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Nr. 202 Gegründet 1826 Dienstag, den 31. August 1926 Fernsprecher Rr 2g 100. Jahrgang

Tagesfpiegel

, Prüfungsausschuß des Völkerbunds erklärte der chemische Vertreter Palecies, die spanische Regierung halte chren Anspruch auf einen ständigen Ratssitz aufrecht und lasse die Frage nicht auf unbestimmte Zeit verschieben.

In Genf wurde ein Weltfriedenskongress eröffnet.

Die amerikanischen Regierungsblätter tadeln scharf den Standpunkt des englischen Kolonialministers Amery, -er das ehemalige Deutfch-Ostafrika als englische Kolonie» währen­der Völkerbund England nur Mandats.» keine Eigentums­rechte übertragen habe. Die ganze Mandatsfrage sei reif, vor -en internatiolsten Gerichtshof getaucht zu werden.

Die WMertränke

Sie ist das Mittelmeer, welches die Itafliene r, Äs Nachkommen der alten Römer» stolzwäre nostro » miser Meer"» nennen, dessen alleinigen Besitz ihnen aber die Engländer und die Franzosen streitig machen. Gegen die Engländer vermögen sie augenblicklich nichts aus­zubringen. Gibraltar, Malta, Cypern, Aegypten» Suez­kanal lauter Verschlußstücke, die zu sprengen Italien viel « schwach ist. Dieses sitzt vielmehr im Mittelmeer wie die Maus in der Mausefalle. England ist der Mäusejäger. Musfo- kni muß sich also mit England so gut als möglich stellen. Wenigstens bis auf weiteres.

Etwas anderes aber ist es mit dem anderen Wettbewer­ber» mit Frankreich. Die Abessinien-, die Tunis-, die Marokko- und insbesondere die gegenwärtig bren­nende Tangerfrage alle diese Fragen drehen sich in letzter Linie um dasMittelmeerproblem". Dieses hat wäh­rend des Weltkriegs ein paar Jahre geruht. Die dreiInter­essenten" haben zwei andere Mitbewerber, Deutschland und Österreich, und später den gefährlichsten, d.en Russen, un­schädlich gemacht. Jetzt sind sie wieder unter sich und sehen sich gegenseitig scharf auf die Finger, damit ja nicht der eine den andern übervorteile.

Dies gilt bezüglich der Tunisfrage. Eigentlich ist sie fett 1881 gelöst. Damals hat Frankreich den Italienern dicht vor der Nase Tuni s, angeblich zur Sicherung des seit 1835 französischen Algerien, weggeschnappt. Aus Aerger flüchtete sich Italien in die Arme des Zweibundes, sogar an die Seite seines österreichischen Erbfeindes. Jetzt, nach vielen Jahren, reißt die alte Wunde wieder auf. Kein Wunder, wo heute W Tunesien 55 06V geborenen und naturalisierten Franzosen nicht weniger als 88 000 Italiener gegenüberstehen, die trotz oller Naturalisierungsversuche (System Morinaud) auch

Italiener bleiben wollen.

Auch die heute noch ganz verworrene Tangerfrage P eigentlich schon längst gelöst. Tanger liegt mitten in dem den Spaniern seinerzeit zuerkannten Teile Marokkos. Es ist aber 1011 der unmittelbarenOberhoheit" des marok­kanischen Sultans belassen worden, dann im Jahre 1023 in einem besonderen Abkommen zwischen England, Frankreich «nd Spanien unter Ausschluß Italiensinternationalisiert" worden. Jetzt melden sich die Spanier. Sie wollen Tanger wenigstens als Mandatsgebiet vom Völkerbund bekommen. Denn Tangers Bevölkerung (etwa 16 000) bestehe in der Mehrzahl aus Spaniern; auch könnten sie den Rifanteil» den sie nach Abd el Krims Niederlage zu betreuen haben» ahne ohne den alleinigen Besitz von Tanger unmöglich auf die Dauer festhalten. Davon aber will England nichts, wissen. Es fürchtet für die Bedeutung von Gibraltar, wenn Spanien in dessen afrikanische Nähe rückt. Nun aber meldet sich auch Italien, und England will eher die For­derung Italiens, an der Verwaltung des Tangergebiets als Mittelmeermacht beteiligt zu sein, unterstützen, als zugeben» daß Spanien dort Alleinherrscher sei und dadurch der Ein- Kiß des mit Spanien befreundeten Frankreichs übermächtig werde. Man darf anneh-men, daß in dieser Frage England Md Italien Zusammengehen, wie in der Aufteilung des abessinischen Einflußgebiets.

Wie in den genannten Streitfragen, so besteht in allen das Mittelmeer angehenden Interessen zwischen den beiden lateinischen Schwestern" ein italienisch-französi- scher Gegensatz, der von Jahr zu Jahr schärfer wird. Man denke nun an die gegenwärtigen Bündnisse mit den Balka nv ö l k e rn» mit Jugoslavien, der Tschecho-Slowa- kei, mit Rumänien und Griechenland, Bündnisse, bei denen die beiden Nebenbuhler einen wahren Wettlauf unter sich veranstalten. Immer dabei das Bestreben, den andern a>us- zoschalten. Immer wieder dasMittelmeerproblem".

alte Streitfrage unter den Menschen. Die Geschichte Griechenlaichs und Roms stand unter ihrem Zeichen. Mit E^^tdeckung der Seewege nach Ostindien mch nach Ame- Eka trat das Mttelmeer hinter den Interessen einer die «»spannenden Weltpolitik etwas zurück. Aber die ^vot ker-Brucke* des Mittelmeers wird niemals ganz aus dem Untereßenkreis des Abendlandes verschwinden. Ja, es hat oen Anschein, asg ob sie in der heutigen europäischen Politik wieder eme größere Rolle zu spielen sich anschickt. Nament- kch sst Es das Italien Mussolinis, das bei seiner MElg zunehmenden Bevölkerung und seiner Armut an »tohftosfen sich seiner altrömischen Vorgänger, welche sich die Meinherrschaft über das Mittelmeer erstritten» wieder leb­hafter denn se erinnert. '

Die Gedenkfeier von Mohacs

Am 20. August hat Ungarn den Gedenktag der Schlacht von Mohacs gefeiert. Papst L-eo X. wollte schon zu Beginn des 16 Jahrhunderts einen Kreuzzug

Der Deutsche Heeres- und Marinetag

Nürnberg, 30. Aug. Tage wie den 28. und 20. August I hat die alte Reichsstadt Nürnberg noch selten erlebt. Zu I Tausenden und aber Tausenden strömten die Festteilnehmer I und Gäste in die Stadt, ein Sonderzug um den andern rollte in den mächtigen Hauptbahnhof und unabsehbare Kolonnen zogen mit Fahnen und Musik in die festlich geschmückte Stadt und in die Standquartiere. Ungeheuer war der Jubel, wenn einer der bekannten Heerführer erschien. Am Samstag nach­mittag fanden zunächst die geschlossenen Beratungen der Ver­einigungen und Wehrverbände statt. Um 4.15 Uhr ertönten die Salutschüsse von der Zollernburg und die Glocken aller Kirchen läuteten. In evangelischen und katholischen Gottes­diensten wurde der gefallenen Helden des Weltkriegs ge­dacht. In der Lorenzerkirche wurden acht neue Fahnen des Reichsverbands alter Soldaten geweiht. Abends folgten in allen großen Sälen der Stadt Festversammlungen, an denen Kronprinz Rupprecht von Bayern, PrinzOskar von Preußen, Feldmarschall v. Mackensen, General­oberst von Einem, die Generale von Gollwitz, von Huti e r, v o n F ra n q o is, v o n C r am o n, die Admirale von Schee r, von Schröder, Vizeadmiral von Trotha und viele andere Heerführer teil»ahmen. In der Luitpoldhalle hielten Mackensen und Kronprinz Rupprecht Ansprachen.

An den Reichspräsidenten von Hindenburg wurde

nach Dietramszell folgende Kundgebung telegropbifch ab­gesandt:Der Ehrentag der deutschen Armee und Marine gedenkt Ew. Exzellenz als des ersten Sol­daten des Reichs in herzlichster und tiefster Verehrung. Ew. Exzellenz haben dem deutschen Bolk ein langes Leben hin­durch das Beispiel gegeben, das allen Deutschen an diesem Ehrentage vor Augen stehen soll: voll brennendster Vater­landsliebe, voll selbstlosester Aufopferung, bewußt, daß das 'Leben des Einzelnen nur dann einen Sinn hat, wenn es sich sür die Ewigkeit seines Volks hingibt, so stehen Ew. Exzellenz vor uns, huldigen Deutschlands Soldaten heute jubelnd ihre« Vater in Len größten Schlachten der Weltgeschichte. Go« segne das deutsche Volk mit Ihrem Soldatengeist!"

Am Sonntag fand um 11 Uhr der große Umzug stakt, an dem etwa 35 000 Angehörige des früheren Heers unA der Marine teiknahmen. Fast jeder Truppenteil war ver­treten und man sah viele der früheren Uniformen. Die Be­geisterung der Bevölkerung war unbeschreiblich, die alten Soldaten wurden in den Straßen mit Blumen überschüttet, der Vorbeimarsch unter den Klängen der alten Heeresmärsche vor der Tribüne, auf der die Heerführer und die sonstigen Ehrengäste Platz genommen hatten, dauerte über drei Stun­den. Der Nachmittag war turnerischen und snortlicben Wett­kämpfen gewidmet, wobei Oberleutnant a. D. Udet sein« kühnen Flugzeugkunststücke voriüb'le.

Bierkötters Kanalschwimmrekord

Der Deutsche Vierkötter Kanalsieger?

Der deutsche Strommeister Vicrkökler-Köln hat deu Kanal durchschwommen. Zu der Durchquerung von der fran­zösischen nach der englischen Küste brauchte er 12 Stunden 42 Minuten un- hat damit den von Gertrud Ederle ausge­stellten Rekord mit 1 Stunde 48 Minuten geschlagen.

England verblüfft.

London, 31. Aug. Zu der Kanalbezwingung Vier­kötters wird weiter bekannt, daß Vierkötter gestern früh 1.35 von Kap Grisnez abgeschwommen ist und gestern 2.10 nachm, die englische Küste bei Dover betrat. Die Rekord­zeit von 12 Stunden 42 Min. blieb fast um 2 Stunden hinter der von Gertrud Ederle gebrauchten Zeit von 14 Stunden 30 Min., die schon als phänomenal bezeichnet wurde, zurück. Dieser deutsche Erfolg findet in der eng­lischen Presse infolge der Verlängerung des Ausnahmezu­standes einberufenen Unterhaussttzung sowohl als auch an­gesichts der gegenwärtigen Tagung der Studienkommission in Genf einstweilen nur geringe Beachtung. Die Blätter teilen nur die Tatsache mit und nur wenige legen der Be­richterstattung eigene Komentare bei, in denen eine deutliche Ueberraschung zum Ausdruck kommt, da der Name Vier­kötter in den englischen Schwimmerkreisen noch nicht allzu

gegen die Türken einleften, aber die Völker zeigten keine Lust; nur Ungarn nahm die Gegnerschaft gegen die Türken und ihre» Haß ihre Rache aus sich. Vergebens wandte sich der sirgendliche, verarmte König Ludwig II., der mit Maria vo» Habsburg, der Enkelin des Kaisers Maximilian und Schwester des Kaisers Karl V. vermählt war» an die Län­der um Hilfe, als Sultan Soliman U. Ernst machte und 1828 Belgrad eroberte. Am 20. August 1526 kam es bei Mohacs zur entscheidenden Schlacht; das etwa 20 000 Mann zahlende ungarische Heer wurde von dem .zehnfach über­legenen Gegner trotz tapferster Gegenwehr fast ganz ver­nichtet, der König fand mit vielen seiner Getreuen auf der Flucht den Tod in den Donausümpfen. Groß-Ungarn wurde Mm ersten Mal zertrümmert und kam über 150 Jahre lang unter die Herrschaft der Türken» aber es hat Christentum und westliche Kultur und Zivilisation gerettet. Die Er­innerungsfeiern von Mohacs sollen nun dem zum zweiten Mol zertrümmerten Ungarn dartun, daß es, so wie es nach der Niederlage von Mohacs eine Auferstehung gegeben hat, auch nach dem Friedensvertrag von Trianon wieder ein« Auferstehung geben müsse. Zwietracht im eigenen Land und Neid der Nachbarn stürzten vor 400 Jahren Ungarn in den Abgrund; das Volk soll sich jetzt dessen bewußt werden, daß nur Eintracht, hingebende Opferwilligkeit und eine glück­liche Wahl der Verbündeten, das Land wieder zum Ausstieg führen können. Bezeichnend ist, daß der erste Zusammen­bruch dem Hause Habsburg die Herrschaft über Ungarn ge­bracht hat. König Ludwig U. war kinderlos und sein Erbe wurde Kaiser Ferdinand l-, der mit der Schwester Ludwigs vermählt war, und daß Las zweite Mohacs, genannt Trianon, die Macht des Hauses Habsburg über Ungarn aus­gelöscht Hatz Ungarn erhielt an dem Gedenktag von Mohacs eine in der Weltgeschichte wotz einzig dastehende Genug­tuung. Im Auftrag Kemal Paschas erschien der türkische Gesandte in Budapest auf dem Schlachtfeld von Mohacs im­gab dem Bedauern seiner Regierung Ausdruck, daß die Türken Ungarn ISO Jahre iang in Knechtschaft gehalten haben.

bekannt ist. Es wird erklärt, man müsse zukünftig in England, den deutschen Sportsleuten, die in der letzten Zeit von sich reden machten, weit größere Beachtung schenken.

Gertrud Ederle fordert Bierkötter zum Weltkampf heraus.

Rem Zock, 31. Aug. Gertrud Ederle drahtete Vier­kötter die herzlichsten Glückwünsche zu seinem Welkekord und fordert ihn zu einem Wettkampf im nächsten Jahr heraus, wo sie dann den Welkekord für ihr Geschlecht und ihre Heimat zurückerobern wolle.

Gertrud Ederle vor einem Nervenzusammenbruch. Ar» Newyork wird gemeldet: Gertrud Ederle ist von eine»

,Nervenzufamenmbruch bedroht, weniger durch die Folgen der Anstrengungen bei der Kanaldurchschwimmung als durch die verrückten Huidigunegn» denen sie von seiten der Newyork» ausgesetzt ist- Ähre Wohnung wird ständig von vier P08-- Msten bewacht, die die Menge der Besucher .zurückhalteN.

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Den Kanal durchschwommen hat am 28. Augvft die Amerikane- nn Frau Clemingten Carson von Kap Grisney aus bis in die dtahe von Dover in 15:14 Stunden; sie brauchte eine halbe Stund« '""ger als Fit. Ederle Frau Carson ist Mutter zweier Kinder im Alter von SZL und 2 Jahren. "

Neuestes vom Tage

Dr. Schacht und die Aufwertung Berlin, 30. Aug. Unter ungeheurem Andrang d» Reichsbankgläubiger" begann heute die Verhandlung gege» den Borsitzenden der Vereinigung der Reichshankgläubig», Roll, wegen Beleidigung des Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht. Roll soll in verschiedenen Versammlungen Schachs einen Schwindler genannt haben. Er fichrte an, ein bekannter Schriftsteller habe Schacht alsHenker der de»b scheu Bolkswirtschaft" bezeichnet. Er (Roll) habe gesagt, die Reichsbank sei unter Dr. Schacht eine Geschäftsstelle des i» ternationalen Großkapitals geworden. Dr- Schacht erklärtes er sei denReichsbankgläubigern" entgegengetreten, um z» verhüten, daß den armen Leuten durch Las Eintrittsgeld zu den zwecklosen Versammlungen weiter Geld aus den Tasche» gezogen werde. Diese Aufwertungsbestrebungen grenze» an Volksbetrug. (Es Handeft sich um die Aufwertung d» auf Gold lautenden Reichsbanknoten. Die Gerichte habe« anfänglich zugunsten derReichsbankgläubiger", in des Bo- rufttngseutscheidungen aber gegen sie entschieden.)

Zusammenschluß der Auftverkuagsvereinigungen Berlin» 30. Aug. Die Aufwertungsvereinigungen Deutsch­lands haben gestern in Erfurt getagt, um zu dem Zurück» Weisungsbeschluß des Reichsinnenministers vom 18. August 1926 Stellung zu nehmen. Infolge der ablehnenden Stel­lungnahme von Regierung und Reichstag besonders in d« Auflyertungsftage haben sich die Organisationen zu einer- einheitlichen politischen Kampffront zusamme»- geschlossen.

Einspruch gegen die Reichs Wasserstraßen Verwaltung München, 30. Aug. Die Bayerische Völksparteikorrespo»» denz Kitt schon gegen die Absicht der Reichsregierung auf, durch Schaffung einer eigenen Reichswafserstraßenverwal- tung einen neuen unnötigen Beamtenapparat zu bil­den, Aan wvlle^bloß dem Reichsoerkehrsministerium, da wir