Erhard: Zahlungsbilanz aktiv
BRAUNSCHWEIG. Bundeswirtschaftsminister Prof. Erhard erklärte vor einem von der Niederdeutschen Union geladenen Kreis, daß zurzeit monatlich für 1,1 Milliarden DM Waren ins Ausland gingen, während 1948 monatlich für etwa 80 Millionen exportiert worden sei. Die deutsche Zahlungsbilanz sei durchaus aktiv, denn es bestünden mehr Forderungen als Verpflichtungen. Deutschland habe sich aus eigener Kraft eine freie Dollarreserve geschaffen, mit der jederzeit Verpflichtungen abgedeckt werden könnten. Die Devisenbilanz habe sich gerade in der letzten Zeit günstig gestaltet und er sei fest überzeugt, daß die Bundesrepublik in drei bis sechs Monaten wieder volle Handlungsfreiheit haben werde. — Vizekanzler und ERP-Minister Blücher erklärte ähnliches in Hannover; die Bundesrepublik werde „früher, als wir selbst erwarteten, in der Lage sein, ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen“.
Gegen Obst- und Gemüseeinfuhren
HANNOVER. Der Hauptvorstand des Zentralverbandes des deutschen Gemüse-, Obst- und Gartenbaues setzt sich kritisch mit der Einfuhrpolitik der Bundesregierung auseinander. Trotz Versprechens des Bundeskanzlers, bei weiteren Einfuhren vor allem auf den Obst- und Gemüsebau Rücksicht zu nehmen, seien in den für 1951 abgeschlossenen Handelsverträgen wiederum Einfuhren von Gartenbauerzeugnissen vorgesehen, die weit über die Aufnahmefähigkeit der deutschen Märkte hinausgingen. Auch aus der • Tatsache, daß der von der OEEC eingesetzte Vermittlungsausschuß ohne Rücksicht auf die deutschen Versorgungsnotwendigkelten praktisch über den Kopf der Bundesregierung hinweghandele und sich nur nach den Ausfuhrbedürfnissen der beteiligten Länder richte, drohten dem Gemüse- und Gartenbau ernstzunehmende Gefahren.
VW über dem Berg
WOLFSBURG. Nach einer Mitteilung der Leitung des Volkswagenwerks ist der Blech-Engpaß, der im April die vorübergehende Produk- tionseinstellung verursacht hatte, jetzt überwunden. Trotz Kurzarbeit und vorübergehender Arbeitsruhe hat das Volkswagenwerk im Monat April in 17 Arbeitstagen 6948 Volkswagen, darunter 769 Transporter, hergestellt (im März, 6841, darunter 882 Transporter). Der Export sank allerdings von 3980 Fahrzeugen im März auf 2289 im April
„Verkehrskatastrophe“ in Hannover
BONN. Bundesverkehrsminister Dr. S e e - b o h m kritisierte in einem Telegramm an den niedersächsischen Ministerpräsidenten Kopf scharf die Verkehrsverhältnisse in Hannover und auf dem Weg zum Messegelände. Er erklärte: „Bei dem heutigen Versuch, als normaler Autofahrer ohne Polizeieskorte die Hannoversche Messe zu besuchen,, bin ich tief beeindruckt von der Verkehrskatastrophe in der Stadt und bei der Zu- und Abfahrt zum und vom Messegelände. Bedauere, ein vollständiges Versagen der zuständigen Behörden und der hannoverschen Verkehrspolizei fesfstellen zu müssen. Ich bedauere dies um so mehr, als bei wesentlich schwierigeren Verhältnissen das gleiche Problem in Frankfurt am Main bei der dortigen Messe und bei der Automöbilausstellung befriedigend gelöst wurde.
Kreditkontrolle in Österreich
WIEN. Österreich führte ani 1. Mai eine Kre- ditkoptrolle ein. Bankkredite dürfen nur noch für yolkwirtschaftiich gerechtfertigte Zwecke ge-. währt werden. Darunter fallen unter anderem Rohstoff- und Betriebsmittelkredite für die laufende Produktion. Kredite für eine „ungerechtfertigte Konsumfinanzierung“, wie zum Beispiel für Teilzahlungsgeschäfte, dürfen nicht mehr gewährt werden. Die österreichischen Banken sind verpflichtet, eine Liquiditätsreserve von 25 Prozent anzulegen, die ab 1952 auf 30 Prozent erhöht werden muß.
Stahl an Ostblockstaaten
PARIS. Nach einer Meldung des Wochenblatts „La Vie Frängaise“ hat Frankreich im Januar und Februar 1951 20 000 t Stahl nach China, 12 5001 Stahl und 28001 Blei an die Sowjetunion geliefert. Polen erhielt von Frankreich nach der gleichen Meldung 11 770 t Hüttenerzeugnisse, die Tschechoslowakei unter anderem 2890 t Bleche und 210 t Aluminium.
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Einheit der Forschung
Der Bremer Kongreß für internationale Wissenschaftsgeschichte
In Bremen tagte Ende April der erste Kongreß für internationale Wissenschaftsgeschichte, begrüßt mit weisen, die Förderation der Völker und einen Fortschritt der Wissenschaft von der Politik herbeisehnenden Worten des Bremer Senatspräsidenten Wilhelm Kaisen und mit Geschick und Begeisterung geleitet von dem Bonner Philosophieprofessor Erich Rothacker. Namhafte Vertreter der Einzelwissenschaften brachen als schöpferische Denker eine Lanze für den Fortschritt des Kulturphänomens „Wissenschaft“ und formulierten bleibende Erkenntnisse. Gilt es doch, die Kluft zwischen Natur- und Geisteswissenschaft zu schließen und Naturrecht und geschichtliches Recht zu versöhnen (Prof. Mittels, München), an den Gegensätzen der Kunst, sei es nun Antike oder Gotik, Klassik oder Moderne, aber auch an den verschiedenen weltanschaulichen Möglichkeiten Toleranz zu üben (Professor Frey, Wien).
Synthesen überall! Natürlich haben sie an den Tatsachen ihre Grenze. Der Lamarckismus wurde von Prof. Nachtsheim, Berlin, abgelehnt, weil er den Vererbungsexperimenten des Amerikaners Sonneborn (gegen die Rattenexperimente McDougalls) widerspricht. Es gibt eben »eine Vererbung erworbener Eigenschaften. Daß nicht die Erbanlagen allein den Menschen formen. sondern daß es ohne Umwelt-Verständnis kein Lebensverständnis gibt, betonte Prof, von E Eckstedt, Mainz. Sowohl der frühere Tübinger Anthropologe und Zoologe Prof. Hebe- rer (jetzt Göttingen) wie Prof. Schimank, Hamburg, forderten ein Zusammenwirken von Forschern verschiedener Fächer.
Wie die Forderung der Einheit der Wissenschaften bei aller Zersplitterung zur Ablehnung der mathematischen Methode als alleiniger selbst Rir die Naturwissenschaften führen müsse, zeigte Prof Wagner, Ratzeburg, mit Berufung auf den Physiker Viktor v. Weizsäcker. Nicht nur der Literarhistoriker Prof. Ruprecht, Freiburg, forderte für die künstlerische Betrachtung Toleranz, auch die Theologen aller drei Konfes- »ionen, die sich zu einem Rundgespräch vereinigt
hatten, bezeugen den Segen der Gegensätze und die Wandlung des Begriffs der Theologie unter dem Einfluß des 19. Jahrhunderts. Die ganze Tagung kennzeichnete die Ersetzung des früheren Entweder-Oder durch das Sowohl-Als-Auch Die heutigen Erfordernisse des engen Zusammenlebens der Völker und Klassen machen auch neue Formen des Denkens notwendig. Dr. P. F.
„Barabbas“
GheIderode auf der Pforzheimer Bühne Der nun dreiundfünfzigjährige Flame Michel de Ghelderode hat an die fünfzig Stücke geschrieben. Doch in den letzten Jahren erst ist er durch seine, allerdings heftig umstrittenen. Erfolge in Paris der literarischen Weltöffentlichkeit zum Begriff geworden. Jetzt spielte das Stadttheater Pforzheim, das sich auch als erste deutsche Bühne unter seinem nun scheidenden Intendanten Erich Schudde an Tennessee Williams „Endstation Sehnsucht“ gewagt hatte mit dem Volksschauspiel genannten Drama „Barabbas“ in der Übersetzung von Fritz Monfort Ghelderode zum ersten Male in Deutschland.
Ghelderode gibt aus dem heutigen Weltwissen heraus den Weg des vom Volke losgesprochenen Mörders Barabbas nach seiner ersten Begegnung mit dem stumm bleibenden Jesus im Kerker. Barabbas, der bei Ghelderode mit seinen Mordtaten wild prahlt, wird betroffen von der Erscheinung Christi. Barabbas mit seinem ungefügen, doch recht gesunden Verstand durchschaut bald, was hier von den Hohepriestern getrieben wird. Er wird erfaßt von „Hunger und Durst nach der Gerechtigkeit". Barabbas will den eben am Kreuz Verblichenen rächen, wird jedoch von einem Spaßmacher, der sich vor ihm fürchtet, meuchlings erstochen. Im Tode noch verwandelt sich aber Barabbas, so daß die Mutter Maria von ihm sagen kann: „Der hat ein ganz anderes Gesicht ... Vielleicht ist er ein Christ“
Ghelderodes Stück ist eine wild auffahrende Anklage voller Zynismen und voller Anachronismen in den Denkvorstellungen und in der Sprache. Seine Gestalten verfallen immer wieder in den Alltagsjargon von heute. Zur wirklichen geistigen Auseinandersetzung kommt es nicht, da sich die Lehre Christi kaum in dem Gehaben seiner völlig verstörten Jünger spiegelt. Im dritten Akt gibt ein Wächter auf der
Mauer 1n Berichten und gleich als Kommentator das Ereignis auf Golgatha, immer wieder unterbrochen vom Sichproduzieren eines Schaubudenbesitzers. Das gibt in seiner burlesk schauerlichen Verschränkung erregende, aber auch peinliche Momente. Die Anlage der Inszenierung dieses aggressiven, ungefügen, bisweilen auch absurden Stückes war durch Hanskarl Zeiser richtig auf einen gepreßten, jagenden Ton gestimmt, doch in der Besetzung des öfteren nicht zureichend, auch In der großartigen Rolle des Barabbas nicht. h. D.
Für den Bücherfreund
Die Kunst des Schminken*
Emil Plrct ah, Masken-Machen und Schminken, Otto-Maier-Verlag, Ravensburg 1951, 144 S., 25 Zeichnungen und 86 Abbildungen
Emil Pirchan, Bühnenbildner von internationalem Ruf, schildert die Vorgänge der Maskierung des Gesichtes durch Larven, Schminke, Haartrachten und Perücken. Zahlreiche Abbildungen und farbige Schminktontafeln ergänzen den Text.
Hera-Volksausgaben
Boccaccio, Decamerone, 238 S.; Jane A u- sten, „Stolz und Vorurteil", 269 S.; Gerhard Neumann-Landgraf, „Ferienfahrt mit Anemone“, 28» S. Jeder Band 8.35 DM, Hera- Verlag, Wilhelmshaven.
In seinen Volksausgaben bringt der Hera-Verlag neben moderner Unterhaltungslektüre eine Reihe Standardwerke deutscher und ausländischer Literatur heraus, die ebenfalls einen Vorzug haben: ihre Billigkeit. In Boccaccios heiterer Renaissanceschöpfung, In der er den Gan- lanterien und Liebeständeleien seines diesseits- freudigen Jahrhunderts schmunzelnd ein unvergängliches Denkmal setzte, sind von dem Übersetzer C. P. Rauhof viele Bissigkeiten gegen Kirche und Gesellschaft unterdrückt worden, was im allgemeinen dem ursprünglichen Reiz dieser funkelnden Novellen nicht abträglich ist. Heute wie vor 500 Jahren ist man entzückt von der vollendeten Prosa. — Feine Ironie durchzieht auch den liebenswürdigen Roman „Stolz und Vorurteil“ der englischen Romanciere Jane Austen, von deren Schreibart schon ein Walter Scott schwärmte. Der Roman hat sich übrigens
schon als dankbares Filmobjekt für Hollywood erwiesen. — „Ferienfahrt mit Anemone" ist ein anspruchsloses Buch, geeignet für einen verregneten Nachmittag, wenn wir uns entspannen wollen. hjs.
Das Recht der Jugend
Handbuch des gesamten Jugendrechts (Westzonen und Berlin). Hermann Luchterhand Verlag, Berlin-Frohnau und Neuwied a. Rh. Grundband 1000 S. Lose-Blatt-Werk ln Ordnerform DM 14.80. Ergänzungslieferungen zum Seitenpreis.
Diese erste vollständige und ergänzbare Ausgabe des gesamten zurzeit in der Bundesrepublik geltenden Jugendrechts bietet neben den Wortlauten der Gesetzestexte und ihrer Kommentierung jeweils systematische Darstellungen der einzelnen Materien und der zugrunde liegenden pädagogischen Gedanken und ermöglicht so auch dem Nichtjuristen eine rasche und dabei gründliche Orientierung. Gerade die Übersicht war es, die man sich bisher bei der Verstreutheit der einzelnen Bestimmungen - die vom Bürgerlichen Gesetzbuch über das Strafgesetzbuch, die Fürsorgebestimmungen, die Strafprozeßordnung, bis zu einer Unzahl von Verordnungen und Verwaltungsanordnungen reichen — nicht mehr verschaffen konnte. Eigens sei noch auf den Abschnitt Jugendförderung und Jugendpflege hingewiesen, der eine Menge praktischer Ratschläge und Erfahrungsergebnisse enthält, wie z. B Studienpläne und ähnliches Wenn wir überzeugt sind, daß die Sorge für die Jugend zum Wichtigsten überhaupt gehört, so können wir nicht anders, als dieses Kompendium allen mit praktischer Jugendarbeit Befaßten ans Herz zu legen.
Die Arbeitsgemeinschaft deutscher Lehrerverbände in der Gewerkschaft „Erziehung und Wissenschaft“ und der bayerische Lehrerverein veranstalten vom 17, bis 19 Mai in Stuttgart eineD ,,K ongreß der Lehrer und Erziehe r“, auf dem u. a. Bundespräsident Heuß ein Referat halten wird. ,
Die diesjährige Tagung der Deutschen Geographen findet in Frankfurt vom 12. bis 16. Mai statt Im Vordergrund stehen vor allem landeskundliche, klimatologische und kulturgeographische Probleme.