1 Februar 1949
UMSCHAU IM LANDE
Nr. 14 / Seite ’i
Was bringt uns die neue Schuhpunktkarte?
Die benötigte Rohhäutemenge entscheidet / Immer noch kein Ueberfluß
Mit den Lebensmittelkarten für den Monat Februar ist auch die neue Schuhpunktkarte an die Bevölkerung der französischen Zone ausgegeben worden. Auf jeden ihrer 24 Punkte besteht Anspruch auf 200 g Rohhaut (Frischgewicht). Je nach der Rohhautmenge — umgerechnet in Leder —, die für die Herstellung einer Schuhart erforderlich ist, richtet sich die Anzahl der Schuhpunkte, die für ein Paar Schuhe abgegeben werden müssen. Nach der Schuhpunktbewertungsliste sind erforderlich:
Schuhart Punkte
Herrenstre Ben schuhe, Rahmenarbelt IS
Herrensti aBenscüuhe, keine Rahmenarbeit 12 Herrenechnürstiefel 16
Damenstraßenschuhe, Rahmenarbelt 10
Damenstraßenschuhe, keine Rahmenarbelt 9 Damenstraßenschuhe mit geklebter Sohle 7 Burschenstiefel 12
Ktnderstraßenhalbschuhe Gr. 27—35 7
Kinderstraßenstiefel Gr. 27—83 8
Kleinkinderstiefel Gr. 20—26 5
Männerarbeitsschuhe mit Ledersohle 20
Männerarbeitsschuhe mit Gummisohle ' 19 Frauenarbeitsschuhe mit Leder- oder Gummisohle 14
Arbeitshalbschuhe für Frauen mit Lederoder Gummisohle 12
Arbettsschuhe für Frauen mit Lederoberteil und Holzsohle 10
Fußballstiefel 1«
Bergstiefel mit zwei durchgehenden Ledersohlen 34
Skistiefel mit zwei durchgehenden Ledersohlen 84
Die neuen Schuhpunkte stellen also ln den Händen des Verbrauchers und des Handels einen Anspruch auf Leder und in der Lederindustrie einen Anspruch auf Rohhaut dar. In Zukunft wird daher die Schuhindustrie nicht mehr Schuhe nach einem Programm hersteiler», sondern nur Schuhe, die der Verbraucher zu haben wünscht. Die dadurch entstehende Konkurrenz in der Schuhindustrie wird sich, so erwartet man, zugunsten der Qualität und Preise der dem Verbraucher angebotenen Schuhe auswirken. Allerdings — und das muß immer wieder betont werden — sind genügend Rohstoffeinfuhren vorauszusetzen. Sie scheinen nicht unbedingt gesichert und man hat den Eindruck, daß sich die Bizone. darin viel leichter tut. •
Warum kein Jedermann-Programm?
Es ist nicht nur ein oberflächlicher Unterschied der Benennung, der zwischen dem „Jedermann- Programm“ der Bizone und dem „VerbiUigungs-
programm“ des französischen Besatzungsgebietes besteht, sondern auch ein tiefgehender wirtschaftspolitischer: die maßgebenden Autoritäten der Bizone legen bei ihren Bemühungen, die Preise niedrig zu halten das Schwergewicht auf das freie Spiel der Konkurrenz, ihre Kollegen im Südwesten aber weiterhin auf die Preisüberwachung. Das Jedermann-Programm wird eine größere Bedeutung haben, während die Verbilligungsaktion eher eine Nebenrolle spieit. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die Bereitstellung von Rohstoffen und Devisen für diesen Zweck in der französischem Zone weniger günstig ist als in der Bizone.
Immer noch Textilsorgen
Von den 28801 Textilrohstoffen, die im französischen Besatzungsgebiet im Rahmen des bereits angelaufenen Programmes verarbeitet werden sollen (Oberkleider und Mäntel sind ausge
schlossen),- steht bisher erst ein Bruchteil zur Verfügung. Die Länderregierungen versucaen sich dadurch zu helfen, daß sie den Exportbonus auf Kosten einzelner Industriezweige beschneiden und so Devisen für die Einfuhr von Wolle, Baumwolle und Zellwolle gewinnen. Außerdem haben sie die Militärregierung um Rohstoffvorschüsse gebeten. Die erreichte Verbilligung beträgt bei den Spinnereien und Webereien 3 bis 5 Prozent und bei der Bekleidungsindustrie 3 Prozent
Zu wenig Schuhe
Auf noch größere Schwierigkeiten stößt das Programm bei der Schuhindustrie, weiche 75 Prozent der notwendigen, noch bewirtschafteten Häute über die Besatzungsmacht beziehen muß, und zu diesem Zweck nicht wie die Fabriken der Bizone auf besondere Bewilligung von Dollars rechnen kann. Die badische Holzindustrie und Forstwirtschaft die ihren Waldarbeitern unbedingt Schuhe zur Verfügung stellen muß, sah sich daher z. B gezwungen, ihren gesamten Exportbonus des letzten Vierteljahres für Leder- einfuhren zu verwenden.
Zahnärzte mit den Krankenkassen unzufrieden
Aufklärung der Versicherten gefordert
Ravensburg. Die ZahnärztekammerWürt- temberg-Hohenzollern veranstaltete am vergangenen Samstag für ihre oberschwäbischen Kollegen in Ravensburg einen Zahnärztetag, der neben der wissenschaftlichen Fortbildung die Fragen der zahnärztlichen Versorgung der Bevölkerung im Rahmen der Sozialversicherung behandelte. Dr W a g n e r, 2. Vorsitzender der Kammer, zeichnete in einem ausführlichen Referat die augenblickliche Situation. Danach wünschen die Kassen das System der Pauschalvergütung, das 1935 eingeführt worden war, und bei dem die Kassen eine bestimmte, feste Summe je Mitglied und Jahr an eine zahnärztliche Verrechnungsstelle abführen.
Das Referat betonte, daß damit eine ausreichende Versorgung der Versicherten, auch wenn nur das noch so herabgeschraubte „Maß des Notwendigen“ behandelt wird, nicht möglich sei. Es hieße, daß die Zahnärzte ihre Leistungen zu einem Entgelt verrichten müßten, das, so wurde an einigen Beispielen erläutert, unter dem eines Facharbeiters liegt. Abgesehen davon kann mit einem Pauschale niemals die steigende Krank- heitshäußgkeit berücksichtigt werden. Das Risiko der Versicherten wird damit auf Zahnärzte und Dentisten abgewälzt. Die Zahnärzte fordern dagegen eine Vergütung der einzelnen Leistung am
Elsenbahnerberufe haben noch Zukunft
Fersonalverminderung abgeschlossen ' Vielseitig verwendbare Kräfte weiterhin gesucht
Lindau, Die Vertrauensleute der Eisenbahndirektion Karlsruhe hielten in Lindau ihre erste Sehulungstagung ab, auf der neben Fragen der Berufsfürsorge und der Sozialversicherung besonders solche der Personalpolitik besprochen wurden. Wie sich aus den Referaten ergibt, ist die von den Eisenbahnern viel besprochene Personalverminderung nach der Erledigung einiger letzter Fälle als abgeschlossen zu betrachten. Dieser Tendenz schließt sich jetzt auch die Militärregierung an. Nachdem zunächst die ganze Krise nach dem Währungsschnitt mit radikalem Personalabbau aufgefangen werden sollte, setzte sich doch die Ansicht durch, daß dieses nach dem ersten Weltkrieg geübte Verfahren schon einmal versagt habe. So wurde der Personalstand den Eisenbahnen ln der französischen Zone nur von etwas über 72 000 auf 70 000 vermindert, wobei die Gelegenheit zu gewissen qualitativen Korrekturen des Personalkörpers benutzt wurde.
Die Personallage ist zurzeit äußerst angespannt obwohl die meisten Wiederaufbauarbeiten still liegen. Der Güterverkehr hat wieder zu genommen. Die Beamten und Arbeiter können vielfach die nötigsten Ruhetage und Sonntage nicht einhalten, Einstellung»- und Beförderungssperre sind noch in Kraft. Der Bizone gegenüber sind die Eisenbahner der französischen Zone mit 7 Prozent Lohnerhöhung im Rückstand, Trotz der derzeitigen Schwierigkeiten erscheinen die meisten Eisenbahnlaufbahnen zukunftsreich, da tüchtige vielseitig verwendbare Kräfte immer noch benötigt werden. Bei der
Ein'rübung und Schneefall
Bei wechselhafter Bewölkung und zeitweisen Aufheiterungen zunächst im wesentlichen trok- ken mit verstärkten Strahlenfrösten in den Niederungen. Später wieder Eintrübung und neue Schneefäile. Bei leichtem Frost Milderung, im Gebirge anhaltender Frost.
Einstellung von Schwerbeschädigten wird von der Verwaltung und den Gewerkschaften der vom Gesetz allgemein vorgesehene Anteil von 10 Prozent der Beschäftigten als zu hoch angesehen. Rund 69 Prozent aller Arbeitsplätze im Bahndienst erfordern körperlich voll einsatzfähige Männer. Die Direktion Karlsruhe beschäftigt 25 000 Menschen, davon sind 1687, d. i. 6,7 Prozent, schwerbeschädigt und 12P0, d. i. 4,8 Prozent leiehtbesehädigt. Rechnet man die erwähnten 63 Prozent ab, so sind 16,9 Prozent schwerbeschädigt. Erstrebt wird von den Beteiligten, wie in der Bizone einen Anteil von 7,5 Prozent aller Beschäftigten als Richtzahl aufzustellen, r.
Kranken. Das allein kann als gerecht angesehen werden. Dr. Wagner unterstreicht, daß zwar die Lage der Sozialversicherung nicht günstig sei, daß aber die Auswirkungen dafür keinesfalls den behandelnden Zahnärzten, Aerzten und Dentisten aufgebürdet werden könne. Die Versicherung darf keine Leistungsfähigkeit Vortäuschen, die sie nicht hat lind nicht haben kann, und die Versicherten müssen darüber aufgeklärt werden, zumal ihre Unzufriedenheit die genaue Ursache nicht zu erkennen vermag. Diese Aufklärung erweist sich iiesonders deshalb als notwendig, weil viele Versicherte erst mit großen Zahnschäiden beim Zahnarzt erscheinen, obwohl eine rechtzeitige Behandlung ihnen selbst Schmerzen und der Sozialversicherung Kosten erspart haben würde. Hg.
Ein Rundfunkstudio in Tübingen
Tübingen. Die Leitung des Südwestfunks in Baden-Baden hat beschlossen, in Tübingen ein Rundfunkstudio zu errichten. Der Plan, der von der Tübinger Regierung schon lange verfolgt worden ist und auch die Billigung der Mi- lilärregierung erhalten hat, kann verwirklicht werden, sobald die erforderlichen Mittel für den Bau des Studios bereitgestellt sind. Das Studio Tübingen hat die Aufgabe, den Rundfunkhörern ein Bild zu geben von dem Geschehen im Land WürUemberg-Hohenzollern und von den Kräften politischer, kultureller und wirtschaftlicher Art, die in diesem Raume wirken. Die Arbeit des Studios wird sich im wesentlichen auf die Weitergabe von Nachrichten, Vorträgen, Ansprachen und Gesprächen im kleineren Kreise beschränken müssen.
Zu lebenslänglichem Zuchtbaus begnadigt
Tübingen. Der Herr Staatspräsident hat den durch die Strafkammer des Landgerichts Ravensburg wegen Ermordung seiner Ehefrau zum Tode verurteilten Johannes Regenbogen aus Schwendi zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt. Die Mittäterin, Cäcilie Mayer von Schwendi ist schon früher in gleicher Weise begnadigt worden.
Wir hören im Rundfunk
Von Radio Stuttgart
Mittwoob, 2. Februar 1949: 13.15 Das Heinz-Lueas-Quintett und Lore Müller, Sopran. 16.00 Nachmittagskonzert. 17.15 Kleines Konzert. 13.20 Sport, geaertn und heute. 18.35 Der Kammerchor von Radio Stuttgart singt. 20,C0 „Der weiße Fächer“. von Hugo von Ho'mannsthal. 21.00 Unterhaltungskonzert. 22.00 Das schöne Lied. 22.30 Tanzmusik.
Donnerstag, s. Februar 1949: 13.15 Lustiges Kunterbunt. 14.30 Wirtschaftsfragen. 15.00 Aus Italien:. Gustav Charpentier: „Impression d’ltalie“. Peter Tschaikowslcy: „Capriccio italienne“, Franz LiSzt: „Venezia e Napoli“. 16.00 Nachmittagskonzert 18.00 Mensch und Arbeit. 18.15: Jugendfunk. 18.30 Klänge der Heimat. 20.00 Familie Staudenmaier, eine heitere Hörfolge. 20.45 Venedig, Erlebnis einer Stadt. 22.00 Unterhaltende Melodien von heute. 27.45 Tobin und die Handleserin, eine Kurzgeschichte. 23.00 Serge RachmaninofT, Klavierkonzert c-moll Nr. 2. 23.30 Meister des Jazz.
Freitag, 4. Februar 1949 : 13.15 Das Orchester Erwin Steinbacher. 16.00 Nachmittagskonzert, Felix Mendelssohn-Bartholdy; Klavierkonzert g-moil Anton Dvorak; Legenden. 16.43 Unterhaltungsmusik. 17.00 Plauderei um neue Bücher. 17.15 Kleines Konzert. 13.30 Das Heinz-Lueas-Quintett. 20.00 Carmen, Oper in vier Akten von Georges Bizct. 23.C0 Aus Oper und Konzertsaal. 23.10 Das Tanzensemble von Radio Stuttgart.
Vom Südwestfunk
Mittwoch, 2. Februarl949: 14.15 Wir jungen Menschen. 16.00 Musik zur Teestunde. 17.30 Das Trio di Roma spielt das 7. Klaviertrio in B-dur op. 97 von Ludwig van Beethoven. 19.00 Aus der Welt des Sports. 19.15 Kleine Abendmusik mit Carl Friedrich Homann. 20.00 Die bunte klingende Filmschau des SWF.
Donnerstag, 3. Februar 1949: „Ist Oper heute noch möglich’“ 17.30 Das, Südwestfunk-Unterhaltungsorchester spielt Werke von Fritz Xhlau. 19.15 Der Pianist Heinz Weiß spielt beliebte alte Weisen. 20.00 Ein Tanzabend mit dem Orchester Pierre Spters und Günther Paetzold. 21.30 Kürze — Würze. Dialoge durch die Blume mit: Agi Prandhoff und Fritz Lafontaine. 22.30 Die großen Meister, Werke von Bach. £3.10 Eichendorff, seine Ahnung und unsere Gegenwart. 23.25 Für Kenner und Liebhaber. Es singt das Collegium musicum der Johannes-Gutenberg-Uni- versltät in Mainz.
Freitag, 4. Februar 1949: 14.15 Unterhaltungsmusik mit dem Orchester Armand Bernard. 16 00 Musikalische Teestunde. 17.30 Klaviermusik, Maria Bergmann spielt. 13.00 Sportvorschau. 19.00 Die Welt der Frau. 19.15 Volksmusik. 20.00 Die Kehrseite — lächelnde Weisheiten großer Geister. 20.45 Kammermusik. 21.45 Meisterin des Chansons: Pamela Wede- kind. 23.15 Melodie der Völker: Rußland. 23.30 Ganz leis’ erklingt Musik....
Fußball-Toto vom 15./16. Januar 1949
Beim 15. Fußball Wettbewerb am 15./16. Januar 1949, dessen Gewinnausschüttung erst durch das Nachspielen des 10. Fußballspieles am 29. Januar 1949 ermöglicht wurde, sind insgesamt 571 000 DM auf gekommen und 1 142 000 Wetten abgegeben worden. Von der öOprozentigen Gewinnausschüttung in Höhe von rund 285 000 DM entfallen auf den I. Rang 2 Gewinne zu je 47 590 DM, auf den
II. Rang 55 Gewinne zu je 1730 DM, auf den
III. Rang 965 Gewinne zu je 68 DM.
Bauzuschüsse für Flüchtlings Wohnungen
Tübingen. 500 000 DM wurden dem Staatskommissar für die Umsiedlung für Wohnungsbauzwecke zur Verfügung gestellt. Dieser Betrag soll zum Ausbau zwedrentfremdeter Wohn- räume und zum Einbau von Wohnungen in alten Gebäuden dienen, damit für die Ausgewiesenen Wohnraum geschaffen werden kann
Quer durch die Zonen
Stuttgart Am vergangenen Sonntag wurde am Eugensplatz eine 40jährige Frau von einem unbekannten jungen Mann niedergeschlagen, der ihr die Handtasche mit Schmuck und Geld im Werte von insgesamt 2500 DM raubte.
Stuttgart. Ein Treffen der politisch, rassisch und religiös Verfolgten, an dem Delegierte aus allen deutschen Ländern einschließlich der Ostzone teilnehmen werden, findet am 8. Mai in Stuttgart statt Dabei wird auch für alle Opfer des Naziregimes ein Denkmal enthüllt werden.
Reutlingen. Die Messerschmiedeinnung für die Kreise Biberach, Ehingen, Friedrichshafen, Ravensburg, Saulgau, Wangen, Balingen, Calw, Freudenstadt, Hechingen, Horb, Münsingeh, Reutlingen und Tübingen hielt in Tübingen in der „Ratstube“ ihre ordentliche Innungsversammlung ab. Der bisherige Obermeister Anton Lohmüller, Rottenburg, gab Aufschluß über die geleistete Arbeit Er wurde anschließend wieder zum Obermeister gewählt
Riedlingen. Auf der Januar-Zuchtviehab- salzveranstaltung des württembergischen Braunvieh-Zuchtverbandes waren 163 Bullen, 73 Kal- binnen, 7 Kühe, 10 Rinder aufgetrieben. Ausgesprochene Qualitätstiere fehlten. Im ganzen war ein Rückgang der Preise festzustellen. Einen Rekordpreis erzielte ein Zuchtbulle der Klasse I, der für 5600 DM verkauft wurde.
F r e i b u r g. Das Gebiet der naturwissenschaftlichen und theoretisch-medizinischen Institute der Universität Freiburg wird nach den Plänen von Baurat Horst Linde zu einer geschlossenen Universitätsstadt ausgebaut, in der sich Wissenschaft und Entspannung wie bei den altgriechischen Gymnasien und römischen Thermen und noch bei den alten Universitäten verbinden.
Die Kriminalpolizei in Lindau nahm dieser Tage zwei Männer fest, die sich als Heimkehrer ausgegeben hatten und auf diese Weise eine ganze Reihe von Personen schädigten. — Bei einer Großrazzia in den Ausländerlagern des Kreises Ehingen wurden 10 Schweine, 10 Zentner Weizen, 3,5 Zentner Weißmehl, 10 Taschen- und Armbanduhren und über 100 Dollar sichergestellt. — In Harthausen a. d. Scheer, Kreis Sigmaringen brannte das Oekonomieanwesen des Adolf Endriß nieder. Es konnte nur das Vieh und ein Teil des Mobiliars gerettet werden. — Die Jugendherberge in Reutlingen soll demnächst wieder ihrem ursprünglichen Zweck zu- gelührt werden. — Bei einem Botengang durch die Stadt sind einem kaufmännischen Lehrling in Tübingen auf unerklärliche Weise 3000 DM abhanden gekommen. — Die Gemeinde Unterreichenbach, Kreis Calw, plant den Bau von 18 Wohnhäusern. Das hierzu erforderliche Baugelände soll demnächst beschafft werden. — In Geislingen a. St. schlugen Einbrecher das Schaufenster eines Uhrengeschäftes ein und entwendeten die gesamte Auslage im Werte von etwa 2000 DM.
Schneeberichte
Alb. Münsingen: 6 cm Neuschnee, 3—4 Grad, gute Sportmöglichkeiten, Meßstetten: 5 Grad, 15 cm Schnee, davon 5 cm Neuschnee, naß, weiterer Schneefall, Sport gut.
Schwarzwald, Baiersbronn. 3 cm Neuschnee, sonst unverändert, Sport gut; Kniebis: 4—5 cm Neuschnee auf Harsch, Sport gut.
Allgäu. Isny: 3 Grad, 40 cm Gesacntschneehöhe, davon 20 cm neu, trocken Schneefall, Sport gut; Großholzleute: Gesamtschneehöhe 45 cm, davon 25 cm neu, trocken, Schneefall, Sport gut.
Schwarzer Grat: 2 Grad, Gesamtschneehöhe 90 cm, davon 30 cm neu, trocken, Schneefall, Sport gut.
Was ein Barbier einst wissen mußte
Unter den Handwerkern des 16. und 17. Jahrhunderts nimmt der Barbier eine besonders hervorragende Stellung ein. Er ist zugleich Wundarzt, Bruch- und Steinschneider, „Chirurg“, und damit sozial nahe an den studierten Mediziner herangerüekt. Als jFIgaro“ ist er namentlich ln den kleineren Städten eine sehr wichtige Persönlichkeit, die an der Bildung der öffentlichen Meinung starken Anteil hat und daher ln aller Regel bald im Rat der Stadt eine Ehrenstelle einnimmt.
In der Sammlung der „Mannrechte“, d. h. etwa Heimatscheine mit Leumundszeugnis für die in die Fremde gezogenen jungen Handwerksgesellen die beabsichtigen, sich anderwärts „häuslich und bürgerlich niederzulassen“, finden wir im Archiv der Stadt Kirch- heim-Teck eine Urkunde, die in mehrfacher Hinsicht unser Interesse verdient. Der Barbier Georg Abel Erhardt, Stadtschreibersohn von Wildberg im Schwarzwald, erscheint 1631 vor dem Rat der Stadt K’rchheim und erklärt, sich hier „umb seines besseren Fortkommens willen“ als Meister niederlassen zu wollen. Um d ; e Genehmigung hiezu und zugle'ch das Staatsbürgerrecht zu erhalten, bringt er zunächst sein Mannrecht bei, Biso die Bestätigung seiner Heimatgemeinde, daß er „von ehrlichen Eltern ehelich geboren, auch nichts Anderes denn Gutes von ihm zu Sagen, er auch frei von jeglicher Leibeigenschaft sei“ Ferner legt er seinen Lehrbrief vor, ausgestellt am 20 9 1674 vom Obermeister der Barbier- und Wundarzt-Zunft Im Herzogtum Württemberg, wonach er die dre ! - Jährige Lehrzeit bei Meister Erhard Haag in Tübingen rühmlich bestanden hat und somit „freigesprcchen“ wurde Endlich aber bringt er ein 5 'A FolioseUen umfassendes Zeugnis der Medizinischen Fakultät Tübingen bei, aus dem wir die weitere Ausbildung des jungen Barbiergesellen und das Ergebnis seiner vor der Fakultät abgelegten Meisterprüfung' ken
nenlernen. Der Barbier war ja in jener Zeit wegen se'ner „chirurgischen“ Tätigkeit vor allem während seiner Ausbildung in einer Art Gastverhältnis zur Fakultät, aber auch in der Ausübung seiner Praxis deren Aufsicht unterstellt
Als Examinator ist der Tübinger Wund-, Schnitt- und Steinarzt Jakob Balthasar S:ma- nius genannt Er bestätigt dem Prüfling, daß seine Kenntnisse und Fähigkeiten „zu unserer guten Vergnügung befunden, auch daß er die geschöpften guten fundamenta zu ersprießlichem Nutzen und Wohlfahrt seiner Patienten wohl forttreiben und exerzieren könne“. Doch fügt er die „Erinnerung“ an, daß der junge Meister „in beschwerlichen Beinbrüchen, Haupt- und Waidwunden und vorab bei frevelhaften (kriminellen) Schäden und Zuständen geschickte und berühmbte Meister, ja et- wan auch gelehrte Medicos bei Zeiten beiziehen und ihres Rats gebrauchen, auch weiterhin anatomische und nützliche Bücher zu lesen beflissen sein solle. Hingegen darf er inwendige Fingier- und andere Leibarznejen nicht verordnen noch eingeben, auch schwangerer Frauen und verdächtiger Jungfrauen Curen sich n ! cht annehmen, auch keiner verdächtigen We'bsperson (sie sei lcd ; g oder verheiratet) ohne Vorwissen eines Doc’oris Medi- cinae kein Brand-Roß oder ander Ader schlagen auch das Segen-Sprechen und abergläubische Sachen bei seinen Curen durchaus, bei gesetzter Straff und gewissenshaiber äußerst me'den ..AU d’esen Mahnungen mit Fleiß und Treu nachzukommen, habe der Meister Georg Abel Erhardt handtreulich angelobt und versprochen.
Schon 4 Monate später ist Meister Erhardt n’cht nur Bü-ger in K'rchhe'm, sondern auch glückl'cher Ehemann, und er durfte sein Handwerk in der Folgezeit noch mehr als 40 Jahre lang in allen Ehren ausüben, bis er 1724 im Alter von 67 Jahren im Bad Boll d : e Augen schloß. Helmuth Maier
Die Weiberfastnacht
Zu Bremm an der Mosel starb vor Zeiten ein Junggeselle, der ein toller Kauz war, die Weiber für ein Unglück hielt und feie deshalb nicht sehen mochte. Trotzdem vermachte er der Dorfkirche einen Weinberg und traf dazu eine Bestimmung, die zwar das Kopfschütteln der Geistlichkeit erregte, den Bremmem aber zu manchem Scherz und Gelächter Anlaß bot: Alljährlich zur Fastnacht müsse das Pfarramt aus dem Erträgnis des Weinberges den verheirateten Frauen ein Fest geben!
Was denn auch geschah: Am Donnerstag vor Fastnacht, wenn das Narrengetriebe schon heimlich im Blut spukt, zogen die Frauen in Masken und buntem Flitter, gestützt auf derbe Stöcke, hinter zwei Fahnen und Trommeln, die sie selbst schlugen, durch das Dorf zur Schenke, und dort lärmten, zechten und sangen sie, duldeten aber nie einen Mann unter sich.
Als nun in einem Jahre Schiffer der Koblenzer Gegend, die nach dunstigen Regenwochen der helle Tag aufs Wasser gelockt hatte, in Bremm hielten und zu der Schenke kamen, darin die Weiber eben den Wein des Junggesellen verzechten, wollten sie mittrinken. Obschon der Wirt sie warnte und meinte, es sei besser, den Teufel zu rufen, als heute mit den Weibern anzubinden, gingen sie zu dritt hinein.
Und die eine, ein langer, breltbrüstiger Kerl mit blondem Haar und wetterrotem Gesichte, fuchtelte die Arme durch die Luft und schrie dem lähmenden Haufen, der eben in iv'Fem Tanze darherstob, zu: es sei' unrecht, den Wein allein zu saufen; als Fremde verlangten auch sie ihr Teil, und zwar auf der Stelle!
Da aber war es, als hätte er in einen Bienenkorb getastet: Der Tanz und seine Staub- wolka lösten sich, und die Weiber flogen ihm und den Genossen mit wildem Geschrei entgegen, griffen ihre Stöcke und ließ:n sie über die breiten Schifferrücfcen und -schädel springen, wie wenn sie Betten klopften. Dann zerr-
Winterhcfies Holzfeuer
Funken, lustge Brüderschar,
Aus dem Dampf der Säfte Reißen euch ins kalte Klar Goldne Sonnenkräfte!
Dieses Ist die höchste Lust:
Heiß hinauszujagen Und die übervolle Brust An die Sterne tragen
Und im jauchzenden Verein Hoch im Glanz ertrinken,
Sich verzehren — dann allein Stumm ins Dunkel sinken!
FRIEDRICH LUDWIG
iiiiimiw.titewiiMBmtiiHimtumitiHii'wuMimMtHiiMMmMiiHiMiHimMiiiHmuBmmtiWI
ten sie ihnen die Kappen herunter, rissen die Leibriemen, mit denen sie sich wehrten, aus ihren Fäusten und warfen d ; e Kappen gleich zerfetzten Bällen durch den Saal.
Nun waren die Kerle als rechte Schiffer erfahren in mancher Schlägerei, teilten auch wohl nicht die ersten Hiebe an Weiber aus. Weil sie sich aber schließlich zwischen Masken und buntem Flitter in einem Lumpenbündel wähnten und mit einer Hand die Hosen, die sich schon bedenklich senkten, halten mußten, gingen ihre Püffe fehl. So kam es, daß die Frauen, die johlten, als brenne das Dorf nicht ruhten, b's sich die Schiffer, merkwürdig genug, auf der Straße wiederfanden. Dort suchten sie, die Hände an den Hosen, indes der Wind ihr zerzaustes Haar trieb, un- teir dem Snott der Burschen das Ufer, stiegen zu Schiff und fuhren schnell dem Abendröte zu.
Nach Bremm kamen sie nie wieder. Die Weiber freuten sich jedoch des Sieges, tranken weder und grngen erst heim, wenn dei Wein alle war und der Mosel und ihren Bergen schon lange die Sterne leuchteten.
Theodor Seidenfaden