SCHWÄBISCHES TAGBLATT
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NAGOLD, 31. AUGUST 1949
ÜBERPARTEILICHE HEIMATZEITUNG
5. JAHRGANG / NUMMER 103
Tito wünscht amerikanische Anleihe
Eine neue Sensation in dem Nervenkrieg um Jugoslawien / Truppenansammlungen in Mazedonien
WASHINGTON. Bei der Export-Importbank ist ein formelles Ersuchen der jugoslawischen Regierung um eine amerikanische Regierungsanleihe in Höhe von 25 Millionen Dollar eingegangen. Es ist das erste Mal, daß Marschall Tito sich wegen einer finanziellen Unterstützung direkt an die Vereinigten Staaten gewandt hat. Wie die Direktion der Bank mitteilt, wird die Entscheidung über das Belgrader Gesuch so schnell wie möglich gefällt werden. Die geheimen Vorverhandlungen hatte der jugoslawische Gesandte Kosanowitsch mit Staatssekretär Acheson direkt geführt.
Schon vor mehreren Monaten hatte Jugoslawien bei der Internationalen Weltbank um einen Kredit nachgesucht. Eine Kommission der Bank, die die Grundlagen für die Anleihen überprüfen soll, weilt bereits in Belgrad. Da sie aber erst im Oktober nach Washington zurückkehren wird, dürfte eine Kreditbewilligung kaum vor Anfang 1950 möglich sein. Da Tito aber offenbar an einer raschen finanziellen Unterstützung liegt, hat er sfch jetzt an die Export- und Importbank um Hilfe gewandt. Die gewünschte Anleihe soll zum Ankauf amerikanischer Geräte und Maschinen für Blei-, Kupfer- und Zinngruben in Jugoslawien dienen. Sie wird in Form von Lieferungen kriegswichtiger Metalle an die Vereinigten Staaten zurückgezahlt werden.
Nachdem vor wenigen Tagen bereits mitgeteilt worden war, daß die amerikanische Regierung Jugoslawien die Genehmigung zum Kauf eines Stahlwerkes in den Vereinigten Staaten erteilt habe, hat die Nachricht von dem Anleiheersuchen, dem zweifellos stattgegeben wird, noch viel sensationeller gewirkt, um so mehr, da zurzeit eine Flut von Meldungen über mögliche Vorgänge auf dem Balkan die Zeitungen der Welt füllt.
Die „Basler Nachrichten“ fragen deshalb in der Schlagzeile ihres Montagabendblattes: „Geht die sowjetisch-jugoslawische Spannung rasch dem Höhepunkt entgegen?“ Die Zeitung rückt aber von jeder Panikmache ab und meint, der Zeitpunkt, wo eine offene militärische Aktion Moskaus gegen Tito noch möglich gewesen wäre, sei schon vorbei. Tito be
finde sich nicht mehr ohne ausländischen Rückhalt und in seinem Lande selbst sei seine persönliche Stellung derart stark, daß er derzeit nicht gestürzt werden könnte. Die Zeitung befürchtet aber, daß Tito den für ihn immer unangenehmer werdenden albanischen Brückenkopf des Kominform eines Tages liquidieren könnte. Die „Gazette de Lausanne“ glaubt dagegen Anhaltspunkte für eine außenpolitische Neuorientierung des albanischen Diktators Hoxha erblicken zu können.
Die Pariser kommunistische Zeitung „Hu- manite“ behauptet, daß diese neue Episode im kalten Krieg, die mittels Radio und Presse durch die USA geführt werde, den Zweck verfolge, daß die sowjetische Regierung ihr ruhiges Blut verlieren solle. Der Londoner konservative „Daily Telegraph“ glaubt, der Kreml sehe sich vor die Notwendigkeit gestellt, auf alle Fälle irgend etwas gegen Tito zu unternehmen, während die „Times“ auf gewisse Parallelen in den Ereignissen in und um Ju
goslawien und den Vorgängen in Finnland hinweist. Sie meint, die Drohungen in beiden Fällen bewiesen die feste Entschlossenheit der Kommunisten, mit jeder Opposition in Osteuropa Schluß zu machen. In der Türkei glaubt man, daß die Kominformpläne auf einen Aufstand im jugoslawischen Mazedonien hinzielten. Marschall Tito habe dort deshalb gegenwärtig mehr als ein Dutzend Divisionen mit rund 150 000 Mann konzentriert.
Rebellen geschlagen
ATHEN. Der griechische Generalstab behauptet, daß die Regierungstruppen im Gram- mosgebirge einen vollständigen Sieg errungen hätten. Kaum 60 qkm Boden befänden sich noch in den Händen der Aufständischen, die sich unter Zurücklassung ihrer gesamten Vorräte und der schweren Waffen nach Albanien zurückzögen. Auch die höchste Spitze des Grammosmassives sei von den Regierungstruppen erstürmt worden.
Todesurteile in Prag
Angeblicher Umsturzversuch 1 Vorwürfe Gottwalds gegen die Kirche
PRAG. Die amtliche tschechoslowakische Nachrichtenagentur berichtete am Dienstagfrüh, der Regierung sei es gelungen, im letzten Augenblick eine Verschwörergruppe auszuheben, die in Verbindung mit tschechoslowakischen Staatsangehörigen im Exil und im Auftrag einer gewissen westlichen imperialistischen Macht den Sturz des volksdemokratischen Regimes vorbereitet habe. Sechs der angeblichen Hochverräter wurden zum Tode, zehn zu lebenslänglichem Gefängnis und weitere zu geringeren Strafen verurteilt.'
Damit ist im Laufe von vier Tagen zum zweitenmal offiziell von einem Umsturzversuch gesprochen worden. Am Samstag war bekanntgegeben worden, der Volksgerichtshof in Melnik habe neun Personen des Hochverrats überführt und zu lebenslänglichem Gefängnis bzw. zu Freiheitsstrafen von 4 bis 25 Jahren verurteilt.
Grundsätze der Weltwirtschaft
Truman fordert'Erleichterungen für den Warenaustausch
PHILADELPHIA. In einer Rede vor dem amerikanischen Frontkämpferverband stellte am Montag Präsident Truman für die Weltwirtschaft vier demokratische Grundsätze auf. Die Weltwirtschaftspolitik dürfe sich nicht ■ in die inneren Verhältnisse anderer Staaten ein- mischen. Er werde diesen Grundsatz auch bei den gegenwärtigen Finanzbesprechungen mit Großbritannien anwenden. Das zweite sei die Erkenntnis, daß eine gesunde und sich ausdehnende Weltwirtschaft wesentlich für die Erhaltung des Weltfriedens sei. Die Vereinigten Staaten versuchten deshalb, den internationalen Warenaustausch und die Hilfeleistungen der Völker untereinander gleichfalls zu erleichtern. Die Vereinigten Staaten, so erklärte der Präsident, „treten nach wie vor für den
Lüdemann zurückgetreten
Für Stimmverluste verantwortlich gemacht
KIEL. Der sozialdemokratische Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Hermann Lüdemann, ist zurückgetreten. Seine Demissionserklärung wurde in der Montagssitzung des Landtags durch den Präsidenten des Hauses verlesen. Zu seinem Nachfolger wurde vom Plenum der ebenfalls der SPD angehörende bisherige stellvertretende Ministerpräsident ur >d Landwirtschaftsminister Bruno Diekmann gewählt. Dieser hat bereits ein neues Kabinett zusammengestellt. Innenminister Käber behält seinen Posten und wird gleichartig. stellvertretender Ministerpräsident. Sozialminister Damm und Justizminister Dr. K a t z bleiben ebenfalls in ihrem Amt. Finanz- minister wurde der bisherige Leiter der Bibliothek des Weltwirtschaftsinstituts Dr. G ü 1 - lieh, Volksbildungsminister der bisherige ’büdrat des Kreises Stormarn, Siegel, Wirtschaft.?- und Arbeitsminister Prof. Dr. P r e 1 - j er - Ministerpräsident Diekmann wird das Landwirtschaftsministerium weiterführen, t ?, lne - Denameldung zufolge soll der Rück- iritt Lüdemanns auf einen Beschluß des Lan- nesbezirksvorstandes der sozialdemokratischen zmrtei Schleswig-Holsteins zurückzuführen 5®®- Lüdeman soll in Kreisen seiner eigenen ^artei vorgeworfen werden, er sei für die stimmverluste der SPD in Schleswig-Holstein e i den Bundestagswahlen verantwortlich.
Revolution in Bolivien
PAZ. Seit vier Tagen halten rechtsradi- .... ® Aufständische die drei größten Provinz- Pnt • Boliviens, Cochambamba, Santa Cruz und otos, besetzt. Am Dienstag wurde die Gene- mmobilmachung bekanntgegeben.
Abschluß von Verträgen über die Beseitigung der Schranken ein, die den internationalen Handel behindern.“ Alle Bestrebungen müßten auf die Schaffung weltweiter Wirtschaftsbeziehungen abzielen.
Der außenpolitische und der Wehrausschuß des amerikanischen Senats haben am Montag das Watfenhilfeprogramm in der vollen Höhe von 1,45 Milliarden Dollar gebilligt.
Vor etwa 100 000 Soldaten, Angehörigen der Arbeitsmiliz und Zivilisten beschuldigte am Montag Staatspräsident Gottwald die römisch-katholische Hierarchie „trügerische Propaganda zu betreiben, um die Erfolge der volksdemokratischen Regierung zunichte zu machen“. Die Bischöfe bezichtigten, so behauptete er, fälschlicherweise die Regierung, die Kirche zu verfolgen. Tatsächlich aber versuchten sie, die Verbindung der Tschechoslowakei mit der Sowjetunion zu sprengen.
Druck auf Albanien
Oberhaupt der Orthodoxen Kirche abgesetzt
TIRANA. Die Heilige Synode Albaniens hat in einer außerordentlichen Sitzung die Absetzung des Oberhauptes der Orthodoxen Kirche, des Erzbischofs Kissj, beschlössen. Es wurde ihm vorgeworfen, er habe während der Besetzung Albaniens durch die Italiener seine Kirche der Kontrolle des Vatikans unterstellt. Die kommunistische Regierung hatte bereits seit längerer Zeit vergeblich einen Druck auf Kissi ausgeübt, um ihn zur Wiedervereinigung seiner Kirche mit dem Moskaueis. Patriarchat zu zwingen.
Das Organ des Vatikans „L’Osservatore Romano“ schreibt, die albanische Kirche sei niemals dem Heiligen Stuhl unterstanden. Sie sei immer als ein verhältnismäßig unabhängiger Zweig der Orthodoxen Kirche angesehen worden. Wenn jetzt eine Reorganisation und Neuorientierung angekündigt worden sei, so sei das Erklärung genug für das, was die kommunistische Regierung im Sinne habe.
„Vereinbarung zur Verhinderung“
Ministerpräsident Dr. Reinhold Maier zum Wohleb-Entwurf
th. STUTTGART. Der württembergisch- badische Ministerrat hat sich am Montag u. a. mit dem Freiburger Vorschlag für eine „Vereinbarung über die Neugliederung im südwestdeutschen Bereich befaßt.
Ministerpräsident Dr. Maier erklärte, daß Wohieb den 14. September als Termin für eine Zusammenkunft der drei Länderchefs (im Gasthof „Hundseck“ an der Schwarzwaldhochstraße) vorgeschlagen habe, doch scheint es nach den Aeußerungen Dr. Maiers kaum wahrscheinlich, daß dieser Zeitpunkt eingehalten werden kann. Auch der von Wohieb für die mutmaßliche Volksabstimmung genannte Termin, Ende Oktober, bezeichnete Dr. Maier als „sehr kurzfristig“.
Zu dem badischen Entwurf selbst sagte Dr. Maier, daß er eine „Vereinbarung“ vorschlage,
die den Südweststaat verhindern solle. Die Regierungen in Tübingen und in Stuttgart hätten jedoch eine „Vereinbarung“ im Auge, die auf die Bildung des Südweststaates hinziele. ’
Dr. Maier nahm auch zu der Aeußerung Wohiebs Stellung, er, Maier, habe sich in einer Konstanzer Wahlrede erstmals für die Abhaltung einer Volksabstimmung mit getrennter Auszählung in Württemberg und Baden ■ ausgesprochen und durch dieses „Entgegenkommen“ erst die Unterbreitung eines badischen Vorschlags ermöglicht. Dr. Maier widerlegte diese Feststellung Wohiebs mit dem Hinweis, daß schon auf der Bühler Konferenz im Herbst 1948 vereinbart worden sei, die Auswertung der Stimmen in den beiden alten Ländern getrennt vorzunehmen.
Eine Kampfansage ?
16-Punkte-Programm der SPD
BAD DÜRKHEIM. Der Parteivorstand der SPD billigte nach zweitägiger Sitzung am Dienstag einstimmig ein 16 Punkte umfassendes „Aktionsprogramm“ und erklärte gleichzeitig, daß die Partei jede andere Politik „mit Entschiedenheit“ bekämpfen werde.
In dem Vorwort zu den 16 Forderungen wird erklärt, das Ergebnis der Bundestagswahl habe die Gefahr heraufbeschworen, daß die bisherige Wirtschaftspolitik fortgeführt, die deutsche Arbeitskraft ruiniert und die Spannungen zwischen den Klassen so gesteigert würden, daß die staatsbildenden Kräfte gelähmt und die deutsche Demokratie zerstört werde.
Gefordert wird Ueberwindung der Arbeitslosigkeit durch eine Politik der Vollbeschäftigung, Planung und Lenkung der Kredite sowie Rohstoffe, ein sozialer Lastenausgleich, sozialer Wohnungsbau, zentrale Maßnahmen
für wirtschaftliche und gesellschaftliche Seß- haftmachung der Vertriebenen und Kriegsbeschädigten sowie Neuregelung der Sozialversicherung, ferner Mitbestimmungsrecht der Arbeiter in den Betrieben, Sozialisierung der Grund- und Schlüsselindustrien, Beschränkung der alliierten Einwirkung auf bestimmte Kon- trollmaßnahmen, Aenderung des Ruhrstatuts und Abwehr der Demontage deutscher Friedensindustrien.
Haltung festgelegt
LONDON. Am Montag ist in der angekündigten Sitzung des britischen Kabinetts die Haltung der Minister Bevin und Cripps auf der Washingtoner Finanzkonferenz festgelegt worden. Eine 15 Seiten lange Denkschrift, die von Sachverständigen des Schatzamtes, des Handels- und des Außenministeriums ausgearbeitet worden ist, diente als Grundlage der Beratungen.
Zu wenig Land
Von Professor Werner Peiser, Rom
Italien ist das Land der merkwürdigen Wi- dersjjrüche. Wer Jakob Burckhardt’s Wort zitiert, Italien sei der Garten Europas, hat gewiß recht. Und wer darauf hinweist, daß Millionen von Menschen ein nichts weniger als paradiesisches Leben in diesem Garten führen, hat nicht weniger recht. Sicherlich haben die Kommunisten aus manchen Streiks der Nachkriegsperiode politischen Nutzen gezogen, sicherlich manche dieser Streiks inspiriert und gefördert. Dennoch hieße es die wahre soziale Situation Italiens verkennen, wollte man nicht zugeben, daß viele Streikbewegungen, namentlich die der Landarbeiter, auf rein ökonomischen Ursachen beruhten, und die Art und Weise, in der die gewiß nicht links-radikal eingestellte Regierung De Gasperi’s die Verhandlungen mit den Vertretern der streikenden Arbeiter führte, zeigt, daß man in der Regierung Verständnis für die kritische Situation breiter Massen der italienischen Arbeiterschaft hat.
Ein weiterer Widerspruch liegt in der Tatsache, daß Italien eines der am dichtesten bevölkerten Länder Europas ist, während der für den einzelnen Einwohner verfügbare Raum mit am geringsten ist. Beides hat sich vermindert: die Geburtenziffer und die Sterblichkeit. Der jährliche Geburtsüberschuß vor dem Kriege betrug 400 000, etwa der Einwohnerzahl einer normalen italienischen Provinz gleichend, ohne daß das Territorium auch nur um einen Quadratmeter wuchs. Die Niederlage im Weltkrieg hat zudem Italien seine Kolonien gekostet, und wenn man auch annehmen darf, daß die Bemühungen des Außenministers Graf Sforza eines Tages — aller- frühestens im Herbst — von einem gewissen Erfolg gekrönt •Ifein werden, so ist doch mit einer wesentlichen Entspannung der Lage durch eine neue Kolonialpolitik nicht zu rechnen.
Es ist ein erheblicher Unterschied, von welchem Gesichtspunkt aus man Italien betrachtet: der schönheitssuchende Reisende sieht die blühende Toskana, die Märcheninsel Capri, die Naturwunder Siziliens. Der Volkswirtschaftler aber hat einen anderen Ausgangspunkt: er untersucht die natürlichen und sozialen Ursachen, die die italienische Landwirtschaft hindern, größere Erträge zu produzieren. Der Boden Italiens besteht zu vier Fünfteln aus Hügeln und Bergen, nur zu einem Fünftel aus Ebenen, die vielfach ungesund sind und der richtigen Bewässerung entbehren. Die Propaganda des Faschismus, die mit ungeheurem Lärm auf die Urbarmachung bisher unergiebiger Gegenden hinwies, war zum großen Teil Bluff. In vielen Gegenden Italiens ist die soziale Organisation noch im Rückstand, das Land wird ungleichmäßig und extensiv ausgenutzt, und so ist der Schrei nach einer Landreform laut und lauter geworden, wobei festzustellen ist, daß diese Forderung objektiv berechtigt ist und ganz gewiß nichts mit Propaganda zu tun hat. Ein paar Ziffern (nach einem Aufsatz von Mario Gianturco über Auswanderungsprobleme) mögen diese These beweisen:
Zwischen 1838 und 1938 hat sich die Bevölkerung Italiens verdoppelt. Im . letzten Jahr lebten 139 Menschen auf einem Quadratkilometer. Bedenkt man die Bedeutung, die die Landwirtschaft für das Leben nahezu jeden Italieners besitzt (das subjektive Element) und ferner den bergigen Charakter des Landes (das objektive Element), so versteht man die Größe des Problems. Um eine weitere Ziffer anzugeben: im Jahr 1876 standen für jeden einzelnen Italiener 1,15 Hektar Land zur Verfügung, während sich die Quantität 70 Jahre später um ein Drittel vermindert hatte. Das bedeutet — man lernt am besten aus Vergleichen —, daß jeder Italiener über die Hälfte des Bodens verfügt, die auf den Franzosen entfällt, und über weniger als Vs, die jedem Einwohner der Vereinigten Staaten dienstbar ist. Bedenkt man, daß bei gleichbleibendem Bevölkerungszuwachs ohne die Katastrophe eines neuen Krieges die Bevölkerung Italiens 1952 47 Millionen gegenüber einer Bevölkerung Frankreichs von 40 Millionen zählen wird, so sieht man die Schwere des Problems.
Der Reformentwurf der italienischen Regierung geht von der natürlichen Erwägung aus, den 7760 Großgrundbesitzern einen Teil ihres Besitzes zu nehmen und unter die besitzlosen Landarbeiter zu verteilen. Nach dem Reformentwurf sollen diese Eigentümer gegen Entschädigung etwa 40 Prozent ihres Landes abtreten. Hundert Großeigentümer werden die Hälfte abzugeben haben. Heute besitzen drei Fünftel der italienischen Bauern nicht einen Quadratmeter eigenen Landes, und Millionen von Landarbeitern sind in keiner besseren Lage als Tagelöhner, die vielfach 150 Tage lang ein Einkommen haben, ohne zu wissen, wovon sie den Rest des Jahres leben sollen. Es gibt heute kaum jemanden in Italien, er mag politisch stehen, wo er will, der die Tatsache gerechtfertigt findet, daß mehr als 40 Prozent des besten Bode 11 *