Sette 3 - Nr. ISS
Freitag, 27. August lvr>
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
Aenderung der Rauchverbote in den Eisenbahnwagen. Die seitherigen Bestimmungen über das Rauchen in den Seitengänge'n der V-Züge sind geändert worden. Nach den neuen Bestimmungen ist das Rauchen in den Seitengängen -er V-Zugswagen, die für Raucher bestimmt, allgemein gestattet: nicht gestattet ist es dagegen in den Gängen der für Nichtraucher bestimmten V-Zugswagen oder in den V-Zugs- wagen, die Rauch- und Nichtraucherabteilunaen durcheinander enthalten. In den Seitengängen der O-Zugswagen mit Raucher- und Nichtraucher-Hälfte ist das Rauchen verboten. In der Raucherabteilung dagegen in der Raucher- chälfte gestattet, wenn die beiden Abteilungen durch eine iZwischentür getrennt sind. Auf der Plattform der mit Raucher berechneten Wagen ist das Rauchen ebenso verboten. In den Waaen 2. und 3. Klasse, deren Zwei Abteile nur Lurch haNchohe Mär-de getrennt sind, wird in den beiden Abteilen 2. Klasse ein Schild angebracht, durch das daraus hingewiesen wird, daß nur unter Zustimmung aller Mitreisenden das Rauchen in diesem und den Nachbarabteilen gestattet ist. Wer aege.i das Rauchverbot sündigt, wird ohne weiteres um 2 Mk. bestraft.
. Personalausweis für Reisen ins Rheinland miknehmen. Zur das noch besetzte Gebiet ist noch ein deutscher Reisepaß oder ein von der Heimatbehörde ausgestellter Personalausweis mit Lichtbild erforderlich, ebenso zur Einreise in das Saargebiet. Auch bei Dampferfahrten in das besetzte Rheingebiet, rheinaufwärts von Remagen ab, muß man im Besitz eines Personalausweises sein. Daher empfiehlt es sich für jjeden Rheinreisenden, bei der Heimatbehörde einen Personalausweis mit Lichtbild sich zu besorgen. Man erhält diesen Ausweis kostenlos. Im übrigen bestehen für den Besuch des Rheinlandes keinerlei Beschränkungen.
Erwerbslose in der Landwirtschaft. Aus eine Beschwerde nber die Entziehung der Erwerbslosenunterstützung im Kreis Freienwalde hat der preuß. Minister für Volkswohlfahrt die grundsätzliche Antwort erteilt, daß die Entziehung der Erwerbslosenunterstützung in den Fällen gerechtfertigt ist, wo die Arbeitsnachweise genügend Arbeitsstellen in der Landwirtschaft anweijen können. Die Unterstützung sei insbesondere denjenigen ledigen Arbeitern und Arbeiterinnen zu entziehen, die sich nicht um landwirtschaftliche Arbeiten bemühen, oder es sogar ablehnen, in der Landwirtschaft zu arbeiten.
Ein Mittel gegen Hämophilie. Zwei spanische Aerzke sollen ein Verfahren zur Heilung der Hämophilie entdeckt -oben. das sich hauptsächlich auf eine besondere Verwendung von Vitaminen gründe und bereits in der Madrider Universitätsklinik mit Erfolg angewendet worden sei. Die beiden Aerzte beabsichtigen, den medizinischen Gesellschaften und Fakultäten des Auslandes das Mittel bekannkzugeben. — Die Hämophilie ist die gefürchtete ..B l u t e r k r a n k - heit", dis besonders beim männlichen Geschlecht in starken Blutungen auftritt, und durch Frauen angeboren vererbt werden kann.
Indanthren. Das in der Färberei bekannte Fremdwort D danthren ist aus den Worten Indigo und Anthren gebildet. Indigo bekommt den Glanz von Anilinfarben. Änthren kommt her von dem griechischen Wort anthrax, das LoklL. Rubin, Zinnober bedeutet.
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Calw, 26. August. Von der Bezirkspflege. Die Bezirkspflege Calw kann am 1. September dieses Jahres auf eine siebenjährige Arbeitsperiode zurückblicken. In diesem Zeitraum wurden im ganzen 108 Nähkurse mit 2258 Schülerinnen, 23 Kochkurse mit 286 Schülerinnen, 30 Kinderpflegekurse mit 387 Schülerinnen, 36 Eindünstkurse mir 36 Schülerinnen, 7 Gartenbaukurse mit 141 Schülerinnen, 12 Bügelkurse mit 138 Schülerinnen, 1 Backkurs mit 10 Schülerinnen abgehalten.
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„Eher soll man nicht urteilen, ehe man ein Stück
nicht in seiner vollkommensten Aufführung sich denken kann, oder es so gehört hat"
sagt Schumann und darum dürfen Sie erst über die Notwendigkeit eines „Gesellschafter" - Abonnements urteilen, wenn Sie die Ausführung unserer Tageszeitung durch einen regelmäßigen Bezug kennen gelernt haben.
Aus aller Welt
Eins Forschung«'.:? ins 7-v.rrer.: Australiens. Di? For- schnngSgesellschaft ins Innere Australiens, dis unter der Leitung von Dr. Herbert Basedow im Mai dieses Jahrs angetreten wurde, um geographische, geologische und anthropologische Forschungen auszujühren, ist jetzt nach Adelaide zurückgekehrt. Die Gesellschaft, die aus vier Weißen und iünf Eingeborenen bestand und 25 Kamele mit sich führte, hat über 2000 Kilometer zurückgelegt. Hauptsächlich wurden die Gebiete südwestlich von Charlotte Waters an der Petermann-Gebirgskette entlang erforscht und reiches Material gesammelt. Man hat neue Gebirgszüge und Wasserläufe entdeckt und ist mit zahlreichen wilden Stämmen in Berührung gekommen, die aber den Besuchern nichts zuleide taten.
Bismarcks Sehergabe. In der Friedrichsruher Ausgabe der „Gesammelten Werke Bismarcks" (Otto Stollberg u. Co., Berlin) werden bisher nicht in der Oefsentlichkeit bekannte Gesprächs des Reichsgründers mitgeteilt, die einen neuen Beweis für den prophetischen Blick Bismarcks liefern. So sprach er sich einige Zeit nach seiner Entlassung in einer Unterhaltung mit der Freifrau von Svitzemberg, der Tochter des früheren württembergischen Ministerpräsidenten Frhr. v. Varnbüler, über die Zukunft Deutschlands und die ihm drohenden Gefahren aus. Bismarck gedachte mit Bitterkeit der „Speichellecker" und „Lumpenhunde", die ihn (Bismarck) und seinen Sohn Herbert jetzt wie die Pest meiden, diese „Nichtsnutze" und ein herausgekommenes Geldpack, das sich früher nie am Hof eines preußischen Königs hätte blicken lassen dürfen, umgeben den Kaiser (Wilhelm Ist) und reden ihm ein, er sei ein Friedrich der Große und ein Friedrich U. (der Staufenkaiser des Mittelalters): er könne und solle alles allein machen und nicht dulden, daß sich ein anderer (Bismarck) zwischen den Kaiser und die Sonne stelle. Wenn Friedrich der Große einen solchen Kanzler gehabt oder vorgefunden hätte — so sagte der Hauptschmeichler Versen — so wäre er nie der Große geworden. Und der Kaiser, fuhr Bismarck fort, will der Große werden — möge ihm Gott die Gabe dazu verleihen! Aber ihm fehlt es an Augenmaß und Rechtsgefühl: das Gefährliche in seinem Tharakter ist, daß er dauernd keinem, augenblicklich j e d e m Einfluß zugänglich ist und alles sofort zur Tat werden läßt, womit jede Stetigkeit aufhört. Wenn wir päter einmal das Unglück haben sollten, einen Krieg -ähren zu müssen, so wird er die oberste Leitung nicht aus )er Hand lassen und das kann furchtbar werden. Es kann ein, daß Gott für Deutschland noch eine zweite Zeit des Verfalls vorhat, ja daß eine Republik kommt, aber sicher wird wieder eine neue Ruhmeszeit anbrechen. — Die Unterredung fand im März 1893 in Friedrichsruh statt.
Die Schlacht am Tannenberg in England. Den großen Herbstmanövern im Lager von Aldershot in England wird der Schlachtenplan Hindenburgs und Ludendorffs von Tan- nenbera zugrunde gelegt.
Todesfall. Der erste Vorsitzende des Verbands kakholl scher Jugend- und Iungmännervereine Deutschlands, Präla Moskerts, ist in Lausanne im Alker von 52 Jahren gestorben
Einbruchsdiebstahl beim Haupkzollamk in Karlsruhe. In Hcmptzollamk in Karlsruhe wurde in der Rocht zum 26. Aug --in schwerer Geldschrankeinbruch verübt. Die Diebe erben .eken Skeuerwerlzeichen im Werk von mehr als 30 000 Mk
Schweres Brandunglück in einem badischen Dorf. In der Nacht zum Dienstag ist in dem Dorf Dittwar bei Tauberbischofsheim in einer Scheune ein Feuer ausgebrochen, das große Ausdehnung annahm. Nach kurzer Zeit standen 4 Wohngebäude mit den angrenzenden Wirtschaftsgebäuden in Flammen und brannten bis auf den Grund nieder. Große Erntevorräte sind durch das Feuer vernichtet worden. Die Entstehungsursache des Brandes ist noch nicht bekannt.
In Wien ist die Holzwarenfabrik der Gebrüder Schwarzhuber A.G. fast ganz niedergebrannt. Der Schaden beträgt rund eine halbe Million Mark.
Waldbrände in Frankreich. In den Waldungen von acht Gemeinden bei Bordeaux und bei Toulon sind infolge der Hitze Waldbrände ausgebrochen, die mit Hilfe des Militärs unterdrückt werden mußten. Der Schaden ist bedeutend.
Mißgeschick des Schwimmers Kemmerich. Von besonderem Mißgeschick wurde bei dem Durchschwimmen des Aer- melkanals der schleswigsche Schwimmer Otto Kemmerich (in einigen Berichten heißt er Kemmerer) betroffen. Nachdem er von Kap Grisney aus 6 Stunden 12 Minuten mit erstaunlicher Schnelligkeit geschwommen war, schrie er plötzlich auf. Sein Einüber und seine Freunde, die ihn im Schiff begleiteten, sahen, daß er von einem großen Fisch, sei's einem Hai- oder Dog- oder Braunfisch, angegriffen wurde. Sie warfen Stöcke ins Wasser, um den Fisch zu vertreiben, und ließen ein Boot herab, das den Schwimmer aufnahm. Er schien große Schmerzen zu leiden und war halb bewußtlos. Der Fisch hatte ihm an der unteren Magengegend einen starken Schlag verseht. Am englischen Festland wurde Kemmerich von einem Arzt behandelt. Es geht ihm wieder besser.
Haifische im Tyrrhenischen Meer. Nachdem kürzlich in Varazze an der ligurischen Küste ein Badegast von einem Haifisch gepackt und in die Tiefe gezogen war, melden jetzt dft Zeitungen das plötzliche Verschwinden von zwei jungen Mädchen bei Livorno. Die beiden Badenden, die sich gestern im Boot eine Strecke weit vom Strand entfernt hatten, stießen plötzlich Schreckensruse aus und verschwanden dann in der Tiefe. Man nimmt in Livorno allgemein an, daß sie Haifischen zum Opfer gefallen sind,.die dieses Jahr im Mit- relmeer häufiger als sonst auftreten. Auch im Adriatischen Meer sind kürzlich einige Menschen von Haifischen gefressen worden.
Zerstörung des „Eva-Grabs" in Medina ed Dscheddah.
Wie aus Kairo gemeldet wird, ist eines der ältesten Baudenkmäler Arabiens, das Grab der Stammuter des Menschengeschlechts in Medina ed Dscheddah, zerstört worden. In dieser Hafenstadt des Roten Meers, wo die nach Mekka reisenden Pilger zu landen pflegten, soll, so will es die Ueberlieferung, Eva zu ihrem letzten Schlaf die Augen geschlossen haben. Die Gläubigen verweilten, bevor sie ihre Reise zu den heiligen Stätten Mohammeds fortsetzten, häufig am Fuße zweier schmuckloser Mauern, um dort in stillem Gebet zum Geist der Menschenmutter zu sprechen. Dies aber erschien Jbn Saud, dem puritanischen Sultan der Wa- habiten, als eine Entweihung, als eine illoyale Konkurrenz, mit dem heiligen Grabe in Mekka, und so ließ er trotz der flehentlichen Bitten der Bewohner Medinas das Grabmal dem Erdboden gleichmochen.
Die größte Stadt der Welt, dem Flächenumfanq nach, W Berlin mit 87 800 Hektar, dann folgen Neuyork mit 84 600, London, das die größte Einwohnerzahl hat, mit 30 200 und Paris mit nur 7980 Hektar. In Berlin fällt fast die Hätfte der Fläche auf Bauland, nämlich 14,8 v. H. auf bebautes und 33,6 v. H. auf noch unbebautes.
Körperkultur und Jugendbewegung
Kiens ssns in corpore ssno! Nicht immer hat der Leitspruch der Römer, daß der gesunde Menschenverstand in einem gesunden Körper seinen Wohnsitz habe, unbedingte Anerkennung gesunden. Es hat zwar Zeiten gegeben, die den Körper zum Gegenstand eines Kultus gemacht und die harmonische Ausbildung aller physischen Kräfte als die Vorbedingung einer Kultur des Geistes betrachtet haben, andererseits können wir m der Geschichte auch Epochen seststellen, in der gegen die Pflege des Körpers mit größter Hartnäckigkeit gewütet wurde. Vielfach ist die Stellungnahme, die der Mensch dem eigenen Körper gegenüber beobachtet, stark von der religiösen und sittlichen Anschauungswelt beeinflußt. Während das Altertum dem körperlich Schönen den Vorrang einräumte, brachte das asketische Christentum dem Körper, dieser sterblichen Hülle des unsterblichen Geistes, eine unsägliche Verachtung entgegen. Die Vernachlässigung und Geringschätzung des Leibes galt häufig geradezu als eine gottgefällige Tat.
Wir lächeln heute über die Gepflogenheiten hinter ui liegender Epochen, vergessen aber darüber nur zu oft, daß w selber noch von den verschiedensten Vorurteilen gerade in bez> aus die Körperkultur befangen sind. Es ist noch nicht gar < her, daß auf unseren höheren Schulen der körperlich! Ausbildung der Zöglinge nur sehr geringe Bedeutung beigele wurde. Wir, die wir vor etwa einem Menschenalter die Schu Amk drückten, bekamen zwar viele schöne Worte über d Kampfspiele und die Körperkultur der Griechen zu hören, abi es blieb beim Worte. Die Jugend mochte sich an der Gymnasti der Alten ergötzen, aber sie brauchte den Alten nicht nachzueifer Inzwischen hat sich manches in den Lehrplänen der Schule geändert. Dazu kommt, daß die Jugend ihre Sache in die eiger Hand genommen und sich dem Sport und dem Wandern zug wandt hat, ohne zuvor die Genehmigung einer oberen Schu behorde einzuholen. Denn es ist nun einmal die Besonderhe der Jugend, daß sie anders sein will als die Alten und sich m leichter Geste über die Wesensart ihrer Vorgänger hinwegsetz und es ist oftmals gut so. Es gäbe keinen Fortschritt, kein Erweiterung unseres geistigen Horizonts, wenn wir an dl ^ravition hangen blieben und das, was uns als Wahrheit gi presst wird, kritiklos als solche hinnehmen würden.
Jugend ist nicht nur aufnahmefähiger als das Alte Dinge auch unbefangener, ihr Blick ist dur.
^Eckrille getrübt, ihr Denken durch keine geistige eingeengt. Es ist der tiefe Sinn der Iugendb, lWs-n' 'P- Zweck und ihr Ziel, eine neue Körperkultur z -ilkT-on ' will hinaus ins Freie, ein naturgemäßes Lebe nickt Enge der Schule und des Elternhause
unk Darüber hinaus schwebt ihr, meist unkla
vor 9/„ni>n ewe Reform der gesamten Lebensführun
önk-nf? m-i- * ?eue Ethik, auch eine neue Sexualethik. Je ki-s- genommen, mich mit Wandervögeln übe
^ unterhalten, und ich habe staunen müssen übe
9N-ik>l°in nur — „Aufgeklärtheit" vieler Männlein un w» sagten mir, daß man große Leidenschaften d/Ä r "w kleinen Emotionen ausschalten muss, a sie niir Trübsal über uns brächten und uns frühzeitig ab
stumpften. Andere wiederum hielten es mit ver Enihaltfamlieit von Alkohol und anderen Reiz- und Genußmitteln. Man müsse überhaupt so naturgemäß leben, daß man alles, was auch nur nach „Verführung" riecht, aus seinem Denken ausschaltet.
Dagegen läßt sich nichts Wesentliches einwenden. Leider oder Gott sei Dank sind wir aber keine Automaten, die auf fest begrenzte körperliche und geistige Bewegungen eingestellt sind. Es bseibt überhaupt eine offene Frage, ob die Reizmittel in jeder Lebenslage zu entbehren sind. Zweifellos können sie Verwüstungen anrichten, sofern sie im Uebermaß genossen werden. Es hieße aber, das Problem am falschen Ende anpacken, wenn man sie, um die Jugend vor der „Versuchung" zu bewahren, überhaupt verbieten wollte. Man könnte mit derselben Berechtigung und Folgerichtigkeit auch die Abschaffung der Kunst sordern, weil sie geeignet sei, sexuell anzuregen. Auch mit der Philosophie hat es sein Bewenden. Schon im Altertum wurden die Phiiosophen als Iugendoersührer bezeichnet. Und so geht es weiter. Schließlich ist das ganze Kulturleben eine einzige Anomalie. Darum fort damit!
Eine auf vernünftigen Grundsätzen beruhende Körperkultur sollte sich von jeder Prinzipienreiterei fernhalten. Die Bedürf. nisse der einzelnen Menschen — die geistigen wie die animalischen — sind so außerordenilch disserenziert, daß sich in dieser Beziehung überhaupt keine einheitlichen Richtlinien aufstellen lassen. Die gesamte Lebenshaltung ist schließlich Sache des Geschmacks, über de» sich bekanntlich nicht streiten läßt. Gerade die Jugend kann s-ch nur dann i» ihrer Eigenart entwickeln und auslebeu. wenn sie sich möglichst wenig mit Prinzipien be- las-rt und sich nun jeglichem Sektier" .nni srcihält.
Abschied.
Teure Heimatgemeinde, liebe Missionsfreunde in Nagold und Umgegend!
Als einer aus Eurer Mitte ist es mir ein tiefes Bedürfnis, vor meiner Wiederausreise nach China, die am 6. September stattfinden soll, Euch allen einen herzlichen Abschiedsgruß zuzurufen. Hum Drittenmal sendet der große Herr der Ernte uns — meme Frau und mich — hinaus nach China, wo wir seit mehr als 25 Jahren in der Arbeit des Reiches Gottes stehen durften. Mit Freuden folgen wir aufs neue dem göttlichen Ruf: »Gehet hin in meinen Weinberg', und die vielen, liebevollen, brieflichen Einladungen der Christen unseres weiten Arbeitsgebietes in Stadt und Land, »doch bald wiederzukommen", sagen uns deutlich, daß unsere Arbeit im fernen China, wo das arme Volk unter so mancherlei Druck und Not klagt und seufzt, noch nicht beendet ist. Gerne hätte ich während meines Urlaubes meinem tiefgefühlten Wunsch und den freundlichen Erwartungen vieler wohlbekannter Freunde und Gönner der Missionssache in China entsprochen und Mitteilungen gemacht von den vielen Taten Gottes unter den Heiden. Leider bot sich keine Gelegenheit. Nur eins möchte ich noch erwähnen:
Der treue Gott hat sich zu Seinem lebendigen Wort bekannt, Seine untrüglichen Verheißungen wahr gemacht und viele unglückliche Heidenherzen durch die Kraft des Evangeliums von Jesu Christo, dem Gekreuzigten, aus dem Elend der Trostlosigkeit ihres alten, verkehrten, sündigen Lebens zur gewissen Hoffnung des ewigen Leben geführt. In schweren Zeiten jeglicher Art hat er uns nicht verlassen, aus vielen Lebensgefahren gnädiglich errettet und uns nach so mancher Seite hin Beweise Seiner herrlichen Gnade geschenkt. Dafür sei Ihm auch an dieser Stelle Preis und Dank gesagt. Er wird weiter vor uns her gehen. Seine Sache weiter fördern und noch größere Segnungen schenken.
Schwere Heimsuchungen sind auch in letzter Zeit über das Chinesenvolk ergangen. Krieg in verschiedenen Teilen des Landes, ungeheure, alles verheerende Ueberschwemmungen, die anhaltende und sich immer weiter ausbreitende Räuberplage und ansteckende Krankheiten haben unsägliches Elend verursacht. Dies alles trägt nur dazu bei den alten Mazedonien-Ruf: »Kommt herüber und helft uns!" noch stärker uns in Herz und Ohr erklingen zu lassen und demselben auch mit Freude zu folgen. Die vielen Jahre, die wir draußen haben in ununterbrochener Arbeit stehen dürfen, geben uns viele Beweise, daß der göttl. Meister, der seine Knechte sendet, auch in den größten Schwierigkeiten und Unruhen jeglicher Art seine Sache nicht nur zu erhalten, sondem auch zu fördern vermag und Segen schenken kann über Bitten und Verstehen. Trotz dunkler Wolken am politischen Himmel Chinas berechtigest die Aussichten der Mission zu den besten Hoffnungen. Seit vielen Jahren ladet dort in Tschangscha der Hauptstadt der Provinz Hunan ein „Nagolder Glöcklein' von sieben Missionssreunden gestiftet, täglich ein, die Botschaft des Lebens zu hören. Es trägt die sinnreiche Inschrift: „Kommt und folget Jesus!" Das Glöcklein wird weiter seine Stimme erschallen lasten und noch manche irrende Heiden Herbeirusen den Weg des Lebens zu gehen.
Darum empfehlen wir uns gerne auch ferner Eurer gläubigen Fürbitte und bitten um Eure Liebe zu diesem von Gott gegebe nen und gewirkten heiligen Werke der Verherrlichung seines Namens unter den Heiden m China. Die Zeit ist kurz und es kommt die Nacht, da man nicht mehr wirken kann. Niemand soll müßig am Markte stehen. Auch heute noch gilt: „Tut Eure Hände nicht ab, werdet nicht müde, denn Euer Werk hat seinen Lohn'.
Auf Wiedersehen !
In heimatlicher Liebe und Verbundenheit
Eure Missionsgeschwister
Chr. Wohlleber u. Frau.
Jeder Stand ist falsch gestellt, der zu Druck »«- Verachtung des andern führt, und hat eine falsch« und schcwliche Gewalt, wenn er Druck und Verachtung gegen ander« üben kann. Stein.