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Nr. 188 Gegründet L826 Donnerstag, den 26. August 1926 Fernsprecher Nr. 2S _ 106. Jahrgang

Neue Todesurteile in Angora

Angora, 25. August. Das Unabhängigkeitsgericht hat im zwecken Verschwörerprozeß folgende Urteile gefällt: die An­geklagten Djavid, Dr. Nasim-Bej, der Abgeordnete von Ar- dachan, Hilmk-Bej und Nail-Bej werden zum Tode durch den Strang verurteilt. Ressif-Bej erhält lebenslängliche Ge­fängnisstrafe. Der gesamte Besitz aller nationalen Verbände, die von der Jungtürkischen Partei gegründet wurde», wird beschlagnahmt.

Uruguay und Rußland

Montevideo, 25. August. Die Regierung von Uruguay hat die amtliche Anerkennung der Räterepublik a usgespro­chen. Die diplomatischen Beziehungen werden unverzüglich aufgeuornmen.

Die Flüchlljngsanleihe für Bulgarien Sofia, 25. August. Die bulgarische Regierung nahm das Angebot der Bank von England, dir Flüchtsingsanleche unter den vom Finanzausschuß des Völkerbunds festgesetzten Be­dingungen und bei entsprechender Sicherstellung mit 460 006 englischen Pfund zu bevorschussen, an. Die Verhandlungen mit den Schatzinhabern der alten Anleihen verlaufen günstig.

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A eberfall auf Polizei beamte Berlin, 25. August. In Wanne-Eickel überfielen gestern nacht mehrere Leute eine Polizeistreife. Ehe die Beamten sich gegen die Uebermacht zur Wehr setzen konnten, wur­den sie niederae stochen. Einem Beamten wurde die

Schädeldecke vollständig zertrümmert. Er erhielt auch mehrere Lungenstiche. Der andere Beamte wurde eben­falls schwer verletzt. Anscheinend handelt es sich um eine» planmäßigen Uebersall, da vorher keine Auseinander­setzungen vorgekommen ist. Acht Täter konnten sestgenom- me« werden.

Die Sicherheit der Reichsbahn Berlin, 25. August. Die demokratische Reichstags­fraktion hat das Unglück bei Hannover zum Anlaß ge­nommen, an die Reichsregierung eine Anfrage über den Stand der Sicherheit^ und Rettungsvorrichtungen aus der Reichsbahn zu richten.

Der Linheilsverband der Eisenbahner Düsseldorf, 25. August. In einer Versammlung de» Vorstands und des Beirats des Einheitsverbands der Eisenbahner Deutschlands wurde die Forderung erhoben» daß der Reichsregierung ein weitgehendes Auffichtsrecht über die Leitung und Verwaltung der Reichsbahn einge­räumt werde, damit die Rechte des Personals besser ge­wahrt würden. Zur Frage der Verschmelzung der Be­amtenverbände wurde verlangt, daß die Vereinigung, wenn sie zustande kommen sollte, auf gewerkschaft­licher Grundlage erfolgen müsse. Die Beamten müßten mit republikanischem Geist erfüllt werden.

Eine weitere Forderung ging dahin, daß der achtstün­dige Arbeitstag einheitlich für alle Arbeiter, Angestellte» und Beamten festgelegt werden soll.

Dagesfpiegel

Den Teilnehmern an den Pilgerfahrten nach Assisi und Rom sin- Pässe zur Reise nach Italien gebührenfrei, ausz«- stellen, vorausgesetzt, - die Bewerber in dem Besitz eines vom Zentralkomitee -er deutschen Katholiken in Würzburg ausgeferkissten Ausweises sind.

Der deukschnationale Reichsparkeitag sindek vom 8. bis 1V. September in Köln statt. Die Parteileitung besprach in einer Sitzung in Berlin Ne politische Lage.

Die Filmoberprüfstelle hak den Moskauer FilmDie Bucht des Todes" verboten.

Zn Preußen so« die Besoldung der Polizei neu geregelt werden.

Der belgische Ministerrat hat beschlossen, m den Bezirken LjjxA und Malmedy Ne belgischen Gesetze einzuführen.

Ein englischer Krvnrat im Schloß Balmorat beschloß den Rellandsausruf.

Der gewesene griechische Diktator Pangalos ist aus Ne Ausek Aegina gebracht worden.

In der Richtung von Saloniki wurde in Bulgarien star­ke: anonendonncr vernommen. Es scheint, daß es in diesem nv tlichen Teil von Reu-Griechenland doch wegen des Pi es in Athen zu Kämpfen gekommen ist. Die bulgarische Re -ung hak zur Sicherheit die Grenzposten verstärkt.

Die finnische Regierung hat sich bereit erklärt, mit Sow­jet stand in Verhandlungen über ein Abkommen cinzu- trele.i, daß beide Länder Wh nicht angreifen.

Än spanischen Heer hak eine neue Verordnung über die Beförderung der Pionier- and Artillerieoffiziere. Ne dem Dienstalker nicht Rechnung trägt, starke Unzufriedenheit her­vorgerufen. Der Generalinspektor der Pioniere General Monkero ist verhaftet worden. Alle Pionierossiziere er­klärten sich mit ihm eins. Das Pionierkorps soll nun auf­gelöst werden.

Der Leiter der bolschewistischen politischen Geheimpolizei (Tscheka) in Twer. ValNn, hat Selbstmord begangen. La er fürchtete, wie Dserschinski ermordet zu werden.

Die Arbeitsbeschaffung

Das Arbeitsbeschaffungsprogramm der Reichsregierung ist in seinem Aufbau gewiß aller Anerkennung wert. Er­freulich ist es, daß Ne Reichsbahn stattliche Aufträge ver­geben will, daß weiter für den Wohnungsbau größere Summen als bisher bereit gestellt werden, Laß man die Bodenkultur fördern und gute Landstraßen bauen will. Aber bereits im Unterausschuß des Reichstags, der sich in voriger Woche mit diesen Dingen befaßte, ist gesagt worden, daß man auch in Zukunft mit einer Fortdauer großer Arbeits­losigkeit rechnen müsse. Und so wird man, ohne den Wert der Notstandsunternehmung herabzusetzen, doch feststellen dürfen, daß hier wohl eine Milderung der Erwerbsnot in Aussicht steht, keineswegs indessen endgültige Ab­hilfe. Nach wie vor bleibt es eine der dringlichsten Auf­gaben unserer Wirtschaftspolitik, mehr Arbeit zu beschaffen und den wichtigsten Faktor der Erzeugung, die menschliche Leistungsfähigkeit, stärker auszuwerten.

Der Arbeitsmangel betrifft zu einem großen Teil ge­lernte Facharbeiter und nicht wenige Angehö­rige höherer Berufe. Für den Augenblick möchte es den hauptsächlich notleidenden Bezirken eine ganz angenehme Entlastung sein, ihre Erwerbslosen an die Notstandsarbeiten des Arbeitsbeschaffungsprogramms abgeben zu können. Je­doch ist es ganz klar, daß diese Hilfe für den Augenblick noch keine wirkliche Antwort auf die große Wirtschaftsfrage der .zweckmäßigsten Ausnutzung unserer deutschen Arbeitskraft ist. Als Volk von mehr als 63 Millionen, .zusammengedrängt auf einem verhältnismäßig kleinen Gebiet, das zudem wert­voller Produktionsgebiete von Lebensmitteln und Rohstoffen beraubt ist, sehen wir in unserer Arbeitskraft den entscheiden­den Träger einer Oualitätsleistung, die uns selbst unter der Herrschaft vom Versailler Vertrag und Dawesplan die Lebenshaltung einer großen Kulturnation sichern soll. Für die Industrie bedeutet das die Notwendigkeit, den Ar­beiter möglichst gediegen auszubilden und bei gründlichster Ausnutzung des einheimischen Materials möglichst hoch­wertige Waren für die Ausfuhr herzustellen. Im Bereich der Bereich der Landwirtschaft ergibt sich die Not­wendigkeit von Intenstv-Kulturen bei reichlicher Maschinen­verwendung. Wir müssen beizeiten daran denken, daß wir chenso wie die Engländer, die Belgier, die Franzosen in A Produktion durchschnittlicher Massenware gegenüber dem Wettbewerb billiger Kuliarbeit Indiens, Chinas und Japans über kurz oder lang weltwirtschaftlich ins Hintertreffen mmnien werden. Aussichtsreich bleibt für uns auf dem Weltmarkt allein die hochwertige Leistung, die von dem Arbeiter Persönlichkeit verlangt, wie sie sich nur auf eurem bestimmten Stand geistiger und materieller Kultur de rausbilden kann, weshalb wir auf solchen Gebieten den Wettbewerb der seit jeher bedürfnislosen Masten in den tropischen und subtropischen Ländern kaum jemals ernstlich kr befürchten haben werden.

Von diesem Standpunkt aus gesehen, gewinnt Ne Auf­gabe der Arbeitsbeschaffung ganz andere Prägung. Arbeits- oelwokfuna beißt in erster Linie, daß ein ieder Oiiasitäts-

arbeiter nach seiner Leistung beschäftigt und möglichst in seinem Können und dessen Anwendungsbereich noch gehoben wird. Dem Facharbeiter einfach den Spaten in die Hand zu drücken, ist ein Notbehelf, aber keine Arbeitsbeschaffung, und erlaubt unseren Wirtschaftspolitikern noch keineswegs, diesen Mann schon fürversorgt" anzusehen. Es wäre schlimm, wenn wir feststellen müßten, daß auf den internationalen Absatzmärkten keine Aufnahmefähigkeit und keine Aufnahme­bereitschaft für deutsche Waren mehr vorhanden sei. Dann wäre Ne Lage freilich recht trostlos. So schlimm steht ee aber mit unseren Aussichten auf Absatz noch nicht. Gerade die Wichtigsten und wertvollsten Erzeugnisse unserer Arbeit, Maschinen, Chemikalien und hochwertige Gebrauchsgüter be­gegnen allenthalben in der Welt, je mehr deren Industrialisie­rung und Zivilisieruno nach europäischem Muster vorwärks- schreikek, zunehmenden Bedarf. Erforderlich ist nur, daß wir einesteils preiswert liefern, andernteils den Kreditwünschen unsrer Auslandskunden mindestens so weit entgegenkommen tonnen, wie unsre englischen und amerikanischenWettbewerber. Arbeit zumal für den Facharbeiter ist heute durch Auslands­aufträge noch zu beschaffen, wenn erstens unsere Gestehungs­kosten weiter verbilliai, zweitens die Exportkredite ausgebaut, drittens moderne Werbemethoden im Außenhandel plan­mäßig Nrrchgeiührt werden. Der erste Punkt ist der wichtigste Abbau der Produktionskosten. Das bedeutet vor allem weiteren energischen Steuerabbau. Dieser ist durchaus möglich, wie uns der vom Reichsfinanzminister selbst an­gepriesene Ueberschuß der Reichseinnahmen beweist. Um sc eher müßte dem groben Unfug ein Ende gesetzt werden, der den Unternehmungen durch übermäßige Steuern erst dse Betriebsmittel entzieht und sie hierdurch zu Arbeitsverkür- zungen zwingt, um dann mit diesem GeldNotstandsaktionen" ernzuleiten. Das Erwerbslosenelend würde heute nicht sc groß sein, wenn man das Betriebskavital der Wirtschaft nicht erst geschröpft hätte, um Ueberschüsse zu machen.

Wünschenswert ist schließlich auch ein flotteres Tempo. Die hohe Bureaukratie der Berliner Zentralbehörden hat leider die besten Monate des Jährs für Arbeiten im Freien ungenützt verstreichen lassen. Die Privatwirtschaft wird ihr eigenes Arbeitsbeschaffungsprogramm wohl schneller in- Werk setzen, vorausgesetzt freilich, daß man baldiast die Zu­stände ändert, die es auch heute noch fast als eine Strafe erscheinen lasten, Unternehmer zu sein.

400 Jahre deutsche Landeskirchen

ep. Am 27. August begehen Ne deutschen Landeskirchen ein Jubiläum, das mit gewissem Recht der 406. Geburtstag der evangelischen Kirchen in Deutschland genannt werden darf. Am 27. August 1526 wurde in Speyer von den deut­schen Ständen der Reichstagsbeschluß unterzeichnet, der ihnen in seiner Auswirkung nicht nur die Beibehaltung der bereits eingeführten Neuerungen in Glaubenssachen, sondern auch tatkräftige weitere Förderung der Reformation ermöglichte. Kaiser Karl V. hatte für den Reichstag die Durchführung des Wormser Edikts vorgesehen, durch das beim Wormser Reichstag Luther in Ne Reichsacht erklärt worden war. Do Karl selbst in kriegerische Auseinandersetzungen mit Sem Papst verwickelt war und deshalb qn der Tagung nicht tell- nehmen konnte, nahm der Reichstag infolge des Ueber- gewichts der evangelischen Reichsstände einen unerwarteten Verlauf. In dem Reichstagsabschied vom 27. August wird Len Ständen Ne Freiheit gegeben, Ns.zum nächsten Konzil oder zu einer Nationalversammlung .in Sachen, so das Edikt, durch kaiserliche Majestät auf dem Reichstage zu Worms lusgegangen, berühren möchten, für sich also zu regieren und »» kalten, wie ein jeder solches gegen Gott und

kaiserliche Majestät hoffet un- vertrauen z» verantworten".

Dieser Reichstagsabschied, der bei der schwerwiegende» außenpolitischen Lage des Reichs Ne Entscheidung über die Kirchenfrage zunächst hinausschieben sollte, wird seiner ge­schichtlichen Wirkung nach von Ranke mit Recht als Ne gesetzliche GrunNage der Ausbildung der deutschen Landes­kirchen beurteilt. Er ist fraglos das wichtigste Ereignis für Ne äußere Entwicklung der Reformation seit dem Erlaß des Wormser Edikts.

Neuestes vom Tage

Reichstagsabgeordnele in Genf

Berlin, 25. August. Wenn die deutsche Abordnung .zur Völkerbundstagung nach Genf abreist, wird sitz, wie derVorwärts" erfährt, auch von Reichstagsab- geordneten begleitet sein, und zwar seien seitens der Sozialdemokratie Dr. Breitscheid, vom Zentrum Dr. Kaas uno von der Deutschen Volkspariei Frhr. o. Rheinbaben irr Aussicht genommen.

Zweite halbjahrszahlung aus der Industriebelaslung

Berlin, 25. August. Die Bank für Deutsche Jndustrie- verschreibungen hat heute die zweite Halbjahrszahlung der Industriebelastung in Höhe von 62,5 Millionen Goldmark dem Dawesagenten überwiesen.

Schluß des Katholikentags

Breslau, 25. August. In einer Versammlung des Volks­oereins für das katholische Deutschland führte Reichskanzler Dr. Marx in einer Rede aus: Vom wahren demo­kratischen Gei st -erspüre man noch sehr we­nig i n D e u ts ch la nL; zu sehr herrsche der Geist des In­dividualismus, der den Gemeinsinn ersticke. Die meisten ver­stehen unter Demokratie die Erwerbung äußerer Rechte und Freiheiten, wahre Demokratie verlange aber auch Pflichterfül­lung. Es sei nicht staatsfördernL, wenn man die Regierungs­gewalt täglich herabsetze, und wenn man diejenigen. Ne über die Einrichtungen des Staats anderer Meinung sind, mtt Hohn und Spott verletze. Es verrate keine Staatsgesinnung, wenn einzelne Berufsstände kurzsichtig nur ihre eigenen Ju­teressen vertreten oder wenn an den Staat Forderungen (Aufwertung) gestellt werden, die er nicht erfüllen könne. Es wäre unerhört, wenn das deutsche Volk aus Mangel a» echter Staatsgesinnung selbst dazu beitragen würde, Nr Wiederaufrichtung des wirtschaftlichen und staatlichen Le- bens M verhindern.

In einer dritten Versammlung sprach Studienrat Dr. Honig-Liegnitz überDas gute Buch". Ae schlechten Bücher entziehen sich mit Vorliebe dem berufsmäßigen Buch. Handel. Sehr stark besucht war Ne Frauenversamm- lung, in der Frau Klara Siebert (Boden) un- Pater Miknach sprachen. In der Versammlung der katholische« Lehrer und Lehrerinnen feierte Kardinal Ber­tram die katholische Lehrerschaft.

Eine vom Katholikentag angenommene Entschlie­ßung begrüßt die stärkere wirtschaftsiche Betätigung der Reichsregierung mit dem Zweck der Hilfe für die Erwerbs­losen, Stellenlose«, Abgebauten usw. Sie erhofft von der beschleunigten Durchführung der die Produktion fördernde« Gesetzgebung eine Befestigung des landwirtschaftlichen Be­rufsstandes, eine auskömmliche Beschäftigung der Industrie und eine Belebung des Handwerks und des Handels.