NUMMER 61

SAMSTAG, 21. APRIL 1951

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Wir werden wieder Segelfliegen

Aus der Geschichte des motorlosen Flugsports

Der Rat der alliierten Hohen Kommission hat den Segelflugsport in Deutschland grund­sätzlich gebilligt. Die Hoffnungen der deut­schen Segelflieger werden dadurch zur Gewiß­heit: sie werden wieder Segelfliegen. Die deut­schen Segelflieger sind darauf vorbereitet, seitdem die Hohen Kommissare nichts mehr gegen die Gründung von Segelfliegergruppen einwandten.

1950 gründeten sich an vielen Orten Ver­einigungen von Segelfliegern. Im Sommer tra­fen sich auf der Wasserkuppe der Rhön be­kannte Segelflieger und gründeten den Deut­schen Aeroclub. Präsident ist Wolf Hirth, einer der alten Segelflieger, der in Nord- und Südamerika, in Japan und Ungarn ge­zeigt hat, was Segelfliegen ist. Der Deutsche Aeroclub hat rund 17 000 Mitglieder. Er rech­net mit 25 000 Segelfliegern im Bundesgebiet. Das Bundesverkehrsministerium hat den Deutschen Aeroclub als allein zuständige Luftsportbehörde anerkannt. Im August 1950 wurde auf dem Homberg der alte württem- bergische Luftsportverband e. V. wiederge­gründet. Bis jetzt haben sich ihm über 60 Gruppen aus Württemberg und Baden mit mehr als 3000 Mitgliedern angeschlossen. Er glaubt, bald 6000 bis 8000 Mitglieder zu ha­ben. In allen Ländern Westdeutschlands und in Berlin sind seitdem ebenfalls Luftsport­verbände ins Leben gerufen worden.

Die Gruppen und Grüppchen bauen Modelle, hören meteorologische Vorträge, sehen aus-

Wilhelm Hoffmann 50 Jahre

Wilhelm Hoffmann, der Direktor der würt- tembergischen Landesbibliothek und seit 1947 der kommissarische Direktor der Universitäts- Bibliothek in Tübingen, kann heute seinen 50. Geburtstag feiern. Der Sohn des letzten württ. Hofpredigers, der Stiftler und Normanne zeigte schon als Leiter der Studienstiftung des deut­schen Volkes, also bevor er sich für die Biblio­thekslaufbahn entschloß, ein ungewöhnliches Ta­lent für organisatorische Aufgaben und seine schmiegsame, gebildete und aufgeschlossene Art befähigte ihn gerade in Notzeiten in seinem Fach zu großangelegten und erfolgreichen Un­ternehmungen. Er hat in Stuttgart die Theolo­gie, Philosophie, die Handschriftensammlung und vor allem die Württembergica betreut, er ist nach 1945 zum Vorsitzenden des Bibläotheksaus- schusses der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft gewählt worden, er hat sich sach­kundig dem Aufbau des Hölderlinarchivs gewid­met, er hat vor allem dank seiner vielfältigen Beziehungen und Bekanntschaften die literarisch wichtige Bibliotheksgesellschaft gegründet und sich große Verdienste um die Beschaffung der ausländischen Literatur in beiden Bibliotheken erworben. Wir können Wilhelm Hoffmann nur wünschen, daß er seine Kraft, seine Kenntnisse und Pläne bald ganz für das Gedeihen der Uni­versitätsbibliothek wird verwenden können, wenn einmal eine Entscheidung über den seit langem vakanten Direktorposten gefällt wird. Hoffmann wäre der richtige Mann für Tübingen.

ländische Filme über das Segelfliegen. Aber all das kann das Fliegen nicht ersetzen, nur den Wunsch danach stärken.

Der Homberg wartet, die Wasserkuppe auf der Rhön auch. Der Wildberg auf dem Wäch­tersberg bei Calw, der als ideales Flugge­lände bekannt ist, gehört dem ersten Aero­club Stuttgart. Der Württembergische Luft­sportverband verhandelt wegen Rückgabe des Klippenecks.

Und die Segelflugzeuge? Ein Segelflugzeug kostet etwa 5000 DM. Wie die alten werden die jungen Segelflieger Geld und Zeit op­fern, um sich Segelflugzeuge selbst zu bauen. Wie nach dem ersten Weltkrieg. Damals galt das motorlose Flugzeug als Utopie. Flugbe­geisterte junge Deutsche erinnerten sich der ersten Flüge des deutschen Flugtechnikers Otto Lilienthal. Von dem bewegungslosen Gleiten und Steigen der Störche angeregt, hatte er nach 1890 mit einfachen bespannten Weidenholzgestellen in seinem Garten in Berlin-Lichterfelde Luftsprünge gemacht. Os­kar Ursinius, der Herausgeber der Zeitschrift Flugsport, regte nach dem Kriege in den Modellflugvereinen zum Bau von Gleit- und

Segelflugzeugen an. 1920 veranstaltete der Verband Deutscher Modell- und Gleitflugver­eine den ersten Gleit- und Segelflugwettbe­werb auf der Wasserkuppe der Rhön.

Die meisten Segelflugzeuge kamen halbfer­tig auf der Rhön an. Wären nicht in letzter Stunde noch Aachener Studenten mit ihrem Schwarzen Teufel gekommen, einem Tief­decker von.65 kg mit freitragendem dickem Flügel, mit dem Klemperer 1830 Meter flog und 2 Minuten 22 Sekunden in der Luft blieb, der Wettbewerb hätte wenig zum Weiter­machen ermutigt. Die Aachener brachten noch etwas Neues mit: das Gummiseil zum Star­ten. Solange waren die Segelflugzeuge mit der Wäscheleine hochgezogen worden. Im nächsten Wettbewerb 1921 auf der Wasser­kuppe flog Klemperer in 13 Minuten 5 km. Wenige Tage später überbot ihn Arthur Mar­tens mit 7,5 km in 15 Minuten. 1922 waren schon Amerikaner, Engländer und Franzosen auf der Wasserkuppe und nahmen die Über­zeugung mit heim: der motorlose Flug ist möglich. 1923 gingen deutsche Segelflieger zum erstenmal ins Ausland.

Sie müssen wohl gute Segelflieger gewesen sein und gute Kameraden gefunden haben, denn die alten Segelflieger im Ausland haben den Wunsch der deutschen Segelflieger, wie­der fliegen zu dürfen, nachdrücklich gefördert.

Finnlands Furcht vor der Sowjetunion

Lebedew kommt nach Helsingfors

Ein unliebsamer Diplomatenwechsel /

GD. STOCKHOLM, im April In politischen Kreisen Finnlands und im übrigen Skandinavien hat Moskaus Beschluß, seinen bisherigen Botschafter in Helsingfors, Savonenkow, abzuberufen und ihn durch den bisherigen russischen Botschafter in Warschau, Lebedew, zu ersetzen, Verstimmung und ernste Befürchtungen hervorgerufen. Man glaubt nicht so recht daran, daß es die vorge­schützten Gesundheitsrücksichten sind, die den Kreml veranlaßt haben, General Savonen­kow, der ein relativ gemäßigter Diplomat war, abzuberufen. In Finnland ist man für Ver­änderungen in der Diplomatenwelt immer sehr empfindlich gewesen, besonders für solche in der russischen Botschaft. Auch in vorsichti­gen und Panikgerüchten wenig geneigten po­litischen Kreisen der finnischen Hauptstadt ist man heute geneigt, zu glauben, daß der neue Kurs, der anscheinend mit Lebedews Ernennung eingeleitet werden soll, nichts Gu­tes zu bedeuten habe. Lebedews Tätigkeit in Polen war segensreich vielleicht vom russi­schen Standpunkt, aber die Polen selbst, d. h- das polnische Volk, dürfte eine andre Ansicht darüber haben. Es war Lebedews eigentliche Aufgabe in Warschau, Polen militärisch, wirt­schaftlich und psychologisch für den Übergang zum Rokossowskiregime reif zu machen. Als die Sowjets im Herbst 1949 Marschall Rokos- sowski nach Polen schickten und ihn zum Kriegsminister machen ließen, hatte der Diplo­

mat Lebedew seine vorbereitende Tätigkeit abgeschlossen. Er drückte seinem Landsmann sozusagen die polnische Türklinke in die Hand. Man ist sich in Helsingfors auch im klaren darüber, daß man es mit dem neuen Mann bedeutend schwerer haben wird,Paasikivi- politik zu treiben und im Gespräch mit ihm zu bleiben sowie die Interessen Finnlands wahrzunehmen, als mit seinem Vorgänger.

Was Finnlands politische Kreise ebenfalls stark beunruhigt, ist die immer vorbehaltloser werdende, provokatorische Sprache, die die kommunistische Presse führt. Zynismus und Verlogenheit wechseln hier ab, und das Ziel ist ganz offensichtlich, alles, was im eigenen Lande nichtkommunistisch ist, in Moskau an­zuschwärzen. Bei dieser besorgniserregenden Entwicklung verhehlt man sich in Finnland nicht, daß die betriebsame und keinerlei Mit­tel scheuende Hetze der kommunistischen Blät­ter sehr wohl dem Zweck dienen kann, un­ter Berufung auf den finnisch-russischen Bei­standspakt die Sowjets zu einer direkten In­tervention zu veranlassen. Finnlands fünfte Kolonne läßt jedenfalls nichts unversucht, um die Spannungen zu fördern und das Unsi­cherheitsgefühl, das weite Kreise der Bevöl­kerung infolge der neuerlichen Krise lähmt, zu verstärken und für eigene Zwecke auszu­nutzen. Das Auftauchen des von Warschau her alsenergisch bekannten neuen Botschafters ist geeignet, denErnstderLage zu unterstreichen.

Bieibtreu bleibt dabei

Die Giftkapsel für Hermann Göring

NÜRNBERG. Der österreichische Journalist Peter Martin Bleibtreu hat am Donners­tag vor dem amerikanischen Bezirksgericht in Nürnberg unter Eid erklärt, Hermann Göring doch das Gift zum Selbstmord gege­ben zu haben. Bleibtreu hatte lange Zeit hin­durch in Veröffentlichungen behauptet, Göring die Giftkapsel zugespielt zu haben, dies je­doch bei seiner Verhaftung vor der amerika­nischen Kriminalpolizei widerrufen. Bleibtreu erklärte, seine Behauptung widerrufen zu haben, weil er befürchten mußte, wegen Bei­hilfe zum Selbstmord verurteilt zu werden. Damit steht jetzt Aussage gegen Aussage, denn der ehemalige SS-General Erich v. dem Bach-Zelewski hat ebenfalls kürzlich vor amerikanischen Beamten angegeben, daß er Göring die Giftkapsel, in einem Stück Seife versteckt, gegeben habe.

Der Sitz des Bundespräsidenten

BONN. Bundespräsident Theodor H e u ß zeigte Bonner Journalisten dieser Tage sei­nen Sitz, die Villa Hammerschmidt, einen hel­len und freundlichen Bau. Das Haus, das um die Jahrhundertwende erbaut und von dem reichen Petersberger Geschäfsmann Ham­merschmidt erworben wurde, ist auf Wunsch des Bundespräsidenten äußerlich moderni­siert worden, indem man den überladenen Stil der Gründerzeit zu schlichteren Linien abwandelte. Ein großer Teil des heutigen Mobiliars, vor allem in den Repräsentations­räumen, stammt aus deutschen Schlössern und Museen und wurde dem Präsidenten als Leih­gabe überlassen. Neben den teilzerstörten Schlössern Ludwigsburg, Würzburg und Brühl haben vor allem die Museen München, Köln und Nürnberg zur Ausstattung des Bundes­präsidentensitzes beigetragen. In den drei Privatzimmer des Bundespräsidenten und sei­ner Gattin befinden sich eigene Möbel aus ihrer Stuttgarter Zeit

Krönungssteinentführer bleiben straflos

GLASGOW. Die Entführer des Krönungs­steins aus der Londoner Westministerabtei haben sich am Donnerstag selbst angegeben, nachdem die britische Regierung erklärt hatte, daß ein Gerichtsverfahren gegen sie nicht im öffentlichen Interesse läge, da sie im Falle ih­rer Verurteilung in Schottland als Helden und Märtyrer gefeiert würden. Der 25jährige schottische Student Hamilton übergab der Presse eine Erklärung, daß er am Weihnachts­tage den Stein aus der Westministerabtei ent­fernt und mit zwei Kommilitonen und einem Mädchen nach Schottland geschafft habe. Als Grund gab Hamilton an, daß die Labour- Regierung Schottland nicht das genügende Maß an Selbstverwaltung gewährt habe. Er kündigte ferner an, er werde sich bei den nächsten Wahlen politisch betätigen.

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