FREITAG, 1 7. AUGÜST 1951
NUMMER 12t
Ein Märchen wurde Wirklichkeit
Spanische Arbeiterfrau wird Marquise und erbt 100 Millionen Peseten
In Valencia hat sich in diesen Tagen eine Geschichte zugetragen, die wie ein uraltes Märchen klingt. Aber es ist kein erdichtetes Märchen, sondern Wirklichkeit. Eine junge Arbeiterfrau von 26 Jahren erhielt vom Gericht die Nachricht, daß sie nicht, wie sie bis vor einiger Zeit noch glaubte, das Kind armer Pförtnersleute, sondern die natürliche Tochter der im Jahre 1946 verstorbenen Marquise von Escalona sei. Von dieser wurde sie zur Erbin des Adelstitels und des gesamten Vermögens — rund 100 Millionen Peseten — eingesetzt. Hier das schöne Märchen, das Wirklichkeit wurde:
„Es war einmal“ . . . vor rund 30 Jahren •ine Tochter eines Marquis, die sich in einen hübschen jungen Mann verliebte. Da er aber kein Prinz war, duldete der stolze Marquis nicht, daß die beiden weiterhin zusammenka- men. Als nun die junge „Prinzessin“ einem TÖchterchen das Leben schenkte, brachte sie «s heimlich in das Pindelhaus von Bilbao. Sie hatte aber einen Vertrauten, der immer wieder nach dem Kinde sah. Eines Tages überbrachte dieser ihr die Nachricht, daß ein armes, aber fleißiges Arbeiter-Ehepaar, dem der liebe Gott den Kindersegen versagt hatte, die kleine Maria del Rosario, wie das Kind der „Prinzessin“ mit ihrem Vornamen hieß, an Kindes Statt angenommen hatte. Von mm an ließ die „Prinzessin“ den Pflegeeltem laufend Geld zukommen, damit das Kind keine Not litt. Es wuchs heran und wurde ein schönes Mädchen. Aber dann kam ein böser Krieg, der spanische Bürgerkrieg, und die Pflegeeltem mußten ihr Häuschen in Bilbao verlassen und siedelten nach Valencia über. Sie wurden Pförtner in einem bescheidenen Wohnhaus und schlugen sich mit ihrer Pflegetochter schlecht und recht durchs Leben. Da ' de aber befürchteten, daß eines Tages der Wirkliche Vater oder die wirkliche Mutter käme und ihnen das Kind wieder fortnähme, ' nannten sie es Carmen und gaben es in der , nun neuen Umgebung als eigenes Kind aus. , Damit aber war für die Mutter der Maria del Rosario die Spur für immer verwischt. Als , Carmen größer wurde, half sie ihren Pflegeeltem fleißig und nahm eine Stelle als Arbei- ' terin in einer Gießerei an. Hier lernte sie • einen jungen tüchtigen Arbeiter kennen, der Ihr sehr gefiel. Sie verlobten sich und wollten auch bald heiraten. Aber hier kamen die 1 ersten Schwierigkeiten, denn zur Heirat in l diesem wahren Märchen benötigt man einen ( Geburtsschein, einen Taufschein und so man- , ches andere, was in einem Märchen der Brü- , der Grimm nicht notwendig ist. Nun erfuhr ' Carmen, daß ihr richtiger Name Maria del
19 51 .
JAN-JUNI
Frankreich
Fuxbg.
NIEDERLO.
DANEMK.
SCHWEIZ
ÜBRIGE
SCHWED.
ITALIEN ÖSTERREICH ^MITGLIEDER DER RVHRBEHORDE.
► WOHIN 1
GEHT UNSER
KOHLEN
EXPORT
Rosario Isabel Clara Romero y Cruza Alvarez de Heredia y Ximenez de Fontcuberta war und daß ihre Pflegeeltern sie aus dem Findelhaus in Bilbao geholt hatten. Sie war zuerst traurig, daß die armen Pförtnersleute, die sie so liebte, nicht ihre richtigen Eltern waren, aber sie tröstete sich bald wieder, weil sich in ihrem Leben nichts änderte.
Die „Prinzessin“, ihre Mutter, war unterdessen, da ihre Eltern gestorben waren, selbst eine Marquise geworden. Aber sie war untröstlich, daß sie die Spur ihres Töchterchens verloren hatte. Sie starb im Jahre 1946, wie man sagte, vor Herzeleid. In ihrem Testament aber bestimmte sie, daß man nach dem Kinde weitersuchen solle und daß dieses Marquise de Escalona del Valle und Grande von Spanien werden und ihr ganzes Vermögen erben solle.
Nun wollte es das Schicksal, daß sich die Anfragen der Carmen nach ihren Dokumenten und die Suche des Gerichtes nach der Erbin der Marquise in Bilbao trafen. Aber Carmen, jetzt Maria del Rosario, ließ sich durch die Wendung des Schicksals nicht von ihrem Verlobten trennen. Sie heiratete bald, schenkte einem Mädchen das Leben und überließ es den Gerichten und einem tüchtigen Rechtsanwalt, ihre Rechte auf die Erbschaft geltend zu machen. Und das Gericht fällte in diesen Tagen die Entscheidung, durch die sie Marquise de Escalona del Valle und Eigentümerin einer
AD. Auf Einladung des amerikanischenAußen- ministeriums (State Department) hat jetzt ein Vertreter des „Deutschen Instituts für Ge- schiche der nationalsozialistischen Zeit“ zwei Monate lang Nachforschungen in USA angestellt, wo das gewaltige Material der Beuteakten und Beutedokumente geblieben ist, das in Schiffsladungen 1945 aus Deutschland weggeschafft wurde. 80 Prozent schätzungsweise wanderten nach den Staaten und davon befindet sich der bei weitem größte Teil noch immer in den Händen der Armee, und zwar in Alexandria bei Washington. Vieles ist noch in Kisten verpackt, so wie es damals herüber kam, die alten Geheimhaltungsvorschriften vom Kriege sind noch in Gültigkeit und niemand kann ohne Sondererlaubnis an dieses Material heran, das immerhin die Hauptquelle für unsere neueste Geschichtsforschung darstellt. Nun will man deutschen Historikern den Weg zu den Akten freigeben und gemeinsam Wege zu ihrer wissenschaftlichen Auswertung ebnen, auch wird die Rückgabe an Deutschland immer positiver erwogen. Denn allmählich wirkt dieser Aktenraub wie ein Alpdruck auf dieUSA.Man kann nicht ein großes Volk um die Mittel bringen, endlich ein 'echtes Geschichtsbild zu formen, unverzerrt von der Parteien Haß und Gunst, von denen die meisten Veröffentlichungen seit 1945 überschattet waren. Die Historiker aller anderen Länder verlangen Freigabe für die Forschung. Denn sie fühlen sich mitbetroffen und mitgeschädigt, solange diese Lücke mit Rückwirkungen auf das eigene Land klafft. Allerdings muß eine zweckgebundene Steuerung der Geschichtsforschung durch Zurückhaltung bestimmter Akten vermieden werden.
Der deutsche Experte, der die Studienreise unternahm, war der Generalsekretär Dr. Mau von dem erwähnten Münchner Institut, ein junger Privatdozent für neuere Geschichte an der Universität München. Er mußte feststellen, daß Archive mit Akten und Urkunden bis zweieinhalb Jahrhunderte zurück nach Amerika gebracht wurden, ein einmaliger Vorgang in der Geschichte, daß die Memoiren von Gneisenau und Scharnhorst, von Roon, Moltke und Schlieffen sowie von Groe- ner und Seeckt in Alexandria lagern, und daß Millionen von Bänden der Literatur während
herrschaftlichen Villa in Madrid, einer in Sebastian, einer in Sevilla, einer an der Cote d’Azur, einer Anzahl von Wohnhäusern in Madrid und Sevilla und von vier Rittergütern wurde. Außerdem kann sie nun über ein Bankkonto und über Aktienbündel von vielen Millionen Peseten verfügen. Man spricht von einem Gesamtvermögen von 98 Millionen Peseten. Die Liegenschaften dürften wahrscheinlich aber nach alten Schätzungen eingesetzt worden sein, so daß sich der heutige Realwert sicherlich auf insgesamt 300 Millionen Peseten beläuft. Das Glück ist aber auch auf den fleißigen Mann gefallen, denn er ist nun Marquis, wie es das spanische Gesetz bestimmt.
„Und wenn sie nicht gestorben sind, dann . . .“ — sie leben alle noch und zwar vorläufig noch in der kleinen Pförtnerwohnung in Valencia. Im September werden die neuen Marquis mit ihrem TÖchterchen und ihren geliebten Pflegeeltem auf ihr „Schloß“ bei Sevilla ziehen.
Über eines allerdings wundem sich die neuen Marquis sehr: Sie wußten bisher noch nicht, daß sie so viele Freunde hatten, wie sich nun herausstellt; denn der Briefträger bringt täglich wenigstens 30 Briefe, die von Liebesbeteuerungen strotzen und auch hier und da um einen kleinen Anteil am Glück bitten, in das bescheidene Pförtnerhaus.
Und die aristokratische Gesellschaft? — so wird man fragen. Adelige Geburt, auch wenn sie unehelich war, und 100 Millionen Peseten geben schon ein gutes Ansehen in Spanien.
K. T.
der nationalsozialistischen Zeit nach USA wanderten.
Dr. Mau fand aber auch im Nationalarchiv zu Washington handgeschriebene Tagebücher von Josef Goebbels aus dem Jahre 1926 und von Eva Braun aus dem Jahre 1933. Er ist von deren Echtheit fest überzeugt. Das Tagebuch der Eva Braun, das nichts mit dem Trenkerschen Elaborat zu tun hat, ist in braunes Leder eingebunden, ein typisches Geburtstagsgeschenk, und es beginnt am 6. Februar 1935, ihrem 23. Geburtstag. Ein Teil des Tagebuchs ist herausgerissen und weggenommen. Die Eintragungen enden am 4. Juni des gleichen Jahres, Es war die Zeit, in der Eva Braun noch ais Fotolaborantin berufstätig war und Hitler den Hauskauf in Mün- chen-Bogenhausen für v sie vorbereitete. Eva Braun schildert recht primitiv die zwiespältigen Gefühle, von denen sie beherrscht wird, während der verhängnisvolle Schritt der Loslösung aus ihrer gesicherten bürgerlichen Existenz unmittelbar bevorsteht. Zwischen den Zeilen spürt man ihre Todesahnungen, ihre Angst vor einem unheilvollen Schicksal, in das sie hineingerissen wird.
Die Bundesregierung wird sich entschließen müssen, die notwendigen finanziellen Opfer zu bringen, die die objektive Auswertung der Beuteakten, sei es drüben in USA oder in Westdeutschland, auferlegt Es darf nicht dahin kommen, daß die deutsche Geschichtsschreibung durch ausländische Wissenschaftler erfolgt und dabei bei allem guten Willen zur Objektivität doch mit den Augen des Auslandes gesehen wird. Die Gefahr ist groß und Großzügigkeit erscheint am Platze, soweit es irgendwie der uns auferlegte Rahmen wissenschaftlicher Betätigung erlaubt. Vor allem aber ist Vorsorge zu treffen, daß die Politik, und vor allem die Parteipolitik, aus der Sphäre wissenschaftlicher Forschung femgehalten wird, in der sie sich seit 1945 im In- und Ausland oft schamlos breitzumachen verstand.
Die Zeit der Schwarzweißmalerei bei Gestaltung eines deutschen Geschichtsbildes ist vorbei und jeder ernsthafte Forscher weiß, daß die meisten Darstellungen der Nachkriegszeit eine gründliche Korrektur erfahren werden, wenn erst einmal die amtlichen Dokumente sprechen.
Programm der Labourparty?
Englische Gewerkschaften zeigen Mäßigung
Dr. B. S. London. Die Anzeichen, die auf englische Herbstwahlen hindeuten, verdichten sich. Die jährliche Formulierung der neuen politischen Linie durch den Parteivorstand der Labourparty ist noch nicht herausgegeben worden. Sie sei fertig, meinen gut informierte Labourkreise, aber es fehle noch die Überschrift. Fehlt vielleicht die Überschrift „Wahlprogramm der Labourparty?“
Die Tagesordnung für die Gewerkschaftskonferenz im September zeigt die gleiche Mäßigung, die die Gewerkschaften auch bei den Vorschlägen für die Parteikonferenz haben walten lassen. Das Rüstungsprogramm der Regierung wird nicht angegriffen und obwohl bei den Gewerkschaften von jeher die Preis- und Lohnfragen eine große Rolle gespielt haben und dies bei der jetzigen Teuerung mehr als je tun müssen, sind sie auch bei den diesjährigen Vorschlägen der einzelnen Gewerkschaften für die Tagesordnung nicht mit der Aufrüstung gekoppelt werden. Es sieht also danach aus, als ob die Regierung und die Gewerkschaften sich einig geworden sind: Die Gewerkschaften haben sich verpflichtet, vor einer baldigen Wahl der Regierung keine Schwierigkeiten mehr zu machen und die Politik Attlees voll zu unterstützen, während die Regierung ihrerseits erklärt hat, die Dividenden zu beschneiden, eine Preisstabilisierung rigoros durchzuführen und sogar eine weitere einmalige Erhöhung der Lebensmittelsubsidien in Erwägung zu stellen.
Wie Schatzkanzler Gaitskell ausgeführt hat, soll dem Arbeiter die volle Kaufkraft seines Lohnes zugesichert werden. Anders als in der Bundesrepublik haben die englischen Gewerkschaften also nicht ihre Mitarbeit aufgesagt, sondern im Gegenteil der Regierung einen neuen Vertrauensbeweis geliefert, sogar im Angesicht der Verführungen von Bevan, der ihnen Milch und Honig verspricht Die englischen Gewerkschaften sind sich klar darüber, daß sie beim Abtreten einer Regierung Attlee nur zu verlieren hätten.
Ein weiteres Indiz für die Aussichten von Herbstwahlen ist die Tatsache, daß Verteidigungsminister Shinwell, der als nicht allzu zugeknöpft gilt, erklärt hat, daß in einem Wahlkampf die Dividendenbeschränkung und Preiskontrolle eine Hauptrolle spielen würden.
Kohlenschieber vor Gericht
RECKLINGHAUSEN. Die Preisbehörde in Recklinghausen gab am Mittwoch Einzelheiten des umfangreichen illegalen Kohlengeschäftes bekannt, das sie nach eineinhalbjähriger Ermittlungsarbeit jetzt aufgedeckt hat. Die Unterschleife gehören nach Ansicht der Behörde „zu den größten Schieberskandalen der Nachkriegszeit“. Bisher wurden elf Personen festgenommen. 160 Verfahren wurden eingeleitet. Die ersten Prozesse werden in etwa vier Wochen vor den Landgerichten Bochum und Essen beginnen.
Die Beteiligten hatten im Oktober vorigen Jahres das Recht zum Abtransport einer Abraumhalde erhalten, auf der Rückstände von Hydrierkohle lagerten. Die Rückstände bestehen zu 75 Prozent aus Asche, so daß sie kaum noch als Brennmaterial anzusprechen sind. Die Schieber mischten sie aber mit Schlammkohle und von Bergleuten aufgekaufter Deputatkohle und verkauften sie dann mit riesigen Gewinnen an Industrieunternehmen in Nie- dersachseg und Süddeutschland als „Nußkohle“. In kurzer Zeit verfügten fast alle Beteiligten über eigene Kraftwagen. Sogar ein 13’ährieer Schüler war unter den Beteiligten.
Wanderlust steigt
BONN. Das Jugendwandern hat in den letzten Jahren ständig zugenommen. Nach Angaben des Deutschen Jugendherbergswerks wurden in den 586 Jugendherbergen des Bundesgebietes 1950 rund 3,5 Millionen Übernachtungen gezählt, gegenüber 2,4 Millionen 1949. und 1,5 Millionen im Jahre 1948. Am 1. April 1951 verfügten die deutschen Jugendherbergen über 49 332 Betten bzw. Notlager.
Echtes Eva-Braun-Tagebuch in USA
Deutsche Archive als Kriegsbeute ' Amerikaner erwägen ihre Rückgabe
„Das Ende kommt bald!“
Abram Poljaks Prophetie der Erfüllung
Es hat seit jeher Propheten gegeben — sowohl bei den sogenannten Primitivkulten als auch innerhalb der Hochreligionen. Immer gab es Männer und Frauen, die sich als Priester oder Laien zur Verkündigung und prophetischen Auslegung der ihnen zuteilgewordenen Gottesoffenbarung berufen fühlten. Das Entscheidende der alttesta- mentlichen Prophezeiungen war die Ankündigung des verdienten Gerichtes Jahwes über sein sündiges Volk und die Weissagung vom Kommen des Messias und des messianischen Reiches. Die Gewißheit der Propheten um die Wahrheit ihrer Aussage beruhte zunächst auf dem Zwangscharakter ihres Erlebens der göttlichen Offenbarung, sei es im ekstatischen Zustand durch Schauen von Gesichten oder durch Hören himmlischer Stimmen. Beides wurde als unmittelbare Berührung mit der Gottheit gedeutet. Später verwiesen die Propheten auf die mündliche und schriftliche Überlieferung. Sie waren teilweise selbst schriftstellemd tätig und benutzten eifrig Begriffe und Gedanken der Träger der echten prophetischen Bewegung, die im 11. vorchristlichen Jahrhundert zur Zeit Sauls zum erstenmal ln Scharen auftraten.
Auch die urchristliche Gemeinde kannte die Prophetie. Im Neuen Testament steht die Zukunftserwartung im Vordergrund. Die Johannisoffenbarung und die Petrusapokalypse sind die großen Dokumente dieser Zukunftshoffnung. Im Laufe der Geschichte brach die Hoffnung auf eine baldige Wiederkehr Christi allen Enttäuschungen zum Trotz immer wieder durch. Immer dann, wenn die in der Schrift genannten Vorzeichen, wie Abfall und Verfolgung, Kriege, Hungersnöte, Erdbeben u. a. Naturerscheinungen, sich zu erfüllen schienen, begann die Menschheit auf das prophetische Wort zu hören. Auch wenn diese Propheten Zeitgenossen waren. Man erwartet ergeben die Endzeit. Auch heute — jedenfalls bei den Judenchristen in Jerusalem.
Zwei deutliche Zeichen kündigen, wie der aus Jerusalem nach Deutschland gekommene Judenchrist Abram P o 1 j a k am Dienstagabend in Herrenberg vor einer großen Zuhörerschar ausführte, die in absehbarer Zeit zu erwartende Wiederkehr Christi an: Der neugeschaffene Staat
Israel und die Existenz der Judenchristen, deren es heute etwa zwanzig gibt. Diese Juden- christen (die nichtjüdischen Christen werden von ihnen Heidenchristen genannt), die nicht zu ver- w wechseln sind mit den katholischen Und evangelischen Christen mosaischer Herkunft, glauben wie die orthodoxen Juden an die Herabkunft des Messias. Poljak und sein Kreis gehen einen Schritt weiter. Sie glauben wie die Christen an die Wiederkehr des Messias, der als Christus schon einmal auf Erden wandelte. Die Judenchristen leben als Juden unter Juden. Die Hl. Schrift ist ihr Gesetzbuch. Sie taufen, heiligen den Sonntag bzw. den Sabbat. Sie wollen Buße tun für die Schuld, die das Judentum auf sich lud, als es Christus kreuzigte.
Für Abram Poljak ist die Zeit gekommen, da die Erwartungen erfüllt werden. Die Vollzahl des Neuen Testamentes sei erreicht: Das Ende kommt bald! — Wie viele andere Gruppen, die sich mit ihrer Lehre auf die Bibel berufen, deuten auch die Judenchristen auf Grund der biblischen Prophezeiungen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von ihrem Standpunkt aus. Auch sie sehen die apokalyptischen Gestalten des Antichrist, der nach Poljak sicher schon unter uns weilt, der zwei Zeugen, der großen Hure (mit ihr wird in einem Beitrag der judenchristlichen Zeitschrift „Wort und Zeit“ das „westliche demokratische System“ gleichgesetzt) usw. Auch bei den Judenchristen liegen also die Termine in einer erreichbaren Nähe des Prophezeienden.
Zur Endzeiterwartung gehört das „bald". Wie aber, wenn diesem „bald“ keine Erfüllung zuteil wird? Wird Abram Poljak dann neue Berechnungen aufstellen, oder auf neue Zeichen der Zeit warten? Die Kirchengeschichtler wissen jedenfalls von über 175 Fällen von Enderwartungen, die sich über alle Jahrhunderte erstrecken. ohne daß der große Weltumbruch bisher eingetreten ist.
Echte prophetische Frömmigkeit scheint trotz ihrer Vieldeutigkeit eine der sonstigen Frömmigkeit analoge, allenfalls stark potenzierte Frömmigkeit zu sein. Nur ist sie anders als die der sogenannten Judenchristen. Das Wesen des wahren Prophetismus, wie er uns in den Schriften des Alten Testamentes begegnet, muß als religionspsychologisches Phänomen begriffen
werden. Poljaks Prophetie beruht auf einer mehr als eigenwilligen Ausdeutung der heiligen Texte, ist literarisch und nicht mehr original. Ursprüngliche Prophetie schöpft aus dem sakralen Erlebnis aus der Begegnung mit der Gottheit, die den Menschen hierzu erwählte. Sie ist ein Gnadengeschenk Gottes, und kann als eine Objektivierung innerer seelischer Vorgänge bezeichnet werden. Jegliche Spekulationssucht, Unnüchternheit und Fanatismus liegen ihr jedoch fern. wn.
Gründgens’ Programm
Eben hat sich die neue Düsseldorfer Schauspielhaus-GmbH. konstituiert, deren Aufsichtsrat, mit Regierungspräsident Baurichter an der Spitze, Vertreter des Landes Nordrhein-Westfalen, der Stadt Düsseldorf, einer kunstfreudigen Industriellengruppe und des Deutschen Gewerkschaftsbundes angehören. Ministerpräsident Arnold leitete von der ersten Sitzung der vier Partner zur Pressekonferenz über, in der Gustaf Gründgens seiner Freude über die ihm ntm gewährleistete künstlerische Freiheit lebhaften Ausdruck verlieh. „Ich habe“, sagte er, „als man mir die Voraussetzungen dafür schuf, künftig ohne bürokratische Umwege zu arbeiten, sofort alle anderen persönlichen Pläne zurückgestellt und unternehme den Versuch, gegenüber der nach meiner Meinung veralteten Struktur des subventionierten Theaters die mir vorschwebende, erstmalig auszuprobierende andersartige Form des Theaters als Beweis für meine These zu zeigen. Ich hoffe, daß dieser Versuch sich nicht auf Düsseldorf und meine Person lokalisiert.“ Zum Spielplan, den er dann bekanntgab, merkte er an: „Gutes Theater ist richtiges Theater. Ich spiele nur Stücke, die ich so gut wie möglich besetzen kann, sonst nehme ich sie gar nicht erst an. Das ist mein einziges Programm.“
Es lautet im einzelnen: Eröffnung mit Schillers „Räubern“ Mitte September, Shakespeares „Wie es euch gefällt“ in den Dekorationen und Kostümen der Salzburger Festspiele, Lessings „Minna von Barnhelm“, Tennessee Williams „Glasmenagerie“, Calderons „Leben ein Traum*, Raimunds „Alpenkönig und Menschenfreund“ unter Gründgens Regie mit Fritz Kortner als Rappelkopf u. a.
Kulturelle Nachrichten
Die Einstellung der Münchner Ausgabe der amerikanischen „Neuen Zeitung“ ist nun beschlossen. Die „Neue Zeitung“ siedelt ganz nach Frankfurt a. M. über. In München bleibt nur ein kleiner Redaktionsstab. Die Amerikaner wollen auch die vierzehntägige Illustrierte „H e u t e“ aufgeben.
Der Hans-Thoma-Preis der badischen Landesregierung für das Jahr 1951 wurde in Bernau, dem Heimatort des badischen Malers, anläßlich des dritten Hans-Thoma-Tages den Malern und Graphikern Josef Hauser, Basel, und Kurt Bildstein, Ettenheim bei Lahr, verliehen. Der badische Wirtschaftsminister Dr. Lais betonte bei der Preisverteilung, daß es sich bei. den beiden Preisträgern um junge Künstler handle, die im Geiste und der Tradition Hans Thomas wirkten.
Die Leitung und die Mitglieder des „Theaters am Bodensee“ haben beschlossen, da sie von der Stadt Konstanz keine Zuschüsse mehr erhalten, das Theater heute zu schließen. Das „Theater am Bodensee“ war von Heinz Hilpert geleitet worden, ehe er im August 1950 nach Göttingen ging.
Auf der Frankfurter Buchmesse vom 13. bis 18. September werden insgesamt 26 000 Titel ausgestellt werden. In dieser Ziffer sind die 2000 Titel einer französischen Sonderschau nicht enthalten.
Der Expertenausschuß in Venedig hat für die Biennale nur zwei der eingerichteten deutschen Filme „Lockende Gefahr“ und „Das doppelte Lottchen" zugelassen. Pierre Lorres Film „Der Verlorene“ wird nicht aufgeführt.
Der Byzantinist der Münchner Universität,. Prof. Franz D ö 1 g e r, ist von der britischen Akademie in London zum korrespondierenden Mitglied ernannt worden.
Von der Landesuniversität
Der Rektor der Landesuniversität, Prof. D. Dr. T h i e 1 i c k e, ist auf der in Köln tagenden Rektorenkonferenz für ein Jehr zum Vorsitzenden der Westdeutschen Rektorenkonferenz gewählt worden.