten kontrolliert werde. Ridgway schlug vor, Delegationen sollten sich an einer Stelle treffen, die von den Kommunisten ausgewählt und für die UN-Seite annehmbar sei.
Trotz erbitterter feindlicher Gegenwehr macht die alliierte Offensive in West- und Mittelkorea gute Fortschritte, heißt es in einem Kommunique des Hauptquartiers der
Achten Armee. Das seit Mittwoch ununterbrochen anhaltende Artilleriebombardement an der Westfront deutet daraufhin, daß die 8. Armee unter allen Umständen versuchen will, die feindliche Front zum Einsturz zu bringen. Amerikanische und britische Kriegsschiffe setzten die Beschießung der feindlichen Stellungen an der Westküste Koreas fort und koordinierten ihr Feuer mit dem gewaltigen Trommelfeuer der 'alliierten Landbatterien. Berichte über den Umfang der UN-Offensive im Westabschnitt der Koreafront werden durch die Zensur verhindert. Nach einem zweiten Kommunique haben die UN-Truppen an verschiedenen Stellen, zum Teil mit der blanken Waffe kämpfend, Geländegewinne erzielt.
Omar B r a d 1 e y, der USA -Generalstabschef, hielt nach seinem Frontbesuch in Korea noch mehrere Geheimkonferenzen in Tokio im Beisein des Rußlandsachverständigen des USA-Außenministeriums, Charles Bohlen, ab. Vor seinem Rückflug nach Washington sagte Bradley, die UN-Streitkräfte würden einer neuen kommunistischen Offensive standhalten und den Koreakrieg zu einem erfolgreichen militärischen Abschluß bringen, wenn die Waffenstillstandsverhandlungen endgültig abgebrochen werden sollten.
Paktsysteme
Das Paktsystem der XJSA reicht nunmehr von der Arktis bis zur Antarktis, vom östlichen Mittelmeer bis in den Süd weiten des Pazifik. 1947 wurden der panamerikanische Pakt von Rio de Janeiro, 1949 der Nordatlantikpakt und dieses Jahr an Stelle eines noch fehlenden allseitigen Pazifikpaktes Sicherheitsverträge mit den Philippinen, Australien, Neuseeland und Japan abgeschlossen
NORDATLANTIK::
PAKT
wm
UdSSR.
UdSSR.
PAZIFIKPAKTE
JAPAN
PHILIPPINEN
USA und Alliieret Kommunist. Stock.
AUEN
EL'AND.
Bemerkungen zum Tage
Unterhaus aufgelöst
Das Regierungsprogramm der Konservativen / Beteiligung an Europa-Armee?
LONDON. Durch eine Verordnung König Georgs VI. wurde das britische Unterhaus am Donnerstag aufgelöst. Damit ist offiziell das Startzeichen zum Wahlfeldzug für die Parlamentsneuwahlen am 25. Oktober gegeben. Da Aer König durch seine Lungenoperation ans Bett gebunden ist, wurde die Thronrede vor beiden Häusern des Parlaments, in der die Auflösung des Unterhauses verkündet wird, durch Lordkanzler J o w i 11 verlesen.
Am Mittwochnachmittag gab der Abgeordnete Butler, ein Mitglied des sogenannten „Schattenkabinetts“ von Churchill, das Programm der Konservativen Partei, das im Falle ihres Wahlsieges am 25. Oktober Regierungsprogramm würde, bekannt. An erster Stelle steht die Verteidigung, an zweiter folgen Hausbau und Wohnungsbeschaffung. Im einzelnen enthält es folgende außenpolitische Forderungen: „Frieden durch Stärke, enge Verbundenheit zwischen dem britischen Empire, dem Commonwealth und den USA, Verteidigung Westeuropas als wichtigster Bastion des Friedens, europäische Zusammenarbeit, Bemühungen, den Völkern Zentral- und Osteuropas wieder zur politischen Freiheit zu verhelfen u. a. m.
Butler erklärte, die Verteidigung Westeuropas verlange eine europäische Verteidigungsorganisation. An der „Europäischen Armee“ unter dem Befehl General Eisenhowers müsse auch Großbritannien sich beteiligen. Die von ihm vertretene Ansicht weicht von der bisherigen britischen Politik ab, da Außenminister Morrison in Washington den Plan einer Europaarmee zwar billigte, aber keine britische Beteiligung in Aussicht stellte.
Im innenpolitischen Teil stellt das Programm, das unter dem Titel „Britannien stark und frei“ erscheint, den Neubau von 300 000 Häusern jährlich, Steigerung und Verbilligung der Produktion, Kürzung der Regierungsausgaben, Senkung der Steuern, Reorganisierung der verstaatlichten Industrien, freien Wettbe-
Neue Atomexplosion in Sibirien
Weißes Haus prüft Unterlagen
WASHINGTON. In der Sowjetunion sei eine „weitere Atombombe“ zur Explosion gebracht Worden, gab das Weiße Haus am Mittwoch bekannt. Zuvor verlautete, daß die amerikanische Regierung gegenwärtig Unterlagen über zwei neue Atomexplosionen in der Sowjetunion prüfe, wovon eine fehlgeschlagen sei.
In der vom Sekretär Trumans verlesenen Erklärung heißt es u. a.: „Trotz der Behauptung der Sowjets, daß ihr Atomenergieprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient, bestätigt dieses Ereignis erneut, daß die Sowjetunion weiterhin Atombomben her- Btellt.“ Weitere Einzelheiten könnten nicht bekanntgegeben werden, ohne daß die nationalen Sicherheitsinteressen der USA nachtei- ng beeinflußt würden. Zuständige Kreise neh- n*en an, daß die Explosion entweder spät im Juli oder im August in Sibrien stattfand.
Vor zwei Jahren, am 23. September 1949, hat Präsident Truman erstmals bekanntgege- hen, daß der amerikanischen Regierung Beweismaterial für eine Atomexplosion in der Sowjetunion vorläge.
w ^on amerikanischer Seite wurde erneut die Notwendigkeit einer wirksamen internationalen Kontrolle der Atomenergie betont.
werb bei Aufrechterhaltung einer gewissen Planung, eine Besteuerung übermäßiger Gewinne, umfassende Beratungen mit den Gewerkschaften, vorläufige Aufrechterhaltung der Subventionen und Anwendung der Monopolgesetzgebung in den Vordergrund.
In seiner ersten großen Wahlrede versprach, wie bereits teilweise gemeldet, Churchill dem britischen Volk im Falle seines Sieges eine „nationale Regierung auf breiter Grundlage und einen mindestens fünfjährigen inerpoliti- schen Burgfrieden“. Churchill deutete an, daß er eine Allparteienregierung nach dem Muster seines Kriegskabinetts anstrebe, ohne dies allerdings direkt auszusprechen. Diese Andeutung kam für die Konservative Partei völlig überraschend.
Aus der Rumpelkammer
hr. Der geistige Boden, aus dem die südbadischen .Vertreter bei den Verhandlungen vor dem zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe ihre Argumentationen beziehen, ist kaum verschieden von dem, auf dem die Freiburger Wahlpropaganda so üppig ins Kraut schoß. Beidesmal geht man am Kern der Dinge vorbei. Dem Volk, dem es darauf ankommen müßte, wo es sich wirtschaftlich besser stellt, eine billigere und vernünftigere Verwaltung erhält, erzählt man vom badischen Vaterland und seiner verpflichtenden Tradition, von Heimattreue und einem Staatsbewußtsein, das zu diesem Zwecke erst eigentlich geschaffen werden mußte. Den Juristen des Bundesverfassungsgerichtes, vor dem es darum geht, ob ein vom Bundestag ordnungsgemäß beschlossenes Gesetz Bestand haben soll, hält man vor, daß dieses Gesetz den politischen Status des Landes Baden verletze. Verletze, wohlgemerkt, obwohl das Grundgesetz in seinem Artikel 118 das Parlament ausdrücklich mit der Neuordnung der Ländergrenzen im südwestdeutschen Raume beauftragt hat.
Wenn der Grundgesetzgeber hätte von den alten Ländern Baden und Württemberg ausgehen wollen, so wäre es ihm ja ein leichtes gewesen, das in seiner Vorschrift zum Ausdruck zu bringen. Art. 118 beinhaltet einen politischen Auftrag. Südbaden will jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht daraus ein staatsrechtliches Problem machen. Man bekämpft das Neugliederungsgesetz, greift aber
Skandal um Geheimprotokolle
Drei Personen verhaftet / Kontroversen Bundesregierung — SPD
Drahtbericht unserer Bonner Redaktion
BONN. Wegen Diebstahls und Weitergabe von Geheimakten der Bundesregierung sind in Bonn ein Amtsgehilfe des Bundeskanzleramts und zwei weitere Personen verhaftet worden. Nachdem bekannt geworden war, daß dieser Amtsgehilfe, der mit Vervielfältigungsarbeiten beauftragt war, ein Exemplar über einen Mittelsmann, der der Sozialdemokraitischen Partei angehörte, an den Parteivorsitzenden Dr. Schumacher gehen ließ, während ein zweites Exemplar auf Umwegen in den Besitz des französischen Geheimdienstes in Mainz gelangte, hatte die SPD am Mittwoch eine scharfe Erklärung veröffentlicht.
Darauf antwortete die Bundesregierung mit der Feststellung, daß der Amtsgehilfe, der ebenfalls der SPD angehörte, seit längerer Zeit Vervielfältigungen von geheimen Kabinettsvorlagen und Kabinettsprotokollen beiseite geschafft hatte und diese dann, wie bereits geschildert, in die Hände des SPD-Vorsitzenden bzw. des französischen Geheimdienstes gelangten. Auch dem amerikanischen Nachrichtendienst war ein Teil des Materials angeboten, von diesem jedoch nicht gekauft worden. Ein Strafantrag wegen" Bestechung und Geheimnisverrats schwebt. Drei der Beteiligten sind auf Grund richterlicher Haftbefehle verhaftet worden. In der Verhandlungserklärung wird weiter festgestellt, daß der Parteivorsitzende der SPD eine Vernehmung als Zeuge unter Berufung auf sein Zeugnisverweigerungsrecht ablehnt und auch seine Sekretärin bisher nicht zur Vernehmung erschienen sei.
Dieser in jeder Hinsicht unerfreuliche Vor-
Skandal, der um die Weitergabe von Geheimregierungsprotokollen entstanden ist, mit großem Bedauern kommentiert. Es besteht Übereinstimmung bei den großen Parteien, daß Regierung und vor allem die SPD keine glückliche Hand bei der Behandlung des Vorfalls bewiesen hätten. Das ist um so bedauerlicher, als es sich bei den weitergegebenen Schriftstücken kaum um Dokumente gehandelt haben dürfte, deren Inhalt nicht zu einem späteren Zeitpunkt ohnehin einem sehr weiten Kreis von Personen zugänglich wurde. Daß die für Donnerstag vorgesehene Aussprache Adenauer-Schumacher abgesagt wurde, ist als eine der Folgen der Auseinandersetzung zwischen Regierung und SPD anzusehen.
in Wahrheit die Bundes Verfassung an, auf Grund deren dieses Neugliederungsgesetz geschaffen wurde. Man malt als Schreckgespenst die angeblich unzulässige Überstimmung Südbadens an die Wand, ohne aber doch die im anderen Falle drohende Überstimmung Nordbadens irgendwie beachtenswert zu finden. Und das alles, weil im 19. Jahrhundert zufällig Südbaden und Nordbaden in einem Großherzogtum zusammengefaßt wurden.
Während also im öffentlichen Wahlkampf das nationalistische Zeughaus die Waffen liefern muß, greift man im Streite vor den Verfassungsrichtern zu den formalsten Argumenten aus der staatsrechtlichen Rumpelkammer. So als ob in einer Zeit, da die Bundesrepublik selbst keine Souveränität hat und auch keine Aussicht besteht, daß sie vorderhand eine echte Souveränität wieder erlangen könnte, der altbadische Landesstatus aus dem 19. Jahrhundert plötzlich — ein Phönix aus der Asche — eine neue, einsame Bedeutung erlangt hätte.
Für Frieden keine Zeit
cz. Der Kriegsschauplatz in Korea ist in unser Denken bereits so weit als unabänderliche Tatsache eingegangen, daß wir mit Gleichmut die Positionskämpfe der sogenannten Verhandlungspartner registrieren, um sofort zu anderen Tagesereignissen überzugehen. Dabei ist uns allen klar, daß von hier die weltpolitische Entspannung ausgehen müßte. Die nun bereits Wochen andauernden Besprechungen über den richtigen Verhandlungsort lassen darauf schließen, daß beiderseits eine abwartende Haltung eingenommen wird und niemand möglichen „höheren Entscheidungen“ vorgreifen will. Die Gerüchte, die im Zusammenhang mit der Grotewohlaktion kursierten und besagten, daß eine Viererkonferenz in Aussicht stünde, haben bisher zwar keine Bestätigung erfahren. Korea spricht jedoch dafür. Will man auf beiden Seiten Korea als Trumpf in der Hand behalten, als Abtauschobjekt? Wir wissen es nicht, wünschen aber nur, daß uns einmal erfreulichere Nachrichten zuteil würden wie die vom Weißen Haus in Washington herausgegebenen, die Sowjetunion habe ihre zweite Atombombe hochgehen lassen. Seit Jahr und Tag schwimmen wir in Meldungen über Atomexplosionen und Wunderwaffen mit noch größerer Zerstörungskraft, so daß man über der Frage, ob überhaupt noch irgend jemand in der Welt am Frieden interessiert sei, verzweifeln könnte. Atomexplosionen und Handel um Tagungsorte. Für Frieden keine Zeit.
„Ermutigende Fortschritte“
Dritte Besprechung mit Hohen Kommissaren
hf. BONN. Nach der dritten Konferenz zwischen Bundeskanzler Dr. Adenauer und den Hohen Kommissaren kann es als sicher angenommen werden, daß die Periode der Verhandlungen über die Diskussionsgrundlagen der deutsch-alliierten Verträge länger als erwartet dauern wird. In einem Kommunique über die in Mehlem geführten Besprechungen, bei denen der französische Hohe Kommissar durch B ä r a r d vertreten war, heißt es, es seien „ermutigende Fortschritte erzielt und Sachverständige bestimmt worden,
fall wurde noch durch eine neue sozialdemo- um die Bearbeitung gewisser Punkte der zu
kratische Erklärung verschärft, in der die Beschuldigungen gegen die Verläßlichkeit von Regierungsangestellten, die Informationen auch an den Osten verkauft haben sollen, wiederholt wurden.
Am Donnerstag veröffentlichte dann die SPD den Brief, den Dr. Schumacher an den Staatsanwalt zur Begründung seiner Zeugnisverweigerung gerichtet hatte. Dieser Brief bestätigt eine vorangegangene Feststellung der Sozialdemokraten, daß Schumacher aus grundsätzlichen und nicht aus sachlichen Überlegun
treffenden Vereinbarungen in Angriff zu nehmen“. Das bedeutet nicht, daß eine grundsätzliche Einigung auch nur in Teilfragen erzielt worden ist. Die nächste Verhandlung zwischen Adenauer und den Hohen Kommissaren ist für den 10. Oktober auf Schloß Röttgen, dem Sitz des britischen Hohen Kommissars, vorgesehen. Es wird erwartet, daß in der Zwischenzeit die Hohen Kommissare nicht nur miteinander ihre Haltung überprüfen, sondern auch ihre Regierungen konsultieren werden.
Bundeskanzler Adenauer hat auch auf der
gen eine Vernehmung abgelehnt hat, von de- Konferenz des Mittwochs den deutschen Stand- ren Inhalt ihm noch nichts bekannt war. punkt sehr nachdrücklich vertreten und es hat
In Bonner politischen Kreisen wird der sich der Eindruck verstärkt, daß er nicht be
reit ist, solchen Verträgen zuzustimmen, die kein Münimum in der deutschen Gleichberechtigung garantieren würden.
Deutsche Fachleute für Pyslen
TEHERAN. Der persische Ministerpräsident Mossadeq hatte am Mittwochabend eine über dreistündige Unterredung mit dem Schah. Bei der Audienz kamen die Reise Mos- sadeqs nach New York, die er am Sonntag an- treten wird, und die Zusammensetzung der persischen Delegation für die Verhandlungen vor dem Sicherheitsrat zur Sprache.
Unter Abspielen flotter Märsche nahm der britische Kreuzer „Mauritius“ am Mittwochnachmittag die letzten 275 britischen Ölfachleute vor Abadan an Bord. Die Evakuierung verlief planmäßig und ohne Zwischenfälle. Die persische Bevölkerung-enthielt sich jeder Demonstration.
Der Hamburger persische Konsul gab bekannt, die persische Regierung habe mit deutschen Ölfachleuten, die sich um Anstellungen ln Persien beworben hätten, nunmehr direkte Verbindung aufgenommen. Er habe bisher bereits 400 Bewerbungen deutscher Ingenieure nach Teheran weitereeleitet
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