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verantwort!. Schriftleitung: Friedrich Hans Scheele Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdrucker«!

Nr. 113

Ir eitag, den 16. Mai 1930

Jahrgang 103

Die Reichshilfe für den deutschen Osten

Verabschiedung des Osthilfe-Gesetzes im Reichskabinett

TU. Berlin, 16. Mai. Das Reichskabinett beendete gestern abend seine Beratungen über den Entwurf eines Ge­setzes für Hilfsmaßnahmen für die notleidende« Gebiete des Ostens sOsthilsegesetz). An der Sitznng nahmen Vertreter des preußischen Staatsministerinms, der Neichsbank, der Prenßenkaffe und der Nentenbankkrebitanstalt teil.

Zur Verabschiedung des Osthilfegesetzes Lurch bas Reichskabinett erfährt die Telegraphen-Union noch fol­gende Einzelheiten: Einige sachlich nicht bedeutende redak­tionelle Aenderungen sollen noch heute vorgenommen wer­den. lieber die Ausführung des Gesetze? sind noch Verhand­lungen mit der preußischen Regierung notwendig. Die Frage eines besonderen Reichskommissars ist grund­sätzlich durch die Vorlage entschieden, die der Reichsregie- rnng die Ermächtigung gibt, im Bedarfsfall einen solchen Beamten zu ernennen.

Der Kabinettssttzung vom Donnerstag lag, wie der Volksdeutsche" erfährt, eine Vorlage über das Ostprogramm vor, die inhaltlich in jeder Beziehung den Anfang Mai be­kannt gewordenen Entwürfen entspricht, auch wenn bei der vom Innenminister Unterzeichneten Vorlage weitgehende gesetzestechnische Aenderungen vorgenommen sind. Es ist ein umfassendes Hauptgcsetz geworden, das in Abschnitten alle die vorher in Einzelgesetzen enthaltenen Fra­gen regelt, dazu gehört lediglich, «in Sondergesetz über die deutsche Ablösungsbank und die Erweiterung der Funktionen der Rentenbankkreditanstalt. Insgesamt übernimmt das Reich Bürgschaften von drei Viertel Milliarden, die bei einer sachgemäßen Durchführung der Osthilfe kaum in Anspruch genommen zu werde« brauche«, und zwar 200 Millionen für die Siedl nngskredite und 300 Millionen zuzüglich 260 Millionen der Ablösungsbank für die U m s ch u l d u n g, bei der unter Einbeziehung auch der Forst- und Gartenwirtschaft usw., wie bet der Lastensenkung der Besitzsicherung und dem Vollstreckungsschutz, in besonderem Maße auf die Bedürfnisse der Klein- und Mittelbetriebe und -er Fach- bctricbe Rücksicht genommen wird. Daz« kommt die Dar- lehcnsermächtignng von 130 Millionen an die Reichsbahn «nd die Finanzierung mit 116 Millionen zuzüglich Anleihe« für das erste Jahr ssi Millionen Etatansätze, 20 Millionen Jndustrieobligationen, 85 Millionen auf den Reichsbesitz im besetzten Gebiet und 10 Millionen Erwerbslosenfürsorge). Für weitere 4 bzw. 8 Jahre sind jährlich Minbestbeihilfen von 161 Millionen eingesetzt, davon SO Millionen Jndustrieobli-

gatione« «nd 81 Millionen ans de,, vorhandenen Etats­mitteln.

Als Mindestbeihilse für S Jahre, zu denen noch Bankbetei- ligungen «nd dergleichen kommen, sind also zunächst 871 Mil­lionen Mark ausgeworfeu worden.

Wiederbeginn des Reichstags

D»e Kleine Jnstizkeform abgelehnt.

TU. Berlin, 16. Mai. Im Reichstag stand am Donners­tag die sog. Kleine Justizreform zur ersten Be­ratung, die aitf Wunsch der Länder von der Reichsregterung eingebracht worden ist. Nachdem die Vorlage bereits in der Aussprache von allen Parteien heftig kritisiert worden war, wurde von einer Ausschußberatung trotz des dringenden Wunsches des Reichsjusttzministers abgesehen. Der Reichs­tag lehnte die Vorlage ein stimmig ab. *

Nach diesem wenig erhebenden Auftakt wurden dann noch einige kleine Gesetzentwürfe behandelt, darunter bas Ermächtigungsgesetz, das dem Finanzminisier die Möglichkeit geben soll, Steuererleichterungen auf verschiedenen Gebieten zu verordnen, um die Kreditaus­sichten der Wirtschaft zu erhöhen. Den Sozialdemokraten, die die Vorlage fürunannehmbar" erklärten, konnte Dr. Moldenhauer Vorhalten, daß es sich um eine von der Regierung Müller-Franken empfohlene gesetzgeberische Maßnahme handle. Er erklärte, das Gesetz sei notwendig, weil man die Entwicklung der Wirtschaft und der Finanzen noch nicht voxaussehen könne. Die Regierung hoffe, noch im Jahre 1930 von der Ermächtigung Gebrauch machen zu können. Die Vorlage wurde dem Ausschuß überwiesen.

Der Arbeitsplan des Reichstags.

Der Aeltestenrat des Reichstags legte Donnerstag mittag die Reihenfolge der Haushaltsveratung fest. Nach dem Ju- stizhanshalt, dessen Beratung heute beginnt, sollen die Haus­halte des Verkehrsministeriums, des Wehrmtnisteriums, des Arbeitsministeviums und des Wirtschaftsministeriums erle­digt werden. Am 28. Mai wird der Reichstag in die Pfingst- ferien gehen. Der Haushaltsausschuß soll dann noch einige Tage zusammenbleiben, um die Haushaltsberatung im Aus­schuß abzuschließen. Am 16. Juni wird der Reichstag seine Verhandlungen wieder aufnehmen «nd die Haushaltsbera­tung bis Ende Juni zum Abschluß bringen. Außerdem sind vor der Sommerpause, die Anfang Juli beginnen soll, an größeren Vorlagen noch Las Osthilfeprogramm und die Sa­nierung der Arbeitslosenversicherung zu erledigen.

Tages-Spiegel

Das Rcichskabinett hat gestern das Osthilsegesetz verabschie­det, welches Maßnahme« zur Linderung der Wirtschaftsnot im deutschen Oste« Umfaßt.

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Der Reichstag lehnte die Kleine Jnstizreform ab. Heute be­ginnt die zweite Lesung -cs Reichshanshalts.

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Nach Vertagung der oberschlesische» Beschwerde« «nd einem Protest von Dr. Curtins gegen die Verhandlungen im Sicherheitsansschuß wurde die SS. Ratstagung abgeschlossen.

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Reichsantzenminister Cnrtins hatte Besprechungen mit Bri- and, Zaleski «nd dem italienischen Außenminister Grandi.

*

33 Ncgiernngen, darunter auch Deutschland, habe« bisher gegen die amerikanische Zollvorlage protestiert «nd scharfe Vorstellungen erhoben.

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Unter lebhafter Beteiligung wurde gestern in Stuttgart der erste mitteleuropäische Binncnschissahrtskongrcß eröffnet.

Das Aufwertungshypotheken-Gesetz

vom Reichskabinett verabschiedet.

TU. Berlin, 16. Mai. Der Entwurf eines Gesetzes über die Fälligkeit und Verzinsung der Anfwertnngshypothcke« ist vom Reichskabinett verabschiedet und dem Reichsrat «nd dem Reichswirtschaftsrat zngeleitet worden. Der Entwurf wird im Reichsanzeiger veröffentlicht werde«.

Aus dem besetzten Gebiet

Die Zeppelin- »nd Flugzeughalle i« Trier von der Besatzung »ersteigert.

TU. Trier, 16. Mai. Großes Aufsehen erregte es, als kürzlich die französische Besatzungsbehörde in Trier die Zep­pelinhall« in Trier und eine daneben stehende Flugzeughalle zur Versteigerung ausschrieb. Nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages müssen bekanntlich Anlagen, die nur militärischen Zwecke» gedient haben, nach Abzug der Be­satzung zerstört werden, falls sie nicht zu privatwirtschaftlichen Zwecken verwendet werben können. Die Zeppelinhalle ging zu einem Preis von 16 000 Franken (2500 Mark) in die Hände einer Alteisenfirma aus Mülhausen im Elsaß über. Es wurde nur ein Gebot abgegeben, auf das auch der Zu­schlag erfolgte. Die ebenfalls ausgebotene Flugzeughalle er­warb ein Kaufmann aus Metz nach einem ersten Gebot von 2000 Franken schließlich für 7800 Franken.

Das gesamte Material muß nach den Verstetgerungsbe- stimmungen bis zum 15. Juni abgebrochen sein, so daß nach diesem Zeitpunkt keine Ansprüche mehr an die französische Armeekasse zu stellen sind.

Do X rüstet zum Ozeanflug

TU. Friedrichshafe«, 16. Mat. Im Laufe des Sommers wirdOo X" den angekündigten Atlantikflug unter Berüh­rung der Azoren unternehmen. Die Wartezeit bis zum Ein­treffen der amerikanischen Motoren, die zur Zeit einge­baut werden, ist von den Dornierwerken dazu benutzt wor­den, mit dem Einbau der Inneneinrichtung des Flugschif­fes zu beginnen, die alle erdenklichen Reisevequemlichkeiten für 72 Fluggäste bieten soll. Der eingebauten Bar, die zu­gleich auch als Rauchsalon dient, schließen sich die übrigen Gesellschaftsräume und Aufenthaltsräume an, die durchweg mit bequeme» Klubsesseln ausgerüstet werden. Die im Hin­teren Teile des Rumpfes gelegenen Abteile n orden nach der Art -er amerikanischen Pullmannwagen so eingerichtet, daß sie mit wenigen Handgriffen für die Nacht in Schla' räume verwandelt werben können.

Der Bürgerkrieg in China

Vordringen der Nanking-Truppe«?

. TU. London, 16. Mai. In amtlichen Berichten der Nan­king-Regierung wird von großen Erfolgen der Regierung gesprochen, nördlich und südlich der Lunghai-Eisenbahn. Die Stadt Aucheng soll von Len Regierungstruppen eingenom­men worden sein. In Potschau sollen 10 000 Mann der Nordtruppen gefangen genommen und 7000 Gewehre er­beutet worden sein. DaS Hauptquartier des zweiten Nan- kinger Armeekorps wurde »ach Tangshan in der Provinz Kwangst verlegt. Die Berichte aus dem Hauptquartier der Nordarmee sprechen im Gegensatz hierzu nur von Vor­postengeplänkeln, behaupten aber gleichzeitig, daß eine Divi­sion Regierungstruppen in Tschengtschau zu der Nord­armee übergetreten sei und daß die den nördlichen Teil der Provinz Schantung verteidigenden Truppe» abgeschuttte« würde«.

Abschluß der Genfer Ratstagung

Unbefriedigende Ergebnisse für Deutschland

Vertagte Entscheidungen.

Genf, 16. Mai. Der Abschluß der Ratstagung deS Völkerbundes brachte auf der ganzen Linie ein für Deutsch­land ganz unbefriedigendes Ergebnis. Der Sicherheitsausschuß, in dem Deutschland .besonders aktiv mitgcarbeitet hat, hatte seine Verhandlungen bereits vor einigen Tagen ergebnislos abgeschlossen und die Rats­tagung konnte nur noch den entsprechenden Bericht zur Kenntnis nehmen. Die Beschwerden der deutschen Minder­heiten wurden bis zur nächsten Ratstagung im September zurückgestellt..

Der deutsche Außenminister Curtins erklärte, daß er sich mit der Verschiebung der Beschwerden auf die Septem­bertagung nur unter der Bedingung einverstanden erkläre, daß die Untersuchungen der polnischen Regierung nunmehr so schnell wie möglich und so vollständig wie möglich zum Abschluß geführt werden. Deutschland habe ein dringendes Interesse daran, das gesamte Material über diese Unter­suchungen vorgelegt zu bekommen. Die nächste Rats­tagung findet am 5. September statt, die Vollversammlung ist zum 10. September einberufen worden.

Briand bei Cnrtins.

Der französische Außenminister Briand sucht« gestern nachmittag Dr. Curtius zu einem Gegenbesuch aus. Zur Sprache kamen bei dieser Gelegenheit eine Reihe von techni­schen Einzelfragen hinsichtlich der Durchführung der Räu­mung. Insbesondere ist hierbei erörtert worden, in welchem Umfange die von Frankreich auf Grund des Versailler Ver­trages geforderten Zerstörungen i» der entmilitarisierten Zone, insbesondere hinsichtlich der Flugzeuganlagen, durch­geführt werden sollen. Ein praktisches Ergebnis ist jedoch iir dieser Besprechung nicht erzielt worben. Die Aussprache, die einen grundsätzlichen Charakter trug, betraf weiter die gro­ßen politischen Richtlinien der endgültigen Durchführung der llänmung. Man hat hierbei versucht, die zahllosen Detail- jragcn nach großen Gesichtspunkten zu gruppieren.

Ueber die Räumung, wie sie i« der Haager Abmachung znm 30. Juni festgelegt wurde, ist jedoch als solche nicht ge­sprochen worden, da man auf deutscher Seite die endgültige Räumung zu Ende Jnni als eine selbstverständliche, nicht wei­ter zu erörternde Frage ansieht. Der deutsche Botschafter in Paris ist beanstragt worden, über die weitere Festlegung der Einzelheiten der Ränmnng mit der französische« Regierung z« verhandeln.

Ferner hatte der Reichsaußenminister eine abschließende Besprechung mit dem polnischen Außenminister Zaleski. Dr. Curtius erkundigte sich nach Len innenpolitischen Ver­hältnissen, soweit sie die Sicherung der Ratifizierung des deutsch-polnische« Handelsvertrags betreffen. Der polnische Außenminister konnte sich zu dieser Frage nicht äußern, wies aber darauf hin, daß auch noch andere Bedenken gegen die derzeitige Ratifizierung des Handelsvertrags vorliegen. Dr. Curtius gab sodann dem polnischen Außenminister Aufschluß über die deutsche Zollgesetzgebung.

Anssprache C«rti«s-Grandi.

Ueber eine Aussprache, die Curtius mit dem italienischen Delegationsführer Grandi hatte, wird mitgeteilt, daß in die­ser Unterredung di« gesamten europäischen Probleme und insbesondere die grundsätzliche Haltung in der Völkerbunds­politik eingehend -wischen den beiden Außenministern er­örtert worden seien. Auf deutscher Seite gibt man der Be­friedigung über den Verlauf der sehr offenen Aussprache Aus­druck und hebt hervor, daß hierbei auch die großen gemein­samen Interessen zwischen Leu beiden Ländern festgestellt worden feien.

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Der Kontrollansschnß des Völkerbundes wird aufgelöst.

Der Völkerbundsrat hat auf Grund des Pariser Ostrepa­rationsabkommens und eines Schreibens der französischen Regierung beschlossen, den bisherigen Kontrollausschuß des Völkerbundes aufzulösen. Der Kontrollausschuß wird amt­lich sein« Tätigkeit mit dem Tage des Inkrafttretens dos Pariser Ostreparationsabkommens vom 88. April 1S30 ein­stellen.