FREITAG, 1 7. AUGÜST 1951

NUMMER 12t

Ein Märchen wurde Wirklichkeit

Spanische Arbeiterfrau wird Marquise und erbt 100 Millionen Peseten

In Valencia hat sich in diesen Tagen eine Geschichte zugetragen, die wie ein uraltes Märchen klingt. Aber es ist kein erdichtetes Märchen, sondern Wirklichkeit. Eine junge Arbeiterfrau von 26 Jahren erhielt vom Ge­richt die Nachricht, daß sie nicht, wie sie bis vor einiger Zeit noch glaubte, das Kind armer Pförtnersleute, sondern die natürliche Tochter der im Jahre 1946 verstorbenen Marquise von Escalona sei. Von dieser wurde sie zur Erbin des Adelstitels und des gesamten Vermögens rund 100 Millionen Peseten eingesetzt. Hier das schöne Märchen, das Wirklichkeit wurde:

Es war einmal . . . vor rund 30 Jahren ine Tochter eines Marquis, die sich in einen hübschen jungen Mann verliebte. Da er aber kein Prinz war, duldete der stolze Marquis nicht, daß die beiden weiterhin zusammenka- men. Als nun die jungePrinzessin einem TÖchterchen das Leben schenkte, brachte sie «s heimlich in das Pindelhaus von Bilbao. Sie hatte aber einen Vertrauten, der immer wie­der nach dem Kinde sah. Eines Tages über­brachte dieser ihr die Nachricht, daß ein armes, aber fleißiges Arbeiter-Ehepaar, dem der liebe Gott den Kindersegen versagt hatte, die kleine Maria del Rosario, wie das Kind derPrinzessin mit ihrem Vornamen hieß, an Kindes Statt angenommen hatte. Von mm an ließ diePrinzessin den Pflegeeltem lau­fend Geld zukommen, damit das Kind keine Not litt. Es wuchs heran und wurde ein schönes Mädchen. Aber dann kam ein böser Krieg, der spanische Bürgerkrieg, und die Pflegeeltem mußten ihr Häuschen in Bilbao verlassen und siedelten nach Valencia über. Sie wurden Pförtner in einem bescheidenen Wohnhaus und schlugen sich mit ihrer Pflege­tochter schlecht und recht durchs Leben. Da ' de aber befürchteten, daß eines Tages der Wirkliche Vater oder die wirkliche Mutter käme und ihnen das Kind wieder fortnähme, ' nannten sie es Carmen und gaben es in der , nun neuen Umgebung als eigenes Kind aus. , Damit aber war für die Mutter der Maria del Rosario die Spur für immer verwischt. Als , Carmen größer wurde, half sie ihren Pflege­eltem fleißig und nahm eine Stelle als Arbei- ' terin in einer Gießerei an. Hier lernte sie einen jungen tüchtigen Arbeiter kennen, der Ihr sehr gefiel. Sie verlobten sich und wollten auch bald heiraten. Aber hier kamen die 1 ersten Schwierigkeiten, denn zur Heirat in l diesem wahren Märchen benötigt man einen ( Geburtsschein, einen Taufschein und so man- , ches andere, was in einem Märchen der Brü- , der Grimm nicht notwendig ist. Nun erfuhr ' Carmen, daß ihr richtiger Name Maria del

19 51 .

JAN-JUNI

Frankreich

Fuxbg.

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DANEMK.

SCHWEIZ

ÜBRIGE

SCHWED.

ITALIEN ÖSTERREICH ^MITGLIEDER DER RVHRBEHORDE.

WOHIN 1

GEHT UNSER

KOHLEN­

EXPORT

Rosario Isabel Clara Romero y Cruza Alvarez de Heredia y Ximenez de Fontcuberta war und daß ihre Pflegeeltern sie aus dem Findel­haus in Bilbao geholt hatten. Sie war zuerst traurig, daß die armen Pförtnersleute, die sie so liebte, nicht ihre richtigen Eltern waren, aber sie tröstete sich bald wieder, weil sich in ihrem Leben nichts änderte.

DiePrinzessin, ihre Mutter, war unter­dessen, da ihre Eltern gestorben waren, selbst eine Marquise geworden. Aber sie war un­tröstlich, daß sie die Spur ihres Töchterchens verloren hatte. Sie starb im Jahre 1946, wie man sagte, vor Herzeleid. In ihrem Testament aber bestimmte sie, daß man nach dem Kinde weitersuchen solle und daß dieses Marquise de Escalona del Valle und Grande von Spanien werden und ihr ganzes Vermögen erben solle.

Nun wollte es das Schicksal, daß sich die Anfragen der Carmen nach ihren Dokumenten und die Suche des Gerichtes nach der Erbin der Marquise in Bilbao trafen. Aber Carmen, jetzt Maria del Rosario, ließ sich durch die Wendung des Schicksals nicht von ihrem Ver­lobten trennen. Sie heiratete bald, schenkte einem Mädchen das Leben und überließ es den Gerichten und einem tüchtigen Rechtsan­walt, ihre Rechte auf die Erbschaft geltend zu machen. Und das Gericht fällte in diesen Ta­gen die Entscheidung, durch die sie Marquise de Escalona del Valle und Eigentümerin einer

AD. Auf Einladung des amerikanischenAußen- ministeriums (State Department) hat jetzt ein Vertreter desDeutschen Instituts für Ge- schiche der nationalsozialistischen Zeit zwei Monate lang Nachforschungen in USA ange­stellt, wo das gewaltige Material der Beute­akten und Beutedokumente geblieben ist, das in Schiffsladungen 1945 aus Deutschland weg­geschafft wurde. 80 Prozent schätzungsweise wanderten nach den Staaten und davon be­findet sich der bei weitem größte Teil noch immer in den Händen der Armee, und zwar in Alexandria bei Washington. Vieles ist noch in Kisten verpackt, so wie es damals herüber kam, die alten Geheimhaltungsvorschriften vom Kriege sind noch in Gültigkeit und nie­mand kann ohne Sondererlaubnis an dieses Material heran, das immerhin die Haupt­quelle für unsere neueste Geschichtsforschung darstellt. Nun will man deutschen Historikern den Weg zu den Akten freigeben und gemein­sam Wege zu ihrer wissenschaftlichen Auswer­tung ebnen, auch wird die Rückgabe an Deutsch­land immer positiver erwogen. Denn allmäh­lich wirkt dieser Aktenraub wie ein Alpdruck auf dieUSA.Man kann nicht ein großes Volk um die Mittel bringen, endlich ein 'echtes Ge­schichtsbild zu formen, unverzerrt von der Parteien Haß und Gunst, von denen die mei­sten Veröffentlichungen seit 1945 überschattet waren. Die Historiker aller anderen Länder verlangen Freigabe für die Forschung. Denn sie fühlen sich mitbetroffen und mitgeschä­digt, solange diese Lücke mit Rückwirkungen auf das eigene Land klafft. Allerdings muß eine zweckgebundene Steuerung der Geschichts­forschung durch Zurückhaltung bestimmter Akten vermieden werden.

Der deutsche Experte, der die Studienreise unternahm, war der Generalsekretär Dr. Mau von dem erwähnten Münchner Institut, ein junger Privatdozent für neuere Geschichte an der Universität München. Er mußte fest­stellen, daß Archive mit Akten und Urkun­den bis zweieinhalb Jahrhunderte zurück nach Amerika gebracht wurden, ein einmali­ger Vorgang in der Geschichte, daß die Me­moiren von Gneisenau und Scharnhorst, von Roon, Moltke und Schlieffen sowie von Groe- ner und Seeckt in Alexandria lagern, und daß Millionen von Bänden der Literatur während

herrschaftlichen Villa in Madrid, einer in Se­bastian, einer in Sevilla, einer an der Cote dAzur, einer Anzahl von Wohnhäusern in Madrid und Sevilla und von vier Rittergütern wurde. Außerdem kann sie nun über ein Bankkonto und über Aktienbündel von vielen Millionen Peseten verfügen. Man spricht von einem Gesamtvermögen von 98 Millionen Pe­seten. Die Liegenschaften dürften wahrschein­lich aber nach alten Schätzungen eingesetzt worden sein, so daß sich der heutige Realwert sicherlich auf insgesamt 300 Millionen Peseten beläuft. Das Glück ist aber auch auf den flei­ßigen Mann gefallen, denn er ist nun Mar­quis, wie es das spanische Gesetz bestimmt.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann . . . sie leben alle noch und zwar vorläufig noch in der kleinen Pförtnerwohnung in Va­lencia. Im September werden die neuen Mar­quis mit ihrem TÖchterchen und ihren gelieb­ten Pflegeeltem auf ihrSchloß bei Sevilla ziehen.

Über eines allerdings wundem sich die neuen Marquis sehr: Sie wußten bisher noch nicht, daß sie so viele Freunde hatten, wie sich nun herausstellt; denn der Briefträger bringt täglich wenigstens 30 Briefe, die von Liebesbeteuerungen strotzen und auch hier und da um einen kleinen Anteil am Glück bitten, in das bescheidene Pförtnerhaus.

Und die aristokratische Gesellschaft? so wird man fragen. Adelige Geburt, auch wenn sie unehelich war, und 100 Millionen Peseten geben schon ein gutes Ansehen in Spanien.

K. T.

der nationalsozialistischen Zeit nach USA wanderten.

Dr. Mau fand aber auch im Nationalarchiv zu Washington handgeschriebene Tagebücher von Josef Goebbels aus dem Jahre 1926 und von Eva Braun aus dem Jahre 1933. Er ist von deren Echtheit fest überzeugt. Das Tage­buch der Eva Braun, das nichts mit dem Trenkerschen Elaborat zu tun hat, ist in brau­nes Leder eingebunden, ein typisches Ge­burtstagsgeschenk, und es beginnt am 6. Fe­bruar 1935, ihrem 23. Geburtstag. Ein Teil des Tagebuchs ist herausgerissen und wegge­nommen. Die Eintragungen enden am 4. Juni des gleichen Jahres, Es war die Zeit, in der Eva Braun noch ais Fotolaborantin berufs­tätig war und Hitler den Hauskauf in Mün- chen-Bogenhausen für v sie vorbereitete. Eva Braun schildert recht primitiv die zwiespälti­gen Gefühle, von denen sie beherrscht wird, während der verhängnisvolle Schritt der Los­lösung aus ihrer gesicherten bürgerlichen Exi­stenz unmittelbar bevorsteht. Zwischen den Zeilen spürt man ihre Todesahnungen, ihre Angst vor einem unheilvollen Schicksal, in das sie hineingerissen wird.

Die Bundesregierung wird sich entschließen müssen, die notwendigen finanziellen Opfer zu bringen, die die objektive Auswertung der Beuteakten, sei es drüben in USA oder in Westdeutschland, auferlegt Es darf nicht da­hin kommen, daß die deutsche Geschichts­schreibung durch ausländische Wissenschaftler erfolgt und dabei bei allem guten Willen zur Objektivität doch mit den Augen des Auslandes gesehen wird. Die Gefahr ist groß und Groß­zügigkeit erscheint am Platze, soweit es irgendwie der uns auferlegte Rahmen wissen­schaftlicher Betätigung erlaubt. Vor allem aber ist Vorsorge zu treffen, daß die Politik, und vor allem die Parteipolitik, aus der Sphäre wissenschaftlicher Forschung femgehalten wird, in der sie sich seit 1945 im In- und Aus­land oft schamlos breitzumachen verstand.

Die Zeit der Schwarzweißmalerei bei Ge­staltung eines deutschen Geschichtsbildes ist vorbei und jeder ernsthafte Forscher weiß, daß die meisten Darstellungen der Nach­kriegszeit eine gründliche Korrektur erfahren werden, wenn erst einmal die amtlichen Do­kumente sprechen.

Programm der Labourparty?

Englische Gewerkschaften zeigen Mäßigung

Dr. B. S. London. Die Anzeichen, die auf eng­lische Herbstwahlen hindeuten, verdichten sich. Die jährliche Formulierung der neuen politi­schen Linie durch den Parteivorstand der Labourparty ist noch nicht herausgegeben worden. Sie sei fertig, meinen gut informierte Labourkreise, aber es fehle noch die Über­schrift. Fehlt vielleicht die ÜberschriftWahl­programm der Labourparty?

Die Tagesordnung für die Gewerkschafts­konferenz im September zeigt die gleiche Mäßigung, die die Gewerkschaften auch bei den Vorschlägen für die Parteikonferenz haben walten lassen. Das Rüstungsprogramm der Regierung wird nicht angegriffen und obwohl bei den Gewerkschaften von jeher die Preis- und Lohnfragen eine große Rolle gespielt haben und dies bei der jetzigen Teuerung mehr als je tun müssen, sind sie auch bei den dies­jährigen Vorschlägen der einzelnen Gewerk­schaften für die Tagesordnung nicht mit der Aufrüstung gekoppelt werden. Es sieht also danach aus, als ob die Regierung und die Ge­werkschaften sich einig geworden sind: Die Gewerkschaften haben sich verpflichtet, vor einer baldigen Wahl der Regierung keine Schwierigkeiten mehr zu machen und die Politik Attlees voll zu unterstützen, während die Regierung ihrerseits erklärt hat, die Divi­denden zu beschneiden, eine Preisstabilisierung rigoros durchzuführen und sogar eine weitere einmalige Erhöhung der Lebensmittelsubsidien in Erwägung zu stellen.

Wie Schatzkanzler Gaitskell ausgeführt hat, soll dem Arbeiter die volle Kaufkraft seines Lohnes zugesichert werden. Anders als in der Bundesrepublik haben die englischen Gewerk­schaften also nicht ihre Mitarbeit aufgesagt, sondern im Gegenteil der Regierung einen neuen Vertrauensbeweis geliefert, sogar im Angesicht der Verführungen von Bevan, der ihnen Milch und Honig verspricht Die eng­lischen Gewerkschaften sind sich klar darüber, daß sie beim Abtreten einer Regierung Attlee nur zu verlieren hätten.

Ein weiteres Indiz für die Aussichten von Herbstwahlen ist die Tatsache, daß Verteidi­gungsminister Shinwell, der als nicht allzu zugeknöpft gilt, erklärt hat, daß in einem Wahlkampf die Dividendenbeschränkung und Preiskontrolle eine Hauptrolle spielen würden.

Kohlenschieber vor Gericht

RECKLINGHAUSEN. Die Preisbehörde in Recklinghausen gab am Mittwoch Einzelhei­ten des umfangreichen illegalen Kohlenge­schäftes bekannt, das sie nach eineinhalbjähri­ger Ermittlungsarbeit jetzt aufgedeckt hat. Die Unterschleife gehören nach Ansicht der Behördezu den größten Schieberskandalen der Nachkriegszeit. Bisher wurden elf Perso­nen festgenommen. 160 Verfahren wurden ein­geleitet. Die ersten Prozesse werden in etwa vier Wochen vor den Landgerichten Bochum und Essen beginnen.

Die Beteiligten hatten im Oktober vorigen Jahres das Recht zum Abtransport einer Ab­raumhalde erhalten, auf der Rückstände von Hydrierkohle lagerten. Die Rückstände beste­hen zu 75 Prozent aus Asche, so daß sie kaum noch als Brennmaterial anzusprechen sind. Die Schieber mischten sie aber mit Schlammkohle und von Bergleuten aufgekaufter Deputat­kohle und verkauften sie dann mit riesigen Gewinnen an Industrieunternehmen in Nie- dersachseg und Süddeutschland alsNuß­kohle. In kurzer Zeit verfügten fast alle Be­teiligten über eigene Kraftwagen. Sogar ein 13ährieer Schüler war unter den Beteiligten.

Wanderlust steigt

BONN. Das Jugendwandern hat in den letz­ten Jahren ständig zugenommen. Nach Anga­ben des Deutschen Jugendherbergswerks wur­den in den 586 Jugendherbergen des Bundes­gebietes 1950 rund 3,5 Millionen Übernachtun­gen gezählt, gegenüber 2,4 Millionen 1949. und 1,5 Millionen im Jahre 1948. Am 1. April 1951 verfügten die deutschen Jugendherbergen über 49 332 Betten bzw. Notlager.

Echtes Eva-Braun-Tagebuch in USA

Deutsche Archive als Kriegsbeute ' Amerikaner erwägen ihre Rückgabe

Das Ende kommt bald!

Abram Poljaks Prophetie der Erfüllung

Es hat seit jeher Propheten gegeben sowohl bei den sogenannten Primitivkulten als auch in­nerhalb der Hochreligionen. Immer gab es Män­ner und Frauen, die sich als Priester oder Laien zur Verkündigung und prophetischen Auslegung der ihnen zuteilgewordenen Gottesoffenbarung berufen fühlten. Das Entscheidende der alttesta- mentlichen Prophezeiungen war die Ankündi­gung des verdienten Gerichtes Jahwes über sein sündiges Volk und die Weissagung vom Kom­men des Messias und des messianischen Reiches. Die Gewißheit der Propheten um die Wahrheit ihrer Aussage beruhte zunächst auf dem Zwangs­charakter ihres Erlebens der göttlichen Offen­barung, sei es im ekstatischen Zustand durch Schauen von Gesichten oder durch Hören himm­lischer Stimmen. Beides wurde als unmittelbare Berührung mit der Gottheit gedeutet. Später verwiesen die Propheten auf die mündliche und schriftliche Überlieferung. Sie waren teilweise selbst schriftstellemd tätig und benutzten eifrig Begriffe und Gedanken der Träger der echten prophetischen Bewegung, die im 11. vorchrist­lichen Jahrhundert zur Zeit Sauls zum erstenmal ln Scharen auftraten.

Auch die urchristliche Gemeinde kannte die Prophetie. Im Neuen Testament steht die Zu­kunftserwartung im Vordergrund. Die Johannis­offenbarung und die Petrusapokalypse sind die großen Dokumente dieser Zukunftshoffnung. Im Laufe der Geschichte brach die Hoffnung auf eine baldige Wiederkehr Christi allen Enttäu­schungen zum Trotz immer wieder durch. Im­mer dann, wenn die in der Schrift genannten Vorzeichen, wie Abfall und Verfolgung, Kriege, Hungersnöte, Erdbeben u. a. Naturerscheinun­gen, sich zu erfüllen schienen, begann die Mensch­heit auf das prophetische Wort zu hören. Auch wenn diese Propheten Zeitgenossen waren. Man erwartet ergeben die Endzeit. Auch heute je­denfalls bei den Judenchristen in Jerusalem.

Zwei deutliche Zeichen kündigen, wie der aus Jerusalem nach Deutschland gekommene Juden­christ Abram P o 1 j a k am Dienstagabend in Herrenberg vor einer großen Zuhörerschar aus­führte, die in absehbarer Zeit zu erwartende Wiederkehr Christi an: Der neugeschaffene Staat

Israel und die Existenz der Judenchristen, de­ren es heute etwa zwanzig gibt. Diese Juden- christen (die nichtjüdischen Christen werden von ihnen Heidenchristen genannt), die nicht zu ver- w wechseln sind mit den katholischen Und evange­lischen Christen mosaischer Herkunft, glauben wie die orthodoxen Juden an die Herabkunft des Messias. Poljak und sein Kreis gehen einen Schritt weiter. Sie glauben wie die Christen an die Wie­derkehr des Messias, der als Christus schon ein­mal auf Erden wandelte. Die Judenchristen le­ben als Juden unter Juden. Die Hl. Schrift ist ihr Gesetzbuch. Sie taufen, heiligen den Sonn­tag bzw. den Sabbat. Sie wollen Buße tun für die Schuld, die das Judentum auf sich lud, als es Christus kreuzigte.

Für Abram Poljak ist die Zeit gekommen, da die Erwartungen erfüllt werden. Die Vollzahl des Neuen Testamentes sei erreicht: Das Ende kommt bald! Wie viele andere Gruppen, die sich mit ihrer Lehre auf die Bibel berufen, deu­ten auch die Judenchristen auf Grund der bib­lischen Prophezeiungen Vergangenheit, Gegen­wart und Zukunft von ihrem Standpunkt aus. Auch sie sehen die apokalyptischen Gestalten des Antichrist, der nach Poljak sicher schon un­ter uns weilt, der zwei Zeugen, der großen Hure (mit ihr wird in einem Beitrag der judenchrist­lichen ZeitschriftWort und Zeit daswest­liche demokratische System gleichgesetzt) usw. Auch bei den Judenchristen liegen also die Ter­mine in einer erreichbaren Nähe des Prophezei­enden.

Zur Endzeiterwartung gehört dasbald". Wie aber, wenn diesembald keine Erfüllung zu­teil wird? Wird Abram Poljak dann neue Be­rechnungen aufstellen, oder auf neue Zeichen der Zeit warten? Die Kirchengeschichtler wis­sen jedenfalls von über 175 Fällen von Ender­wartungen, die sich über alle Jahrhunderte er­strecken. ohne daß der große Weltumbruch bis­her eingetreten ist.

Echte prophetische Frömmigkeit scheint trotz ihrer Vieldeutigkeit eine der sonstigen Fröm­migkeit analoge, allenfalls stark potenzierte Frömmigkeit zu sein. Nur ist sie anders als die der sogenannten Judenchristen. Das Wesen des wahren Prophetismus, wie er uns in den Schrif­ten des Alten Testamentes begegnet, muß als religionspsychologisches Phänomen begriffen

werden. Poljaks Prophetie beruht auf einer mehr als eigenwilligen Ausdeutung der heiligen Texte, ist literarisch und nicht mehr original. Ursprüng­liche Prophetie schöpft aus dem sakralen Erleb­nis aus der Begegnung mit der Gottheit, die den Menschen hierzu erwählte. Sie ist ein Gnaden­geschenk Gottes, und kann als eine Objektivie­rung innerer seelischer Vorgänge bezeichnet werden. Jegliche Spekulationssucht, Unnüchtern­heit und Fanatismus liegen ihr jedoch fern. wn.

Gründgens Programm

Eben hat sich die neue Düsseldorfer Schau­spielhaus-GmbH. konstituiert, deren Aufsichts­rat, mit Regierungspräsident Baurichter an der Spitze, Vertreter des Landes Nordrhein-West­falen, der Stadt Düsseldorf, einer kunstfreudi­gen Industriellengruppe und des Deutschen Ge­werkschaftsbundes angehören. Ministerpräsident Arnold leitete von der ersten Sitzung der vier Partner zur Pressekonferenz über, in der Gu­staf Gründgens seiner Freude über die ihm ntm gewährleistete künstlerische Freiheit leb­haften Ausdruck verlieh.Ich habe, sagte er, als man mir die Voraussetzungen dafür schuf, künftig ohne bürokratische Umwege zu arbei­ten, sofort alle anderen persönlichen Pläne zu­rückgestellt und unternehme den Versuch, gegenüber der nach meiner Meinung veralteten Struktur des subventionierten Theaters die mir vorschwebende, erstmalig auszuprobierende andersartige Form des Theaters als Beweis für meine These zu zeigen. Ich hoffe, daß dieser Versuch sich nicht auf Düsseldorf und meine Person lokalisiert. Zum Spielplan, den er dann bekanntgab, merkte er an:Gutes Theater ist richtiges Theater. Ich spiele nur Stücke, die ich so gut wie möglich besetzen kann, sonst nehme ich sie gar nicht erst an. Das ist mein einziges Programm.

Es lautet im einzelnen: Eröffnung mit Schil­lersRäubern Mitte September, Shakespeares Wie es euch gefällt in den Dekorationen und Kostümen der Salzburger Festspiele, Lessings Minna von Barnhelm, Tennessee Williams Glasmenagerie, CalderonsLeben ein Traum*, RaimundsAlpenkönig und Menschenfreund unter Gründgens Regie mit Fritz Kortner als Rappelkopf u. a.

Kulturelle Nachrichten

Die Einstellung der Münchner Ausgabe der amerikanischenNeuen Zeitung ist nun beschlossen. DieNeue Zeitung siedelt ganz nach Frankfurt a. M. über. In München bleibt nur ein kleiner Redaktionsstab. Die Amerikaner wollen auch die vierzehntägige Illustrierte H e u t e aufgeben.

Der Hans-Thoma-Preis der badischen Landesregierung für das Jahr 1951 wurde in Bernau, dem Heimatort des badischen Malers, anläßlich des dritten Hans-Thoma-Tages den Malern und Graphikern Josef Hauser, Basel, und Kurt Bildstein, Ettenheim bei Lahr, verliehen. Der badische Wirtschaftsminister Dr. Lais betonte bei der Preisverteilung, daß es sich bei. den beiden Preisträgern um junge Künstler handle, die im Geiste und der Tradition Hans Thomas wirkten.

Die Leitung und die Mitglieder desThea­ters am Bodensee haben beschlossen, da sie von der Stadt Konstanz keine Zuschüsse mehr erhalten, das Theater heute zu schließen. Das Theater am Bodensee war von Heinz Hilpert geleitet worden, ehe er im August 1950 nach Göttingen ging.

Auf der Frankfurter Buchmesse vom 13. bis 18. September werden insgesamt 26 000 Titel ausgestellt werden. In dieser Ziffer sind die 2000 Titel einer französischen Sonderschau nicht enthalten.

Der Expertenausschuß in Venedig hat für die Biennale nur zwei der eingerichteten deut­schen FilmeLockende Gefahr undDas dop­pelte Lottchen" zugelassen. Pierre Lorres Film Der Verlorene wird nicht aufgeführt.

Der Byzantinist der Münchner Universität,. Prof. Franz D ö 1 g e r, ist von der britischen Akademie in London zum korrespondierenden Mitglied ernannt worden.

Von der Landesuniversität

Der Rektor der Landesuniversität, Prof. D. Dr. T h i e 1 i c k e, ist auf der in Köln tagenden Rektorenkonferenz für ein Jehr zum Vorsitzen­den der Westdeutschen Rektorenkonferenz ge­wählt worden.