Italien sabotiert Südtirol
Wiedereinbürgerungsgesuche werden verschleppt Von unserem Wiener H. St.-Korreipondenten
WIEN. Österreichs Regierung bestätigte jetzt die aufsehenerregende Londoner Unterhauserklärung des britischen Abgeordneten Douglas Savory, Südtirols deutschsprachige Bevölkerung werde „vertragsverletzend“ diskriminiert. mit der überraschenden Feststellung, Italien „sabotiere" tatsächlich insgeheim das österreichisch-italienische Südtirolabkommen, das bereits seit 1946 allen Südtirolem sofortige Heimkehr bzw. die gleichberechtigte italienische Staatsbürgerschaft zusichert. Es verschleppe bis heute bewußt Südtiroler Wiedereinbürgerungsansuchen, sämtliche mit der Rüdewanderung zusammenhängenden Wirtschaftsfragen, die 1949 zugesagte Wiederbestallung Südtiroler Beamter und Pensionäre und die bereits 1946 vereinbarte gegenseitige Anerkennung akademischer Diplome, womit ein offener Bruch des Vertrags mit Österreich gegeben sei und Hunderte zurüdegekehrter Südtiroler Professoren, Lehrer, Ärzte, Schwestern. Ingenieure usw. bis heute in der eigenen Heimat brotlos seien.
Tatsächlich lehnte Italien Südtiroler Reoptionsansuchen mit der Begründung ab, der Antragsteller sei „reiner Deutscher und von der Bevölkerung als solcher geliebt“ (!)•
Bis heute durften noch nicht alle heimhehrwilligen 60 000 Südtiroler zurück, warten diese
Anpell an die Großmächte
Volkskammer ersucht um Frieden&vertrag
BERLIN. Das Präsidium der ostzonalen Volkskammer hat die vier Großmächte erneut ersucht, die Frage der Vorbereitung und des Abschlusses eines Friedensvertrags mit Deutschland auf die Tagesordnung der Pariser Außenministerkonferenz zu setzen.
Nach dem Ersuchen des Volkskammerpräsi- diums soll der Friedensvertrag auf folgenden Grundlagen beruhen: Entmilitarisierung und Demokratisierung, Wiederherstellung der deutschen Einheit, freier Außenhandel und freie Entwicklung der Produktion für friedliche Zwecke und Abzug der Besatzungstruppen ein Jahr nach Unterzeichnung des Frie- densvertrages.
In einem neuen Schreiben an Bundestagspräsident Dr. Ehlers setzte sich Volkskammerpräsident Dieckmann nochmals für eine gemeinsame Aktion beider Parlamente für die Vereinigung Deutschlands ein.
In einer Sondersitzung des Bundestages am Freitag werden Bundeskanzler Dr. Adenauer. der Bundestagspräsident und die Fraktionen zu den Volkskammervorschlägen Stellung nehmen.
Mangel an Verständnis
BUttenwieser kritisiert Landsberg-Reaktion
BREMEN. Der stellvertretende amerikanische Hohe Kommissar, B. J. Buttenwiese r. der am Montag in Bremen auf Einladung der Carl-Schurz-Gesellschaft über aktuelle politische Themen sprach, kritisierte, daß deutsche Kreise nach den Landsberger Entscheidungen sich gegen die Bestätigung der sieben Todesurteile wandten und auch deren Umwandlung in Freiheitsstrafen verlangten.
Die Reaktion auf die Landsbergentscheidungen sei ein Beispiel für „einen bedauerlichen Mangel an Verständnis für die ehrlichen Bestrebungen der Alliierten, die Probleme, die uns als Erbschaft des letzten Krieges verblieben, für immer zu lösen". Es sei durchaus nicht ermutigend für andere Völker, daß nur so wenige führende Männer sich beispielgebend von dem „teuflischen Terror des Hitlerreiches“ distanzierten und öffentlicherklärten, daß endlich die Gerechtigkeit diese sieben Massenmörder erreicht habe.
Ärmsten — nachdem sie längst in Österreich alles verkauften — noch immer verzweifelt auf die ihnen zugesichert« Heimkehr.
Statt dessen forcierte Italien die Romani- sierung Südtirols, übermalte sämtliche bislang zweisprachigen Aufschrift«! italienisch und besetzte alle öffentlichen Ämter entgegen dem ausdrücklich mit Österreich vereinbarten Schlüssel zu 98 Prozent mit Italienern, die meist nicht deutsch verstehen. Italiens Süd
tirolpräfekt antwortete einer ihn um deutschsprechende Ärzte bittenden Bauernabordnung: „Tierärzte hellen, ohne zu reden!“ und der bekannte Südtiroler Abgeordnete Dr. Vogg- ler wurde tätlich bedroht, als er eine Fahrkarte in deutscher Sprache verlangte und dem italienischen Beamten gegenüber das Vertragsrecht der Zweisprachigkeit anrief.
Der österreichischen Öffentlichkeit und der in Österreich seit 1946 noch immer auf die zugesicherte Heimkehr harrenden Südtiroler bemächtigt sich wachsende Erregung über Italiens „heimliche Sabotage“ des österreichisch-italienischen Südtirolerabkommens. Es wird hier als sicher erwartet, daß die österreichische Regierung das Problem Südtirol erneut vor der Weltöffentlichkeit aufrollt!
Neue internaiionale
COMISCO-Tagung in London
LONDON. Die neue „Sozialistische Internationale“, die am Sonntag in London von 36 führenden Politikern sozialistischer Parteien der ganzen Welt gebildet wurde, beruht auf der Grundlage „völliger Freiwilligkeit“, wie es in einer einstimmig angenommenen Entschließung heißt.
Die COMISCO (Arbeitsgemeinschaft internationaler Sozialistenkonferenzen), die 1948 als Verbindungsgremium der sozialistischen Parteien geschaffen wurde, hat sich damit zur fünften „Internationale“ umgebildet, die insgesamt von 33 sozialistischen Parteien mit einer Mitgliederzahl von rund 10 Millionen unterstützt wird. Die erste „Internationale“ bildete sich 1864 in London.
Eines der Hauptthemen der Tagung war die deutsche Wiederbewalfnung. Die meisten Delegierten befürworteten die Einbeziehung solcher Einheiten in eine europäische Armee, wenn gewisse Bedingungen erfüllt werden. Der Sprecher der französischen Sozialisten deutete an, daß seine Partei noch immer über die Möglichkeit eines aktiven deutschen Verteidigungsbeitrages entrüstet sei. Die Sozialisten Frankreichs würden es lieber sehen, wenn keine Wiederaufrüstung Deutschlands zustande käme.
Die erste Vollkonferenz der „Internationale“ wird vom 30. Juni bi9 2. Juli in Frankfurt a. M. stattflnden.
Churchill würde explodieren
Eisenhower stellt Ernennungen zurück
LONDON. Der Oberbefehlshaber der Atlantikpakt-Armee, General Eisenhower, hat nach Mitteilung amtlicher Kreise die Ernennungen von Kommandeuren der unter seinem Oberbefehl stehenden Atlantikpakt-Streitkräfte um eine Woche zurückgestellt.
Als Begründung wird die Entrüstung angegeben, die die vorgesehene Ernennung eines US-Admirals zum Chef der Seestreitkräfte im Nordatlantik in England auslöste. Konservative Kreise sagten voraus, daß Winston C h u r- chill „explodieren“ würde, wenn auch bei der Vergebung des Mittelmeerkommandos die britischen Admirale übergangen werden sollten.
Eisenhower ist darauf bedacht, daß seine Ernennungen sowohl von der Londoner La- bour-Regierung als auch von der konservativen Opposition angenommen werden.
Am Dienstag nahm Eisenhower Ernennungen untergeordneter Art für sieben Posten im atlantischen Oberkommando vor. Unter anderem wurden die Stellungen der, stellvertretenden Stabschefs , für Verwaltung, Planung, Organisation,, Quartier-; und .Verpflegungswesen besetzt.
Fragen des Sdiuman-Planes
■ Adenauer bei Francois-Poncet
BONN. Bundeskanzler Dr. Adenauer traf am Montag mit dem .französischen Hohen Kommissar Franso.is-Poncet im Hause der französischen Verbindungsstelle in Bonn zusammen, um noch offene Fragen des Schu- man-Planes zu besprechen. Bonner Regierungskreise erwarten, daß in Kürze von deutscher Seite eine Entscheidung über die noch strittigen Fragen wie Kohleverkauf und Verbundwirtschaft getroffen wird.
Die neuen Vorschläge für die Verbundwirtschaft der deutschen Stahl- und Kohle- Industrie scheinen auf eine Opposition von britischer Seite zu stoßen. Die Frage, ob die Internationale Ruhrbehörde von der Schuman- planverwaltung abgelöst werden solle, müsse erst von den Regierungen der betreffenden Länder entschieden werden, erklärte ein britischer Sprecher am Montag.
Nach dem Pariser Besuch von Hochkommissar John Mc Clo y stellt „Lernende“ am Montag fest, daß die Verwirklichung des Schu- manplanes eines der Hauptziele der Europapolitik der Vereinten Staaten sei.
Marokko-Krise dauert an
Islamische Welt wirft Frankreich „bewaffnete Aggression“ vor
KAIRO. In der ganzen islamischen Welt hält die Erregung über die französische Marokkopolitik und die jüngsten Ereignisse um den Sultan von Marokko unvermindert an. Die Parlamente des Irak und Ägyptens haben am Montag getrennt voneinander eine Resolution angenommen, in der die Abgeordneten ihrer „Entrüstung“ über die „aggressive Politik und die Gewaltmaßnahmen" Frankreichs gegenüber der Bevölkerung Marokkos Ausdruck geben. Der ägyptische Außenminister erklärte vor beiden Häusern des Parlaments, in Marokko handele es sich um einen Fall von „bewaffneter Aggression“. In der Sitzung, der der Führer des Rlfkabylenaufstandes von 1921 bis 1926, A b d e 1- K r i m, beiwohnte, forderten Abgeordnete den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Frankreich. Das Parlament nahm eine Entschließung an, in der die „grausame französische Methode“ mißbilligt werde.- Über die wirklichen Vorgänge in Marokko
Nachrichten aus aller Welt
STUTTGART. Der Staatsvertrag zwischen den Ländern Württemberg-Baden und Württemberg- Hohenzollern über die Errichtung eines Landesversorgungsamtes wird voraussichtlich im April abgeschlossen werden. Dem künftigen Amt, über dessen Sitz man sich noch nicht einigen konnte, werden sieben Versorgungsämter, drei orthopädische Versorgungsstellen, drei fachärztliche Untersuchungsstellen, fünf Versorgungskranken- höuser und zwei Versorgungskuranstalten unterstehen.
FRANKFURT. Der deutsche Aero-CIub hat am Sonntag erneut verlangt, daß der Luftsport von den Alliierten auch für Deutsche wieder erlaubt wird. Auf seiner Hauptversammlung in Frankfurt richtete der Club Telegramme an den Bundespräsident, den Bundeskanzler und den Bundesverkehrsminister, in denen gebeten wird, daß sich die Bundesregierung bei der alliierten Hohen Kommission für den deutschen Luftsport ein- setzt.
WICKERSRODE. Eine grausige Bluttat ereignete sich im Tanzsaal des kleinen nordhessischen Walddorfes Wickersrode, als ein 19jähriger Waldarbeiter mit einem Militärkarabiner eine Frau und einen Mann erschoß und vier weitere Personen schwer verletzte. Der Täter benutzte Dum- Dum-Geschosse. Der Mörder, der als Unruhestifter bekannt ist, soll während der Tat nicht betrunken und voll zurechnungsfähig gewesen sein.
BERLIN. Die durch den Tod eines siebenjährigen Jungen in Westberlin, der kürzlich auf dem Schulhof in einen abgedeckten unbekannten Brunnen gestürzt war, ausgelöste Suche nach alten Brunnen hat bisher zur Entdeckung von 63 noch unbekannten Brunnen geführt, von denen 30 auf Schulhöfen sich befanden. Der Senat hat umfassende Sicherungsmaßnahmen angeordnet.
BERLIN. Durch Feuer wurde vor einigen Tagen das historische Jagdschloß des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm I. in Königswusterhausen bei Berlin völlig vernichtet.
LONDON. Der seit dem vergangenen Donnerstag unter geheimnisvollen Umständen aus Neu- Delhi verschwundene tschechoslowakische Botschafter in Indien, Kratochvii, ist mit einem indischen Schiff nach Großbritannien geflüchtet. Er hat für sich und seine Familie vom englischen Außenministerium das Asylrecht erhalten. Kra-
im Zusammenhang mit der politischen Ausschaltung der nationalistischen Istlqal-Partel herrscht jedoch Unklarheit. Während von arabischer Seite Unruhen gemeldet werden, dementierte das französische Außenministerium mehrfach Meldungen, die von einer angeblichen Bombardierung marokkanischer Städte durch französische Flugzeuge und Artillerie und von blutigen Zusammenstößen in ganz Marokko gesprochen hatten.
Die innerpolitische Krise in Marokko, die am Wochenende anscheinend einen Höhepunkt erreichte, wächst sich für Frankreich immer stärker zu einer außenpolitischen Krise aus.
Aus Washington wird gemeldet, daß die amerikanische Regierung nach einer Mitteilung des Außenministeriums sowohl Frankreich als auch die arabischen Staaten ersucht habe, sich im Falle Marokkos Mäßigung aufzuerlegen.
tochvil war zu „Beratungen“ nach Prag zurückberufen worden.
LONDON. Staatsminister Kenneth Younger erklärte am Montag im britischen Unterhaus, er könne keine Garantie geben, daß weitere Beschlagnahmungen von Privathäusern für britische Truppen in Deutschland vermieden werden könnten.
PARIS. Sieben amerikanische Kriegsschiffe, sechs Vorpostenboote und eine schwimmende Werkstatt wurden dieser Tage in den USA den französischen Seestreitkräften zum Einsatz in Indochina übergeben
VATIKANSTADT. Der Präsident des kommunistischen „Weltfriedensrates“, Prof. Jölibt-Curie, forderte den Papst auf, sich „mit den ihm geeignet erscheinenden Mitteln“ für eine allgemeine Abrüstung einzusetzen. In der durch den stellvertretenden Kardinalstaatssekretär erteilten Antwort heißt es, es sei erfreulich .festzustellen, „daß die Worte Seiner Heiligkeit des Papstes, der sich stets für den Frieden ausgesprochen habe, Anerkennung fänden“.
KAIRO. Der ägyptische Nationalheld Abd el Aziz Fahmy Pascha ist am Sonntag im Alter von 90 Jahren in Kairo verstorben. Fahmy Pascha war das letzte lebende Mitglied der dreiköpfigen Delegation, die Großbritannien im Jahre 1918 die erste ägyptische Forderung nach Unabhängigkeit überbrachte.
NEW YORK. Die USA haben die UN-Mitglieder am Montag aufgefordert, unverzüglich Truppen für die Vereinten Nationen bereitzu- stellen. In der ersten Sitzung des UN-Ausschus- ses für kollektive Sicherheit, dem 14 Nationen angehören, wurde im Rahmen des kollektiven Sicherheitssystems der UN die Aufstellung einer internationalen Streitmacht zur . Abwehr von Aggressionen gefordert.
CHIKAGO. Der amerikanische Staat Montana wurde am Montag von einem schweren Schneesturm heimgesucht, der vier Todesopfer forderte und die Temperaturen auf 29 Grad Celsius unter Null sinken ließ. Am letzten Wochenende kamen in Montana bei einem Orkan 16 Personen ums Leben.
PORT MORESBY (Neu Guinea). Der „Getster- vulkan“ Mount Lamington auf Neu Guinea brach am Montag erneut aus. Die Eruption wird als die bisher stärkste bezeichnet, sie forderte diesmal jedoch keine Opfer.
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Alle Rechte Prometheus -Vertan Gröbemcll bei München
Sergeant Loviser begann sich zu langweilen. Er hatte sich einen Sessel ans Fenster gestellt und gab acht, daß nichts passierte, aber es sah nicht so aus, als ob es zu aufregenden Ereignissen kommen würde.
Mr. Al vis hatte sich nach dem Lunch zu Bett begeben, da er über starkes Kopfweh klagte, das man sicherlich den Ereignissen der letzten Nacht zuschreiben konnte. Auch hier war der Detektiv-Sergeant gewissenhaft gewesen und hatte sich über die Lage des Schlafzimmers orientiert. Dabei war er zu dem Schluß gekommen, daß es einem Fremden unmöglich ein müsse in die Privatwohnung zu gelangen, denn diese lag ein Stockwerk höher und war nur durch die wohl verschlossene Treppentür zu erreichen. Der Butler Osbom war mit der Wache vor John Alvis Zimmer betraut worden, und da außerdem jeder zu hören war, der das Treppenhaus betrat, ließ sich der Sergeant vom Portier telefonisch über jeden Neuankommenden unterrichten.
Jetzt war es Spätnachmittag und die Sache begann langweilig zu werden. Gegen vier Uhr verließen die Angestellten die Firma, und Harry Harper ließ für sich und den Sergeanten Kaffee und Brötchen ins Direktionszimmer bringen. Er hatte noch zu arbeiten.
„Sie haben diesen Tschai-Fu gekannt, Sir?“ fragte der Sergeant, während sie aßen. Mister Harper lächelte überlegen. Ihm erschien die ganze Angelegenheit lächerlich, und er nahm sie als törichte Laune seines Partners hin. „Ach Gott“, sagte er, „was soll man über so einen Chink für eine Meinung haben? Wer nicht so lange im Osten gelebt hat. wird kaum
eins dieser gelben Gesichter vom andern unterscheiden können. Für mich war Tschai-Fu ein alter dürrer Mensch mit Schlitzaugen und lautlosen Bewegungen, so eine Hauskobra, wenn Sie wissen, was ich meine? Ich schätze, daß er nahe an fünfzig war, aber wie gesagt, man kennt sich bei den Chinesen nicht aus, kann auch sein, daß er älter oder jünger war. Ich hatte wenig mit ihm zu tun, er war der Diener von John Alvis,“
„Und hielten Sie, Sir, ihn für fähig, an den bekannten Vorgängen mit den Wamungszet- teln beteiligt zu sein?“
„Was weiß ich, Herr Detektiv, ich bin Geschäftsmann, für Geheimbünde und Grüne Drachen habe ich, bei Gott, keine Zeit.“
Harry Harper lachte trocken, dann trank er seine Tasse aus und zog demonstrativ einen Aktenstoß heran. Sergeant Loviser verstand und ging in seine Ecke zurück. Gleich darauf schlug es vier Uhr. Das Telefon schellte, Harry Harper hob ab.
Der Sergeant beobachtete, wie der Geschäftsmann nach einigen belanglosen Einleitungsworten plötzlich blaß wurde. Die andere Stimme vermochte Loviser trotz aller Anstrengung nicht zu verstehen, doch schien sie ihm einer weiblichen Person zu gehören.
„Was sagst Du, Lissy“, rief jetzt Harry Harper ganz entgeistert. „Aber das ist völlig unmöglich!“ Wieder sprach die andere Stimme anscheinend heftig und aufgeregt. Der Sergeant trat langsam näher und vernahm nun deutlich den Redefluß einer weiblichen Stimme.
„Ich komme sofort zu Dir“, sprach nun Harper entschlossen, „auf Wiedersehen in wenigen Minuten. Und verlaß Deine Garderobe nicht, hörst Du.“ Er hängte ab. Dann wandte er sich zu dem Detektiv.
„Eine böse Geschichte, Mr. Loviser, soeben ruft mich Lissy van Moog an; man hat durchs Fenster ihrer Garderobe ein Wurfmesser geschleudert, knapp an ihrem Konf vorbei. Ein Zettel war um den Schaft gewickelt. Kommen
Sie mit, ich denke Sie werden Gelegenheit haben zu beweisen, was Sie können.“
„Wer ist Lissy van Moog?“ fragte Loviser kalt.
„Das werde ich Ihnen im Wagen erklären“, rief Harper, indem er seinen Mantel aus dem Wandschrank nahm und anzog, „in fünf Minuten sind wir drüben in Pall Mall."
Während er nach dem Chauffeur läutete, rief der Sergeant die Wohnung an und gab dem Butler Osborn strengsten Auftrag, niemanden, wer immer es wäre, in die Wohnung einzulassen und das Zimmer von John Alvis zu bewachen. Der Butler, der einen Augenblick vorher in Mr. Alvis Zimmer gewesen war, versicherte, alles sei ln Ordnung. Schon stand Harry Harper unter der Türe und knurrte ungeduldig. Der Sergeant lief und riß im Vorbeigehen seinen Mantel vom Haken. Als sie im Auto saßen, begann der Geschäftsmann von selber zu sprechen: „Lissy van Moog ist Tänzerin, Solotänzerin am Operettentheater, 26 Jahre alt, unverheiratet und von tadellosem Ruf. Das ist doch die Form der Auskunft, wie man sie in Ihren Kreisen liebt?"
Er sagte das ein wenig wegwerfend und von oben herab, wie er überhaupt nicht sehr freundlich und entgegenkommend schien. Der Detektiv runzelte die Stirn und ging nicht auf den spöttischen Ton des Geschäftsmannes ein. „Nicht ganz, Sir“, erwiderte er, „Ihre Auskunft würde mehr ein Polizeirevier befriedigen. Mir wäre vor allem gedient, wenn Sie mir die Art von Beziehungen schildern könnten, die Sie oder Ihre Partner zu der Dame unterhalten.“
Jetzt war es an Harry Harper, eine finstere Miene zu machen. Er räusperte sich und schaute starr geradeaus. „Wir sind alle mit M r ß van Moog bekannt, sonst nichts.“ Er gab sich nicht die Mühe zu erklären, wer unter dem Wort „alle“ verstanden werden sollte, die Firma oder die Familie. John Alvis und
Harry Harper oder auch seine beiden Brüder, von denen Sergeant Loviser bereits wußte. Für die restlichen paar Minuten, die der Wagen nach Pall Mall hinüber brauchte, saß Harper steif und unzugänglich auf seinem Platz. Der Sergeant dachte, daß doch nichts mehr aus ihm herauszuholen sei und schwieg ebenfalls.
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Ein Boy führte sie den künstlich beleuchteten Gang zu den Garderoben entlang. Vor einer Schleiflacktüre machte er halt. „Hier werden Sie Miß van Moog treffen“, sagte er und streckte diskret die Hand aus. Harper warf ihm einen Geldschein zu und stürmte auf die Türe los. Er wollte ohne anzuklopfen eintreten, aber es war zugesperrt.
„Hundertmal bin ich hier gewesen!“ zürnte er, „und jedesmal gibt man mir einen Boy mit“, als fände ich den Weg nicht allein. Elende Baksdhisch-Jägereil“ Er begann an die Tür zu trommeln. „Hallo, Lissy! Hallo, wir sind es! Harry ist da!“
Von innen näherten sich trippelnde Schritte. „Bist Du es, Harry“, hörte man eine melodische Stimme.
„Zum Donnerwetter, mach doch auf!“
Ein Schlüssel wurde umgedreht, und man Stand vor Miß Lissy. Harry Harper, der in seinem Ungestüm hereinstürzen wollte, fuhr freilich zurück, als er die glänzende Nickelpistole in der Hand des Mädchens sah. „Tu das Ding weg!“ schrie er wütend, „Du zielst genau auf meinen Magen!“
Miß Lissy war sichtlich blaß, sie atmete schwer. Der Sergeant konnte einen Seufzer nicht unterdrücken, dies Mädel war nicht nur auf der Bühne schön. Die Gestalt war ebenmäßig, schlank und zart, das bleiche, feingeschnittene Gesicht leuchtete aus einem Rahmen blauschwarzer Locken, die offen bis auf die Schultern fielen. Lissy trug eine elegantes Dressinggown; darunter war wohl nicht vieL
(Fortsetzung folgt)