MONTAG, 21. MAI 1951

NUMMER 77

Morrison Typ des englischen Sozialisten

Der Letzte von Attlees alter Garde

Von unserem Londoner Dr. Sch-Mitarbeiter

Der neue britische Außenminister hat sich nach seinem Amtsantritt recht rasch entschlos­sen, Deutschland einen Besuch abzustatten. Er hat damit gezeigt, daß er das Verhältnis zu Deutschland von vornherein anders anpacken will als sein Vorgänger. Morrison ist eine kühle, nüchterne Natur, die die Politik ohne Vorurteile betreibt. Er erkennt Deutschland als selbständigen Staat an und will nicht das Verhältnis zu Bonn auf die Dauer durch die Vergangenheit belasten lassen.

Morrison ist so recht der Typ des englischen Sozialisten. Aus bescheidenen Verhältnissen kommend (Sohn eines Polizisten), mit dem Cock­ney-Akzent der kleinen Leute in London, ist er das genaue Gegenteil eines Revolutionärs. Wenn er Marx je in die Hand genommen ha­ben sollte, so ist er jedenfalls nicht von ihm beeinflußt worden. Er steht ein für den ge­hobenen Arbeiter, der fast schon ein Klein­bürger ist, mit eigenem Haus und Garten, ge­sittet, fest in den bürgerlichen, ja monarchisti­schen Traditionen seiner Insel stehend. Er liebt es,Lord-Festival Lord der Ausstel­lung genannt zu werden, im schwarzen Geh­rock das Königspaar durch das Ausstellungs­gelände zu führen, im Parlament die Fragen über die Ausstellung zu beantworten, ob der Preis für eine Tasse Kaffee dort nicht zu hoch sei, und anderes mehr.

Morrison ist der letzte von Attlees alter Garde die anderen sind tot oder schwer krank. Er wäre der selbstverständliche Nach­folger Attlees, falls die Labour noch länger am Ruder bliebe. Der jetzige Außenminister hatPolitik von der Pike auf gelernt. Nie­mand konnte dem jungen Mann, der nur die Gemeindeschule besucht hat und seine Lauf­bahn als Laufbursche, Verkäufer und Tele­phonist begann, Protektion vorwerfen. Mit 35 Jahren kam er 1923 für den Londoner Be­zirk Hackney ins Parlament und wurde in der ersten Labour-Regierung von 1929 ab Trans­portminister. Churchill holte ihn 1940 in seine Koalitionsregierung als Produktionsminister. Noch in dem gleichen Jahr wird er Innenmini­ster und Kabinettsmitglied. Gleichzeitig aber bleibt er Mitglied des Londoner Grafschafts­rats, dem er sechs Jahre vorgestanden hat. Dies ist eine seiner Bindungen zu den ein­fachen Parteimitgliedern, an denen er festge­halten hat. Die andere ist die Partei selbst, deren Londoner Sekretär er 32 Jahre lang war.

Von einer solchen Festigkeit und Stete ist also der Mann, der sich gegenwärtig in Bonn auf­hält.

Welche Themen wird nun Morrison in seinen Gesprächen mit Adenauer berühren? Er hat einige Konzessionen in der Tasche, die aller­dings schon lange vorbereitet sind. Die Been­digung des Kriegszustandes wird z. B. nicht mehr lange auf sich warten lassen. England ist dazu bereit und wartet nur noch auf Amerika. Doch in Bälde wird dies unterzeichnet werden können. Auch gegen die Revision des Besat­zungsstatuts wird Morrison nicht viel einzu­wenden haben. Allerdings wird er sich aller­leiSicherheitsventile in der Hand behalten wollen, sich einige Vetos Vorbehalten.

Auch das Thema der Ruhrbehörde wird sich stellen. Ihre Funktion sollte ja beendet sein, besonders seit der Schuman-Plan beschlossen wurde. Da England letzterem nicht beitrat, sondern sich nurin irgendeiner Form asso­

ziieren will, fühlt es sich an der Ruhr irgend­wie überspielt.

Was die deutsche Aufrüstung anbetrifft, so war England nie eine Macht, die sehr in diese Richtung drängte. Morrison ist auf diesem Ge­biet eher ein Zauderer als ein Draufgänger. Bei den Besatzungskosten wird er vielleicht kleine, sehr kleine Konzessionen machen. Auch die Österreicher haben vergeblich versucht, ihn dazu zu bringen, daß die englischen Trup­pen auf eigene Kosten bleiben sollen. Er wird aber vollends schwerhörig sein, wenn auch nur andeutungsweise Konzessionen als Gegenlei­stung für einen etwaigen deutschen Verteidi­gungsbeitrag gefordert werden. Da kommt der schlaue Londoner Kleinbürger zum Zuge! Ebensowenig wird man ihn dazu bekommen, die englische Armee am Rhein über die be­reits versprochenen vier Divisionen hinaus we­sentlich zu verstärken. Hingegen ist er sehr besorgt über die wirtschaftliche Entwicklung und wird daraus auch kein Hehl machen. Falls die überspitzte Liberalisierung der deutschen Wirtschaft zu Schwierigkeiten führt, müßten die Westmächte in die Bresche springen. Deren Staatsschatullen sind jedoch auf Grund der Aufrüstung heute ebenfalls fast leer!

Umstellung der sowjetischen Strategie

Verstärkung der Jagdflugzeuge und Landstreitkräfte

Wenn der Kriegsgott zürnt

Ob sich Julius Cäsar über die Kosten seiner Kriege ernstlich Gedanken gemacht hat, weiß man nicht. Die Nachwelt hat ihm jedoch nach­rechnen können, daß jeder von seinen Legio­nen getötete Feind 2 DM kostete. Welch bil­liger Feldherr! könnte man ausrufen, wenn man dann hört, daß Napoleon schon 12 000 DM je getöteten Feind benötigte, während die Union im amerikanischen Unabhängigkeits­krieg für jeden am Boden liegenden Konför- derierten rund 20 000 DM aufzuwenden hatte. 90 000 DM kostete es die Alliierten, im ersten Weltkrieg, einen Feind zu töten, und im zwei­ten Weltkrieg 1939 bis 1945 hatten allein die Amerikaner das Zehnfache, nämlich nahezu eine Million DM pro getöteten Deutschen oder Japaner aufzuwenden. Hier sind schon die Voraussagen für den nächsten Krieg: er wird mindestens 4% Millionen DM für jeden zu tö­tenden Feind verursachen...

4Vs Millionen DM für das Vernichten eines Lebens, und sei es auch nur das eines Fein­des! Was könnte die Menschheit mit diesen Summen auf den weiten Gebieten der Wohl­fahrt, Sozialarbeit, Hygiene und Medizin er­reichen! Diese Zahlen sind nicht von ungefähr. Admiral Wilcutts gab sie auf einer großen amerikanischen Ärztetagung bekannt. Seine Vorausschätzung für einen kommenden Krieg schloß die Kosten des Atombombenabwurfs schon ein. DMi.

dsi. ISTANBUL Aus verschiedenen gut un­terrichteten und zuverlässigen Moskauer Quellen liegen übereinstimmende Informa­tionen darüber vor, daß im Kreml Beratun­gen im Gange sind, deren Ziel eine radikale Umstellung der strategischen Konzeption der UdSSR gegenüber den Westmächten be­deutet.

Aus der Erkenntnis heraus, daß der Vor­sprung der amerikanischen Luftwaffe beson­ders hinsichtlich der schweren Bombenflug­zeuge kaum eingeholt werden kann, ergibt sich für Moskau als unausweichliche Notwen­digkeit eine Konzentration auf die Luftab­wehr, auf Jugdflugzeuge und auf einen ent­sprechenden Ausbau der Landstreitkräfte. Un­ter diesen Gesichtspunkten wird die ganze weitere Entwicklung der sowjetischen Stra­tegie stehen. Im übrigen erfahren wir dazu folgende Einzelheiten:

Die im Jahre 1948 auf genommene Produk­tion von sowjetischen Bombern, die in mög­lichst starker Anlehnung an die amerika­nischeB 36 konstruiert worden sind und die im Anschluß daran mit größter Beschleu­nigung aufgenommene Fabrikation des Bom­bertypsI. L. 16 haben sich inofern als technische Fehlschläge erwiesen, als der an­

gestrebte Aktionsradius nicht erreicht werden konnte.

Der BombertypT. U. 4 kann eine Strecke von 6700 km zurücklegen, aber nur in ein­facher Richtung, also ohne Rückkehr. Die I. L. 16, eine gutaussehende viermotorige Rückstoß-Maschine, bringt es nur auf 2800 km in gerader Linie.

Unter diesen Voraussetzungen wäre die sowjetische Bomber-Luftwaffe also im besten Falle in der Lage, von einem weitvorge­schobenen Flugplatz aus Westeuropa oder England zu erreichen, bzw. von der nördlich­sten sibirischen Halbinsel aus Alaska zu be­rühren und allerhöchstens mit der Wahr­scheinlichkeit eines Totalverlustes einige kanadische Städte anzugreifen.

Infolgedessen muß sich die sowjetische Strategie mit dem Gedanken vertraut machen, daß massive Luftangriffe auf ein entfernt liegendes gegnerisches Hinterland unmöglich sind. Die Folge dieser Erkenntnis ist ein weiterer Ausbau der Landtreitkräfte und eine Verstärkung der unterstützenden Angriffswaf­fen, wobei aber schwere Bombenflugzeuge nur sehr beschränkt in Frage kommen.

Auf Grund dieser Überlegungen werden an den sogenannten kritischen Punkten, wie z. B.

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Lahme Enten

WALLOPS ISLAND (Virginia). Amerikani­sche Wissenschaftler arbeiten auf der Ver­suchsstation Wallops Island in Virginia mit Modellflugzeugen, die eine Geschwindigkeit von 5000 Stundenkilometern und eine Gipfel­höhe von fast 50 Kilometer erreichen sollen. Man hofft auf Grund der Erfahrungen bei die­sen Versuchen, im Laufe der nächsten fünf Jahre Flugzeugtypen zu entwickeln, denen ge­genüber die heutigen Düsenjäger wielahme Enten wirken. Möglicherweise wird das Flug­zeug von morgen, das mit Überschallgeschwin­digkeit fliegt, rasiermesserscharfe Tragflächen besitzen, die besonders leicht die Luft durch- schneiden. Die Versuchsflugzeuge bleiben ge­wöhnlich kaum zwei Minuten in der Luft, bis sie in den Atlantischen Ozean stürzen. Wäh­rend ihres Fluges geben sie automatische Funk­signale, aus denen die Wissenschaftler ihre Rückschlüsse auf das Verhalten der Modelle während des Fluges ziehen, können.

Wiederscharfe Sachen

PARIS. Die französische Nationalversamm­lung beschloß vorige Woche mit großer Mehr­heit, daß es künftig wieder erlaubt sei, vor dem Essenscharfe Sachen zu trinken. Damit wurde ein Verbot der Vichy-Regierung auf­gehoben, das den Ausschank von Aperitifs mit einem Alkoholgehalt von mehr als 16 */« un­tersagte. Ursprünglich bezog sich das Verbot nur auf den Ausschank solcher Getränke nach dem Essen. Aus Gründen der besseren Ver­dauung durften später starkedrinks" jedoch auch nach dem Essen serviert werden. Aller­dings ist wohl kein Gast, dem danach ver­langte, jemals gefragt worden, ob er schon ge­gessen habe. Die großen Aperitif-Firmen un­terstützten diese Diskretion, indem sie ver­sprachen, alle Kosten der Verteidigung zu tra­gen, falls ein Gastwirt im Zusammenhang mit dem Verbot belangt werden sollte. Die Finanz­ämter erhoffen sich von der völligen Aufhe­bung des Verbotes höhere Steuereinnahmen durch den zu erwartenden größeren Alkohol­konsum. Private Statistiker meinen jedoch, daß der Konsum bereits das Höchstmaß erreicht habe.

Der Ministerpräsident von Israel, David Ben Gurion (rechts), der sich zurzeit in den USA auf - hält, besuchte den greisen Gelehrten und Schöpfer der Relativitätstheorie, Albert Einstein, in seinem Heim in Prineeton. Ben Gurion setzt seine Reise durch die USA fort, trotz der der­zeitigen israelisch-syrischen Spannungen

gegenüber der Beringstraße, im Bereiche der Satellitenstaaten in Zentraleuropa usw., grö­ßere Truppenmassen konzentriert, als dies bis­her der Fall gewesen ist.

Man baut beschleunigt U-Boote, die in der Lage sein sollen, V-2-Raketen mit Atom-Köp­fen abzuschießen, also ein Unterwasserersatz für den schwer durchzuführenden Atom- Bomben-Angriff aus der Luft.

Die bislang genannten russfschen Produk­tionsziffern von 40 000 bis 42 000 Flugzeugen pro Jahr, sind stark übersetzt Die Gesamt­produktion beläuft sich nach den neue­sten Informationen augenblicklich auf 12 000 Maschinen, von denen 72 Prozent Jagdflug­zeuge sind. Vorgesehen sind dabei der Bau von 400 bis 450 Bombenflugzeugen verschie­denster Typen, aber in der HauptsacheT. U. 4 undI. L. 16. Der ganze Rest entfällt auf Transportflugzeuge und Schulungsgeräte, wobei den Schlepperflugzeugen ganz beson­dere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Of­fenbar wird die alte Idee wieder in den Vor­dergrund gerückt, Luftlandetruppen in sehr großen Mengen mit Schlepperflugzeugen zum Einsatz zu bringen.

Jedenfalls stellt sich die gesamte UdSSR- Strategie entsprechend den neuen Notwendig­keiten um und versucht, die Luftabwehr in Nord-Sibirien, in Nordost-Sibirien und auf der geraden Strecke Baltisches Meer-Schwar­zes Meer mit Hilfe der Jagdmaschinen auszu­bauen.

HARZBERG (Harz). Der 39jährige Arbeiter August Stornier aus Bad Lauterberg, wurde wegen Körperverletzung zu sieben Monaten Ge­fängnis verurteilt. Er hatte in den Jahren 1946/49 als Brigadier internierte deutsche Frauen und Mädchen in Frauenlagern im Ural mißhandelt.

Szepter und Krummstab

Es ist das Verdienst des früheren Tübinger Gräzisten Friedrich F o c k e, beginnend mit einer bis ins Detail gehenden Beschreibung der drei im Besitz der Landesuniversität befindlichen Szepter, deren schönstes aus dem Jahre 1482 stammt, er­neut auf die kulturgeschichtliche Bedeutung von Szepter und Krummstab hingewiesen und zu­gleich einesymbolgeschichtliche Untersuchung gegeben zu haben (Beitrag ln derFestgabe für Alois Fuchs, Verlag Ferdinand Schöningh. Pader­born 1950).

Professor Focke führt mit großer Sachkenntnis auch der orientalischen Belege (zu ergänzen wäre noch, daß sich schon in der altsumerischen Hochkultur das Szepter als Emblem priesterlichen Gotteskönigtums findet), Mosaiksteinehen zu Mosaiksteinchen setzend, in dieGrundfragen der Stabsymbolik ein. Zahlreiche Stellen aus dem antiken Schrifttum, mittelalterliche Hinweise und orientalische Fakten zeigen, daß Szepter und Krummstab ursprünglich nicht voneinander zu trennen sind, sondern sich in Form und Bedeu­tung von jeher beeinflußt haben. Beide sind der Sphäre der frühzeitlichen Hirtenkultur erwach­sen, waren ursprünglich Symbole göttlicher Mächte, wandelten sich zu Attributen menschenähnlicher Göttergestalten und wurden schließlich zu reinen Sinnbildern, man kann schon fast sagen Abzei­chen der jeweiligen Träger der Macht. Krumm­stab und Szepter, genauer der Stab als Instru­ment kultischen Lebens wurde auch nach der Ablösung der naturvölki sehen Religion und des antiken Götterglaubens durch das Christentum nicht einfach aus dem Bereich des Numinosen verstoßen, sondern blieb, ideenmäßig umgeformt, ln der abendländischen Kultur erhalten.

Szepter und Krummstab sind zweifellos dank­bare Forschungsobjekte, die den Bearbeiter ge­radezu verleiten müssen, den Bereich der Hoch­kultur zu verlassen, um durch Erforschung des sog. Primitivkulturlichen zu einer umfassenderen Deutung zu gelangen, als es die Auswertung schriftlicher und archäologischer Quellen zuläßt. Dennoch, und dies ist festzustellen, setzt uns das Bild, das Professor Focke von der Entwicklungs­geschichte formal wie inhaltlich von Szepter und Krummstab zeichnet, instand, ihre vieldeu­tige Symbolik zu verstehen: ursprünglich sakrale

Gegenstände, später Richterstab und Büttelrute, schließlich Attribut von Königen und Bischöfen um nur einige der zahlreichen Wandlungen zu erwähnen, die in der geistvollen Studie ein­gehend behandelt werden. wn.

Bild und Gleichnis

Eine im Denken wie in der Sprache gleich ein­drucksvolle und anspruchsvolle Gestalt des psy­chologischen und religiösen Essays gibt Rudolf K a ß n e r in zehn gleichnishaften Erzählungen, die als seltenere Stücke aus seinem Schaffen aus­gewählt sind. Es sind allerdings keine novellisti­schen Darstellungen, sondern viel eher Besin­nungen, teils in der Form des Gesprächs oder der Rede, bemüht, in allem erlebten Geschehen und in allen personenhaften Begegnungen dieMitte zu finden. Ohne Zweifel ist in allen Stücken (viel­leicht am stärksten im Gespräch des Rektor Krooks mit Lawrence Sterne über den Judas und in der BetrachtungDionysos und Christus) eine Begabung und Kraft am Werke, die den Leser hereinzieht in die Sphäre gesammelten Hörens. Zugleich ist aber zu fragen, ob sich Wort und Gegenstand nicht zu sehr auflösen ins Symbol, denn die eigentliche Frage der Erkenntnis rich­tet sich auf das Sein und nicht zuerst auf seine Deutung. (D ie Nacht des ungeborge­nen Leben s, Insel-Verlag 1950, Ln. DM 9.50). Vom selben Verfasser erschien eine knappe, überzeugende SkizzeSören Kierkegaard, die sich in der Flut der Literatur über den großen Dänen durchaus oben hält. Die Gabe, geistig und seelisch zu differenzieren, kommt dem tief an­gefochtenen, verzweifelt schwermütigen Wesens­bild zustatten, so daß jeder, der Kierkegaards Werke bereits kennt (allerdings nur dieser!), mit Gewinn sich wieder durch das Labyrinth seiner selbstgewählten einsamen Existenz führen lassen wird. (Sören Kierkegaard" von Rudolf Kaßner. C. Pfeffer-Verlag, Heidelberg 1949. 68 S.)

M. M.

Rehfisch-Premiere in Düsseldorf

Hans J. Rehfisch hat sein altes Erfolgsstück aus den mittleren 20er JahrenWer weint um Jucke­nack" kürzlich nach seiner Rückkehr aus der Emigration in aktualisierter Neufassung auf die Hamburger Bühne geschickt, doch ohne viel

Resonanz damit zu finden. Für die besser ge­lungene dritte Bearbeitung der Tragikomödie, die in Düsseldorf in der Inszenierung von Heinz Dietrich Kenter herauskam, mischte er offenbar frühere und heutige Bestandteile des Stoffes. Dennoch bleiben, trotz unverkennbarer Beherr­schung des Metiers, die Figuren intelligente (intellektuelle) Konstruktionen mit vom Autor erstrebter aber nicht erreichter Lebensnähe; und erst der dritte Akt weckt durch die bewegende Verkörperung der Titelrolle menschliche Anteil­nahme. Paul Henckels spielt den (jetzt zum höhe­ren Justizbeamten beförderten) Juckenack, der gleich Kafkas Josef K. niemanden wirklich geliebt hat, mit großer, durdj heitere Lichter erhellter Intensität. Die Frau, die ohne sein Verdienst nach seinem wirklichen Tode doch um ihn weint, zeichnet mit sicheren Strichen seine Gattin Thea Grodtcinsky. Gleichwohl erreichte der Premieren­beifall, für den auch Rehfisch danken konnte, nur eine mittlere Temperatur. Dr. Sch.

Neue Arbeiten von Alfred Kubin

Der Mannheimer Kunstverein gibt mit Hand­zeichnungen und graphischen Blättern aus den Jahren 1926 bis 1950 einen reichen Einblick in das phantastisch hintergründige Werk des nun vierundsiebzigjährigen, immer noch von schöp­ferischer Vitalität in all seiner Sensibilität erfüll­ten Meisters der Zeichenfeder. Vor allem zeigt die Ausstellung bislang bei uns nicht bekannte Ar­beiten aus den letzten Schaffensjahren. An ihnen wird deutlich, daß Kubins Kritik an den Men­schen und ihrem oft so seltsam komischen Ge­haben distanzierter geworden ist. Seine Reaktion ist nicht mehr die der empfindlichen bloßgeleg­ten Nerven wie früher oft, sondern kommt nun eher aus dem Humor, aus der Weisheit des A1-. ters. Sie läßt ihm auch die Schwächen liebens­werter erscheinen, ohne sie zu verkennen. Auch das krause Liniengespinst seiner Form, das von dem aufnehmenden Auge Arbeit fordert, ist in den meisten Blättern einfacher, in den jetzt wie­der häufiger als Untermalung verwendeten Far­ben lichter geworden. H. D.

Sämtliche Vorstellungen der Bayreuther Festspiele sind nach Auskunft des Fest­spielbüros ausverkauft.

Kulturelle Nudiridaen

Entgegen Meldungen daß die Expedition des Frankfurter Frobenius-Insti­tuts, die im Herbst vorigen Jahres Frankfurt verließ, um die Kultur der südwestabessini- schen Bergstämme zu erforschen, verschollen sei, erklärt das Institut, daß diese Berichte unzu­treffend sind. Von- Professor Jensen, dem Leiter der Abessinien-Expedition, liegen neuere Mit­teilungen vor, daß die Ergebnisse der Forschungs­arbeit sehr zufriedenstellend und die ganze Ex­pedition wohlauf sei.

Zur Vierhundertjahrfeier der von Kaiser Karl V. gegründeten San-Mareos-Uni- versität in Lima wurde der deutsche Völker­kundler Professor Dr. Hermann T r i m b o r n, Bonn, zu Vorträgen nach Peru eingeladen.

Der nordwesldeutsche und der west- und süd­deutsche Verband für Altertumsfor­schung begannen am Mittwoch mit getrenn­ten Haupt Versammlungen beider Verbände in Trier eine Tagung, an der auch Wissenschaftler aus dem europäischen Ausland, vor allem Lu­xemburg und Frankreich, teilnehmen. Über das GeneralthemaGrundsätzliches zur Vorge­schichtsforschung wurde am Donnerstagvormit­tag in der ersten gemeinsamen wissenschaftlichen Sitzung diskutiert.

Die Einführung eines Diplomgeographen- Examens an den deutschen Hochschulen for­derten die Delegierten des Deutschen Geogra­phentages in Frankfurt in einer an die Kultus­minister gerichteten Entschließung, da der Be­darf verschiedener nicht-schulischer Dienststel­len und Berufssparten an akademischen Geo­graphen eine solche Prüfung neben den üblichen Universitätsprüfungen erfordere. Als Voraus­setzung zur Gewährung eines derartigen Di­ploms wird ein achtsemestriges Studium der Geographie, der Länderkunde, der Kartographie und der entsprechenden Ergänzungsfächer be­zeichnet.

Gegen eine einseitige Besetzung der Sach­verständigenkommission für Ur­heberrecht protestierte der Deutsche Auto­renverband Hannover beim Bundesjustizmini­sterium. Der Verband wünscht nicht nur eine Be­teiligung der Verleger, sondern auch der Auto­ren.