MONTAG, 37. JUNI 1949 ÜBERPARTEILICHE ZEITUNG FÜR WÜRTTEMBERG UND HOHENZOLLERN 5. JAHRGANG / NUMMER 75
SCHWÄBISCHEM
TAGBLYIT
Ein Prager Hirtenbrief
PRAG. In einem am Sonntag in allen Kir- dien Prags und des Landes verlesenen Hirtenbrief fordern die tschechoslowakischen Bischöfe die Katholiken auf, in ihrer „historischen Prüfung“ standhaft zu bleiben. Sie müßten darauf vorbereitet sein, nötigenfalls den Weg der Märtyrer des christlichen Glaubens zu gehen. Der Hirtenbrief erwähnt die gegen die Kirche zu erwartende „direkte Aktion“.
Eine amtliche Mitteilung der tschechoslowakischen Regierung teilt nun ebenfalls die Polizeiaktion gegen die katholische Kirche in der Slowakei mit. Gleichzeitig droht die kommunistische Regierung mit einer Reinigungsaktion gegenüber „Reaktionären“ in den tschechoslowakischen Schulen. Alle Lehrer und Schüler, die dem kommunistischen Programm nicht bei- pffichten, werden mit der Entfernung vom Amt bzw. der Lehranstalt bedroht.
Der tschechoslowakische Justizminister beschuldigte Erzbischof B e r a n der Verbreitung lügnerischer Berichte und des Versuchs, den ruhigen Aufbau des Staates zu untergraben. Der Vatikan wolle die katholische Kirche in der Tschechoslowakei zur Grundlage des Wider- Standes gegen den Sozialismus machen.
Ende des Berliner Eisenbahnerstreiks
Eine Anweisung der westlichen Kommandanten / Streikende setzten ihre Forderungen durch
BERLIN. Am Samstagabend haben die Kommandanten der Berliner Westsektoren die streikenden Berliner Eisenbahner aufgefordert, die Arbeit wieder aufzunehmen. Es wurde ihnen ihre volle Löhnung in Westmark zugesichert, und zwar werden sie 60 Prozent der Lohnzahlungen durch die sowjetisch-kontrol- lierte Berliner Eisenbahndirektion und 40 Prozent durch den Berliner Magistrat erhalten. Diese Abmachung gilt zunächst für drei Monate. Nach fünfstündiger Beratung haben der Vorstand der Eisenbahnergewerkschaft und die Bundesleitung der Unabhängigen Gewerkschaftsopposition (UGO) der Abmachung zugestimmt und beschlossen, die Arbeit am Dienstag wieder aufzunehmen.
Die 14 000 Arbeiter haben durch den Streik also ihre Forderungen vollständig durchgesetzt. Die Kommandanten sind zu ihrer Stellungnahme dadurch veranlaßt worden, daß durch den Streik die Wirtschaft Berlins und Deutschlands stark beeinträchtigt worden ist und eine Fortsetzung des Streiks nicht mehr länger gerechtfertigt wäre. Die Kommandan-
Regierung muß sich aus der Presse informieren
Alliierter Kontrollrat für Oester reich billigt das Wahlgesetz
WIEN. Der Alliierte Kontrollrat für Oesterreich hat das österreichische Wahlgesetz für die im Oktober stattfindenden Nationalratswahlen gebilligt. Er besteht jedoch auf seinem Recht, die Bildung neuer politischer Parteien zu kontrollieren. Da sich der Rat aber auch nach einer fünfstündigen Debatte nicht über ein gemeinsames Schreiben an die österreichische Regierung einigen konnte, wurde beschlossen, die Regierung nur von- der Billigung des Wahlgesetzes zu unterrichten. Die österreichische Regierung muß sich also aus der Presse darüber informieret», daß das Gesetz keine früheren Beschlüsse des Alliierten Kontrollrates umstößt, zu denen eben auch die Kontrolle über die Bildung neuer Parteien gehört. Dabei ist in dem Wahlgesetz vorgesehen, daß jede Gruppe von mehr als hundert Personen eine politische Partei bilden kann. Bisher haben verschiedene „unabhängige“ Parteien den Kontrollrat erfolglos um die Anerkennung ersucht.
Die Russen traten für die uneingeschränkte Billigung des Gesetzes ein in der Erwartung, daß die bisherigen Parteien durch zahlreiche neue Parteien Verluste erleiden würden, von denen dann die Kommunisten zu profitieren hofften. Der sowjetische Generalleutnant Swi- r i d o w beschuldigte seinen französischen und amerikanischen Kollegen des Versuchs, die politische Beteiligung in Oesterreich auf drei Parteien zu beschränken. Der amerikanische Generalleutnant K e y e s wies diese Anschuldigung mit der Bemerkung zurück, daß Oesterreich immer noch zwei Parteien mehr habe,
Huesnim Zaim syrischer Präsident
DAMASKUS. Gestern wurde Oberst Huesnim Zaim für die Dauer von sieben Jahren zum Präsidenten der Republik Syrien gewählt. Der neue Präsident beauftragte noch im Laufe des Tages den syrischen Gesandten in Kairo, Mushein B a r a z i, mit der Bildung der neuen Regierung. Der Oberst vertritt fortschrittliche Ansichten und ist der erste syrische Politiker, der seine Gattin auf eine gesellschaftliche Veranstaltung führte.
Der neue Präsident soll kürzlich gegenüber ägyptischen Persönlichkeiten in Damaskus erklärt haben, er lehne eine Angliederung Syriens an den Irak und an Transjordanien ab, er sei jedoch durchaus einverstanden mit einem Anschluß dieser Länder an Syrien. Er vertrat die Ansicht, jeder arabische Staat müsse seine Unabhängigkeit behalten, er werde aber die Bildung eines großarabischen Imperiums unter der Bedingung, daß König Faruk von Aegypten Kaiser der Araber werde, unterstützen.
Unabhängiger Weltgewerkschaftsbund
GENF. Am Samstag begannen, wie angekündigt, die Besprechungen zur Vorbereitung einer internationalen Gewerkschaftskonferenz, in deren Verlauf ein neuer demokratischer Weltgewerkschaftsbund gegründet werden soll. Insgesamt sind über 42 Millionen Gewerkschaftsmitglieder der ganzen Welt auf der vorbereitenden Konferenz vertreten. Am Sonntag Wurde die Einsetzung eines provisorischen Ausschusses beschlossen, der die Aufgabe haben Wird, diejenigen Organisationen zu bezeichnen, Welche mit der Einberufung des ersten Weltkongresses zu beauftragen sind.
Der Präsident des schweizerischen Gewerkschaftsverbandes, Robert Bratschi, gab in seiner Begrüßungsansprache einen Ueberblick über die Geschichte der Spaltung des Weltgewerkschaftsbundes, die im vergangenen Januar einsetzte, als die amerikanischen, die bri- uschen und die holländischen Mitglieder eine l ?gung des WGB in Paris verließen.
Zum Vorsitzenden der Konferenz wurde Paul ‘ n e t,. der Generalsekretär des belgischen •“gemeinen Gewerkschaftsbundes, gewählt. Die jjrundungsversammlung findet wahrscheinlich dercn£? eses Ja ^ lres statt. Man nimmt an, daß Sitz der neuen Organisation in Westeuropa »ein wird.
als in einigen östlichen Ländern erlaubt seien.
Die Sowjetunion hat 30 österreichische Staatsbürger, die von sowjetischen Militärgerichten wegen beleidigenden Vorgehens gegen russische Militärpersonen verurteilt worden waren, freigelassen. Unter den Freigelassenen befindet sich aber keiner der hohen Regierungsbeamten, die in den letzten Monaten von den Russen in Oesterreich verhaftet worden sind.
Wie in Washington mitgeteilt worden ist, werden die vier Außenminister-Stellvertreter am 30. Juni in London Zusammenkommen, um die Bemühungen zur Fertigstellung eines Staatsvertrages für Oesterreich wieder aufzunehmen.
Der US-Delegationsleiter Samuel R e b e r ist für mehrere Monate für die Arbeiten am Oesterreichvertrag freigestellt worden.
ten betonten in ihrem Schreiben, daß sie, wenn es sich nicht um eine Angelegenheit von internationaler Tragweite handeln würde, auch nicht so sehr auf eine Beilegung des Streiks drängten. Die Eisenbahner sollten jetzt die gegebenen Garantien für die Nichtanwendung von Repressalien auf die Probe stellen.
Dem Schreiben der Militärgouvemeure waren eine Geheimsitzung und Verhandlungen mit Oberbürgermeister Reuter und Vertretern der UGO voräusgegangen.
Die Reichsbahndirektion hat bereits angeordnet, daß Reisende aus Westberlin oder den Westzonen von Montag an den Fahrpreis für die Benutzung von Interzonenzügen in Westmark zu entrichten haben. Bewohner der Ostzone und des Ostsektors von Berlin können weiterhin für Ostgeld reisen.
Die sowjetisch lizenzierte Nachrichtenagentur ADN meldet den Beschluß der UGO, die Arbeit wieder aufzunehmen, unter der Ueber- schrift „Die UGO pariert“.
Die britische Militärregierung hat sich in einem Schreiben an die SMA gewandt, in dem darum ersucht' wird, Besprechungen über die Art und Weise zu eröffnen, in der die Beschlüsse des Pariser Außenministerrates über einen „modus vivendi“ in Deutschland verwirklicht werden können. Aehnliche Schreiben haben auch die anderen westlichen Militärregierungen an General D r a t w i n gerichtet. Eine sowjetische Antwort ist bisher noch nicht eingetroffen.
Der Vorsitzende der Berliner sozialdemokratischen Jugendorganisation „Falken“, Heinz W e s t p h a 1, ist von den sowjetischen Behörden freigelassen worden, obwohl er erst vor wenigen Tagen zu sechs Wochen Gefängnishaft verurteilt worden war.
Am Samstag kam es im französischen Sektor zu einem Zusammenstoß zwischen fran- zösicher Militärpolizei und deutscher Polizei einerseits und sowjetischen Zivilisten und einem .sowjetischen Offizier andererseits, als die letzteren versuchten, einen polnischen Staatsangehörigen zu entführen. Der sowjetische Offizier und seine Helfer wurden von der französischen Militärpolizei verhaftet.
45 Millionen Dollar für unentwickelte Gebiete
Eine Botschaft Trumans an den Kongreß
WASHINGTON. Präsident Tr um an hat den amerikanischen Kongreß in einer Sonderbotschaft um die Bewilligung von 45 Millionen Dollar für die Durchführung seines Planes zur Entwicklung wirtschaftlich rückständiger Gebiete ersucht. Zehn Millionen davon sind bereits im Haushaltplan für 1950 für Auslandshilfen vorgesehen. Der Präsident empfahl dem Kongreß ferner, die Export-Im- port-Bank zu ermächtigen, amerikanische private Kapitalinvestierungen in ausländischen Unternehmen gegen die diesen Investierungen eigenen Risiken zu garantieren. Präsident Tru- man hat sein Programm bereits als Punkt vier in seiner Botschaft an den Kongreß erwähnt.
Truman hat seine Forderung damit begründet, daß Armut und wirtschaftliche Mängel in unentwickelten Teilen Afrikas, des Nahen und Femen Ostens und in gewissen Gebieten Zentral- und Südamerikas eine Bedrohung für die Welt darstellten. Wenn die Bevölkerung dieser Gebiete enttäuscht würde, so könnte sie sich falschen Doktrinen zuwenden, nach denen ein Fortschritt nur durch Tyrannei möglich sei. Trumans Plan sieht vor, daß über die Vereinten Nationen oder durch die Vereinigten Staaten selbst technische Hilfe geleistet wird, und daß unterentwickelte Gebiete durch private Investierungen in Produktionsstätten für die Welt umgewandelt werden.
Parlaments wählen in Belgien
Die entscheidende Königsfrage / Frauen durften erstmals wählen
BRÜSSEL. Am Sonntag wurden in Belgien die Wahlen für das neue Parlament durchgeführt, bei denen die Königsfrage eine besonders große Rolle gespielt hat. Da in Belgien die gesetzliche Wahlpflicht besteht und jeder Stimmberechtigte, der nicht wählt, zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 Franken verurteilt werden kann, war die Wahlbeteiligung außerordentlich groß.. Zum ersten Male konnten auch Frauen wählen. Wahlberechtigt waren 2,9 Millionen Frauen und 2,7 Millionen Männer. Mit der Bekanntgabe des Ergebnisses ist frühestens am Montag zu rechnen.
Um die 212 Sitze in der Abgeordnetenkammer und die 175 Sitze im Senat waren vier größere Parteien zum Kampf angetreten. Die größte Gruppe, die königstreuen Christlich- Sozialen versprachen in der Königsfrage eine Volksabstimmung, während sich die Sozialisten, die Kommunisten und die meisten Führer der liberalen Partei der Rückkehr des Königs widersetzen. Der sozialistische Ministerpräsident Henry S p a a k erklärte vor der Wahl: „Wenn der Feldzug wegen der Königsfrage noch weitere zwei oder drei Wochen anhält, bin ich fest überzeugt, daß es zu Schlachten kommen wird.“
Seine Mutter, die 76jährige Senatorin Marie Spaak, ging noch weiter, indem sie schrieb: „Die Rückkehr des Königs würde zu einem Bürgerkrieg führen, der noch abscheulicher wäre als ein eigentlicher Krieg.“
Bisher hatte eine Koalition der Christlich- Sozialen und der Sozialisten die Regierung gebildet. Sie ist zerbrochen an der Königsfrage, der Frage der katholischen Schulen, für die die Christlich-Sozialen größere staatliche Zuschüsse wünschen, und ah der Frage der gelenkten Wirtschaft durch die Regierung.
Die Christlich-Sozialen haben den Wahlkampf mit der Forderung nach absoluter Mehrheit geführt. Um diese zu erhalten, müßte die Partei aber am gestrigen Sonntag 21 Sitze in der Kammer und fünf im Senat hinzügewon- nen haben, was man für ausgeschlossen hält. Ein Unsicherheitsfaktor waren allerdings die Frauen, die vor allem in der Königsfrage mehr gefühlsmäßig stimmten, da der König in zweiter Ehe eine Bürgerliche geheiratet hat. Würden die Christlich-Sozialen ihr Ziel erreichen, so würde wahrscheinlich van Z e e 1 a n d die neue Regierung bilden.
Schwierige Regierungsbildung
ATHEN. Die Bildung einer neuen griechischen .Regierung, die durch den plötzlichen Tod des bisherigen Ministerpräsidenten So- p h o u 1 i s notwendig geworden ist, gestaltet sich außerordentlich schwierig. Die Liberalen haben es abgelehnt, in eine Regierung Tsal- daris, der von König Paul mit der Regierungsbildung beauftragt worden ist, einzutreten. Sie fordern daß der bisherige stellvertretende Ministerpräsident D i 0 m e d e s , der keiner Partei angehört, die Ministerpräsidentschaft übernehme.
Am Sonntag fanden in der Athener Kathedrale die Beisetzungsfeierlichkeiten für So- phoulis statt.
Große britische Luftmanöver
LONDON. Am Samstag begannen in Großbritannien neuntägige Manöver der britischen Luftverteidigung, an denen auch die in Großbritannien stationierten amerikanischen Superfestungen und eine Gruppe holländischer Meteorflugzeuge teilnehmen. Außerdem sind französische, belgische und niederländische Luftwaffenoffiziere als Beobachter auf allen Kommandostellen anwesend. Es handelt sich um die größten Luftmanöver, die jemals in Friedenszeiten abgehalten wurden und sie sollen hauptsächlich den Zweck haben, die Verteidigung für jeden möglichen Angriffsfall auf Großbritannien zu erproben und für alle Fälle zu schulen.
Unsere Vertreter
Von Horst Flügge
Nach der Bildung der westdeutschen Bundesregierung soll es wieder deutsche Vertretungen im Ausland geben, doch dürfte der erste Schritt erst eimnal in der Ernennung von Wirtschaftsvertretungen im Ausland liegen.
General Hays gab jedoch bereits bekannt, daß sich die Besatzungsmächte die politische Ueberprüfung dieser Beamten Vorbehalten. Diese Bekanntgabe erfolgte im Zusammenhang mit einer Aufforderung des Zwei-Mächte- Kontrollamtes an Dr. Pünder, Vorschläge zu unterbreiten, in welchen Ländern die Bi- zone Handelsvertretungen einrichten möchte. Dr. Pünder antwortete: zunächst in den ERP- Staaten. Das ist der Stand der Entwicklung, die später einmal zu deutschen Botschaften führen soll.
E s geht zunächst um Wirtschaftsvertreter. Aber wieso um Repräsentanten der Bizone? Das Grundgesetz ist verkündet und es besteht kein Grund mehr, die Existenz der französischen Zone in diesem Zusammenhang zu ignorieren. Warum fordert das Zwei-Mächte- Kontrollamt überhaupt die Frankfurter Verwaltung zu Vorschlägen auf? Die Frankfurter Körperschaft entstand durch einen Akt zweier Besatzungsmächte. Mit der Verkündigung des Grundgesetzes sind ihre Aufgaben für die Uebergangszeit, bis auf die Durchführung eingeleiteter Maßnahmen, abgeschlossen. Das legitimierte Organ zur Errichtung von Vertretungen im Ausland ist der Bund. Es besteht auch kein Grund, seinen Entscheidungen vorzugreifen. Vielleicht sieht die Frankfurter Verwaltung diese Lage der Dinge durchaus richtig und legt aus diesem Grund den Mantel des Schweigens über die Bemühungen, die nicht erst seit der Aufforderung des Zwei-Mächte-Kontrollamtee in diesem Zusammenhang unternommen werden. Oder sollte sie das Ersuchen zweier Besatzungsmächte zum Anlaß nehmen wollen, die zukünftige Bundesregierung vor vollendete Tatsachen zu stellen? Wir hoffen es nicht, da wir sonst hinsichtlich der Gestalt dieser Tatsachen ernsthaft besorgt sein müßten. Vor allem würde eine solche Absicht der Frankfurter Verwaltung eine weitere Diskreditierung des Grundgesetzes darstellen.
Nach dem so enttäuschenden letzten Abschnitt der Arbeit am Wahlgesetz, nach der Tatsache, daß der Bundesregierung die Entscheidung über ihren Sitz vorweggenommen wurde und angesichts der Diskretion, mit der ein „Organisationsausschuß“ die Struktur der künftigen Regierung festzulegen versucht, ist es wohl an der Zeit, daß nun vor der Wahl der Bundesregierung deren (im Grundgesetz und Besatzungsstatut) festgelegte Kompetenzen respektiert werden. Das heißt nicht nur, daß der „Organisationsausschuß“ der Ministerpräsidenten und der Frankfurter Verwaltungsrat sich ihrer jetzt sehr begrenzten Befugnisse bewußt* sein sollen, sondern daß Fragen, wie die Struktur der künftigen Regierung und ihrer Auslandsvertretungen unter Beteiligung der Oeffentlichkeit geklärt werden müssen. Es geht um politische Entscheidungen, die nicht 'ausschließlich von einem Gremium von Fachleuten gefällt werden können, die in diesem Zusammenhang ohne parlamentarische Legitimation sind.
Ueber diese grundsätzlichen Erwägungen hinaus besteht, gerade hinsichtlich der deutschen Auslandsvertretungen, Grund, gegen jede Geheimniskrämerei Stellung zu nehmen, Die Tatsache, daß niemand und keine Stelle offiziell für diese Frage zuständig war, hat nämlich dahin geführt, daß sich fast ausschließlich der Kreis mit ihr befaßt, der früher beruflich mit ihr zu tun hatte. Herren,^ die dem Auswärtigen Amt bis 1933 oder 34* angehörten, andere, die in der „Filiale Rib- bentrop“ beschäftigt waren und die meisten von denen, die irgendwie einmal im auswärtigen Dienst gearbeitet haben. Das ist eine ganz natürliche Erscheinung, die auch erst dann erwähnt werden muß, wenn aus den privaten Zirkeln offizielle Berater werden. Nicht durch offizielle Ernennung, sondern über die privaten Beziehungen des Angehörigen des früheren Auswärtigen Amtes, die fest zuein- anderhalten und sich gegenseitig unterstützen.
Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, daß hier ein Freundeskreis versucht, die Führung der auswärtigen Angelegenheiten Deutschlands in die Hand zu bekommen, bevor Oeffentlichkeit, Parteien oder der westdeutsche Bund in dieser Frage überhaupt in Aktion treten können. Das ist gefährlich. N ; cht, weil die alten Beamten des auswärtigen Dienstes als Personen anfechtbar wären, sondern weil die Regelung unserer Beziehungen zum Ausland eine entscheidende politische Frage ist, die nicht nur einen kleinen Kreis von Menschen angeht. Um unsere Beziehungen zum Ausland geht es bereits dann, wenn deutsche Wirtschaftsvertretungen errichtet werden sollen.
Da gibt es zunächst die Frage der „politischen Belastung“, die im Ausland viel länger ein Rolle spielen wird als in Deutschland selbst. Es ist ein Irrtum, zu glauben, belastet sei in diesem Zusammenhang nur ein früheres Mitglied der NSDAP. Die Zugehörigkeit zu dieser Partei sagt über dl®
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