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SCHWÄBISCHES TAG BLATT

16. März 1949

die sich sowohl aus prinzipiellen, mit allge­mein föderalistisdjen Gedankengängen in Zu­sammenhang stehenden Motiven als aus wahl­taktischen Erwägungen heraus für die Mehr­heitswahl eingesetzt hatte, wurde von der SPD, der FDP und dem Zentrum überstimmt.

Die Haltung der beiden letztgenannten Par­teien läßt sich verstehen, da ihnen das Ver­hältniswahlrecht trotz ihrer zahlenmäßigen Schwäche die Möglichkeit gibt, das Zünglein an der Waage zu spielen. Diejenige der SPD aber ist ein Zeichen mangelnden Selbstver­trauens. Was soll es heißen, wenn Staatsrat Professor Dr Karl S c h m i d als sozial­demokratischer Fraktionsführer erklärte, das Mehrheitswahlrecht habe zwarviele Vor­züge, er bezweifle jedoch, daß Deutschland politisch genügend gesund sei, um mit diesem Wahlrecht schon für den ersten Volkstag zur Heilung geführt zu werden? Man gewinnt den Eindruck, als habe er es unter allen Umstän­den vermeiden wollen, im künftigen Bundes- parlamerit in der Opposition zu sitzen, als habe er schon durch das Wahlrecht das Ter­rain für eine Koalitionsregierung vorbereitet, in der ihm allem Ermessen nach einer der wichtigsten Ministerposten sicher ist.

Es ist keine Frage, daß der Durchschnitts­deutsche aller Parteiprogrammatik müde ist und nur durch lebendige persönliche Be­ziehungen wieder für die Politik aufgeschlos­sen werden kann. Da die allerwenigsten Wahlberechtigten eingeschriebene Mitglieder von Parteien sind, und von diesen wiederum nur e ( n Bruchteil Einfluß auf die Aufstellung der Wahlkandidaten auszuüben vermag, ist es zum anderen keine Frage, daß diese Kandi­daten noch viel mehr als die durch Mehr- heitswahi gewählten die Vertreter einer Min­derheit sind. Es ist zum dritten keine Frage, daß wir eine feste, verantwortungsbereite Bundesregierung brauchen, wenn wir nicht noch einmal das Schicksal der Weimarer Re­publik erleben wollen. Wir können daher die Bemühungen der Deutschen Wählergesell­schaft, die auf ihrer Frankfurter Kundgebung als letzte Chance für das Bessere eine Volks­abstimmung über die Wahlform forderte, nur begrüßen

Volksw'lle oder Parteienherrschaft? Die Bonner .Entscheidung gegen die Mehrheits­wahl war eine Entscheidung gegen das Volk.

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Sildwüitlembeig zur US-Zone?

zösischen Streitkräften freien Verkehr 'zwi­schen ihren Stützpunkten in Deutschland und Oesterreich sichert.

Außerdem dürfte es für die Alliierten nicht schwer sein, eine Verständigung über Fragen der Besatzungspolitik herbeizuführen, die von nun an gegenüber den Fragen der Schaffung und Lebensfähigkeit des westdeutschen Staa­tes an Bedeutung zurücktreten.

Indem man dem bestehenden Zustand der Nichtübereinstimmung der Grenzen der Be­satzungstruppen und der historischen Länder­grenzen ein Ende bereiten, das heißt, eine Ver­einigung ganz Badens in der französischen und ganz Württembergs in der amerikanischen Zone herbeiführen würde, würde die von Frankreich angeregte Lösung gleichzeitig die- Bildung der in Bonn lm Entstehen begriffe­nen Bundesregierung und die Lösung der Frage der Dreimächtekontrolle, die mit dem in London vorbereiteten Besatzungsstatut ver­knüpft ist. erleichtern.

Volksabstimmung über Zusammenschluß

Es versteht sich von selbst, daß die Bevöl­kerung Badens und Württembergs über -die Wiederherstellung der historischen Grenzen beider Länder entsprechend der dritten der Londoner Empfehlungen abzustimmen hat. Auch über einen eventuellen Zusammenschluß der beiden Länder, wie er bereits angeregt wurde, müßte ein Volksentscheid durchge­führt werden, dem sich Frankreich unter der Bedingung nicht widersetzt, daß die Bevölke­rung in den beiden Ländern bei dieser Ge­legenheit klar zum Ausdruck bringen kann, ob sie eine Wiederherstellung der beiden Län­der in ihren historischen Grenzen vorzieht.

Die Nutz- und Zierpf anze Krokus

Aus der fast noch winterlichen Erde drängt sich jetzt unter den ersten Blumen der Kro­kus mit seinen leuchtend gelben, violetten oder weißen Blüten hervor, die von schmalen saftgrünen Blättern umgeben sind. In den letzten zwanzig Jahren hat sich durch Neu­züchtungen die Mannigfaltigkeit und Schön­heit der Krokus vervielfacht. Wenn sie bei normalem Wetter schon Anfang März zu blü­hen begannen, so dauert ihr Flor mit seinen Spielarten und Sorten gut acht Wochen bis gegen Ende April, und im September/Oktober rolgen noch lange weitere Krokuswochen.

Die edelsten neuen Krokuszüchtungen sind von großer Schönheit. Sie sind starkwüchsig und halten sich gut aufrecht. Die Blütenfar­ben sind verschieden, und viele von ihnen zeigen die zartesten Zwischentöne neben den kräftigen klaren Farben. Man sieht Blüten in feinstem Weißblau, in Braun, in starkem Blau, in schwerem Gelb, in Gelb mit bleichen Sp.itzen, andere zweifarbig, außen dunkel- oliv, innen schwergolden, außen schwarz­braun, blaßrosa und lila, daneben schneeige, deren Inneres ! n Feuerfarbe' glüht, und ge­streifte.

In den gelben Narben der Krokusblüte sind Heil- und Farbkräfte enthalten, die viel­fach verwertet werden. Dieser doppelte Nutz­wert der Pflanze ist schon seit Jahrtausenden bekannt Die Götter des Olymps waren in der Vorstellung der Griechen in purpurne und safrangelbe Gewänder gekleidet, und die Rö­mer würzten mit Krokusblüten das Badewas­ser. Gegen Katzenjammer sollte es kein bes­seres Mittel geben als den heilenden Krokus, und ein Kranz von Krokusblüten, aufs wein­schwere Haupt gedrückt, sollte jeden Schmerz beseitigen. Heute wird der Krokus noch als schmerz- und krampfstillendes Mittel verwen- wendet. Häpfiger aber finden wir ihn in der Küche, wo er den Spe sen eine schöne leuch­tende Färbung geben soll. Solange man Mes-

Filibuster

Washington, Mitte März

Nach dem Lexikon ist einFilibuster ein Freibeuter. In der besonderen Bedeutung, in der das Wort gegenwärtig fast täglich in den Schlagzeilen der amerikanischen Presse wie­derkehrt, bedeutetFilibuster jedoch unge­fährzu Tode reden. Was zu Tode geredet wird, ist ein Gesetzesantrag und der Schau­platz, wo das geschieht, ist der amerikanische . Senat.

Der Senat, in den jeder Bundesstaat ohne Rücksicht auf die Größe, Bedeutung und Ein­wohnerzahl zwei Vertreter entsendet, steht gleichberechtigt neben dem Repräsentanten­haus; jede gesetzgeberische Maßnahme bedarf der Mehrheit beider Häuser, die zusammen den Namen Kongreß tragen.

Im Gegensatz zum Repräsentantenhaus gibt es im Senat bis heute keine Möglichkeit, eine Debatte zum Abschluß zu bringen. Wenn eine Minderheit bei einer Frage sicher ist, über­stimmt zu werden, so kann sie einfach die Ab­stimmung verhindern, indem die betreffenden Senatoren einander in einem Rede-Marathon ablösen, das Wochen dauern kann, bis die Majorität resigniert nachgibt, da sonst ja prak­tisch die gesamte Arbeit des Kongresses lahm­gelegt wird.

Truman und die demokratische Mehrheit be­mühen sich gegenwärtig, dieses Hemmnis zu beseitigen, und schon hat eine Gruppe gegen den Versuch, dem Filibuster ein Ende zu set­zen, ein Filibuster begonnen.

Die Kerntruppe der Verteidiger des Fili­busters wird von den demokratischen Partei­freunden des Präsidenten aus den Südstaaten gestellt, den sogenannten Dixiekraten (man

z Von G. H. Müller

nennt den SüdenDixieland). Einer der Hauptpunkte in der Wahlkampagne Trumans war die geplante Gesetzgebung zur Siche­rung der Bürgerrechte, das heißt, der Her­stellung der staatsbürgerlichen Gleichberechti­gung der Neger durch Bundesgesetz (neben der tatsächlichen Praxis enthalten auch die Gesetze einzelner Staaten im Süden noch eine Diskriminierung der Farbigen). Hiergegen sind die Senatoren der Südstaaten zum äu­ßersten Widerstand entschlossen und sie wis­sen, daß sie mit Sicherheit überstimmt wer­den, so daß das Filibuster ihre letzte Waffe darstellt. Unterstützung finden die Südstaat- ler bei anderen Senatoren, die in dem Recht der unbegrenzten Debatte ein Kernstück des Ansehens des Senats überhaupt erblicken so­wie den besten Schutz gegen allzu große Am­bitionen der Exekutive und zugleich für die Wahrung der Rechte der Einzelstaaten gegen­über dem Bund, der in den letzten zwanzig Jahren mehr und mehr in die Zuständig­keit der Staaten eingegriffen hat.

Auch die Haltung eines Teils der Republi­kaner, die im Prinzip gegen das Filibuster- Unwesen eingestellt sind, ist ungewiß, da sie sich 'sagen müssen, daß das Fortbestehen des jetzigen Zustandes unter Umständen ihre ein­zige Chance darstellt, das Zustandekommen einer Reihe von recht einschneidenden Geset­zen, vor allem auf dem Gebiet der Sozialver­sicherung und des .Arbeitsrechtes, zu verhin­dern, die von der Truman-Administration ein­gebracht werden.

So kommt der im Gange befindlichen Ge­schäftsordnungsschlacht eine ungewöhnliche, grundsätzliche Bedeutung zu.

Seltsame Fäden zwischen Frankfurt und Karlshorst

Pünder und Erhard konferieren mit Exbotschafter Nadolny BONN. Wie erst jetzt bekannt wird, fand Zonenverwaltung für Wirtschaft, Prof. E r -

am vergangenen Sonntag eine sechsstündige Geheimbesprechung führender westdeutscher Politiker mit dem ehemaligen Vorsitzenden der CDU in der Ostzone, dem früheren deut­schen Ernährungsminister Dr. Hermes, und dem einstigen deutschen Botschafter in Mos­kau, Nadolny, statt, der in engstem Kon­takt mit der sowjetischen Militärverwaltung in Karlshorst steht. Nadolny, der stets als Ver­fechter einerpositiven Rußlandpolitik galt, hatte sich bereits im Februar bemüht, mit westdeutschen Politikern ins Gespräch zu kommen.

Nachdem erst kürzlich der derzeitige Vor­sitzende der Ostzonen-tDU N u s c h k e, einer der Vorsitzenden des sogenannten Volksrates, in sowjetischem Auftrag bei Dr. Adenauer vor­gefühlt hatte, hat nun auch Nadolny seinen Versuch mit Erfolg wiederholt. Von westdeut­scher Seite nahmen an der Begegnung Ober­direktor Dr. Pünder, der Direktor der Bi­

ll a r d , Minister a. D. Blücher, der ehe­malige deutsche Botschafter in Washington von Prittwitz und Galfron, der Direktor der Bank deutscher Länder, der Landesgeschäfts­führer der CDU von Nordrhein-Westfalen, Dr. Schreiber u. a. teil. In erster Linie soll die Frage der Einheit Deutschlands und der Bil­dung einer künftigen gesamtdeutschen Regie­rung besprochen worden sein, für die sich an­geblich Dr. Hermes als Reichskanzler und Na­dolny als Außenminister empfohlen haben.

Der SPD-Pressedienst -schrieb am Montag, daß die Betriebsamkeit Nadolnys von der so­zialdemokratischen Partei mit ausgesproche­nem Mißtrauen beobachtet werde. Weder Na­dolny noch Hermes seien befugt, das Problem der Einheit Deutschlands zu erörtern, und aus diesem Grunde sei es gefährlich, daß sich Männer vom Range Dr. Pünders und Prof. Erhards zu einer Aussprache mit ihnen be­reit gefunden hätten.

Neues aus aller Welt

BADEN-BADEN. Zuständige französische Stel­len erklären, daß sie von der in der Züricher ZeitungDie Tat berichteten Ausfuhr von Ku­gellagern aus Deutschland über die Schweiz nach Osteuropa nichts wüßten.

MÜNCHEN. Im Münchener Spionageprozeß wurden die acht Angeklagten am Montag zu Ge­fängnisstrafen von 1 bis zu 18 Jahren verurteilt.

FRANKFURT In der Ostzone gelöste und mit Ostmark. bezahlte Eisenbahnfahrkarten sind künftig auf den westdeutschen Strecken nicht mehr gültig.

FRANKFURT Bei der Durchführung der Kin­derschulspeisung, für die die Lebensmittel von den Alliierten gespendet werden, entstehen in der Doppelzone jährlich 80 Millionen DM Ko­sten zur Deckung der Aufwendungen auf dem Wegvom Hafen bis in den Eßnapf.

FRANKFURT Der erweiterte Vorstand des. bizonalen Gewerkschaftrates stellte ln einer Ta­gung einmütig fest, daß man dem Wunsche nach einer Vereinheitlichung der Angestelltengewerk­schaften so bald als möglich Rechnung tragen müsse. Von dem alliierten Memorandum zum Bonner Grundgesetzentwurf befürchten die Ge­werkschaftsführer eine Gefährdung des sozialen Friedens Westdeutschlands

FRANKFURT. Am Bonntag landeten vier aus ,Prag kommende tschechoslowakische Flüchtlinge auf dem Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt.

FRANKFURT, Der gesamte Schiffahrtsverkehr auf dem Rhein wird am kommenden Sonntag ruhen, da alliierte Truppen an diesem Tage drei Brückenschlagübungen bei Rheinhausen, Nier­stein und Schwetzingen abhalten werden.

PARIS. Am Montag begann vor dem Pariser Militärgericht der Prozeß gegen D. Costes, der im Jahre 1930 den ersten Flug von Paris nach New York durchführte. Der bekannte Flieger ist angeklagt, dem deutschen Spionagedienst wäh­rend des Krieges Material über die Waffenher­stellung der Alliierten geliefert zu haben.

NEW YORK. Franklin D. Roosevelt jun., der jetzt 35jährige Sohn des, verstorbenen Präsiden­ten, wird sich als Kandidat der Demokratischen Partei um einen durch Tod eines Abgeordneten freigewordenen Sitz im Repräsentantenhaus be­werben.

MEXIKO STADT. Differenzen zwischen der amerikanischen und der sowjetischen Delegation bei der in Mexiko stattfindenden Konferenz zur Aufteilung des Radiokurzwellenbandes unter 65 Staaten haben die Fortführung der Tagung in Frage gestellt.

ser und Gabel nicht kannte, bereitete der Ge­nuß von Speisen, die zu stark mit Krokus­brühe gewürzt waren, allerdings keine unge­teilte Freude, da auf den Kleidern darnach leicht gelbe Flecken zu finden waren. Von Matthias Coryinus, dem König von Ungarn, wurde darum weithin rühmend berichtet, daß er es vermochte, bei einer großen Festtafel zu schmausen, ohne seihe Kleider auch nur mit einem kleinen Krokusfleckchen zu be­schmutzen. R.

40 Jahre Heimatschutz

Der Schwäbische Heimatbund, früher Bund für Heimatschutz, kann auf ein 40jähriges Be­stehen zurückblicken Von einer besonderen Feier ist offenbar abgesehen. Dafür wurde bei J. Weises Hofbuchhandlung in Stuttgart, Für­stenstraße, eine kleine Ausstellung eröffnet, die die Bestrebungen des Bundes herausstellt.

Der Bund wurde am 12. März 19Q9 in Stuttgart gegründet. Verlagsbuchhändler Wilhelm Meyer- Ilschen, damals im Neffschen Kunstverlag in Eß­lingen tätig, hatte in der Presse einen Aufruf zu dieser Gründung veröffentlicht. Bald fand er Freunde seiner Bestrebungen in Universitätspro­fessor Dr. Karl Johannes Fuchs, Tübingen, und in dem Tübinger Kunstgelehrten Professor Kon- rad von Lange, der sich schon um die Denk­malpflege verdient gemacht hatte. Die staatlichen Stellen präsentierte Landeskonservator Professor Dr. Gradmann. Es gelang fernerhin, den Vorstand der Beratungsstelle für das Bauge­werbe, Oberbaurat P S c h m o h 1, als ersten Vorsitzenden zu gewinnen, der seit 1907 auch Direktor der Stuttgarter Kgl. Baugewerkschule war. Dank der Werbetätigkeit des Geschäftsfüh­rers Dr. A. Marquardt und seines Helfers W. G. Hartmann stieg die Mitgliederzahl immer mehr. Von 19141922 war Frhr. Friedrich v. Gaisberg-Schöckingen und von 1922 ab Kon- rad Graf von Degenfeld-Schonburg erster Vor­sitzender. Bei der kürzlich stattgefundenen Neu- grilndung des Bundes hat Präsident i. R. Dr. Alfred Neuschier die Leitung übernommen. Durch unzählige Vorträge, Veröffentlichungen, unter denen dasSchwäbische Heimatbuch die bedeutsamste war, und Beratungen hat der Hei­matbund während seines 40 Jahre langen Wir­kens außerordentliche Erfolge erzielt, sei es auf

dem Gebiet des Schutzes wertvoller Natur- und Kulturdenkmäler, im Kampf gegen die Bildungs­dünke], in der Erhaltung der Schönheiten der heimatlichen Landschaft und nicht zuletzt in der Förderung des guten Geschmacks auf dem Ge­biete der Wohnkultur. hpd.

Shaw und seine Zeit

Bemard Shaw beendete kürzlich die Redak­tion einer Sammlung seiner Aussprüche, die ei­ner seiner Bewunderer herausgibt. Zwei dieser Aussprüche ließ er mit dem Bemerkenunwahr, aber gut genug gelten, während er einige völ­lig strich und dafür die Sammlung um neuere Shawsche Aphorismen ergänzte. Einer dieser Aphorismen lautet:Ich habe all die drängenden Fragen unserer Zeit praktisch gelöst, aber sie gelten weiterhin als unlösbar, als ob ich nie ge­lebt hätte

Kulturelle Nachrichten

Am 23. März findet in Baden-Baden eine Preisverteilung für besondere Leistungen in der französischen Sprache an Schüler der höheren Lehranstalten statt.

Nach dem Ausscheiden des bisherigen Chef­redakteurs Wolfgang Bechtle wird Werner F i n c k künftig die satirische ZeitschriftWespennest herausgeben.

In der Bizone gibt es zurzeit 1000 arbeitslose vorexaminierte Assistenten und approbierte Apo­theker. 1055 vorexaminierte, Assistenten, die noch in Apotheken arbeiten, warten auf ihre Zulassung zum Hochschulstudium. Auf Grund dieser Ueberfüllung des Apotheker­berufes warnte der Sozialminister von Nord­rhein-Westfalen eindringlich vor dem pharma­zeutischen Studium.

Anläßlich des 70. Geburtstages des Kompo­nisten und Präsidenten der staatlichen Hochschule für Musik in München, Joseph Haas, am 19. März wird in München eine Joseph-Haas-Wo- c h e veranstaltet, bei der die wichtigsten Werke des Meisters zur Aufführung gelangen.

Nach einem Schreiben der britischen Informa­tionsabteilung Hamburg an das bayerische Son­derministerium sollen die 'Entnazifizie- rungsbescheide prominenter Künst­ler nochmals überprüft werden, da der briti­schen Dienststelle neuerdings Personalakten der

Mut zur Menschlichkeit

L. H. Wer die Verhältnisse in der Sowjet­zone aus eigener Erfahrung kennt, weiß, daß dort auch nach der Währungsreform der Er­nährungsstandard der breitesten Schichten trotz derFreien Läden noch erheblich un­ter dem der Westzonen liegt. Jedes Pfund Mehl und jedes Gramm Fett bedeutet für die Ostzonenbewohner eine willkommene Hilfe in ihrem verzweifelten Kampf gegen den Hunger. Da aber der Streit der Mächte auch den Paket verkehr zwischen West- und Ost­deutschland unterbunden hat, war die Leip­ziger Messe eine der se'tenen Gelegenheiten, den Verwandten und Freunden in der Ost­zone diese Hilfe in Gestalt prall mit Suppen­würfeln, Mehl, Brot, Fett, Milchpulver und Obst gefüllter Koffer und Rucksäcke persön­lich zu bringen. Es Steht fest, daß mindestens 80 Prozent der westdeutschen Messebesucher sich aus derartigen Liebesgabenpaketträgern rekrutierten.

An der Zonengrenze freilich mußten sie feststellen, daß ihre Auffassung von Mensch­lichkeit sich nicht mit der Dienstauffassung der bayerischen Landespolizei deckt. Diese Re­präsentanten westlicher Demokratie verschan­zen sich genau so hinter dem Blockadebefehl ihrer Vorgesetzten Dienststellen, wie die Po­lizei der Berliner Ostsektoren, die den Ruck­säcken der Westberliner die mühsam geham­sterten Nahrungsmittel entnahm,

Auch den bayerischen Ländespolizisten an der Zonengrenze ist der Befehl heiliger als die Linderung menschlicher No.t. Sie scheuen sich nicht, Lebensmittel und Liebesgabenpäck­chen, die unschwer erkennen lassen, daß sie nicht Schwarzmarktgeschäften dienen, an der Grenze zurückzubehalten und dem Reisenden, der sie auf das Bedenkliche dieser Handlung aufmerksam macht, mit ihrer Machtbefugnis zu drohen, ihn an der Fortsetzung der Fahrt zu hindern. Sie quittieren den Hinweis der Reisenden, daß es nicht Sache Deutscher sein sollte, die Kluft zwischen West und Ost zum Schaden der eigenen Landsleute noch weiter aufzureißen. mit der Bemerkung, daß sie dem Staate dienen und nicht dem Menschen und. daß es nicht auch den Ostzonenbewohnern gut gehen müsse, wenn es uns im Westen gut gehe.

,, Mit solchen Staatsdienern kann der Westen wahrhaftig keinen Staat machen. Wo ist die Stelle, die ihnen beibringt, daß auch die Men­schen in der Ostzone Deutsche sind (wie hof­fentlich auch die bayerischen Grenzpolizisten), wo ist die Stelle, die ihnen den Kadaverge­horsam, der uns schon einmal an den Abgrund geführt hat, zugunsten des Mutes zur Jvlensch- lichkeit auszutreiben gewillt ist?

Länderchefs nach Königstein FRANKFURT. Die elf Länderchefs der west­lichen Besatzungszone treffen sich nach Ver­lautbarungen aus Kreisen des Länderrates am Donnerstag in Bad Königstein zu Beratungen über das alliierte Memorandum zum Bonner Grundgesetz. Auch die Fragen des Südwest­staates und der Grenzkorrekturen sollen be­sprochen werden.

Altmeier nach Paris eingeladen

KOBLENZ. Ministerpräsident Peter A 11 - meier (Rheinland-Pfalz), Justiz- und Kult­minister Dr. Adolf Süsterhenn, Innenminister Jakob Steffan und der Chef der Staatskanz­lei Dr. Haberer wurden von Außenminister Robert Sch u.m a n zu einem Privatbesuch nach Paris eingeladen.

Herausgeber und Chefredakteure: W H. Hebsacker. Dr. Ernst Müller und Alfred Schwenger Mitgliederder Redaktion: Gudrun Boden, Dr. Wilhelm Gail, Dr. Otto Haendle, Dr. Helmut Kiecza, zurzeit im Urlaub,'Joseph Klingelhöf er und Franz Josef Mayer

Verlas und Schriftleitung: Tübingen Uhlandsirsile 1 Monatlichei Bezugspreis einschl. Tragerlohn 2.- DM. durch die Post 2.21 DM Einzelverkaufspreis 20 Pf Erscheinungslage. Montag, Mittwoch* Samstag Unverlangte Manuskripte werden nur bei Portobei­lage zurückgegeben

Hoffnung

Laßt euch die Hoffnung nicht rauben! Lebt, was im Herzen euch ruht!

Wahrt euch den glückvollen Glauben: Einmal wird alles noch gut!

Geht es nicht ganz in Erfüllung,'

Zagt nicht in halbem Veracht!

Lockt aus des Schicksals Verhüllung Schönheit der Schöpfung ans Licht!

Selbst noch in Mondenlicht-Schleiern Silbern entschlummernder Nacht Nahn Gottes Wunder und feiern Weltenalls Fülle und Macht!

GERHARD TISCHER

nnrnnmiiiiniiimiiiiiiiMiiiimtMiMmiuHitiiimmiiHMiiimiiNMimiMitiiKimHiHiitiiiinibtn

Reichskulturkammer mit Originalbriefen, Frage­bogen und Lebensläufen als Beweismittel zu­gänglich gemacht worden sind.

In München ist ein vereinigter deutsch-ameri­kanischer J a z z k 1 u b gegründet worden.

Nach fünfjähriger Pause erscheint im Heliand- Verlag, Lüneburg, wieder vierteljährlich die ZeitschriftM uttersprach e, die im Auf­trag derGesellschaft für Deutsche Sprache" von Prof. Dr. Lutz Mackensen, Göttingen, herausge­geben wird. Neben wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiete der Sprachforschung befaßt sich die Zeitschrift besonders mit den praktischen Bedürfnissen der Sprachpflege.

Die deutsche Gruppe des PEN-Clubs, die bisher 20 Mitglieder umfaßt, wird Mitte April in Hamburg eine Tagung abhalten.

In Wien ist die Errichtung eines neuen Baues für die Nationalbibliothek, die derzeit über 1.3 Millionen Bände enthält, ge­plant

Eine amerikanische Filmgesellschaft wird in Italien einen Film nach- demBuch von San M i c. h e le des kürzlich verstorbenen schwedi­schen Arztes und Schriftstellers Axel Munthe drehen.

Pablo Picasso hat nach dem Riesenerfolg seiner Keramikausstellung der Töpferei Lebewohl gesagt und sich einem neuen Kunstzweig zuge­wandt. Er schneidet Medaillen Seine erste Schöpfung auf diesem Gebiet mit dem Relief des Komponisten Erik Satie wird von der Staat­lichen Münze in zwei Größen geprägt werden.