SAMSTAG, 2 3. JUNI 1951

AUS DEM HEIMATGEBIET

NUMMER 96

Start in die Hochsaison

W i 1 d b a d. Um die Zeit, da in den Wäl­dern die Heidelbeeren zu reifen beginnen und an den Berghängen der Ginster blüht, treten

i 1 d b a d und Herrenalb in die Hoch­saison des Jahres ein. Beim Studium der Kur­fisten sieht man auch, daß in den letzten Tagen viele Gäste eingetroffen sind, um im Württ. Staatsbad Wildbad oder in der Kur­stadt Herrenalb ihre Sommerkur zu machen. Man sieht es aber auch an der Fülle der Ver­anstaltungen, daß sich der Uebergang zur Hochsaison vollzieht. Man gewinnt überhaupt den Eindruck, daß sowohl die staatl. Badver­waltung ln Wildbad als auch die Kurverwal­tung in Herrenalb größten Wert auf ein im besten Sinne ansprechendes Veranstaltungs­programm legen. Die Kurgäste sollen auch hinsichtlich der Unterhaltung, der Konzerte, Vorträge und sonstiger Veranstaltungen nichts entbehren.

Ein besonderer Höhepunkt im Rahmen der sommerlichen Veranstaltungen war in Wild­bad das erste Sinfoniekonzert mit Heinz Stanske und dem Großen Kurorchester unter der Leitung von Kapellmeister Hans Olden- bürger. Der gefeierte Violinsolist wie auch das Große Kurorchester boten künstlerisch hochstehende Leistungen, die ihre Anerken­nung fanden. Eine glanzvolle Veranstaltung steht für den 28. Juni bevor. Sie betitelt sich Triumpf der guten Laune und präsentiert sich in einer erstklassigen künstlerischen Be­setzung mit Barnabas von Geczy, Rudi Schu- ricke, Laie Andersen und Marita Gründgens Auch das Kurtheater hat sich ganz gut in das Veranstaltungsprogramm eingeschaltet. Als eine in allen Teilen gut gelungene Auffüh­rung darf die Buffo-OperServa padrona von Pergolesi bezeichnet werden. Und näch­stens steht auchDie schöne Galathee auf dem Theaterzettel.

Die Veranstaltungen der Kurverwaltung Herrenalb erfreuen sich gleichfalls großer Be­liebtheit. Großen Anklang finden die Abend­konzerte der Kurkapelle Herz. Als Kurort, in dem der Tennissport seit jeher intensiv ge­pflegt wurde, wird vom 23. bis 26. August das 13. Allgemeine Tennis-Turnier durchgeführt, das von überallher Tennissportanhänger an­locken dürfte. Das große Tanzturnier um den Schwarzwaldpokal wird am Samstag, 14. Juli, im städt. Kursaal ausgetragen. Bemerkens­wert sind die zahlreichen Tagungen, die in Herrenalb stattfanden und noch stattfinden. So tagen am 8, und 7 Juli die Zeitungsver­leger von Württemberg-Baden in Herrenalb.

Es fehlt also in beiden Kurstödten nicht an erstklassigen Veranstaltungen. Recht zahl­reich sind auch die jetzt schon vorliegenden Anmeldungen von Gästen. Eine Bitte ist nun allerdings auch an den Wettermacher zu rich­ten. Die Badegäste in Wildbad. die Kurgäste in Herrenalb und auch anderswo wünschen für ihren Kuraufenthalt im Schwarzwald freundliches Wetter. Wenn die Kurmusik spielt, so sollte eben auch die liebe Sonne über den Schwarzwa 1 bergen scheinen und ein heiterer Himmel so' te sich über die Berge und Täler spannen so wünschen es sich die Kurgäste und aijch andere Leute, die nicht Kurgast sind. -oho-

Morgen Feuerwerk in Bad Liebenzell

Bad Liebenzell. Die Kurgemeinde ist optimistisch und mit Recht. Wenn uns das ewig schlechte Wetter manchmal auch mutlos machen will, es nützt nichts, nur der Opti­mismus meistert das Leben. Deshalb hat Bad Liebenzell zum kommenden Sonntag die Durchführung einer seiner zauberhaften ita­lienischen Nächte in den Kuranlagen und das Abbrennen eines großen Prachtfeuerwerks aufs Programm gesetzt. Immer wieder begei­stert der Lichterschein der. tausend roten Lampions, die wie tropische Früchte an den Bäumen hängen und der Kerzenschein die Tausende von Besuchern Höhepunkt aber ist das Feuerwerk. Nirgends kommt der Feuer­zauber der pyrotechnischen Wunderwerke so zur Geltung wie in den von Schwarzwald­bergen so großartig umrahmten Kuranlagen. Da der letzte Zug nach Calw erst um 23.46 Uhr fährt, können die auswärtigen Besucher den Abend in Bad Liebenzell voll ausnützen.

Kreiskrankenhaus Calw verändert sein Gesicht

Der Erweiterungsbau soll bis zum 1. November im Rohbau tertiggestellt sein

Die Umgebung des Kreiskrankenhauses Calw hat sich in den vergangenen vierzehn Tagen grundlegend geändert. Schon eine Wo­che nachdem der Kreistag den endgültigen Be­schluß faßte, den Krankenhauserweiterungs­bau in der vorgesehenen Weise durchzufüh­ren, fielen unter der Axt der. Holzmacher zu­nächst die dort befindlichen Bäume, darunter an der Auffahrt zum Krankenhaus die schöne breitästige Linde, von der sicherlich viele alte Calwer mit Wehmut Abschied genommen haben. Die übrige Anlage zwischen den bei­den Bauten mitsamt allem Gesträuch und den sonstigen Anpflanzungen mußte ebenfalls verschwinden und inzwischen hat der gefrä­ßige Bagger dafür gesorgt, daß von dem ver­trauten Bild nichts mehr übrig geblieben ist.

Ein Gang zur Baustelle, wo die Lastwagen in fast ununterbrochener Folge an- und ab­fahren, läßt bereits in groben Umrissen er­kennen, was hier im Gange ist und später noch entstehen wird. Das tiefeLoch, das der breitmäulige Bagger in den Hang gefres­sen hat, bildet den Anfang zu den Funda­mentierungsarbeiten für den nachmaligen Verbindungsbau. Diese Baggerarbeiten, bei denen rund 800 bis 1000 cbm Erde bewegt werden müssen, sollen unter der Vorausset­zung günstiger Untergrundverhältnisse noch diese Woche, spätestens aber nächste Woche beendet sein.

Bis zum 1. November dieses Jahres will die ausführende Baufirma Alber (Calw), die auch die Zimmerarbeiten übernommen hat, den Erweiterungsbau im Rohbau vollendet und, wenn möglich, die Aufstockung des Gebäudes der inneren Abteilung beendet haben. Im Sommer des nächsten Jahres sollen dann, so­

fern die nötigen Geldmittel in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, die einzelnen Räume mit insgesamt 64 Betten in drei Stock­werken bezugsfertig sein.

Links im Anschluß an die jetzige chirur­gische Abteilung, jedoch 6 m weit vorsprin­gend, wird sich später jenes turmartige Bau­gebilde von etwa 20 m Höhe erheben, das die Tagesräume und Liegeterrassen aufnehmen wird. An der talwärts gelegenen Außenfront werden sich in zwei Stockwerken die Liege­terrassen entlangziehen, während im Unter­geschoß Bade- und Massageräume sowohl für den Gebrauch des Krankenhauses selbst als auch für die ambulante Behandlung einge­richtet werden.

Einen weiteren Bauabschnitt bildet die Er­stellung des sog. Wirtschaftshofbaues (halb­rechts hinter dem jetzigenHauptbau), der dieses Jahr noch vollendet werden muß, da die Heizung für das gesamte Krankenhaus dort hinein verlegt wird. Der Bagger hat hier ein noch größeres Stück Arbeit vor sich als in den letzten Tagen, denn es gilt an dieser Baustelle noch zwei- bis dreimal soviel Erd­reich auszuheben wie bei den Vorarbeiten für den Erweiterungsbau. Zur Bewältigung dieses Vorhabens will man dem nützlichen Unge­tüm aus Stahl und Eisen eine Frist von rund 4 Wochen einräumen.

Um auch während der Bauarbeiten eine unbehinderte Verbindung zur chirurgischen Abteilung zu haben, wird die Zufahrt auf einer neu angelegten Straße erfolgen, die oberhalb der inneren Abteilung von der Edu- ard-Conz-Straße abzweigt und hinter dem vorgenannten Gebäude in Richtung zum jet­zigen Hauptbau verläuft.

Was lehrten heuer die Wiesenbegehungen?

Jauche allein tuts nicht Der Schwedenreuter hat sidi bewährt

Vom Landwirtschaftsamt Calw wird uns geschrieben: Bei den im Dienstbereich des Landwirtschaftsamtes Calw durchgeführten Wiesenbegehungen konnten wieder interes­sante Feststellungen gemacht werden. Fast immer waren in Hof- oder Ortsnähe die Ker­belwiesen zu bemerken, die Anzeiger einer zu reichlichen und einseitigen Jauchedüngung sind. Ist die Jauchegrube voll, so wird eben die Gülle auf die nächste Wiese gefahren und dies geschieht mitunter zu oft, so daß dadurch die Grasnarbe ungünstig beeinflußt wird und die Unkräuter, wie z. B. Wiesenkerbel, Bären­klau, wilde Möhren usw. die Oberhand erhal­ten und die guten Gräser und Kräuter sowie Kleearten verdrängen. Auf solchen Wiesen steht wohl häufig viel Futter, doch wird des­sen Qualität verschlechtert und die Heutrock­nung erschwert.

Die Wiesen mit Jauche zu düngen ist schon richtig, doch sollte es dabei nicht allein blei­ben. Die Düngung muß planmäßig durchge­führt und dem Grünland die notwendigen Nährstoffe durch Stallmist, Jauche und Han­delsdünger zugeführt werden. Eine plan­mäßige Wiesendüngung kann beispielsweise folgende sein: Im ersten Jahr 200 dz/ha Stallmist, 5 dz/ha Thomasmehl, 3 dz/ha Kali im Herbst oder Winter. Im zweiten Jahr 5 dz je ha Thomasmehl, 3 dz/ha Kali im Herbst, 2 dz/ha Kalkammonsalpeter im Frühjahr. Im dritten Jahr 200 dz/ha Stallmist, 5 dz/ha Tho­masmehl, 3 dz/ha Kali im Herbst, 1 dz/ha Kalksalpeter nach dem ersten Schnitt. Im vierten Jahr 300 hl Jauche und 5 dz,(ha Su­perphosphat bei Winterende.

Bei der Jauche gehört also die fehlende Phosphorsäure durch Zugabe von Phosphor­säuredünger ersetzt, dann erst ist sie voll­wertig und gut. An Stelle von Thomasmehl kann auch Palatia- oder Rhenaniaphosphat- dünger verwendet werden. Erst wenn unsere Wiesen gut gedüngt werden, werfen sie einen befriedigenden Ertrag ab, und leider zeigen noch immer viele Wiesen die Anzeichen man­gelhafter und unzureichender Düngung, sie hungern! Aber wie soll man dann sein Vieh ausreichend ernähren und Leistung verlangen können? Noch nach dem Heuschnitt ist Zeit für eine Nachdüngung, damit reichlich öhmd

anfallen kann. Je nach dem Düngungszustand der Wiesen können nach dem ersten Schnitt 12 kg/ar Kalksalpeter oder Nitrophoska ge­geben werden.

Neben der oft vernachlässigten Düngung muß auch der Regulierung des Wasserhaus­haltes mehr Beachtung geschenkt werden. Viele Wiesen sind zu naß; hier Abhilfe durch Entwässerung zu schaffen wird sich stets lohnen. Auch das Walzen der Wiesen macht sich immer bezahlt; wenn nicht vor dem ersten Schnitt gewalzt werden kann, dann evtl, nachher. Die Walze muß aber genügend schwer sein, sonst ist der Erfolg nicht gege­ben. Ebenso gut wie das vorschriftsmäßige Walzen ist der Tritt der Tiere, also Weide­gang. Den dritten Schnitt mit Hilfe des Elek- troweidezaunes abzuweiden, ist durchaus

kein Problem, man sollte nur einmal den Anfang damit machen.

Neben der Düngung und Pflege der Wiesen hängt die Güte des Heues vom Zeitpunkt des Schnittes mit ab. Leider war heuer das Wet­ter äußerst ungünstig, so daß die Heuernte sich mit ihrem Anfang sehr hinausgezögert hat. Qualitätsmäßig wird daher das Heu nicht gut sein. Nur die Landwirte, die sich darauf eingerichtet hatten, die Heuwerbung mit dem Schwedenreuter zu beginnen, sind im Vorteil. So kann man noch jetzt quer durch den Kreis Schwedenreuter sehen, angefangen in Grun-

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bach, Oberlengenhardt, Liebeisberg, Ober- haugstett, Stammheim und weiter um Nagold herum. Das diesjährige Heuwetter sollte für alle eine Lehre sein, sich für die nächsten Heuernten mit Draht und Stangen zu ver­sehen, um rechtzeitig auch bei ungünstigem Wetter mit der Heuernte beginnen zu können, wie das z. B. heuer in Oberlengenhardt ge­schah, wo bei Gewitter und Regen das Be­packen des Schwedenreuters fortgesetzt wurde.

Schenken wir also in Zukunft dem Grün­land mehr Beachtung als bisher, so wird es uns durch seine Mehrerträge und besseres Futter die Mühe auch lohnen.

Altensteiger Flößer in Neuenbürg

Altensteig. Eine Neuenbürger Abord­nung, die am letztsonntäglichen Flößerfest in Altensteig als aufmerksame Zuschauer und Beobachter teilgenommen hatte, überbrachte den Altensteiger Flößern eine Einladung zur Teilnahme am Neuenbürger Flößerfest, das am 5. August in Neuenbürg abgehalten wer­den soll. Die Flößer der alten Gerberstadt haben gerne ihre Zusage gegeben, bei den Vettern vom Enztal einen Tag lang auf Be­such zu weilen.

Nodi gut abgegangen

Oberkollbach. Auf der Straße Ober- kollbach Oberreichenbach ereignete sich am Mittwoch ein Verkehrsunfall. Ein sechs­jähriger Junge aus Oberkollbach, der auf dem hinteren Teil eines beladenen Leiter­wagens saß, sprang in dem Augenblick vom Wagen ab und über die Straße, als ein Per­sonenkraftwagen entgegenkam. Der Junge prallte seitlich auf den Personenwagen auf und wurde verletzt. Der Fahrer des Pkws brachte den Jungen gleich zum Arzt, der die Ueberführung ins Kreiskrankenhaus Calw anordnete. Glücklicherweise erwiesen sich die Verletzungen als nur von leichter Natur.

Die Kandidaten für die Bürgermeisterwahl in Altensteig

Sie stellen sich tun 8. Juli in einer Bürgerversammlung den Wählern vor

Altensteig. Durch den 1. Beigeordneten der Stadt Altensteig wurden die 5 aussichts­reichsten Kandidaten für die Bürgermeister­wahl am 22. Juli, die der Gemeinderat nach Ueberprüfung der sachlichen Voraussetzun­gen in seiner letzten nichtöffentlichen Sitzung der Bürgerschaft in Vorschlag bringt, be­kanntgegeben.

Die Bewerber sind: Gottfried Fischer, Gemeindeamtmann in Birkenfeld, geboren am 5. 5. 1919 in Ebhausen, Albert Greiner, Regierungsangestellter beim Innenministeri­um Tübingen, geboren am 9. 4. 1908 in Stutt­gart, Wilhelm Hirschburger, Verwal­tungsbeamter in Tübingen, geboren 27. 10. 1901 in Reutlingen, Paul Kolb, Stadtamt­mann in Neuenbürg, geboren am 5. 6. 1913 in Eßlingen, und Friedrich S c h 1 e e h, Stadt­amtmann in Altensteig, geboren am 1. 7. 1903 in Ueberberg.

Die Personalien und Zeugnisunterlagen sämtlicher Bewerber einschließlich der bisher nicht genannten 11 Bewerber, die der Ge­meinderat aus sachlichen Gründen für unge­eignet hält, liegen zur Einsicht für die Wahl­

berechtigten und für die Beauftragten einer Wählergemeinschaft beim 1. Beigeordneten Otto Weinstein (Altensteig) auf.

Die Vorstellung der Kandidaten vor der Bürgerschaft erfolgt am 8. Juli in einer Bür­gerversammlung. Sämtlichen Kandidaten ist der Vorstellungs- und Wahltermin mitgeteilt worden.

Tagung der Landessportbünde

Nagold. In einer gemeinsamen Tagung am 20. Juni in Nagold beschlossen die be­vollmächtigten Vertreter, Bundesvorstand und Fachverbände der beiden Landessportbünde Württemberg-Hohenzollern und Nordwürt- temberg mit der Wahl eines sechsköpfigen Ausschusses (je 3 Vertreter für jeden Ver­band) einstimmig, den verwaltungsmäßigen Zusammenschluß der beiden Landes­sportbünde.

Aufgabe dieses Ausschusses wird es sein, Vorbereitungen für den gemeinsamen außer­ordentlichen Bundestag, der spätestens im November 1951 in Stuttgart-Bad Cannstatt stattfinden soll, zu treffen.

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Berufsberatung durdi die Zeitung

Befriedigende Aussichten in den Textilberufen

Neben der Holzindustrie ist das Textil­gewerbe eines der ältesten in unserem Bezirk. Wer sich in der Heimatgeschichte auskennt, weiß, welche Bedeutung die Woll- und Tuch­macherei einst gehabt hat; man darf nur an dieCalwer Compagnie" erinnern. Auch hier waren es die Wasserkräfte, welche die Men­schen, die auf der kargen Scholle kein Aus­kommen fanden, dazu bestimmten, die aus der Schäferei anfallende Wolle selbst zu ver­arbeiten Wenn auch im Lauf der Zeiten die vielen Einzel- und Kleinstbetriebe verschwun­den sind, wenn die Wasserkräfte längst nicht mehr ausreichen und die Wolle aus heimi­scher Schafzucht bei der Produktion nicht mehr ins Gewicht fällt, so hat das Textil­gewerbe doch seinen guten Platz im Wirt­schaftsleben unserer engeren Heimat bis heute behaupten können.

Die Mehrzahl der beschäftigten Arbeits­kräfte sind Hilfskräfte und in der Verrich­tung bestimmter Teilarbeiten angelernte männliche und weibliche Arbeiter. Doch die Maschine hat auch hier den Beruf nicht überflüssig gemacht, sondern wir finden Be­rufe wie Weber, Spinner und Tuchmacher mit einem ordentlichen Ausbildungsgang. In den letzten Jahren ist besonders der Beruf des Tuchmachers in den Vordergrund getre­ten. Der Tuchmacher durchläuft während seiner Ausbildung alle Arbeitsgänge, die zur Herstellung des Tuchs erforderlich sind, und lernt dabei auch weben und spinnen.

Die Aussichten der angeführten Berufe sind

befriedigend. Es eignen sich am besten solche Jugendliche, die ein ordentliches Zeugnis haben, mittelkräftig und gewandt sind. Auch eine künstlerische Begabung kann nichts schaden. Das gilt besonders für alle, welche die Absicht haben, später eine Fachschule zu besuchen. Die Lehre dauert drei Jahre und schließt ab mit der Facharbeiterprüfung; spä­ter kann noch die Meisterprüfung folgen. Durch den Besuch einer Textilfachschule be­stehen Aufstiegsmöglichkeiten zum Textil­techniker und Textilingenieur. Wer von vorn­herein die Absicht hat, Techniker oder In­genieur zu werden, soll auf jeden Fall vorher einen Grundberuf erlernen, denn der An­drang zu diesen Berufen ist erheblich. Mit dem Ingenieur allein ist das Ziel noch lange nicht erreicht; dann erst kommt die Suche nach einer Stellung. Wer aber die Facharbei­terprüfung abgelegt hat, kann immer in sei­nem erlernten Beruf Arbeit finden. Textil­fachschulen befinden sich in Reutlingen und Lamprecht; das sind die für unseren Bezirk zunächst liegenden Schulen.

In die Gruppe der Textilberufe gehören auch die Schneider, Hut- und Mützenmacher, Putzmacherin, Polsterer und Dekorateur so­wie Wäscher und Plätter. Aus diesen Berufen soll noch der Schneider besonders er­wähnt werden. Gerade dieser Beruf erfordert Sinn für Pünktlichkeit, Geschmack und Form. Viele Jugendliche stellen sich diesen Beruf zu leicht vor. Wer im späteren Konkurrenz­kampf bestehen will, muß über dem Durch­

schnitt stehen. Deshalb sollte schon der Lehr­ling eine ordentliche Allgemeinbegabung, großen Fleiß und gutes Handgeschick besit­zen. Der Lehrling muß auch an sich selbst sauber und absolut ehrlich sein. Die Arbeit im Sitzen ist besonders im Anfang sehr an­strengend.

Der Schneiderberuf stellt also genau so wie andere Berufe hohe geistige und körperliche Anforderungen. Es ist ein schwerer Irrtum, wenn man glaubt, hier könne man noch Schwachbegabte und kränkliche Kinder unter­bringen. Bei den großen Anforderungen, die das Schneiderhandwerk stellt, bei der fach­lichen und kaufmännischen Beanspruchung, die eine spätere Selbständigkeit in diesem Beruf mit sich bringen, sollten gerade hier die Eltern nicht versäumen, ihre Kinder auf die Eignung durch die Berufsberatungsstellen prüfen zu lassen, wenn eigne Neigung und der Rat der Eltern den Schulentlassenen ins Schneiderhandwerk führen.

Welche Möglichkeiten gibt es in diesem Be­ruf? Das Schneiderhandwerk hat schon seit langem drei besonders scharf getrennte Spar­ten herausgebildet: 1. Herrenschneider, 2. Da­menschneider, 3. Wäscheschneider. Bei allen drei handelt es sich um selbständige Hand­werkszweige. In der Herrenschneiderei sind vorzugsweise männliche Kräfte tätig. Das Da­menschneider- und Wäscheschneiderhand­werk wird in der Hauptsache von Frauen ausgeübt. Die Berufsaussichten sind im Her­renschneiderhandwerk am besten, jedoch bie­tet sich auch im Damenschneiderhandwerk für Männer und Frauen eine gute Existenz­möglichkeit. Sehr wichtig ist es, daß die Ge­

sellenzeit immer wieder als Lernzeit betrach­tet wird. Der Geselle muß hinaus in fremde Werkstätten; das gilt für die weiblichen wie für die männlichen Gesellen. Daneben gibt es Weiterbildungsmöglichkeiten auf Kunstge­werbeschulen, in feinen Schneiderateliers und auf den Mode- und Meisterschulen. Nach der Meisterprüfung ist in der Herrenschneiderei die Möglichkeit der Selbständigmachung in der zivilen Schneiderei oder ein Unterkom­men als Zuschneider in den großen Maß­geschäften gegeben; in der Damenschneiderei liegen die Verhältnisse ähnlich.

In einem Zeitalter, das sozusagen jedes Jahr ein neues technisches Wunder hervorbringt, in dem der Blick der ganzen Menschheit und vor allem unserer Jugend hingezogen wird auf die Leistungen der Ingenieure, Physiker und Chemiker, mag es verständlich sein, daß ein Beruf wie das Schneiderhandwerk stark in den Hintergrund gedrängt wird. Er teilt das Schicksal vieler Handwerksberufe, von denen nur noch die als Modeberufe gelten mögen, die in unmittelbarem Dienst der gro­ßen technischen Erfindungen und Neuerungen stehen. Es ist eigentlich immer das Schicksal des Schneiderhandwerks gewesen, verkannt zu werden. Darum mag es auch so gewesen sein, daß Schneider werden gleichbedeutend war mit der Erfassung einer letzten Möglich­keit, einer schließlichen Zuflucht.

Diese Wertung hat das Schneiderhandwerk, wie wir gesehen haben, nicht verdient. Man darf diesen Beruf auch heute noch jedem auf­geweckten Jungen oder Mädchen, die Lust und Liebe sowie die notwendige Eignung be­sitzen, mit gutem Gewissen empfehlen.

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