MITTWOCH, 2 3. MAI 1951
NUMMER 78
Die Insel der Gestrandeten
Hahnöfersand nimmt sich
V. H. „Sein Vater war Universitätsprofes- *or in Königsberg“, sagt der Gefängnisbeamte und hält mit der Barkasse scharf Kurs auf Hahnöfersand. Eltern- und heimatlos vagabundierte der heute Zwanzigjährige fast fünf Jahre durch Westdeutschland und machte mit acht Erziehungsanstalten und Gefängnissen Bekanntschaft. „Entweder riß er aus“, erzählt der Beamte weiter, „oder er wurde — kaum ln Freiheit — erneut straffällig.“ Dann kam er auf die Gefängnisinsel für neun Monate. Es war im Frühjahr, da geht keiner gern hinter Gitter. Aber als die Haftzeit beendet war, bat er den Direktor, ihn zu behalten. Weil hier sein erstes Zuhause war nach mehr als sieben Jahren. Kein Einzelfall in dem Jugendgefängnis auf der drei Kilometer langen Elbinsel gegenüber von Bankenese. 188 Häftlinge verbüßen hier zurzeit ihre Strafen und manche davon haben schon einen beachtlichen Packen auf dem Kerbholz. Trotzdem werden eie nicht wie Verbrecher behandelt, weil man die Ansicht vertritt, daß die Mehrzahl der jugendlichen Gestrandeten nicht von Haus aus kriminell, sondern durch äußere Umstände und die Nachkriegswirren aus der Bahn geworfen worden ist. Fast ein Fünftel der Häftlinge sind Waisen, zum großen Teil aus den abgetrennten Ostgebieten und der Sowjetzone, bei dem Rest sind die Familienverhältnisse meist völlig zerrüttet. „Nicht strafen, sondern heilen und helfen“, heißt deshalb der Leitsatz von Hahnöfersand.
Das Jügendgefängnis am Tor zur Welt gilt als das modernste Deutschlands. Weder Schutzmauern noch Stacheldrahtzäune trennen das Ufer vom Strom und der Blick streift frei über das Land und die Elbe. Die Jugendlichen besiedeln die Insel und erlernen — je nach ihrer Veranlagung — Landarbeit oder handwerkliche Berufe. Sieben Pädagogen, drei Berufsschullehrer und sechs Inspektoren stehen als fachkundige Lehrkräfte zur Verfügung, es gibt eine Schmiede, Tischler-, Schneider-, Glaser- und Schuhmacherwerkstätte, Maurer und Installateure werden ausgebildet, und die Gefängnisleitung ist bemüht, weitere Lehrmöglichkeiten zu schaffen.
Der insulare Strafvollzug auf der Basis von Hahnöfersand — ursprünglich ein umstrittenes Erziebungsexperiment — hat sich vorzüglich bewährt. Die Häftlinge, die bei der Tat das 21, Lebensjahr nicht überschritten haben dürfen, werden vor der Einweisung von je einem Psychiater, Psychologen und Pädagogen untersucht, denn nicht für jeden straffälligen Jugendlichen sind die Methoden der Anstalt geeignet. Wer für die Insel ausgesucht wird, kommt zunächst im „festen Pavillon“ in Einzelhaft. Dort bleibt er meist nur Sturze Zeit und wird darnach in einer Dreimannstube untergebracht. Er steht
"“^kriegerische Rechenkünste
TOKIO. Wenn ein amerikanischer Panzer aus irgendeinem Grund hinter der zurückgehenden Frontlinie bleibt, so ist dieser Verlust schmerzlich, ganz besonders für den Steuerzahler daheim, denn ein solcher Apparat kostet reichlich 100 000 Dollar oder weit über 400 000 DM. Andererseits ist ein schadhafter Panzer verhältnismäßig leicht zu reparieren, wenn er beim nächsten Gegenvorstoß noch vorgefunden wird.
Die Kommunisten, die das auch wissen, versuchen deshalb, sich im Schutze der Dunkelheit an solche Panzer im Niemandsland heranzuschleichen und sie zu sprengen oder wenigstens auszubrennen. Das einfachste Mittel dagegen ist, daß man alle fünf Minuten eine einzelne 15,5-em-Granate mit Zeitzünder in die Nähe schießt. Der Panzer bekommt dabei nicht mehr als ein paar Kratzer ab. Und die Rechnung geht deshalb auf, weil eine Granate nur etwa 100 Dollar kostet, das ganze Schutzbombardement einer Nacht aber höchstens 15 000 Dollar. Immer noch billiger als ein neuer Panzer.
jugendlicher Häftlinge an
zwar noch unter Bewachung, arbeitet aber mit sogenannten Freigängern, die Tag und Nacht ohne Aufsicht sind, in Werkstätten, an Baustellen oder im landwirtschaftlichen Betrieb. Jeder hat hier die Möglichkeit, allmählich mehr Freiheiten zu erlangen. Wer sich bewährt, darf nach der Arbeitszeit in die Gemeinschafts- und Turnräume, kann sich an sportlichen Wettspielen beteiligen, Radio hören und sogar ab und an Filme ansehen. Das ist ein Ansporn für alle Häftlinge und klein ist die Zahl derer, die mehrere Monate im „festen Pavillon“ gehalten werden müssen.
Das Ziel aller Häftlinge ist das „Jugenddorf“, eine blitzsaubere Barackensiedlung in der Mitte der Insel. Hier regiert ein selbstgewählter „Bürgermeister“, gemeinsam werden Pläne geschmiedet, Verbesserungsvorschläge eingebracht und mit der Gefängnisleitung diskutiert. Man versucht, den Jungen Verantwortungen zu übertragen, sie zu selbständigem Denken anzuregen und Pflichtbewußtsein in ihnen zu wecken. Daß das gelingt, zeigt die Statistik. Nur sieben Prozent der Freigänger, die das Jugenddorf bewohnen, wurden nach der Entlassung wieder straffällig. Sie dürfen
Reutlingen. (Eig. Bericht). Am Montag fand im neuen Gewerkschaftshaus in Reutlingen eine Sitzung des Landesbezirks-Ausschusses Württemberg-Baden des Deutschen Gewerkschaftsbundes statt, dem Gewerkschaftsvertreter aus den Ländern Württemberg-Baden, Württemberg-Hohen- zollern und Südbaden angehören. Im Mittelpunkt stand die Neuwahl des 1. Vorsitzenden des Landesbezirks Württemberg-Baden (alle drei südwestdeutschen Länder), die einstimmig und ohne Diskussion Wilhelm Kleinknecht zum 1. Vorsitzenden berief. Zweiter Vorsitzender wurde Wilhelm R e i b e 1. Die Neuwahl wurde nötig durch den Tod des bisherigen I. Vorsitzenden Markus Schleicher.
Der neue Vorsitzende mußte ein Mann sein, der mit allen Fragen des Südwestraums vertraut ist. So fiel die Wahl auf Wilhelm Kleinknecht und. bei gleichen Abwägungen, auf Wilhelm Reibei, als dessen Stellvertreter. Wilhelm Kleinknecht wurde am 16. 1. 1893 in Ober- wiessach, Kreis Backnang, geboren. Er trat 1910 in die Gewerkschaften ein und war 1928—1933 hauptberuflicher Funktionär der Transportarbeitergewerkschaft. 1945 war er Kaufmann bei verschiedenen Handels- und Industrieunternehmen. Nach dem Zusammenbruch stellte er sich sofort wieder in den Dienst der Gewerkschaften und war entscheidend an deren Wiederaufbau beteiligt.
Wilhelm R e i b e 1 wurde am 22. April 1897 in Lahr in Baden geboren. 1923—1932 war er ehrenamtlich tätiger Bezirksvorsitzender des Verbandes der Deutschen Buchdrucker im Bezirk Lahr. 1932 wurde er Gauvorsteher dieses Ver
sieh ungehindert auf der Insel bewegen, erhalten öfter Besuchserlaubnis und von Zeit zu Zeit sogar Wochenendurlaub. In Zivil und ohne Begleitpersonal geht es dann hinüber zum Ufer der Freiheit. Die Chance zu verschwinden ist groß, trotzdem kamen bisher alle wieder. Ein Dreiundzwanzigjähriger, 1947 zu einer langjährigen Strafe verurteilt, heiratete sogar während des Strafvollzuges.
Die Räume, in denen die Freigänger wohnen, sind behaglich und für viele ein wirkliches Äeim. Gardinen, Bilder, Radio — sogar Bettvorleger sind vorhanden und nichts erinnert an eine Gefängniszelle. Auch während der Nacht bleiben die Stuben unverschlossen, dennoch kommen Fluchtversuche kaum vor. Weil sie sich geborgen fühlen auf „ihrer“ Insel.
Richter und Vollzugsbeamte entscheiden über das Ende der Haft. Durch fast väterliche Obhut der Aufseher, die alle geschulte Erzieher sind, und Unterricht werden die Jungen systematisch auf die Stunde der Freiheit vorbereitet. Man bemüht sich um geeignete Stellen und versucht, sie in Familien unterzubringen. Was ihnen fehlt, den Gestrandeten, ist Liebe und ein bißchen Verstehen. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, daß die meisten nur eine kleine Hilfestellung brauchen, um den Weg ins ordentliche Leben zu finden.
bandes für den Bereich des Gaues Oberrhein. Im Dritten Reich befand er sich im Konzentrationslager und in Untersuchungshaft Nach 1945 trat er sofort wieder den Gewerkschaften bei und wurde Vorsitzender der Gewerkschaft des Graphischen Gewerbes im Bezirk Freiburg und 1947 erster Vorsitzender des badischen Gewerkschaftsbundes.
In zwei Entschließungen nahm der Landesbezirksausschuß zum Südweststaat und zu dringenden Problemen der Wirtschaftspolitik Stellung.
Auf einer Pressekonferenz unterrichtete Bun- desvorstandsmitghed Carl über die Neuorganisation der Gewerkschaften, über die noch vielfach Unklarheit herrscht. Die Gewerkschaften sind gewissermaßen der politischen Entwicklung vorausgeeilt. Früher bestanden selbständige Gewerkschaftsbünde in Württemberg - Baden, Würtemberg-Hohenzollem und Südbaden. Seit 1. Januar 1951 ist diese Konstruktion In eine höhere Form übergegangen. Die Gewerkschaften wurden auf Bundesebene neu organisiert. Es gibt nunmehr einen Gewerkschaftsbund und als Untergliederungen lediglich Landesbezirke. Zugleich wurde Westberlin als 8. Landesbezirk in den Deutschen Gewerkschaftsbund aufgenommen. Die Gewerkschaften im Landesbezirk umfassen heute 711 009 Mitglieder. Davon entfallen auf Südbaden 123 800. auf Württemberg-Hohen- zollem 90 000 und auf Württemberg-Baden 498 000. Der Landesbezirk steht in der Zahl der Mitglieder an 3. Stelle. Vor ihm kommen nur noch Westfalen und Bayern.
England — statistisch gesehen
LONDON. In Großbritannien ist im Jahre 1949 pro Einwohner über ein halbes Faß Bier konsumiert worden. Dies und tausend andere wichtige und unwichtige Einzelheiten lassen sich den vom Statistischen Zentralamt veröffentlichten Aufstellungen und Tabellen entnehmen. Danach waren auch die Zusammenstöße zwischen Betrunkenen und Polizisten 1949 zahlreicher als im Vorjahr, lagen aber um drei Fünftel unter dem Vorkriegsdurchschnitt. Trotz der Austerity verübten 1948 nur 5118 Personen gegenüber 5797 im Jahre 1938 Selbstmord. Ein Nachkriegstiefstand wurde 1949 in der Zahl der Ehescheidungen erreicht, die aber trotzdem noch dreimal so viel wie 1938 betrugen. Die Gesamtzahl der Verbrechen ist kleiner geworden, dagegen erhöhte sich 1949 die Zahl der Unterschlagungen und Gewaltverbrechen. 35 Mörder wurden 1949 ihrer Tat überführt. 1948 waren es 45, im Jahre 1938 dagegen nur 25. Die Zahl der Gefängnisinsassen in England und Wales erhöhte sich von 17 067 im Jahre 1947 auf 19 765 im Jahre 1949.
Gegen radioaktiven Staubt
STOCKHOLM. Eine chemische Fabrik in Schweden hat die Lizenz für die Produktion eines neuen amerikanischen Schutzmittels gegen den bei Atomexplosionen freiwerdenden radioaktiven Staub erworben und und bereits mit der Massenherstellung des in Amerika unter dem Namen „Edta“ bekannten Präparats begonnen. Das Schutzmittel kann als flüssige Lösung oder in Salbenform angewandt werden und ergibt eine Schaumlösung, in der radioaktive Bestandteile gebunden werden. Mit Hilfe des Präparats soll es möglich sein, radioaktiven Staub abzuwaschen, ehe er Schaden anrichtet. In Schweden werden außerdem Versuche unternommen, mit Hilfe dieses Mittels Nierensteinerkrankungen zu heilen.
Handwerker als Bankiers
Über eine Milliarde DM Außenstände
HK. Die überfälligen Außenstände des Handwerks im Bundesgebiet haben bedrohliche Formen angenommen. Gegenwärtig betragen sie über eine Milliarde DM, wie der Zentralverband des Handwerks in Bonn feststellt. Dort betont man besonders, daß trotz eines Erlasses des Bundeswirtschaftsministeriums öffentliche Stellen immer noch in großem Umfange zu den säumigen Zahlern des Handwerks gehören. Der Kreditbedarf der Betriebe erhöht sich; gleichzeitig haben die Landeszentralbanken Anweisung, kurzfristige Kredite zurückzuziehen.
„Auf die Frage: Bezahlen? antworten viele, ich lasse anschreiben“, bestätigt ein Metzgermeister, der sein großes Buch hervorzieht und nachweist, daß mehrere tausend DM ausstehen. Die Kunden lassen anschreiben und rutschen teilweise immer tiefer in Schulden. Nicht nur im Lebensmittelgeschäft zeigen sich Beispiele, daß der Handwerker zum Teil die Rolle eines „Bankiers“ übernommen hat.
Einzeluntersuchungen des Zentralverbandes des deutschen Handwerks, die in verschiedenen Kreisen durchgeführt wurden, ergeben ein erschreckendes Bild: In Mannheim z. B. hatten die Elektrohandwerker Außenstände van 8000 bis 10 000 DM je Betrieb, die Schlosser rund 6000 DM, das Bauhandwerk 12000 DM je Beschäftigten. Die Außenstände sind besonders drückend und gefährlich, sagen Kenner, weil die Beträge auf bestimmte Handwerksberufe entfallen. Bau- und Kraftfahrzeughandwerk, Bekleidungs- und Landmaschinenhandwerker haben besonders hohe Beträge in den Büchern stehen. Niedersachsen, und Schleswig-Holstein mit rund 138 000 Betrieben haben errechnet, daß etwa 162 Millionen DM an Forderungen bestehen.
PRAG. Auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Theresienstadt wurde in Anwesenheit von etwa 12 000 Personen ein Ehrenmal für die 26 000 Lagerinsassen errichtet, die dort während des Kriegs ums Lehen kamen.
Besatzungskosttn:
„Wir werden weitermarschieren..
Kleinknecht an der Spige des DGB
Reibel 2. Vorsitzender / Sitzung des Landesbezirksausschusses Württemberg-Baden
Spielbank finanziert Theater
Zur Eröffnung des Lindauer Stadttheaters
Am Samstag hat sich in der schönen Grenzstadt am Bodensee etwas Denkwürdiges vollzogen. Eine hochgotische Barfüßerkirche, die seit dem 18. Jahrhundert das Schicksal so vieler ihrer Schwestern erlitt und als Magazin, Komödienhaus und schlecht organisiertes Museum gedient hat, wurde zu einem Theater umgebaut, das mit zwei Rängen, einem großen Parkettsaal in hell-beige und samtrot und einer Bühne, die außer der großen Oper jegliche Aufführung von Schau-, Opern- und Operettenstücken erlaubt, nun an der Spitze der modernen mittleren Theaterbauten in der Bundesrepublik steht. Der Besucher schreitet durch Spitzbögen und eine basilikale Fassade in die weltlichen Schauräume. Der Chor der Kirche ist zum Foyer geworden, das auch als Konzertsaal benützt werden kann. Über die schräg ansteigenden Sitzreihen kann ein Parkettboden gelegt werden, bei festlichen Bällen gibt dieser doppelte Boden die Tanzfläche her und trägt Tische und Stühle. Das neue Theater besitzt kein eigenes Ensemble. Man will die besten Inszenierungen Süddeutschlands zu Gastspielvorstellungen einladen: München, Stuttgart, Ulm, Tübingen, Zürich und Wien.
Wie hat die doch verhältnismäßig kleine frühere Reichsstadt, die seit 1803 zu Bayern gehört und seit 1945 in die französische Besatzungszone einbezogen ist, das kostspielige Unternehmen finanziert? Dem aufmerksamen Betrachter der Bodenseestädte fällt auf, daß die zwei größten Siedlungen, Konstanz und Lindau, „Spielbanken“ haben. Und zwar ist die Lindauer selbständig, während die Konstanzer als Nebenstelle von Baden-Baden fungiert. Landschaft, Kultur und Geselligkeit dieses Grenzgebietes, so spekuliert man, üben auf Abenteurer, Staatsmänner, Kunstliebhaber und Industriekönige eine gewisse Anziehung aus. In der calvinistisch-zwinglischen Schweiz sind Spielbanken als „Lasterhöhlen" verboten. Gleichwohl, so lehrt die Erfahrung, sind es gerade wohlhabender Schweizer, die in den Kasinos abends den gut emstudierten Gesten der Croupiers folgen und Marken in höherem Wert auf die Felder fegen, um zu gewinnen, um zu verlieren. Kurz die Lindauer „Lasterhöhle“ wirft ansehnliche Gewinne ab. Die Lindauer Stadtyäter, unterstützt
von den Franzosen, sagten sich nun: Gut, wir durchbrechen die Gesetze des bayerischen Staates, gestatten auf eigenes Risiko die Errichtung einer Spielbank, verlangen aber, daß ein Teil des Gewinnes zur Finanzierung des Theaters abgeführt wird. Auf diesen Vorschlag wurden die Partner handelseins. Lindau eroberte mit einem Schlag zwei anziehende Stätten: eine Spielbank und ein Theater.
Dadurch, daß Lindau großzügig vorging und gleich etwas Rechtes hinstellte, wird es auch als Theaterstadt den Nachbarn aus Vorarlberg, der Schweiz, Würtemberg und Baden ein Sporn sein im Wetteifer um die edle Theaterkunst.
Die Galavorstellung, in der man mehr Abendkleider und Fräcke sah als in Stuttgart, war ein optimaler Auftakt: Eugen J o c h u m dirigierte mit den ersten Kräften der Münchener Staatsoper den herrlichen mozartschen Figaro. Salzburger Luft wehte da ein bißchen über das Vorarlberg herein, kaum je hörten wir die Presto-Achtel beschwingter und exakter, die Rezitative trockener und gespielter, die Arien schmelzender, die Dramatik im Komischen und Seriösen inniger. Mag auch das Nymphenburger Barock, wies die Münchner nun mal lieben, nicht ganz dem Salzburgischen entsprechen, (in der Inszenierung) — wir sind trotzdem mit den vielen hundert Gästen ohne Einschränkung dankbar gewesen für das Jochum-Gastspiel. Ein solcher Beginn deutet auf künstlerische Höhen, die, wenms geschickt gemanagert wird, sogar Salzburg eine Konkurrenz sein können. Lindau voran! E. M.
Ein Meteorschauer zu erwarten?
Für den am 4. Februar dieses Jahres von Pajdusäkovä entdeckten Kometen 1951 a sind inzwischen von verschiedenen Astronomen genaue Bahnelemente berechnet worden. Dabei stellte sich heraus, daß die Erde am 1. August 1951 an die Bahn des Kometen mit etwa 1,5 Millionen Kilometer Abstand recht nahe herankommf. Der Komet selbst steht natürlich längst nicht mehr an dieser Stelle, sondern hat das Innere des Planetensystems bereits Ende April verlassen. Bekanntlich sind aber die Kometenköpfe sehr locker gepackte Ansammlungen von Staub und kleinen Meteoriten, die bei der Reise des Kometen durch das Weltall zum Teil längs der Bahn zurückgelassen werden. So erklären sich die
periodisch wiederkehrenden Stemsehnuppen- schwärme (etwa der Perseiden im August oder der Leoniden im November) einfach dadurch, daß die Erde jedes Jahr bei ihrem Flug um che Sonne in einen solchen Meteoritenschwarm, der sich längs einer Kometenbahn erstreckt, hineingerät. Aus diesem Grund weisen nunmehr A. V. Nielsen vom Aarhus Observatorium und L. Kre- säk, Tatranka Lomnica, auf die Möglichkeit eines Meteorschauers hin, der durch die erwähnte Annäherung der Erde an die Bahn des Kometen 1951 a verursacht werden könnte. Die Sternschnuppen würden dann scheinbar von einem Punkt im Sternbild Skulptor (Bildhauer) ausgehen, das allerdings in Mitteleuropa nicht mehr vollständig über den Horizont kommt. Trotzdem wäre auch hei uns gegebenenfalls verstärkte Sternschnuppentätigkeit zu bemerken. Allerdings wird zur gleichen Zeit auch der allbekannte Perseidenstrom seine Tätigkeit entfalten. Während aber die Rückverlängerung der Sternschnuppenbahnen der Perseiden zum Sternbild Perseus führt, müßte das gleiche Verfahren bei den Mitgliedern des hypothetischen Stromes zum Skulptor führen, d. h. die Schnuppen würden in der ersten Nachthälfte von einem Punkt unterhalb des SO-Horizontes herkommen, der sich während der Nacht langsam zum Stützpunkt hin verlagert. Auf diese Weise lassen sich die Mitglieder beider Sternschnuppenschwärme trennen, J. H.
Für den Bücherfreund
Das Leben Barbara Blombergs
Georg Ebers: Barbara Blomberg, Roman.
508 Seiten. Verlag Josef Müller, München. 1950.
Das ungewöhnliche Schicksal einer Regensburger Bürgerin, die durch, ihre Liebe zu Karl V. in die Maschen der Staatsraison gerät, wurde hier mit großer Gestaltungskraft niedergeschrieben. Beachtlich sind die Kenntnisse des Verfassers über die Kultur der Renaissance- und Reformationszeit.
Aus dem hohen Norden
Frlthjof E. B y e: Friedlose Fahrt, Roman.
Schweizer Druck- und Verlagsbaus AG.. Zürich.
In diesem zweiten, in sich abgeschlossenen Band seiner kraftvollen nordischen Saga, die mit
der „Großen Einsamkeit“ ihren Anfang nahm, entwickelt Frithjof E. Bye die weiteren Schicksale seiner Helden, des Hünen Alv Udda und der schönen und jungen Kirsten Gustdotter. Im ungestümen Kampf mit Mensch und Tier sucht Alv Udda seine Frau zu vergessen. Als Holzfäller und Jäger streift er ruhelos durch die großen Wälder Norwegens und Schwedens. Die großartig gesehene Landschaft des Nordens wird dem Leser nicht weniger fesseln als die spannend geschriebenen Gedichte. Deutsche Auslieferung: Carl Meyer, Frankfurt.
„F ahrvorsdtrift für eine Geliebte “
C. O. Windeckei, Zärtliches Autobrevier. Umschau-Verlag, Frankfurt. 79 S., 8 farbige Aquarelle.
In Form von Briefen an eine Geliebte wird in diesem Büchlein in humorvoll-anmutiger Weise über das Auto und Autofahren und manches, was dabei zu beachten ist, geplaudert. Man könnte es vielleicht auch „Fahrvorschrift für eine Geliebte* nennen, ohne jedoch unbedingt einen Vergleich mit Binüing heraufbeschwören zu wollen. Das Büchlein ist in reizvoller Art geschrieben und kann manchem Leser und besonders manchem Autofahrer neben netter, kurzweiliger Unterhaltung ein freundlicher Lehrmeister und Mahner sein.
Mit Fachvorträgen aus dem Gebiet der Neuphilologie und Ausstellungen aus der Praxis des modernen Schulwesens wurde kürzlich der „Deutsche Neuphilologentag 1951" in Wiesbaden eröffnet.
Das Deutsch-Spanische Filmbüro in Bilbao beabsichtigt, einen Film über das Thema „Monte Cassino“ mit englischem, italienischen und deutschen Laienspielern, die als Soldaten an den Kämpfen um das italienische Kloster teilgenommen haben, in Spanien und Italien zu drehen.
Für eine Fusion der „Notgemeinsehaft der deutschen Wissenschaft“ mit dem deutschen Forschungsrat zu einer einheitlichen Organisation sprach sich die Mitgliederversammlung der Notgemeinschalt in München in Anwesenheit führender Mitglieder des Forschungsrates aus.