HEIMATAUSGABE FÜR
STADT UND LAND
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FREITAG,#. APRIL 1951
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
7. JAHRGANG / NR. 58
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Eine rasche, friedlidie Lösung des Korea-Konflikts in Sicht?
Vier Friedensaktionen im Gange / McArthui praktisch abgelöst .
dsi. WASHINGTON. Im Zusammenhang mit den ernsthaften Bemühungen um eine Beilegung des Korea-Konfliktes wird in unterrichteten Kreisen in Washington darauf hingewiesen, daß General Matthew B. Ridgway praktisch bereits General McArthur als Oberbefehlshaber der amerikanischen und UN- Streitkräfte in Korea abgelost habe.
Offiziell habe zwar McArthur diesen Rang noch inne; aber die Befehle, die zurzeit an das Hauptquartier der UN-Streitkräfte in Korea ergehen, würden nicht mehr von und über Tokio erteilt, sondern direkt aus dem Pentagon General Ridgway zur Durchführung übermittelt.
Man habe diese stillschweigende Umgehung General McArthurs wohl für zweckmäßig gehalten, nachdem bisher im Verlaufe des Korea-Feldzuges militärisch, diplomatisch und politisch eine Reihe von Fehlschlägen durch McArthur ausgelöst worden ist. In dem jetzigen, für Kompromißverhandlungen in Korea entscheidenden Augenblick will man offenbar nicht riskieren, die sorgsam und vorsichtig eingeleiteten Friedensbemühungen durch einen der berühmten Schreckschüsse McArthurs gefährdet zu sehen.
Das State Department gibt heute zu, daß seit rund drei Wochen laufend große Anstrengungen unternommen werden, um den Koreakonflikt endlich zu einem Abschluß zu bringen. Gemeinsame englisch-amerikanische Versuche sind über Schweden im Gange. Schweden ist eines der wenigen westlichen Länder, das in Peking vertreten ist und somit die Möglichkeit direkter Fühlungnahme hat. Außerdem ist auch die Schweiz eingeschaltet worden, da diese nicht nur aus Prinzip und Bestimmung neutral ist, sondern ebenfalls Über, direkte Beziehungen zu Peking verfügt.
Der dritte Versuch läuft über das Internationale Rote Kreuz, das in diesen Tagen
eine umfangreiche erste offizielle Delegation nach Peking entsandt hat. Schließlich laufen viertens noch die Bemühungen der UN über die Kommission der Guten Dienste“, mit deren Vertretern die USA in engem Kontakt stehen.
Es sind also alle gangbaren Wege von den USA und von den UN aus beschritten worden, um eine Beilegung des Korea-Konfliktes anzustreben. Der Umstand, daß Mao Tse-tung bisher keinen seiner Pläne in Korea verwirklichen konnte, wird in Washington vielfach als günstig angesehen, um auf einem der vier beschrittenen Wege zu einem Kompromiß in der Korea-Frage zu kommen. Es erscheint erklärlich, wenn man in Washington deshalb jetzt bestrebt ist, zu vermeiden, daß durch ein erneutes selbständiges Vorgehen General McArthurs irgendwelche neuen heiklen Situationen hervorgerufen werden.
Weitere Annäherung
Neuer sowjetischer Tagresordnungsvorschlag
PARIS. Die Sowjetunion hat am Mittwoch auf der Stellvertreterkonferenz einen neuen Vorschlag überreicht, der nach Ansicht westlicher Delegationskreise dem Standpunkt der Westmächte „sehr nahe kommt“. Der neue Vorschlag habe starke Ähnlichkeit mit dem letzten Entwurf der Westmächte und stimme teilweise fast wörtlich damit überein.
In folgenden drei Fragen unterscheiden sich jedoch die beiden Entwürfe noch. Die Sowjetunion hat die Deutschlandfrage wiederum an die Spitze der Einzelfragen gestellt; sie will offenbar die Abrüstung auf die vier Großmächte beschränken, während der Westen eine internationale Abrüstung für alle Mächte befürwortet; schließlich wird ~ der österreichische Staatsvertrag nicht erwähnt.
Eine Anzahl ausländischer Diplomaten überreichte am Mittwoch Bundespräsident B euß ihre Beglaubigungsschreiben. — Von links nach rechts: die Gesandten K u ml in (Schweden), H ub e r (Schweiz) und Wehret (Luxemburg), Botschafter R i z z o (Italien), der Dogen des diplomatischen Korps, der päpstliche Nuntius Erzbischof Muench und der Bundespräsident
Die andere Seite der Sicherheit
Revision der atlantisdien Verteidigung
USA-Senat für Einbeziehung Deutschlands und Spaniens
WASHINGTON. Der USA-Senat sprach sich am Mittwochabend dafür aus, daß die Bundesrepublik und Spanien zur Beteiligung am atlantischen Verteidigungsprogramm aufgefordert und die Verteidigungspläne für Europa entsprechend revidiert werden sollen. Der Antrag, für den 48 Senatoren stimmten, während 41 dagegen waren, wurde als Zusatz zur „Truppen für Europa-Vorlage“ eingebracht In ihrer endgültigen Fassung sieht die Vorlage außer der Entsendung der vier amerikanischen Divisionen noch vor; Die USA solle sich um eine Revision des italienischen Friedensvertrages bemühen, damit Italien seine Rüstungen verstärken und in größerem Maße zur atlantischen Verteidigung beitragen könne.
Der Kongreß wurde vom amerikanischen Außenministerium aufgefordert, die Lieferung von zwei Millionen Tonnen Getreide an Indien zu billigen. Als Begründung wird angegeben, daß die antiamerikanischen Bestrebungen in Indien einen neuen Höhepunkt erreicht haben, nachdem die Sowjetunion und Rotchina Getreide anboten.
Das Weiße Haus teilte mit, Sonderbotschafter Philipp J e s s u p, gegenwärtig Leiter der amerikanischen Delegation bei der Pariser Vorkonferenz, scheide aus dem Nationalen Sicherheitsrat der USA. einer Art „Schattenkabinett“, aus und werde durch den Sonderberichter im Außenministerium, Charles Bohlen, ersetzt. Bohlen giltn»ls dritter Mann nach Acheson und seinem Stellvertreter Webb.
Ende des Pariser Verkehrsstreiks
Fünfprozentige Steuererböhung beschlossen
PARIS. Die Metro und die Omnibusse der französischen Hauptstadt verkehrten am Mittwoch zum erstenmal seit 19 Streiktagen planmäßig. Die 34 000 Pariser Verkehrsangestellten, die den weitverzweigten französischen Lohnstreik ausgelöst hatten, haben ihn damit auch als letzte beendet. Sie haben sich eine 12 1 /»prozentige Lohnerhöhung erkämpft.
Die französische Regierung beschloß am Mittwoch eine fünfprozentige Steuererhöhung für alle Jahreseinkommen über 500 000 Franc (6000 DM). Außerdem werden die Telefongebühren um 25 Prozent erhöht. Während die Steuererhöhungen von der Nationalversammlung gebilligt werden müssen, treten die postalischen Gebührenerhöhungen sofort in Kraft. Nach Ansicht von Beobachtern sind die Steuererhöhungen durch die letzten Lohnerhöhungen, durch Verteidigungsausgaben und durch das Defizit der verstaatlichten Industriezweige sowie durch die Bildung eines Sta- bllisierungsfonds (für Subventionen) notwendig geworden.
Am Mittwoch verlautete in Washington, daß die amerikanische Regierung einen Plan zur Bekämpfung der Inflation fertiggestellt habe, der eine Reihe von Kontrollmaßnahmen für Preise und Löhne vorsieht. Nach dem Plan soll die Industrie die steigenden Selbstkosten solange abfangen, bis die Gewinne nur 85' Prozent des Durchschnittssatzes der Jahre 46 bis 49 erreichen.
In der ersten Maihälfte werden die Vereinigten Staaten einen weiteren Atombombenversuch auf Eniwetok im Pazifik unternehmen. Der Versuch soll die Reihe der Experimente abschließen und als Explosion gewaltiger sein als die bisherigen.
ch. Seitdem der kalte Krieg in Korea in den Schießkrieg übergegangen ist und die westliche Welt plötzlich von den Gefahren des Bolschewismus aufgeschreckt wurde, wird die Politik der nichtbolschewistischen Staaten von dem Bestreben beherrscht, ihre Sicherheit zu verstärken. Unter der Führung Amerikas ist die große Umschaltung erfolgt, sich militärisch stark zu machen. Der Zwangsläufigkeit dieser Entwicklung wird sich niemand verschließen können. Und doch hat der Gedanke, daß die Sicherheit wieder einmal nur auf die Macht der Bajonette sich gründen soll, etwas Beängstigendes, haben wir doch selbst erlebt, wohin der Rüstungswettlauf geführt hat.
Das dumpfe Gefühl der Unsicherheit wird einmal dadurch verstärkt, daß wir zurzeit eine Risikozone durchschreiten, bis die Rüstung der westlichen Welt so weit ist, daß sie wirkliche Sicherheit verbürgt. Zum anderen aber bekommen wir seit einem Jahr immer mehr die Auswirkungen der Weltrü- stung drastisch am Sinken unseres Lebensstandards zu spüren, und dieses Problem bedarf, so dünkt uns, auch unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit der allergrößten Aufmerksamkeit.
Es bedarf keiner tiefgründigen volkswirtschaftlichen Erörterungen, daß die erhöhten Rüstungsausgaben, die heute bis zur Hälfte die Staatseinnahmen der einzelnen Länder verschlingen, zur Folge haben müssen, daß
Diplomatisches Korps bei Heuß
Päpstlicher Nuntius überreicht Beglaubigungsschreiben
BONN. Bundespräsident Heuß empfing am Mittwoch im Palais Hammerschmidt das Diplomatische Korps, das nunmehr bei der Bundesrepublik akkreditiert ist. Der Doyen des Korps, der Apostolische Nuntius Muench übergab die Beglaubigungsschreiben der acht ausländischen Diplomaten, die bisher bei der alliierten Hohen Kommission akkreditiert waren. Es handelt sich dabei um die Vertreter der Niederlande, Italiens, Luxemburgs, der Schweiz, Schwedens, Indiens und Portugals. Damit wurden zum erstenmal nach dem Kriege ausländische Vertreter wieder bei der deutschen Regierung akkreditiert.
In seiner Ansprache an den Bundespräsidenten erklärte der Apostolische Nuntius: „Wenn im zwischenstaatlichen Verkehr der Abbruch der diplomatischen Beziehungen eine Periode ausgesprochener Unfreundlichkeit einleitet, die leider sehr oft in das furchtbare Unglück eines Krieges ausmündet, so darf umgekehrt die Aufnahme bzw Wiederaufnahme geordneter diplomatischer Verbindungen als lichtvoller Aufgang friedlicher Tage erachtet werden.“ Muench sprach dem Bundespräsidenten und der Bundesregierung „die aufrichtigsten Glückwünsche zu einer friedvollen Entwicklung im Innern und einer harmonischen Zusammenarbeit in der Völkergemeinschaft“ aus
Papst Pius habe bereits wenige Wochen nach der Kapitulation des Deutschen Reiches „mitten in die große aufspringende Sturmflut von Haß und Verfemung des deutschen Namens“ sich offen in einer Rundfunkansprache zum deutschen Volk bekannt. Er sei der erste gewesen, der einen klaren Trennungsstrich zwischen dem deutschen Volk und dem politischen System gezogen habe, das von
1933 bis 1945 nicht nur die katholische Kirche und jedes echte Christentum, sondern auch die Würde fremder Menschen verfolgt habe.
Bundespräsident Heuß bezeichnete die Beglaubigung der ausländischen Diplomaten bei der Bundesrepublik als ein „für die Entwicklung unseres Staatswesens gewichtiges Ereignis.“ Er werde sein ganzes Streben daransetzen, daß sich die nunmehr wieder aufge- nommenen Beziehungen glücklich und dauerhaft gestalteten
Auf die Konkordatsfrage eingehend erklärte der Bundespräsident, der Heilige Stuhl könne gewiß sein, daß die Bundesregierung an den vertraglichen Vereinbarungen, die frühere deutsche Regierungen eingegangen seien, fest- halten werde.
Ein Regierungssprecher erklärte, die Akkreditierung des Apostolischen Nuntius bei der Bundesrepublik bedeute die Anerkennung der Bundesrepublik als Nachfolger des Deutschen Reiches.
EVIonnet in Bonn
Verhandlungen mit Hallstein
BONN Der französische Planungskommis- sar Jean Monnet führte am Mittwoch in Bonn laufend Verhandlungen mit dem Staatssekretär für Auswärtiges. Prof. Dr. Walter H a 11 s t e i n , über die noch offenen Probleme des Schumanplans Prof Hallstein hatte am Vortage mitgeteilt, daß daran gedacht sei, bis zum Inkrafttreten des Plans Übergangsorgane der sechs beteiligten Länder einzurichten. Weiter sollen die Besprechungen mit Monnet der Vorbereitung der Pariser Außenministerkonferenz der Schumanplan-Länder dienen, an der auch Bundeskanzler Dr, Adenauer teilnimmt.
die Völker gezwungen sind, sich noch mehr einzusehränken, damit die Rüstung finanziert werden kann. Am deutlichsten zeigen sich die Folgen dieser Entwicklung an den stetigen Preissteigerungen, mit denen die Löhne*und Gehälter nicht mehr Schritt halten. Wir sehen uns einer wirtschaftlichen Situation gegenüber, die einem gefährlichen Dilemma gleichkommt. Die Bundesregierung weiß nicht mehr, woher sie das Geld nehmen soll, um den Haushalt auszugleichen, und sucht, nachdem sie noch im vorigen Jahr eine Reform unserer Steuergesetzgebung unter dem Gesichtpunkt von Steuerermäßigungen betrieb, verzweifelt nach neuen Steuerquellen. Auf der anderen Seite kann sie sich der Erkenntnis nicht verschließen, daß die Angleichung von Löhnen und Gehältern an die steigenden Preise dringend notwendig und unerläßlich ist, Dazu haben wir nun noch höhere Besatzungskosten als bisher aufzubringen, die nicht weniger als rund 35 Prozent unseres gesamten Staatshaushaltes ausmachen, von denen es nicht ersichtlich ist, wo wir sie bei den ohnehin außerordentlich hohen Anforderungen vor allem auf sozialem Gebiet hernehmen sollen.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß dieser Frage der sozialen Sicherheit bisher nicht d i e Aufmerksamkeit geschenkt wurde, die ihr tatsächlich zukommt. Denn das eine ist klar: Mag die Notwendigkeit, für die äußere Sicherheit Opfer zu bringen, noch so unbestritten sein, diese Lasten müssen dort ihre Grenzen finden, wo sie sich in einer Erschütterung des sozialen Gefüges auswirken. Einer solchen Entwicklung steuern wir aber unrettbar zu, wenn es so weitergeht wie bisher und wenn es nicht gelingt, die äußeren Sicherheitsforderungen in einem sozial tragbaren Rahmen zu halten. Niemand kann sich darüber täuschen, daß. wenn der Lebensstandard des größten Teils des Volkes an oder gar unter die Grenze des Existenzminimums sinkt, auch die äußere Sicherheit auf tönernen Füßen steht
Die soziale Unsicherheit wirkt sich selbstverständlich auch außenpolitisch aus. Das ist es gerade, was die Moskauer Politik erreichen will. Die soziale Zerrüttung ist der Boden, auf dem die revolutionäre Idee des Bolschewismus gedeiht. Wenn eine Schweizer Zeitung vor kurzem zum Ausdruck brachte, Moskau stehe der Rüstung der westlichen Welt durchaus nicht nur mit größtem Mißtrauen gegenüber, sie sei seinen Zielen vielmehr insofern durchaus förderlich, als sie nur auf Kosten des Lebensstandards der betreffenden Völker möglich sei und unter allen Umständen eine Verschlechterung der sozialen Lage herbeiführen müsse, so mag dieser Hinweis gewagt erscheinen; er hat aber durchaus einen wahren Kern, den die westliche Politik gerade im Hinblick auf Deutschland nicht tibersehen kann.
Haben wir vor 30 Jahren nicht erlebt, wohin eine solche Entwicklung führte! Heute sind wir ln einer ungleich schwierigeren Lage. Die verantwortlichen Staatsmänner sollten in jeder Hinsicht die Lehre daraus ziehen, daß gesunde soziale Verhältnisse für die Sicherheit mindestens ein ebenso wichtiger Faktor sind wie die militärische Stärke. Daher erscheint eine Besatzungslast von über sechs Milliarden, auch wenn sie zum großen Teil einen Sicherheitsbeitrag harstellt, als eine Überbelastung, die aucff unter den Gesichtspunkt der allgemeinen Sicherheit der westlichen Welt nicht zu vertreten ist.