HEIMATBLATT FÜR
STADT UND LAND
SAMSTAG, 19. MAI 1951
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
7. JAHRGANG/NR. 76
Massive Kritik an Sonderumsatjsteuer
Keine Mehrheit im Bundestag zu erwarten / Erdrückender Katalog von Nachteilen
BONN. Die Kritik au der Sonderumsatzsteuer des Bundesfinanzministers hat sich in den letzten Tagen verdichtet; gegenwärtig wird kaum noch damit gerechnet, daß sich im Bundestag eine Mehrheit für die Regierungsvorlage finden wird.
Die Wirtschaft steht mit ihren gesamten Organisationen in Opposition zur Sonderumsatzsteuer. Sie führt naturgemäß wirtschaftliche Argumente gegen sie ins Feld. Es wächst aber auch die Zahl der Gegner der Sonderumsatzsteuer in den Fraktionen des Parlaments, selbst innerhalb der CDU. Die grundsätzliche Kritik, die in der Regierungskoalition und in der Wirtschaft sehr ernst genommen wird, lehnt die Steuer als „systemfremd“ ab. Der Kern dieser Kritik besagt, daß die Belastung einzelner Wirtschaftszweige aus rein physikalischen Motiven und allein nach dem Charakteristikum des „gehobenen Bedarfs“ unvereinbar sei mit dem marktwirtschaftlichen Prinzip, dem tragenden Element der Bundesregierung. Der Einwand wird um so ernster genommen, als die Regierung aus der Erhebungstechnik der Steuer heraus notwendig eine Ermächtigung zur Bestimmung der steuerpflichtigen Waren erhalten müßte, so daß das Parlament auf diese einschneidenden wirtschaftspolitischen Maßnahmen keinen genügenden Einfluß hätte.
Ferner kehren die Kritiker das Schäffer- sche Argument, daß die Beschränkung des Inlandabsatzes die Exportanstrengungen der Wirtschaft steigern werde, um und behaupten, daß im Gegenteil gerade ein breiter Binnenmarkt die Voraussetzung für die Exportfähigkeit der Wirtschaft sei. Da aber die Produktion des „gehobenen Bedarfs“ zugleich den stärksten Anteil am Export habe, sei die Sonderumsatzsteuer ein Schlag gegen den deutschen Export.
In der Wirtschaft wird allgemein einer generellen Umsatzsteuererhöhung der Vorzug gegenüber der Sonderumsatzsteuer gegeben, allerdings nur insofern, als der Anspruch des Finanzministers auf zusätzliche Einnahmen überhaupt anerkannt wird. Es wird die Ansicht vertreten, daß noch bei weitem nicht alle Sparmöglichkeiten innerhalb der Verwaltung ausgeschöpft seien.
Bundesfinanzminister Schaffer hält dieser Kritik entgegen, daß eine allgemeine Umsatzsteuererhöhung neue Preis- und Lohnbewegungen auslösen müsse und zudem in der Wirkung weit unsozialer sei als die Sonderumsatzsteuer. Dabei errechnet das Bundesfinanzministerium, daß zur Deckung des Haushalts die Umsatzsteuer um mindestens ein Prozent erhöht werden müßte. Diese Erhöhung würde durch alle Umsatzstufen laufen, so daß der Endpreis der Ware erheblich steigen würde. Die Erhöhung würde nicht allein dem Fiskus zugute kommen, sondern auch in die Handelsspannen eingehen, so daß die Gesamtbelastung der Verbraucher aus einer allgemeinen Dra- saztsteuererhöhung zwangsläufig größer sein müsse als bei der Sonderumsatzsteuer.
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jk. Verständlich, daß der Bundesfinanzminister mit allen nur denkbaren Argumenten für seine Vorlage wirbt Unbestritten ist auch, daß eine allgemeine Umsatzsteuererhöhung unsozial ist. Unsozial ist aber in nicht geringerem Maße auch die Sonderumsatzsteuer, die, wie von uns immer wieder betont, beim unabding
baren Anspruch breitester Verbraucherkreise auf Qualität entgegen allen anderslautenden Erklärungen den Massenkonsum treffen muß. Gegenüber einer allgemeinen Umsatzsteuererhöhung, von deren Notwendigkeit wir keineswegs überzeugt sind, hätte die Sonderumsatzsteuer aber wirtschaftliche Nachteile von unabschätzbarer Tragweite: Die Unterminierung des Exports, die völlig willkürliche und ungerechte Benachteiligung einzelner Industriezweige, der Druck auf das Qualitätsniveau und die automatische Erhöhung unserer Arbeitslosenzahl. Zudem träfe sie mit einer bereits deutlich vorhandenen depressiven Produktions- und Absatztendenz zusammen. Angesichts dieses erdrückenden Katalogs von Nachteilen kann die Entscheidung dem Parlament unmöglich schwer fallen.
Tarifverhandlungen gescheitert
„Gewerkschaftliche Maßnahmen“ der DAG
BONN. Die Tarifverhandlungen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder mit der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) und der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr über die Gehälter der Angestellten und Beamten der Länderverwaltungen sind nach einer Mitteilung der DAG am Freitag endgültig gescheitert. Die Angestelltengewerkschaft kündigte im Anschluß an die Verhandlungen an, daß jetzt „die gewerkschaftlichen Maßnahmen“ anlaufeu würden und sprach ihr Bedauern aus, daß der größte Teil der Länder die Notlage der Angestellten und Beamten der Länderverwaltungen nicht anerkenne, obwohl dte Bundesregierung für ihre Beamten und Angestellten die Erhöhung der Grundgehälter um 20 Prozent bereits beschlossen habe und eine allgemeine Urabstimmung der Gewerkschaften in wenigen Tagen zu einer unbefristeten Arbeitsniederlegung in den Länderverwaltungen führen könne.
Willkommener Besuch
Von Dr. Helmut Ktecza
Neuordnung der Bonner Koalition?
FDP fordert zusätzliches Bundesministerium
Drahtbericht unserer Bonner Redaktion
hf. BONN. Seit den Beratungen über das Mitbestimmungsgesetz sind die Gespräche über •ine Neuordnung der Bonner Koalition nicht zur Ruhe gekommen. Die FDP hat jetzt durch Vizekanzler Blücher in einem Gespräch mit Bundeskanzler Adenauer ihre Forderung auf ein zusätzliches Ministerium erneuert. Blücher dürfte dabei immer noch an das Außenministerium denken, das die FDP bereits im vorigen Jahr für sich beanspruchte. Es kann jedoch mit Sicherheit angenommen werden, daß Bundeskanzler Adenauer dieses Ressort für die absehbare Zukunft in der eigenen Hand behalten wird. Dagegen wird die Forderung der FDP auf Besetzung des zweiten Staatssekretariats im Innenministerium jetzt erfüllt werden und der Marburger Oberbürgermeister Dr. Bleek dem bisher einzigen Staatssekretär im Innenministerium, Dr.Lex, zur Seite gestellt werden. Auch bei der endgültigen Besetzung des Chefs des Bundespresseamtes ist der FDP-Abgeordnete Nowak immer noch erster Kandidat. Vermutlich wird die formale Anerkennung in dem Moment erfolgen, in dem der kommissarische Leiter des
Presseamtes, von Twardowski, endgültig in das Auswärtige Amt Übertritt.
Daneben besteht immtr noch Bundeskanzler Adenauers Plan, ein besonderes Europa-Ministerium zu errichten. Wenn auch der Minister für die Angelegenheiten des Bundesrates, Hellwege (DP), auf diesen Posten reflektiert, dürfte die Besetzung dieses Ressorts gegebenenfalls auch mit einem Mann der FDP erfolgen. Die Vermutungen über einen baldigen Rücktritt des Landwirtschaftsministers Prof. Niklas sind hinfällig geworden, nachdem sich der Gesundheitszustand des Ministers soweit gebessert hat, daß seinem Verbleiben im Amt keine schwerwiegenden Gründe entgegenstehen.
Die britische Labour-Zeitung „Daily Herald“ schrieb gestern, an dem Tage, da der britische Außenminister zu einem mehrtägigen Besuch in der Bundesrepublik eintraf, diese erste Auslandsreise Morrisons nach der Übernahme des Foreign Office sei eine Geste der Sympathie für die deutsche Demokratie und bringe den Wunsch zum Ausdruck, die Probleme der Bundesrepublik zu begreifen. Der „Daily Herald“ fuhr fort: „Die kürzlich auf getretenen Anzeichen für ein Wiederaufleben des Nazismus in Deutschland haben viel Unruhe hervorgerufen. Es gibt nur ein wirksames Gegenmittel gegenüber einem derartigen Fanatismus: eine starke demokratischeRegierung in Deutschland selbst.“
Damit stehen wir mitten in dem Problem, das zusammen mit sozialen und wirtschaftlichen Sorgen uns zuvörderst beschäftigt. Den Westmäinten ist langsam aufgegangen, daß mit fortgesetzten kleinen Konzessionen an die Hälfte Deutschlands, die auf ihrer Seite steht, nicht allzuviel getan ist. In Morrisons Besuch kann man einen Beweis dafür sehen, daß diese Einsicht sich durchgesetzt hat. Bonner zuständige Kreise meinten vor der Ankunft Morrisons, dieser habe jetzt nachgeholt, was Bevin zu tun versäumte.
Die Begegnungen Morrisons mit dem Bundeskanzler und dem Bundespräsidenten werden nach außen dokumentieren, daß die Bundesrepublik in der westlichen Völkerfamilie wieder etwas gilt, wobei offen bleiben mag, inwieweit der Ost-Westkonflikt dabei Pate gestanden hat. Angesichts der bevorstehenden „großen Revision“ des Besatzungsstatuts, die zugleich dessen Ende bedeuten dürfte, kommt den britisch-deutschen Gesprächen besondere Bedeutung zu, zumal ja Großbritannien immer
Deutschland braucht Osthandel
Eine Erklärung von Hermes / Bundesregierung verschärft Exportkontrolle
Sowjetisdie Konzession
Tragweite nicht zu übersehen
PARIS. In der Donnerstagsitzung der Außenministerstellvertreter erklärten sich die Sowjets nach Angaben eines Sprechers der westlichen Delegation grundsätzlich bereit, es den Außenministern der vier Großmächte zu überlassen, an welcher Stelle der Tagesordnung die Frage der Entmilitarisierung Deutschlands erscheinen solle.
Der Sprecher der Westmächte stellte noch fest, in der zweistündigen Donnerstagsitzung, die zu einer „Haarspalterei“ ausgeartet sei, hätten die Sowjetdelegierten schließlich der Aufnahme einer Fußnote in den Tagesordnungsvorschlag zugestimmt, in der festgestellt wird, daß die Delegationen zwar für die Aufnahme der Entmilitarisierungsfrage in die Tagesordnung seien, sich aber nicht über die genauere Unterbringung dieses Punktes in der Tagesordnung hätten einigen können.
Unterrichtete Kreise in Paris betonten, die Tragweite des neuen sowjetischen Zugeständnisses sei noch nicht zu übersehen.
Gürtel enger schnallen
Neue Preiserhöhungen in England
LONDON. Das britische Emährungsministe- rium hat am Donnerstag neue Preiserhöhungen und Lebensmittelrationierungen angekündigt. Bekleidung und Kaffee werden teurer, die Milch wird wahrscheinlich im Laufe des Jahres wieder rationiert und die geplante Aufhebung der Eierzuteilung im Sommer kaum möglich sein. Mit einer Fleischversorgung auf dem gleichen Niveau wie vor dem Kriege sei in den nächsten zehn Jahren nicht zu rechnen.
BONN. Deutschland könne den Osthandel unter keinen Umständen entbehren, wenn es wirtschaftlich wieder gesunden solle, erklärte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes und frühere Reichsminister, Dr. Andreas Hermes, in Bonn. Westdeutschland sei ein Torso und mit seiner „ganzen Existenz dem Osten aufs engste verbunden“. Ziel jeder Politik der Bundesregierung müsse es sein, die Zerrissenheit Deutschlands zu überwinden. Dabei dürfe die Lage nicht nur vom Standpunkt des Westens aus betrachtet werden.
Entgegen dieser Auffassung hat die Bundesregierung am Donnerstag durch das Bundespresseamt eine Verschärfung für Exportkontrolle für Lieferungen nach Rotchina angekündigt, die sich auch auf nicht kriegswichtige Waren erstrecken wird. In der Verlautbarung wird betont, daß es sich bei den angeblichen westdeutschen Lieferungen von kriegswichtigem Material an Rotchina, wie sie vor dem amerikanischen Senatsunterausschuß
für Exportkontrolle zur Sprache gekommen sind, nur um illegale Transporte gehandelt haben könne, die die Bundesregierung mit allen Mitteln bekämpfe. Die Bundesregierung stehe in dieser Frage „völlig solidarisch“ zu den Westmächten.
Die Sozialdemokratische Partei beschuldigt in der neuesten Ausgabe ihrer englisch-sprachigen Monatsschrift „News from Germany“ die Bundesregierung, daß sie es noch nicht verstanden habe, den illegalen Handel mit Ostdeutschland erfolgreich zu bekämpfen.
Der Berliner Wirtschaftssenator, Wilhelm Eich, teilte am Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus mit, daß gegenwärtig acht größere Verfahren wegen illegaler Stahlgeschäfte bei den Berliner Gerichten liefen. Er forderte schärfste Maßnahmen gegen den illegalen Interzonenhandel, vor allem mit Stahl und Stahlprodukten. Der illegale Stahlschmuggel über Berlin wurde auf 50 000 t jährlich beziffert.
Greift Sowjetrußland ein
Bei Entsendung britischer Truppen?
LONDON. Politische Beobachter der britischen Hauptstadt erwägen zurzeit, ob die Sowjetunion in Persien eingreifen würde, wenn sich Großbritannien zur Entsendung von Truppen nach dem Ölkonzessionsgebiet gezwungen sähe. Auf Grund eines 1921 mit Persien geschlossenen Vertrages hat sich die Sowjetunion das Recht der Intervention Vorbehalten, wenn bewaffnete Streitkräfte dritter Staaten persischen Boden betreten. In amtlichen Kreisen schätzt man die Stärke der sowjetischen Garnisonen längs der persischen, türkischen und afghanischen Grenze auf 35 Divisionen. Obwohl gegenwärtig noch keine Informationen über ungewöhnliche sowjetische Truppenbewegungen vorliegen, rechnet man in Kürze mit sowjetischen Manövern in diesem
Raum. Die Erklärung Achesons, in der er Großbritannien Mäßigung in der ölfrage anrät, wurde in London unverblümt als „negativ und schwach“ bezeichnet. Man vermißte allgemein die Zusicherung politischer Unterstützung durch die USA.
Neuerlidier Rückzug
TOKIO. Die UN-Truppen haben sich am Freitag im Ostabschnitt der Koreafront auf neue Verteidigungsstellungen zurückgezogen, nachdem die Kommunisten in diesem Abschnitt größere Einbrüche in die von südkoreanischen Verbänden gehaltenen Linien erzielt hatten. Im Mittel- und Westabschnitt gruppieren sich die Rotchinesen zu einem neuen Angriff um. Nach Frontberichten rechnet man damit, daß der neue Vorstoß innerhalb von 24 Stunden erfolgen wird.
noch die Bemühungen um ein einiges Europa abwartend beobachtet und noch keinerlei Bindungen einzugehen gewillt war.
Keine imwesentliche Rolle dürfte das Thema Rechtsradikalisierung in Deutschland spielen. Was das eingangs zitierte Labour-Blatt ausdrückt, beschäftigt seit den Niedersachsenwah- . len in erhöhtem Maße die gesamte Weltpresse und — wenn auch weniger sichtbar — die Regierungen aller interessierten Lander. Viel von dem Ansehen, das die diplomatische Geschicklichkeit des Bundeskanzlers uns zurückeroberte, droht wieder verloren zu gehen. Das Wort von Scheidemann nach dem ersten Weltkrieg: „Der Feind steht rechts" hat neue Gültigkeit erlangt, und das insbesondere deshalb, weil der Kommunismus in der Bundesrepublik zumindest für die nächsten Jahre auf Grund seiner Abhängigkeit von Moskau keine wesentliche Rolle spielen wird.
Bedenklich stimmt, daß immer wieder verlautet, Bundesminister Hellwege von der Deutschen Partei sei, um Ministerpräsident in Niedersachsen werden zu können, schon in Verhandlungen mit den Remerschen Neonazisten getreten, deren Stimmen er unbedingt brauche. Die Bonner Regierungskoalition beteuerte wiederholt, ein Zusammengehen mit dem Neonazismus komme für sie nicht in Frage und es ist ihr sicherlich ernst damit. Vertieft aber der Vorsitzende der SPD, Dr. Schumacher, durch seine immer hitziger werdenden Angriffe gegen die Bundesregierung die Gegensätze noch mehr, so wäre es eines Tages durchaus denkbar, daß die in der Regierung vertretene gemäßigte Rechte sich mit den Radikalen zusammenfindet und eine Koalition zustande kommt, die das neuerliche Ende der Demokratie bedeutet. Auch hier kann sich der Besuch Morrisons als fruchtbar erweisen, sofern der britische Außenminister im Gespräch mit Schumacher diesen zur Mäßigung anhält und ihm zu bedenken gibt, wie seine nationalistisch wirkende maßlose Kritik an Bonn draußen aufgenommen wird. Morrisons Bedenken haben hoffentlich mehr Gewicht als die fortgesetzten Ermahnungen, vor allem der deutschen Presse, zur Mäßigung, und schon deshalb ist uns sein Besuch im Interesse der deutschen Demokratie willkommen.
In der Frage der deutschen Einheit hat Bonn bisher versagt, trotz der Existenz eines Ministeriums für gesamtdeutsche Angelegenheiten. Wiederholt wurde hier bereits betont, daß reine Abwehrmaßnahmen gegen östliche Propagandaaktionen wertlos sind und man selbst offensiv werden müßte. Eine solche Bekundung aufrichtigen Friedenswillens würde jederzeit die Zustimmung des ganzen deutschen Volkes finden. Gerade der britische Außenminister dürfte der richtige Mann sein, um solche Themen zu erörtern, sofern Dr. Adenauer überhaupt noch einen Schritt weitergehen will als bisher.
Nicht erspart bleiben wird Morrison das für ihn leidige, für uns jedoch entscheidende Thema Besatzungskosten, hängt doch davon maßgeblich ab, inwieweit der Rechtsradikalismus der ewig Unbelehrbaren bei uns sich wieder ausbreitet, da — das lehrt das Beispiel Niedersachsen — Gebiete großer sozialer Not heute primär für den Rechtsradikalismus anfällig sind. Entweder gelingt es der Bundesregierung, den inneren sozialen Frieden zu retten — und das ist nur durch Abbau der Besatzungslasten zu erreichen —, oder die Bundesrepublik gerät erneut in eine Gefahrenzone, der wir auf Grund der hinter uns liegenden Katastrophen glaubten endgültig entronnen zu sein. Gerade der Nationalismus ist auch ein Kind der Not. Bekämpfen wir die Not, graben wir auch dem Nationalismus das Wasser ab.
Wir erwarten von dem Besuch des britischen Außenministers in Bonn keine Wunder, aber zumindest, daß er die westdeutschen Probleme sich einmal von der Nähe ansieht, was sich in Zukunft nutzbringend auswirken könnte, und der Bundesrepublik den Rücken stärkt, was sie mehr denn je notwendig hat.