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Mit den illustrierten Unterhaltungsbeilagen „Feierstunden" und „Unsere Heimat"
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verbreitetste Zeitung im O.A.-öezirk Nagold
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KeuVvWamlsvVirkLasow
Mit der landwirtschaftlichen Wochenbeilage
„Haus-, Garten- und Landwirtschaft"
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Nr. 239
Gegründet 1826
Mittwoch, den 13. Oktober 1926
Fernsprecher Nr. 29
100. Jahrgang
Sind wir noch in Deutschland oder ...?
BWZLLsE^ ^Aufsehenerregende Aussagen im Feme-Ausschuß
Stürmische Austritte im preuWeu Landtag
Berlin, 12. Okt. Im preußischen Landtag wurde gestern die Gssetzesvorlage über den Vergleich mit dem Hohenzollernhaus beraten. Die kommunistische Fraktion verursachte anhaltend einen solchen Lärm, daß die Verhandlungen mehrfach unterbrochen werden mußten. Ein Kommunist warf über einen deutschnationalen Abgeordneten ein Glas Wasser hinunter. Schließlich konnte unter tosendem Lärm noch beschlossen werden, die Vorlage an den Finanzausschuß zu überweisen. Der Finanzausschuß nahm daraus die Vorlage mit 18 bürgerlichen gegen 3 kommunistische Stimmen an, die 8 Sozialdemokraten enthielten sich der Stimme. In der heutigen Sitzung wurde die Beratung fortgesetzt Mehrere Redner konnten aber unter dem Lärm der Kommunisten nichr zu Work kommen. Der Abgeordnete Kellermann warf ein schweres Drucksachenpaket über die Sitze der Reichsparteien. Die Tribünen- stesucher die größtenteils Kommunisten waren, verstärkten den Lärm, und der Landtag-Präsident Var tel war lange nicht in der Lage, sich Erhör zu verschaffen. Die Ruse der bürgerlichen Parteien „Hinaus mit ihnen", wurden von den Tribünen mit „Hier bleiben" erwidert. Der Präsident sorderie den Abg. Ackermann vergeblich zum Verlassen des Saals auf und and den Auftrag, die Zuhörertribünen zu räumen. Die dort befindlichen Kommunisten kehrten sich indessen nicht daran, sondern hielten Reden an den Landtag. Der Abg. Kasper steigt auf die Rednertribüne und wirft wiederum ein Glas Wasser gegen die Reihen der Rechten. Er bemächtigte sich der Präsidentenglocke und eines Tintenfasses, um dies ebenfalls unter die Abgeordneten zu werfen. Endlich werden die Tribünenbesucher mit Gewalt verdräng! und mit Hochrufen auschie Weltrevolution und Schmährufen auf die Hohenzollern ver-
Abba« der italienischen Industrie
Rom, 12. Okt. Der Faszismus, der in erster Linie mit Hilfe der von den Industriellen zur Verfügung gestellten Mit. teln zur Macht gelangt ist, droht der Industrie eine herbe Enttäuschung zu bereiten. Mussolini hak nämlich den Entschluß gefaßt, die italienische Wirtschaft auf Kosten der Inflationsindustrie auf ein« festere Grundlage zu stellen. Mährend bisher industriellen Unternehmungen, wenn es irgendwie möglich war, über Krisen hinweggeholfen wurde und aus sozialen Rücksichten auch schlecht rentierende oder mit Verlust arbeitende Fabriken mit künstlichen Mitteln am Leben erhalten wurden, hat sich nun die Regierung zu einer rücksichtslosen Säuberung entschlossen. Der Äbbau der Inflationsindustrie ist für Italien Vorbedingung der wirtschaftlichen Gesundung. Höchstens die unmitteivar Geschädigten werden widersprechen. Eine andere Frage aber ist die, öS der Eingriff nicht zu spät erfolgt.
Die Regierung hat sich zur Ä e f l a t i o n s p o l i t i k entschlossen, weil sie das Wagnis der Rückkehr zur Goldwährung nicht unternehmen wollte. Das Ziel war nur um den Preis des Abbaus der kredithungrigen Industrie zu verfolgen. Die Regierung erteilte daher der Banca d Italia Weisung, die Vorschüsse und Diskontierungen tunlichst ein»
lassen sie den Saal. Die kommuniftftcyen Avgeoroneien zünden sich Zigarren und Zigaretten an. Die Sitzung wird auf 15 Minuten unterbrochen. Der Präsident läßt Polizei herbeiholen.
Die Erklärung des Majors a. D. Buchrucker Berlin, 12. Okt. Im Femeausschuß des preußischen Landtags vom 30. 9. gab der wegen des bekannten Cottbuser Putsches zu 10 Jahren Festungshaft verurteilte Major a. D. Buchrucker eine Erklärung ab, die großes Aufsehen erregte. Diese Aussage ist in ihrem wesentlichen Teil nunmehr veröffentlicht worden und lautet: „Zu meinem Bedauern darf ich über die Vorgänge des Jahrs 1923 nicht eingehend aussagen, mich hindert erstens ein Schweigegebot des außerordentlichen Gerichts in Cottbus, zweitens meine Verpflichtung der Reichswehr gegenüber. Wenn diese Bedingungen beseitigt sind, dann werde ich nur in öffentlicher Sitzung aussagen. In meinem Prozeß habe ich die Verantwortung für alles auf mich genommen und diese Rolle bis heute beibehalten. Ich habe aber inzwischen erfahren, daß einige beteiligte Offiziere und der Reichswehr- minister es damit nicht genug sein ließen, sondern mich unter Bezug auf die geheime Gerichtsverhandlung mit ehrenrührigen Vorwürfen bedacht haben, ohne mich zu hören. Ich war bereit, mir den Kopf abschlagen zu lassen, ich bin nicht bereit, mir die Ehre abschneiden zu lassen. Ich habe gegen meine Beleidiger, soweit sie nicht durch den 8 193 des Reichsstrafgesetzbuchs geschützt sind, Beleidigungsklagen und gegen den Obersten von Bock außerdem eine Anzeige wegen Meineids bzw. wissentlich falscher dienstlicher Meldung erstatten müssen. Ich hoffe, ferner, durch einen in Vorbereitung befindlichen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens eine Klarstellung meiner Handlungsweise zu erreichen."
zuschränken. Der folgende Kurssturz auf dem 2wNsmna»M war verzweifelte Notwehr der bedrohten Industrie, d Schlimmeres zu verhüten, hat die Regierung den Druck ei^ weilen etwas mildern müssen. Der maßgebende .Lavvrv -'Italia', das Organ der faszistischen Syndikate, tröstet stcK mit der günstigen Lage der Staatsfinanzen, die es gestattöN würde, Arbeitslosenunterstützungen auszuzcdist len. Ferner verspricht sich das Blatt soziale und Wirtschaft» liche Vorteile von der zwangsläufigen Rückwanderung in» ungelernten Industriearbeiter zur Landwirtschaft. Diese B» ^cündung^beleuchtet das Bekenntnis der Machchaber ,»»
Poincare in Elsaß-Lothringen Paris, 12. Okt. Der Reise Poincares nach Lothringen wird in Len Blättern große Bedeutung bei. gemessen. In Elsaß-Lothringen erwarte man die Lösung der Frage des deutschen Sprachunterrichts in den Schule» und der Frage der gegen die Anhänger der Heimatbewegung ergriffenen Strastnaßnahmen. Obwohl man amtlich über die Absichten Poincares, der bereits in Metz eingetroffen W Stillschweigen bewahrt, wenden sich die Blätter gegen A»° aeständnisse. Es verlautet, Poincare werde die Elementarschulen des „deutschen Gebiets" besuchen.
Tagesfpiegel
Die RheinlaudkommWsn hat dem Reichskommissar in Koblenz mikgckeilk. Laß die „Ordonnanzen" geändert werden sollen. Ein diesbezüglicher Plan werde dem Reichs- kommisfar zur Aeußerung zugefkekt.
Aus einer Zusammenkunft der Vertreter der englischen Arbeiterpartei wurde der Vorschlag eines Zusammenarbeiiens mit der kommunistischen Partei von den Vertretern von 2 7V8SS0 Stimmen gegen die Vertreter von 349 006 Stimmen adgelehnt.
Die tschechische Regierung ist zurückgelreten.
Der polnische Außenminister Zaleski soll für Verständi- MMLsvechandlungen mit Sowjetrußlau- im Sinn eines Richkimgrisssverleags sSicherheilsverkrags) einkrelen. Gleichzeitig findet ein Meinungsaustausch mit den Randstaaken Estland, Livland und Finnland statt.
Deutschlands Kolomalanspruch und Italien
Kein Zweifel: Wir stehen an weltpolitischer Wende. Neue ganz große Mächtegruppen suchen sich tastend überall herauszubilden. Das trifft für den nördlichen wie den südlichen Osten Europas so gut zu wie für den Fernen Osten und die ibero-amerikanische Gemeinschaft. So ist acht Jahre nach dem Weltkrieg, von dem an spätere Geschlechter vielleicht einmal den Anbruch eines neuen Zeitalters messen werden, ein neuer Abschnitt der Weltteilung und Verteilung angebrochen. Notwendig steht sie im Zeichen größter Spannung; gleichzeitig wird sie trotzdem durch einen neuen Geist der Verständigungsbereitschaft erhellt. Dieser wiederum rst^bedingt durch die immer umfassendere Fragenstellung und deren wirtschaftliche und kulturelle Befruchtung, die 'insgesamt Len Gradmesser für die Entwicklung unserer Erde darstellen.
Es ist ein Zeitpunkt erreicht, wo es mehr als je zuvor gilt, das eigene Gewicht in die Wagschale zu werfen, um das Mögliche zu erreichen. Kein Land ist in den letzten Jahren nach unbestreitbarer Festigung im Innern nach außen aktiver gewesen als I t a l i e n u n t e r M u s s o l i n i. Der Bruder des Duxe sagte einmal einem spanischen Ausfrager, daß die italienischen Auswanderer nach Südamerika dem Mutterland immer mehr verloren gehen (Nordamerika beschneidet die Einwanderungszahl), und daß darum Italien Kolonien haben müsse, in denen sein Volkstum erhalten bleibe. Er nannte Tunis, Tripolis und Albanien; Syrien sei such noch da, und Smyrna und Adalia. Man mag über eine solche Fülle von Plänen staunen, aber lächeln wäre verkehrt. Es istHunger nach Neuland, und Mussolinis Bruder sagt nur, was der „Duce" im großen tut, wenn er auch noch nicht jedes der genannten Ziele in Angriff genommen hat. Mussolini will ja auch gar nicht alles durchführen, versteht es aber meisterhaft, von den vielen Eisen im Feuer jeweils eines zu schmieden. Kein Zweifel, daß Mussolini die Zeichen der Zeit erkannt hat und danach handelt. Ebenso zweifellos freilich, daß durch ihn die europäische Politik in höchstem Maß beunruhigt wird. Deutschland hat von jeher Italiens berechtigte Ansprüche aus kolonialem Gebiet anerkannt: wenn wir heute den Augenblick des Eingreifens für gekommen erachten und seine außerordentliche Dringlichkeit betonen, so stehen wichtige Interessen auf dem Spiel, so treibt uns das Ziel zukünftiger Weltgeltung, auf die wir Anspruch erheben.
Kürzlich wurde gemeldet, daß Italien die Machtverteilung im Mittelmeer achten werde, wenn Frankreich ihm Zugeständnisse in Abessinien, Tunis, Algier und Marokko machen würde. Dann werde Italien auch den Auswirkungen der Unterredung von Thoiry beipflichten. Kein Abkommen ist in Livorno getroffen, noch ein neues entworfen worden, sagte Chamberlain den Journalisten. Dennoch zieht sich wie ein roter Faden die Hand der englischen Politik durch alle Handlungen Italiens seit dem Höhepunkt der deutsch-französischen Nachkriegs-Auseinandersetzung. Italien habe mit England ein Abkommen über seine Ansiedler in Palästina und Ostasrika getroffen, hat sicherlich nur durch Englands Vermittlung bei der ägyptischen Regierung die Grenzregelung in Libyen durchgesetzt, die ihm die strategisch und wirtschaftlich wichtige Oase von Dscharabub gab, hat erreicht, daß seine Stimme bei der Entscheidung über Tanger ^hört wird, und schließlich mit Hilfe des englischen Kabinetts Frankreichs Widerstand in Abessinien überwunden. Die Bahn, die das italienische Somaliland, an dessen Südwestgrenze England das Land am Judaskuß abtrat, mit der italienischen Kolonie Eritrea verbinden soll, wird gebaut, während England seine Interessen am Tanasee und Blauen Nil verfolgen kann. Nun verlautet, daß Verhandlungen über die Abtretung der portugiesischen Kolonie Angola, die im Norden an das frühere Deutsch-Südwest stößt, vor dem Abschluß stehen. Der Kaufpreis betrage eine Milliarde Lire. Die Meldung wird bestritten, unser Mißtrauen aber ist geweckt.
Angola gehört Portugal. Muß denn Mussolini jeder, aber auch jeder deutschen Andeutung auf kolonial-politischem Gebiet entgegentreten? Der Weg nach Portugal führt über London. Dort wurde vor nickt allzulanaer Zeit ein Ver-
suchsballon ausgelassen, wie es denn wäre, wenn Deutschlands Wirtschaft sich in Angola betätigte. Die portugiesische Presse schäumte. Dabei war weder von deutscher noch von englischer Seite jemals beabsichtigt, die Hoheit der portugiesischen Regierung anzutasten. In Würdigung der Schwierigkeiten, die sich der Erwerbung neuen deutschen Kolonialbesitzes und ihrer wirtschaftlichen Inbetriebnahme vorläufig noch in den Weg stellten, war die Beteiligung an Gesellschaften ins Auge gefaßt worden. Es ist bekannt, daß amerikanische Kreise seit langem mit diesem Gedanken vertraut sind. Handel und Wandel der portugiesischen Kolonie würden nach langem Stillstand wieder aufblühen. Ersatzansprüche Portugals an Deutschland aus der Kriegszeit in Südwest könnten geregelt werden.
Schüchtern haben wir unsere kolonialen Ansprüche in den Noten angedeutet, die unserem Eintritt in den Völkerbund voraufgingen. Wir haben in Locarno die dringenderen Fragen vorangestellt. In Thoiry aber ist auch dieser Stein ins Rollen gebracht worden, was sofort die englische Gegnerschaft hervorrief. Zustimmende belgische und amerikanische Stimmen liegen neuerdings vor. Hat England wirklich sich einmal bereit erklärt, der Rückgabe Togos und Kameruns noch in diesem Jahr zuzustimmen? England ist nicht nur reich an Land, es besitzt auch Einfluß; niemals bisher ist seine Politik so einseitig gewesen, sich völlig mit einer Macht zu verkette". Km Verhandlungsweg ließe sich vielleicht eine Lösung sinden.
Welle« Sie Msere Zeitung!
Neuestes vom Tage
General Heyes AmSanMtt
Berk». 12. Okt. Der neuernannle Chef der Heeresleitung dürste sein Amt gegen Ende Oktober antreten. General Heye war auf einer Urlaubsreife, als er die Nachricht von seiner Ernennung erhielt.
Ein neuer persischer Thronamvärter London, 12. Okt. „Times" berichtet aus Basrah, der aufständische Kajar-Fürst Abdul Fach Dirza bei Kermand- schcch habe einige Truppenabteilungen des regierenden «chahs geschlagen und nähere sich der genannten Stadt. Der Fürst beansprucht den persischen Thron und hat den Aufstand in Persisch-Kurdistan vor etwa 2 Monaten begonnen. (Der Aufstand ist nach persischer Behauptung von England angestiftet und unterstützt.)
Amerika und die Reichsbahn sckMidverschreibuugeu Washington, 12. Okt- Die amerikanische Regierung hat nach der U.P. ihre Zustimmung .zur Verwertung der deutschen Reichsbahnschuldverschreibungen etwa in Höhe von zwei Milliarden Eoldmark gegeben unter der Voraussetzung, daß Frankreich das Schuldenabkommen mit Amerika bestätigt. Di« amerikanische Regierung würde es gern sehen, wenn das besetzte Gebiet so bald als möglich geräumt würde. (Der französische Kriegsteilnehmerbund hat sich gegen die Bestätigung erklärt.)