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Samstag, den 20. November 1926

Fernsprecher Nr. 29

109. Jahrgang

Dr. lVirth enttäuscht

Bochum, 19. Noo. Jn einer Versammlung erklärte der Zenrrumsabgeordnere Dr. Wirth, er sei von der Unoersöhn- tichkeit der französischen Politik enttäuscht, die Politik Stresemanns habe die Unterstützung der deutschen Republi­kaner, aber ein Blick in die französische Presse belehre darüber, welche Schwierigkeiten der Vensöhnungspolitik ent- yegenstehen. Man müsse sich vor der Selbsttäuschung be­wahren, als ob das Werk der Verständigung schon geschasM wäre, wenn zwei Minister (Stresemann und Briand) einig seien. Man werde gut tun, Wasser in unfern Wein zu gießen. Das Werk von Thoiry sei um Kleinigkeiten wille« auf die lange Bank geschoben worden. Wenn Frankreich di« Verständigung nicht wolle, dann könne Deutschland es nicht ändern.

Kommunistische Kundgebungen in Dresden

Dresden, 19. Nov. Der Reichspräsident ist nach Berlin zurückgekehrt. Gestern in den späten Abendstunden kam es in den Straßen der inneren Stadt mehrfach zu kommu­nistischen Kundgebungen gegen den Besuch des Reichspräsi­denten in Dresden. Auf dem Mtmarkt wurden Ansprachen

gehalten und kommunistische Lieder gesungen. In WM senhausstraße wurde eine Fahne herunter-gsrissen. ZHe HM lizei zerstreute die Ansammlungen.

Deutsche Entschädigungs-Vauarbeiten in Frankreich Berlin, 19. Nov. Zwischen einer Vereinigung deutscher Buusirmen und der französischen Regierung ist über die Ausführung von öffentlichen Arbeiten bei Verdun ver­handelt worden. Es handelt sich um Arbeiten im Betrag von 25 Millionen Reichsmark. Die Bezahlung soll zum Teil aus Rechnung der Dawes-Entschädigungsleistungen er­folgen. Gleichzeitig wird über die Ausführung von Mehr­arbeiten an der Seine verhandelt. Zwischen ameri­kanischen, englischen und französischen Banken und führen­den deutschen und französischen Bau-Wirtschaftskreisen soll eine Entschädigungswirtschastsbank mit dem Sitz in Paris gebildet worden sein, die den Zweck hak, den im allgemeinen 30 v. H. Anteil zu finanzieren, der nach dem Dawesplan für die Bezahlung öffentlicher Arbeiten durch Deutschland nicht in Frage kommt.

EnglandsAbrüstungs"-bestrebungen

Eine Machtprobe im ferne« Osten

Singapur der stärkste Kriegshafen der Welt London, 19. Nov. Die britische Reichskonferenz hat dem Plan zugesümmt, die britische Besitzung Singapur (Löwen­stadt), eine Insel an der Südspitze der hinterindischen Halb­insel Malakka (580 Eevirtkilometer groß), zu einem stark- befestigten Kriegshafen auszubauen. Angesichts der schweren Zusammenstöße und fortdauernden Reibereien in China und der unsicheren Haltung Japans, die früher oder später zu einer großen Machtprobe im fernen Osten führen müssen, hält die Reichskonferenz die Errichtung eines gewaltigen Stützpunktes an dem Ositor Indiens für not­wendig. Zur Beratung steht noch, wie die auf 220 Millio­nen Mark geschätzten Kosten auf die Reichsteile verteilt werden sollen. Der Malayische Staatenbund soll sich zu einem Beitrag von 40 Millionen Mark in fünf Jahren be­reit erklärt haben, und eine gleiche Summ« soll Australien übernommen haben. Bei der englischen Werft von Swcm Hunters in Wallsend ist bereits ein richtiges Schwimmdock im Kostenbetrag von 24 Millionen Mark in Auftrag ge­geben. Das zum Ausbau des Hafens von der Stadt Singa- vur u>r Verfüauna gestellte Gelände beträgt 1000 Hektar

und hat eine 9,6 Kilometer lange Küstensront. Außer dem Schwimmdock soll ein Trockendock gebaut werden, das die größten Schlachtschiffe aufnehmen kann. Daneben sollen riesige Ausbesserungswerkstätten, Fabriken, Warenlager und Oe'behältcr angelegt werden. Die Bauten sollen noch in vielem Jahr begonnen und die Arbeiten möglichst beschleu­nig- werden, da die .zunehmende Unruhe unter den Hunderk- tausenden von Chinesen, die in Singapur und in den be­nachbarten Malayenstaaten wohnen, die Beschleunigung nötig macht.

Die Rückzahlung Ser Kriegsschulden an England London, 19. Nov. Schatzkanzler Churchill machte «n Unterhaus auf Anfrage eine Mitteilung über die bisher von den ehemaligen Verbündeten eingegangenen Zahlungen für Rechnung der Kriegsschulden. Danach haben bezahlt: Frankreich 2 Millionen Pfund Sterling (Gesamtschuid 797 460 600 Pfund), Italien 4 Millionen (Gesamtschukd 270 750 000), R u inänien 50 000 (Gesamtschuid 31 200 000). Der Gesamtbetrag der Rückzahlungen betrage 6,5 Millionen Pfund Sterling. Großbritannien schulde den Vereinigten Staaten gegenwärtig noch 4,5 Milliarden Dollar.

Nk. 272 Gegründet 1826

Tagesspiegel

Der Rcichsrrtt hak die Satzungsänderungen des Ver­bands württ. Konsumvereine genehmigt.

Bei den Parteibesprechungcn mit der Reichsregierung in vergangener Woche über den Eintritt der Sozial­demokratie in die Regierung (Große Koalition) ist noch keine Verständigung erzielt worden.

Nach einer vorläufigen Zusammenstellung errangen die Deutschen in den Gemeindcrvrchlen in Polnisch-Obcrschlesien 3Z5 Sitze, die polnischen Parteien 265 Sitze.

Die deutschen Turnvereine des Lur-M-afenamks Merane sind von der italier.nschen Regierung aufgelöst worden.

Die Friedensvorschläge der englischen Regierung sind von den Bergarbeitern mit einer Mehrheit von etwa ISO 890 Stimmen aöxclshnk worden. Viele Bergleute, die die Ar­beit wieder ausgenommen haben, haben nicht abgestimmt. Die Lage ist sehr schmierig geworden. Dis Kommunisten kündigen eine neue Hilfsendung aus Rußland im Betrag von 1,3 Millionen Mack an.

PolMsche Wochenschau.

Diesmal dürfen wir etwas Erfreuliches an die Spitze unserer Wochenschau stellen: den großartigen Sieg des Deutschtums in Polnisch-Oberschlefien. Wer hätte das für möglich gehalten? Nicht weniger als 100 000 Deutsche sind aus diesem neuesten Anhängsel des polnischen Staats hinausgeworsen worden; in ihr Haus und Hof hat sich der Pole gesetzt; die deutschen Schulen find trotz Genfer Kon­vention entdeutfcht worden, die Deutschen allen möglichen Schikanen durch die Aufständischen und die Korsautyleute ausgesetzt, viele deutsche Lehrer und Pfarrer ihres Amtes entsetzt worden u. a. Unter Pilsudski ist es nicht besser geworden. Nun haben die Herren vomWeißen Adler" die Quittung für die weltberüchtigte polnische Wirtschaft erhalten: Die Deutschen haben bei den letzten Gemeinüewahlen eine Durchschnittsmehrheit von 60 Prozent erzielt. In K ö n i g s- hütte beispielsweise erhielten sie 32, die deutschen Sozia­listen 6, der polnische Wahlblock aber nur 11 und die Kommu­nisten 2 Mandate. Selbst in den Südorten mit ihrer großen Industrie sind diesmal mehr deutsche Stimmen als bei der Volksabstimmung 1921 abgegeben morden.

Was bedeutet dieser für Deutschland so glänzende Wahl­ausfall? Eine Warnung für Warschau. Man darf keine nationale Minderheit zur Märtyrerin machen. Dadurch ver­bisst man ihr erst recht zum Sieg. Das sollte auch ein Mussolini für Südtirol und ein Poincare für Elfaß- Lothringen merken. Hoffentlich ist der deutsche Wahlsieg ein Dämpfer auf den polnischen Usbermm, der sich in der Frage der Chorzawer Stickstofswerke wieder in recht wider­licher Weise breit macht- Polen ist feit Oktober halbstündiges Ratsmitglied und pfeift auf das Urteil desStändigen Internationalen Gerichtshofs", also einer Einrichtung des Völkerbunds, des Hüter--- völkerrech'licher Verpflichtungen. Gibt es einen größeren Widerspruch?

Widersprüche, nichts als Widcrspüche haben die 50 Gene­rale desMilitärischen Unterausschusses" in Genf an den Tag gefördert. Sie sind jetzt mit ihren 150 Sitzungen glücklich zu Ende, haben aber nicht einen einzigen positiven Beschluß gefaßt, so daß man heute genau jo klug ist, wie vor Jahr und Tag, als die Abrüstungskomödie mit großen Sprüchen eröffnet wurde. Freilich, so ganz ergebnis­los ist das Spiel doch nicht ausgegangen. Paul Bon­cour, Frankreichs Vertreter, hat den erstaunten Herren weisgemacht, daß die Reserven und daß das Reservematerial nichts mit der Rüstung eines Volks oder wenigstens mit einem Angriffskrieg zu tun hätten. Also könne man billiger­weise von keinem Staat Abrüstung seiner Reservebestände verlangen. Auch sei der Soldat im ersten Jahr nicht kriegs­gebrauchsfähig. Deutschland aber habe 11 ausgebildete Jahr­gänge! Kurz: Eigentlich sei Deutschland militärisch stärker als Frankreich. Und solchen bewußten Unsinn nimmt man ernst!

Armes Deutschland! Dir läßt man keine Ruhe. Immer noch streiten sich die Herren in Paris um die Frage, ob es nicht endlich Zeit wäre, die lästige und demütigendeM ili- t ä r k o n t r o l l e" über das entwasfnete Deutschland auf­zuheben. Immer noch findet man einen letzten Rest von Kriegsrüstung": die Befestigung von Königsberg oder den Fortbestand der Kasernenbauten oder die Existenz der vater­ländischen Verbände. Jedenfalls müsse an dem Tag, wo die Miliinrüberwachung aufgehoben wird sofort von selbst dieI n v c st j g a t i o n" d. h. die Aufsicht des Pölkerbunds :reten. Man stelle sich nun einmal das famose Bild vor: Deutschland, ständiges Ratsmitglied und ebenbürtige Groß­macht, wird oa» seinen Kollegen, die auf derselben Bank neben ihm sitzen, militärisch überwacht! Und das alles trotz Iwcarno und Thalrn! Wahrlich, wo Haß ist, da ist keine Vernunft.

Poincare hat doch Glück. Was zwei Finanzminister vor ihm trotz allem heißen Bemühen, was einem Caillaux und einem Peret nicht gelungen ist, hat er fertigebracht: dieStabilisierung durch Selbsthilfe". Das englische Pfund gleich 150 Frs.l Wenn auch dieser Erfolg manchem Indu­striellen unbequem ist, dem Volk als ganzem wird er zu- sagen. Poincare ist aufs neue populär geworden, so beliebt.

baß der rea>l«a;auvji,in. >-.>e coumger M ar > n bereits die Drohung wagen kennte, Fiankreich könne auch ohne Mitte und Linke regieren, die Rechte sei setzt stark genug. Das hat den anderen Mimsterkallcgen nicht gepaßt, vielleicht auch Poincare nicht. Aber cs in ein Beweis für die zu­nehmende Erstarkung desNationalen Blacks". Für uns Deutsche kein gutes Vorzeichen. Denn Poincare bedeutet das Ende von Thoiry.

Amerika scheint sich immer mehr von Europa zurück­ziehen zu wollen. Ganz im Gegensatz zu Wilson. Coo- ligde und nun auch der Senat haben erklärt, dem vom Völkerbund eingerichtetenStändigen Internatio­nalen Gerichtshof" (nicht demSchiedhos") im Haag nicht angehören zu wollen. Zunächst haben die Pereinigten Staaten solche starke Vorbehalte erhoben, daß die euro­päischen Mächte unmöalich darauf eingehen können. Außer­dem hat Coolidge erklärt, daß Amerika die Kriegsschuld­frage nicht interessiere. Ihm liege nur daran, daß die euro­päischen Schuldner ihren Verpflichtungen gegenüber Amerika Nachkommen:Wir sind die Gläubigernation, es geht uns besser als den andern." So echt pharisäische Selbst­genügsamkeit. Freilich wenn Amerika bei Frankreich auf Zahlung dringt, dann könnte Poincaoes Franken wieder ins Wanken geraten. Uebrigens, wenn es Amerika tatsächlich besser geht als den andern", dann sollen die Aankees doch endlich mit der Herausgabe des beschlagnahmten deutschen Eigentums voranmachen. Es handelt sich um mehrere hun­dert Millionen Dollars, die wir in Deutschland so recht gut brauchen könnten.

In Asien bereiten sich allerlei unheimliche Dinge vor. Rußland, Türkei, Persien, Afghanistan und China rücken näher zusammen, auch zu einer Art von einem Pölkerbund, der, wenn er zustandekommt, Len Europäern, besonders den Engländern recht unangenehm werden könnte. Deshalb hätte England die Türkei am liebsten auch im Völkerbund, wo­möglich in dessen Rar. Das ist der große Schlagbaum, mit dem England die Völker von Rußland absperren will. Da­her auch seinerzeit der nervöse Eifer, mit dem es um Deutsch­lands Mitgliedschaft warb. In,zwischen scheint jedoch Ruß­land ihm oorgekommen zu sein. InOLessasoll der Türke und der RusseBruderschaft" geschloffen haben. Ueber- haupt scheint England heute in Asien mehr eine passive, Rußland mehr eine aktive Rolle zu spielen. Es sieht des­halb auch mit einiger Besorgnis den gegenwärtigen Wahlen in Indien zu. Für Rußland jedoch blüht der asiatische Weizen gut- In Niederländisch-Jndien haben die Kommunisten einen nicht ungefährlichen Aufstand angezettelt,

uno »> oer zurzeit liegend vordringenden K'anton- regierung (Südchina) hat Rußland keinen geringen Einfluß. Japan hält sich zunächst äußerlich neutral in dem Gegenspiel Englands und Rußlands.

Bei uns in der Heimat ist alles noch jn ungewissem Fluß. Werden die Sozialdemokraten in eine wirkliche Große Koalition" eintreten oder weiterhin sich mit dsr Rolle eines stillen Teilhabers mit beschränkter Haftung begnügen? Wird es in Sachsen eineGroße Koalition" geben? Die nächste Zeit wird die Entscheidung bringen. Gut Ding braucht lang Weil. Jedenfalls wollen Zentrum und Demokraten lieber mit den Sozialdemokraten als mit den Deutschnationalen schaffen, obgleich das Zentrum beim kommenden Reichsschulgesetz auf die Deutschnatio­nalen angewiesen sein dürfte.

Endlich es hat doch recht lange gedauert hat Dr. Dorpmüller das Amt eines Generaldirektors der Deut­schen Reichsbahngesellschaft übernehmen können. An seinem ersten Empsangsabend hielt er eine programmatische Rede. Aus dieser war zu entnehmen, welche ungeheure Bedeutung dieses größte wirtschaftliche Unternehmen der Welt für die Dawesleiskungen, für unsere Industrie und für die Arbeits­beschaffung in unserem Volk hat. Dorpmüller kann für die Betriebssicherheit unserer Bahnen einstehen. Sie verbiete aber jede Ueberbürdung des Personals. Die Verwaltung werde nach wie vor am Berufsbsamtentum fest- halten. Das sei nötig, wenn die herkömmliche Treue und Zuverlässigkeit erhalten bleiben soll. Das Wichtigste für Las Personal werde sein, daß es in Zukunft vor weiterem Abbau gesichert sei. Wir können uns wirklich über das Programm des neuen Generaldirektors freuen.

Neuestes vom Tage

Das Gesetz über Arbeitslosenversicherung Berlin, 19. Nov- Der Reichrat genehmigte das Ar­beit s l o s e n v e r s ich e r u n g s g e s e tz, das am 1. April 1927 in Kraft treten soll. Träger der Versicherung sind die Krankenkassen. Jn die Versicherung sollen auch Angestellte einbezogen werden, die nach dem Angestelltenoersicherungs­gesetz versicherungspflichtig sind. Die auf 26 Wochen bemes­sene Unterstützungsdauer kann im Fall besonders ungünsti­ger Lage des Arbeitsmarktes auf 39 Wochen ausgedehnt werden. Im Weg einer Krise »fürsorge können auch diejenigen unterstützt werden, die die Anwartschaft noch nicht eriüllk haben oder bereits au^emmerf sind. Während lonst