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Mil den illustrierten Unterhaltungsbeilagen „Feierstunden" und „Unsere Heimat"
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den OvLttUtrtsvezirkMrgolS
Mit der landwirtschaftlichen wochenbeilago
„Haus-, Garten- und Landwirtschaft"
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Ar. 261
Gegründet 1826
Akontag, den 8. November 1926
Fernsprecher Nr. 29
100. Jahrgang
Tagesspiegel
Dis österreichischen Beamten haben sich mit dem Gehalts- angeboi der Regierung vorläufig einverstanden erklärt. ^
Zur Bildung einer nationalen Einheitsfront für Oesterreich find zwischen dem Verband der Deutschvölkischen Vereine Oesterreichs, der Gros,deutschen Volksparkci. der Na- iionalsozialisiischen Arbeiterpartei und dem Landbund Verhandlungen eingeleiket worden. Es wurde zunächst festge- stekkt. das; zwischen diesen politischen Richtungen Burgfrieden herrsche.
Zn de,' ungarischen Nakionalversammluna behauptete der radikale Abgeordnete Ragy. die Regierung des Grafen Reihten arbeite darauf hin, den früheren Kronprinzen Earol von Rumänien zum gemeinsamen Throne,nwöricr von Rumänien und Ungarn zu machen, so dost Rumänien und Un- garn durch Personalunion verbunden mären. Ministerpräsident Graf Bethksn erklärte, er werde auf die Behauptung Ragys antworten.
Ersimmifter Baldwin hat die Führer der englischen Berg- grbeiker empfangen. Auch die Bergwerksbssiher haben sich sich zu neuen Verhandlungen bereit erklärt.
Einem Warschauer Blatt zufolge hat der Vorstand der polnischen Bauernverewicmna beschlossen, von der Regierung zu verlangen, datz durch eine Volksabstimmung darüber entschieden werde, ob Polen Monarchie oder Republik sein soll.
In Managua (Nikaragua) wurde der konservative Präsidentschaftskandidat, General Amberta Diaz. von liberalen Gegnern ermordet.
Arbeit und Brot
Der Druck des Arbeitsmangels hat in letzter Zeit leicht nachgelassen. Einesteils geht es der Industrie heute wieder ein wenig besser, so daß ihre Aufnahmefähigkeit an Arbeitskräften wächst: andernteils übt das Arbeitsbeschaffungsprogramm des Reichs, der Länder und Gemeinden bereits eine günstige Wirkung aus, die sich verstärken wird, wenn im Lauf der nächsten Wochen die Arbeiten am Mittellandkanal in größtem Maßstab ausgenommen werden. Immerhin wäre es sehr voreilig, die Frage der Erwerbslosigkeit auch nur einigermaßen schon für gelöst zu halten. Ueber- dies begrenzt sich der Erwerbsmangel keineswegs nur auf die Volksgenossen, die bei den Arbeitsnachweisen eingeschrieben sind und die Erwerbslosenbeihilfe beziehen. Erinnert sei an die kaufmännischen Angestellten, die bei den zahlreichen Geschäftszusammenbrüchen der letzten Zeit ihre Stellung verloren: erinnert sei weiter an die fertig ausgebildeten Akademiker, die bei aller Tüchtigkeit dennoch keine passende Beschäftigung erlangen können, und ebenso sei auch der notleidenden Künstler und der durch die Inflation verarmten Rentner nicht vergessen. Kulturell wertvolle Schichten von besonders hoher Leistungsfähigkeit ermangeln so der richtigen Eingliederung in das Ganze unserer Produktion, ein Rotstand, für den eine zweckmäßige Abhilfe bisher noch nicht gesunden ist.
Arbeitsmangel kann drei verschiedene Gründe haben. Erstens die Schwankungen der Beschäftigung, die sich aus dem Wechsel der Jahreszeiten ergeben. Zweitens die Auswirkung besonderer, außergewöhnlicher Krisen im Wirtschaftsleben. Drittens das ständige Mißverhältnis zwischen Arbeitskräften und Arbeitsmöglichkeiten als unmittelbare izolge der Uebervölkerung. Mit der ersten Erscheinungsform der Arbeitslosigkeit, dem saisonmößigen Arbeitsmangel, ist verhältnismäßig leichter fertig zu werden. Es ist klar, daß im Winter die Beschäftigungsmöglichkeit in der Landwirtschaft und im Baugewerbe erheblich zurückgeht. In anderen Produktionszweigen sind vielleicht wieder' andere Teile des Jahrs benachteiligt. Durch entsprechende Verteilung auf dem Arbeitsmarkt läßt sich hier vielleicht manches mildern. Vor allem könnten hier öffentliche Arbeiten und öffentliche Aufträge so über das Jabr verteilt werden, daß sie ausgleichend wirken. Da der Saison-Arbeitsmangel regelmäßig vorauszusehen ist, kann hier auch die längst gevlante Arbeitslosenversicherung — sie soll am 1. April 1627 in Kraft treten — mildernd einareifen.
Anders verhält es sich mit den Arbeitskrisen, die von größeren Störungen des Wirtschaftslebens herrühren. Auf °'e Rechnung einer solchen Störung kommt ja wohl zum Teil auch der heutige Erwerbsmangel in Deutsch- auch die scharfe Uebergangskrise, die mit der - ?^ung verbunden war, nach mehr als zweijähriger ä-r!. Endlich abzuflauen scheint, so bleibt uns doch die mV wie wir es künftig bei derartigen Krisen
DV W-Vm-^ Men großen Arbeitsmangel halten wollen, «nanni, m ^igt gegenwärtig überall noch reichliche
Ueberlee ^ mancherlei Gefahrenpunkte, zumal auch in ettter ^in-e Krisenwirkung dieser Art wird uns in Wirt r ck ° lraftigung unserer Vinnen- und unseres Jnlandsmarktes schützen, stands'orb^;'!^ Bereitschaftsplan von Not- stockvn^ b/m ^ ^II Einer größeren Wirtschafts-
di- ^?markt anzubieten sind, schließlich auch
ENversicheruna, insoweit als ihre Kräfte zur Ans lm- ^ stärkeren Krise überhaupt ausreichen werden. ^ Rs>"ve.-Pmgramm der Arbeitsbeschaffung kommt es dabe, ganz be,anders an. Arbeitsbeschaffung von wirklick'
Milliardenabmange! im Reichshaushalt
Bier Millionen tägliche Dawes-Last
Berlin, 7- Nov. Im Reichsrat erstattete Ministerialdirektor Sachs vom Reichssinanzmimsterimn Bericht über die zweiten Nachtragsforderungen zum Haushalkplan für 1926. Diese Nachforderungen belaufen sich auf 801,8 Millionen Mark, davon 229,2 Millionen für den ordentlichen und 572,5 Millionen für den außerordentlichen Haushalt. Die Mehrausgaben des ordentlichen Haushalts sollen gedeckt werden durch Zollmehrelnnahmen von 90 Millionen, Münzgewinn 93,2 Millionen, Ueberschüsse von 1924 und 1925 32,2 Millionen, Ersparnisse 80 Millionen. Die Mehrausgaben im außerordentlichen Haushalt (572,5 Mill.) sollen ganz auf Anleihe genommen werden. Da in diesem Haushaltjahr schon 293,8 Millionen durch Anleihe ausgenommen sind, so ergibt sich eine Anleihe von
866.3 Millionen, wozu noch 100 Millionen für ein Darlehen an die Reichsbahn kommen. Die Gesamtanleihe für 1 9 2 6 beträgt somit 966,3 Millionen.
Nach den neueren Abmachungen sind im dritten Dawes-Jahr zu leisten aus dem Reichshaushalt
490.3 Millionen aus der Beförderungssteuer, 290 Millionen, von der Reichsbahn 550 Millionen, von der Industrie 250 Millionen, zusammen 1580,3 Millionen für Kriegsentschädigung, oder über vier Millionen täglich. Diese Abgabe wird sich bekanntlich in der Zukunft noch beträchtlich steigern.
Der Gesamthaushaltplan für 1926 hält nunmehr in Einnahmen und Ausgaben (einschließlich des Anleihebetrags von 866,3 Mill.) das Gleichgewicht mit insgesamt 8,4 Milliarden statt bisher 7,6 Milliarden Mark.
Unter den einzelnen Mehrausgaben führte der Berichterstatter u. a- an, 60 Millionen für die Erwerbslosensür- sorge, 50 Millionen zur Förderung des landwirtschaftlichen Siedelungswesens, 200 Millionen Zwischenkredite für Kleinwohnungen, 130 Millionen für Beschaffung von Arbeitsgelegenheit für Erwerbslose durch Förderung wirtschaftlich wertvoller Arbeiten, 15 Millionen Zwischenkredit zur Be- bokinna der Krodilvot der Winrex. 2.2 Millionen für die
Kosten" des Fürstenenteignungs-Volksentscheids, -18 Millionen Kredit für die oberschlesiiche Eisenindustrie, 100 Millionen Kredit für die Reichsbahn zur Behebung der Wirtschaft.
Der deutsche Minister darf nickst deutsch sprechen Prag, 7. Nov. Als der deutsche Iustizminisker Mayr- Harting im Haushalkausschuß des tschechoslowakischen Abgeordnetenhauses seine Darlegungen in deutscher Sorache halten wollte, untersagte ihm der Vorsitzende die Verlesung in deutscher Sprache. Es kam zu einer Auseinandersetzung, bis der tschechische Erstminister den „Ausweg" fand, daß der Bericht durch die (tschechische) Abteilungsvorstände des Iust'uninisteriums in tschechischer Sprache vorgekragen werden soll. Es ereignete sich also der eigenartige Fall, daß der Bericht in Abwesenheit des Ministers verhandelt wurde.
Garibaldi ein faszistisch er Spitzel Paris, 7. Nov. Der von Nizza nach Paris gebrachte Oberst Ricciotti Garibaldi wurde mehrere Stunden lang durch die politische Polizei verhört. Er gab zu, daß er seit acht Monaten als Spitzel des faszistischen italienischen Innenministers Federzoni tätig sei und von diesem 400 000 Lire erhalten habe. Der römische Polizeichef Ra- polla habe ihm erst letzter Tage wieder 100 000 Lire nach Nizza überbracht. Es steht fest, daß Garibaldi enge Beziehungen zu den spanischen Verschwörern hatte, die durch den früherem General der faszistischen Miliz, Beltrami, vermittelt worden zu sein scheinen.
Der dem Außenministerium nahestehende „Petit Pari- sien" läßt es dahingestellt sein, ob Mussolini von den Machenschaften der faszistischen Polizei unterrichtet war; jetzt mindestens sei er aufgeklärt und könne sich nicht mehr sein Nichtwissen als Entschuldigung gebrauchen. In Frankreich ist die Stimmung gegen Italien wieder sehr erregt.
Ausmaß kann man nicht einfach aus dem Aerm?' Ichutteln. Das haben wir gerade in den letzten Monaten hinlänglich erfahren. Mit Uebereilung kommt auch die Ge- tabr, daß Geld unproduktiv verwendet und wirkliche Ab- hilr^ d-5ei doch nicht geschaffen wird.
Seildom ein El-Menceau das verhängnisvolle Wort von Millionen Deutschen zu viel" gesprochen hat, , E ^o-ae nicht mekr geschwunden, daß Devtsckch'nd übervölkert sei und daher der Erwsrhsenan"e' ''os unvermeidliche Los. nnnn nicht für Millionen, so s-"r Hunderts-nn-rid!'. mck lange Feit hinaus bleibe ' > ü'bt
^ Wirklichkeit damit? Hervorragende Kenner unserer Wirtschaft lagen, daß eine wirkliche Besserung der allgemeinen Erwerbsverbältnisse nur zu erreichen ist wenn wir sowohl Deutschlands weltwirtschaftliche Lage oründlich an assen. als auch den inneren Ausbau unserer Wirtschaft zeitgemäß zu erneuern suchen. Die wichtigste Forderuna ist me nach Aenderung des D a w e s v l a n s. Die Mil- liarden, die uns alljährlich entzoaen werden, bedeuten eine cmtsvrechende Verkürzung des Verbrauchs unserer breiten Masten, eine entsprechende Schmälerung des notwendigen Aufbaukapitals unserer Arbeitsstätten. Die Aenderung des Dawesplans wird zweifellos kommen, aber nur dann und insoweit, als dies die Entschädioungsqläi'biger selbst in ihrem Interesse für richtig erachten. Ilm so dringlicher ist es für uns. den Abbau der unausführbaren Anlvrüche tatkräftig zu betreiben. Eng mit dem Crwerbsmangel ist die Tatsache verknüpft, daß heute für entbehrlichen Luxus unendlich viel Geld ins Ausland geht, das bester dem einheimischen Markt und der Ansammlung neuen Praduktivkapitals in unserem Land zugute kommen sollte. Wir könnten diese Einfuhr abbauen und zugleich mehr Arbeitsmöglichkeit im eigenen Land schaffen, wenn wir auf die Stimmen hören wollten, die eine großzügige landwirtschaftliche Produktions- Politik, z. B. im Rübenbau, verlangen, wie Reichsminister a. D. Schiele, Graf Kalkreuth, Hevp u. a. Noch immer geboren 42 Proz. des deutschen Volks der Landwirtschaft an: die Hebung ihrer Produktion und ihrer Kaufkraft ist eine Zukunftsfrage ersten Rangs, deren Lösung um so leichter sein wird, je besser Stadt und Land, frei von gehässiger Partei- volitik, vorurteilslos sich verstehen werden. In diesen Zusammenhang gehört auch die Kultivierung der Oedländereien — mit Hilfe der Arbeitsdienstpflicht.
Aenderung des Dawesplans, Abbau des unproduktiven öffentlichen Verwaltungsapparates, Einschränkuna entbehrlicher Einfuhr, Förderung der Qualitäts-Landwirtschaft und Rationolisieruna der Onalitäisindustrie. nur auf diesen
Wegen können wir wirklich auf die Dauer Arbeit und Brot für jene schaffen, denen es aus deutscher Erde heute anscheinend zu eng ist, ohne daß doch Aussicht und Möglichkeit zu einer Entlastung durch Auswanderung bestände. Zu alledem aber — noch dazu unter dem Druck ungünstiger Weltwirtschaftslage — gehört bester Wille von beiden Seiten, vom Erzeuger und vom Verbraucher, vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer, Verständigung, nicht Klaffenkampft
Deutscher Reichstag
Berlin, 7. November.
Dem Reichstag lagen gestern die Anträge des Sozialen Ausschusses zur Erwerbslosenfürsorge vor- Ei» Vorschlag der Regierung, die sog. Krisenfürsorge für Ausgesteuerte, war gegen die Stimmen der Mittelparteien vom Ausschuß abgelehnt worden, und zwar stimmten die Sozialdemokraten und die Kommunisten dagegen, während die Deutschnationale Volkspartei, di« Wirtschaftliche Vereinigung und die Völkischen sich der Stimme enthielten.
Die Beschlüsse des Sozialen Ausschusses gehen dahin: Bis zum 31. März 1927 sollen die Bezüge der Hauptunterstützungsempfänger mit Wirkung vom 8. November dieses Jahrs an wie folgt erhöht werden: 1. für Erwerbslose über und unter 21 Jahren, die keine Familienzuschläge beziehen und nicht dem Haushalt eines andern angehören, um 15 v. H.-, 2. für alle übrigen Hauptunterstützungs- einpfänger um 10 v. H. Die obere Grenze für die Erwerbslosenfürsorge soll so gestaltet werden, daß auch das vierte Kind den vollen Zuschlag erhält. Die Prüfung der Bedürftigkeit soll gleichmäßig und entgegenkommend behandelt werden. Kleinerer Besitz, wie Spargroschen, Hausrat, kleines Eigenheim, darf nicht zur Verneinung der Bedürftigkeit führen. Es soll verhütet werden, daß Arbeitsstellen mit fortlaufender voller Arbeitstätigkeit im Weg der Pflichtarbeit besetzt werden. Sichergestellt soll werden, daß den Erwerbslosen die Anwartschaften in der Invaliden-, Angestellten- und knappschaftlichen Pensionsversicherung nicht verloren gehen. Ferner verlangt der Ausschuß Gesetzesvorlagen zur Verlängerung der Bezugsdauer für die Ausgesteuerten. Verfahren gegen erwerbslose Mieter wegen rückständiger Miete mit dem Ziel der Zwangsräumung sollen nicht durchgeführt werden.
Die Sozialdemokraten haben für die Plenar- verhandlungen neue Anträge eingebracht, wonach die Bezüge der Hauptunterstützungsempfänger um 30 o. H., die Familienzuschläge um 20 v. H. erhöht werden sollen. Die Kommunisten beantragen Eröhung um 50 v. H.
Abg. Brey (Soz.) kritisierte die amtliche Erwerbslosenstatistik, weil sie nicht die Ausgesteuerten mitumsasss. Die Statistik der Arbeitsuchenden bei den Nachweisen ergebe viel höhere Zahlen. Auch die zum Tod verurteilten Attentäter von Leiferde seien letzten Endes nur Opfer der wirtschaftlichen Not. Die durch Schlichtungsverfahren und mit andern Mitteln künstlich niedrig gehaltenen Löhne könnten nicht maßgebend sein für die Bemessung der Erwerbslosenunterstützungssätze.
Abg. Schultz- Bromberg (DN.) gibt für seine Fraktion eine Erklärung ad, wonach die Möglichkeit zu einer wirklichen Ueberwindung der Erwerbslosigkeit nur in einer völligen Neuein st ellung der deutschen Wirtschaftspolitik zu sehen sei. Durch Entwicklung der nationalen und in erster Linie der landwirtschaftlichen