FREITAG, 27. APRIL 1951
WIRTSCHAFT
NUMMER 64
Pfundblock als Rettungsanker?
Der deutsche Beitritt bietet Hoffnung auf Entspannung der Devisenlage / Gegenspieler gegen Dollar und Rubel
Dr. He, Unter den bisher erfolgten Maßnahmen zur Bekämpfung der deutschen Devisennotlage verdient die letzte Meldung über den deutschen Beitritt zum Kontensystem des sogenannten Pfundblocks besondere Beachtung. Denn hier vollzieht sich fast unbemerkt der erste Schritt einer Schwerpunktverlagerung des deutschen Überseehandels, dem nunmehr der Währungsbereich des englischen Pfundes für Einfuhr und Ausfuhr verstärkt offensteht.
Der nach dem zweiten Weltkrieg erneuerte englische Währungsblock, der sich zunächst nur auf die Mitgliedsstaaten des Empire beschränkte, gilt heute als der dritte große Gegenspieler des amerikanischen Dollar- und des russischen Rubelblocks. Er verdankt seinen trotz der schwachen englischen Heimatbasis unbestreitbaren Erfolg einmal der nach dem Kriege allgemein herrschenden Dollarknappheit, zum anderen der Tatsache, daß die britischen Schuldaufnahmen während des Krieses zu erheblichen eingefrorenen Guthaben der Mitgliedsländer des Empire bei der Bank von England geführt hatten.
Die Schaffung einer möglichst einheitlichen Währungsgemeinschaft mit einem gemeinsamen Dollarfonds und die Intensivierung des Handels der beteiligten Länder untereinander bot unter diesen Umständen den besten Ausweg. Es wurden daher bei der Bank von England für diese Staaten Zentralkonten errichtet, zwischen denen Überweisungen ohne vorherige Genehmigung der Bank vorgenommen werden konnten. Der Geid- und Kreditmarkt London gewann damit gleichzeitig. wenn auch in sehr begrenztem Umfang, die Zentralstellung zurück, die er nach dem ersten Weltkrieg an die New Yorker Wallstreet hatte abtreten müssen.
Daher ist England stets an einer Heranziehung neuer Länder zu diesem System der transferierbaren Sterlinekonten interessiert gewesen. Einer im Herbst 1950 ergangenen diesbezüglichen Einladung an die Länder der Europäischen Zah- lunesunion haben vor Westdeutschland Dänemark Griechenland, Italien. Norwegen. Schweden und Österreich Folge geleistet, andere Mitglieder sind Finnland, Snanien, Chile, S ; am. Persien, Abessinien. Sudan und Ägypten. Man sieht, es handelt sich dabei vor allem um devisenschwache Länder, die auf Einfuhren aus dem Pfundblock Wert legen und daher auch ihre Ausfuhren dorthin verstärken wollen. Devisenstarke Länder wie insbesondere Belgien und die Schweiz haben sich dagegen bisher nicht zum Beitritt entschließen könnenin unserem Fall dürfte England ein besonderes Interesse an einer Angliederung besitzen Bekanntlich ist England der Hauptgläubiger Deutschlands bei der EZU — die deutsche Verschuldung gegenüber dem Sterlingblock belief sich Anfang März auf 200 Mül. Dollar Je mehr Waren Westdeutschland daher an die Mitgliedsstaaten des Sterlingblocks äusführt, desto 1 eher wird es auf Grund der zu seinen Gunsten entstehenden; und im Rahmen des Pfundkontensystems transferier
baren Sterlingguthaben in der Lage sein, seine Schulden zu bezahlen. Auf diese Weise hofft England ein Einfrieren seiner deutschen Forderungen zu verhindern.
Für Deutschland sind mit diesem Beitritt ebenfalls Vorteile und keine Risiken verbunden. Die deutschen Einfuhrwünsche mit Bezug auf Rohstoffe richten sich heute weitgehend auf die früheren und jetzigen Gliedstaaten des Empire als wichtigste Bezugsquellen, wie bereits das Beispiel des deutsch-ägyptischen Zahlungsabkommens vom Oktober 1950 über Baumwoll-Liefe- rungen im Werte von 49 Mill. Dollar zeigt.
Die deutschen Ausfuhrmöglichkeiten in die dem Pfundkontensystem angeschlossenen Länder werden gleichzeitig auf Grund der für die Abnehmer bequemeren Verrechnungsweise erheblich vergrößert. Dabei erscheint es angesichts der derzeitigen deutschen Auslandsschulden und bisherigen Devisenknappheit gänzlich ausgeschlossen, daß man deutscherseits die eigenen Pfundguthaben in London einmal als unnütze Verschwendung betrachten könnte. Im übrigen ist eine Umstellung der laufenden bereits auf DM-Basis abgeschlossenen Geschäfte nicht vorgesehen.
Die Währungspolitik der USA hat sich nach dem Kriege beharrlich gegen eine Ausweitung des Pfundblocks gerichtet. Der internationale Währungsfonds und die Dollarklausel dienten gemeinsam dazu, die Vorherrschaft des Dollars zu festigen, und die USA haben bei früheren deutsch-englischen Verhandlungen jegliche derartigen Annäherungsversuche unterbunden.
Wirtschaftsspiegel Kampf gegen
BONN. Das Bundeskabinett hat am Dienstag einen „Generalangriff gegen die Steuersünder“ eingeleitet. Das Programm soll Steuereinnahmen von über einer Milliarde DM jährlich erbringen, die zurzeit infolge unzureichender Besetzung der Steuerverwaltung hinterzogen werden.
Das Kabinett beschloß eine Änderung der Reichsabgabenordnung. Danach gehen Steuer- hinterzieher, die sich selbst anzeigen, tn Zukunft nur dann straffrei aus, wenn klar erwiesen ist, daß die Selbstanzeige nicht wegen kurz bevorstehender Aufdeckung des Steuervergehens erfolgt ist. Außerdem ist ein Ausbau der Steuerfahndung vorgesehen, wofür 6 Millionen DM bewilligt wurden.
BONN. — Ernährnngsministerium: Ausreichend Zucker freigegeben. In der Zuckerkontroverse zwischen Handel und Bundesregierung wiederholte das Bundesernährungsmintsterium am Mittwoch die Behauptung, daß ausreichende Zuk- kermengen für die Versorgung der Bevölkerung rechtzeitig freigegeben wprden seien. Der Bedarf vom 1. Oktober vorigen Jahres bis 30. April 1951 habe 816 000 Tonnen betragen, tatsächlich freige-
Andererseits ist den USA, wie die Gründung der OEEC gezeigt hat, durchaus daran gelegen, die Marshallplanhilfe für die europäischen Länder möglichst bald entbehrlich zu machen. Dies Ziel ist infolge der eigenen Aufrüstungserfordernisse heute noch stärker in den Vordergrund gerückt, und auch die USA müssen anerkennen, daß der Pfundblock erheblich zu seiner Verwirklichung beiträgt. Die Grenze zwischen einer willkommenen Selbsthilfemaßnahme und der zusätzlichen Neigung zur eigenen Großraumbildung ist hier auf dem Gebiet der Währung eben genau so schmal wie in anderen Wirtschaftsbereichen
Aus ähnlichen Gründen wird auch die EZU die Ausweitung des Pfundblocks nur mit geteilter Freude begrüßen.
Der deutsche Beitritt zum Pfundkontensystem bietet zweifellos begründete Hoffnung für eine Erleichterung unserer gespannten Devisenlage und scheint zudem im Gegensatz zu den meisten internationalen Zusammenschlüssen ohne Pferdefuß zu sein Vielmehr liegt hier der seltene Fall vor, daß auf Grund der bestehenden Wirtschaftsstrukturen der größte Gläubiger und der größte Schuldner aus derselben Maßnahme den gleichen Nutzen ziehen: England, Indem es seine deutschen Forderungen besser verwerten kann, Deutschland, indem es im Pfundblock zugleich die Rohstoffquellen und Absatzmärkte zu finden hofft, die es zur Herstellung und Ausfuhr seiner Fertigwaren und damit zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung und zum Ausgleich seiner Handelsbilanz so dringend benötigt.
Steuersünder
geben seien jedoch sogar 848 000 Tonnen. Wenn alle Verbraucher nur ihren tatsächlichen Bedarf gedeckt haben, müsse der Zuckervorrat ausreichen. Das Ministerium appelliert erneut an die Zuckerwirtschaft und an die Verbraucher, keinen Zucker zu horten.
BONN. — Zentrum für Überprüfung der Handelsspannen. Die Zentrumsfraktion des Bundestags hat das Plenum in einem Antrag aufgefordert, von der Bundesregierung eine Untersuchung der Handelsspannen bei den Waren zu verlangen, die mit Verbrauchssteuern belegt sind.
REUTLINGEN. — Preise folgen nur zögernd. Nach einer Mitteilung des volkswirtschaftlichen und statistischen Büros der Industrie- und Handelskammern von Württemberg und Hohenzol- lem sind die hohen Rohstoffkosten von Industrie und Handel bisher nur zu einem geringen Teil auf die Preise angerechnet worden. Auf längere Zeit könne naturgemäß ein solcher Substanzverlust nicht in Kauf genommen werden, so daß auch bei einer Verringerung der Rohstoffpreise zumindest nbch für einige Zeit das bisherige Preisniveau bestehen bleiben wird.
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Unser Schaubild gibt einen Überblick über die Wohnbautätigkeit von Dezember 1949 bis Januar 1951. Von den über 300 000 Wohnungen, die 1950 gebaut worden sind, waren 160 000 (= 53 Prozent) Neubauten. Das Wohnungsdefizit konnte damit im vergangenen Jahre um 8 Prozent ab getragen werden. Der Abfall der Wohnungsbaukurve im Januar 1951 ist großenteils saisonbedingt. Andererseits machen sich auch die steigenden Tendenzen der Baustoffe und Löhne seit Juli 1950 (vgl. die Angaben im unteren Teil d<« Schaubildes) nachteilig im Bausektor b emerkba .
Landespioduktenb jsp Stuttgart
vom 24. April 1IS1
Die Situation auf dem Markt für inländische Brot- und Futtergetreide hat sich nicht verändert. Da« Geschäft stagniert vollständig.
Der Mehlmarkt ist ausgeglichen. Die etwas größeren Angebote seitens der Mühlen finden aber sowohl in freiem Mehl als auch in Konsumbrotmebl guten Absatz. Es werden notiert: Weizenmehl Typ* 550 DM 64.20, Type 612 DM 60.50, Type 1050 DM 56.70, Type 1600 DM 53.—. Roggenmehl Type 1150 DM 55.10, Type 1370 DM 51.25, Großhandelspreis ie 100 kg brutto für netto ohne Sack
Mühlennachprodukte haben taufendes Geschäft. Die Preise haben eine leichte Erhöhung erfahren.
Die Nachfrage nach Rauhfutter hat sich gebessert. Die Eindeckung ist Jedoch durch die Feldarbeit saisonbedingt schwierig. Es werden notiert (die Preis* sind Großhandelspreise Je 100 kg und verstehen sich waggonfrei süddeutscher Verladestation): Roggen-, Welzen-, Gersten- und Haferstroh (bindfadengepreßt) 3.- bis 3.70 DM; Roggen-, Weizen- Gersten- und H ferstroh (drahtgepreßt) 4.40 bis 4.90 DM: Wiesenheu gut, gesund, trocken, lose 9.— bis 9.8t DM: Luzerneheu gut gesund, trocken, lose 9.29 bis 9.60 DM.
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