Sette S - Nr. ISS

Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Freitag, LS. August 1S2S

Aus Stadt uud Land

Nagold, 20. August 1926.

Es gibt Menschen, die vor lauter Bortrefflichkeit unausstehlich sind.

ex>, Schutz der Jugend bei r Eine Denkschrift

der vereinigten Schausteller, WaittecrirHs-, Würfel- und Lotteriebudenbesitzer an den Reichslag ist außerordentlich beachtenswert. Die Schrift, die diehohe volkswirtschaftliche' Bedeutung" der beteiligten Gewerbe nachweifen soll, ist tat­sächlich viel eher geeignet, Bedenken gegen die überaus weite Verbreitung dieser Betriebe zu erwecken, die teilweise «inen nicht einwandfrei zu nennenden Vergnügungscharakter tragen und dadurch unter der Jugend schon erhebliches Un­heil gestiftet haben. Nach dieser Aufstellung gibt es in Deutschland 500 000 Wandergewerbeunternehmungen, von denen 200 000 aus Volks- und Schützensesten und Jahrmärk­ten Vergnügungsbuden unterhalten. Es leben eine Million Menschen von diesen Unternehmen. Der Gesamtwert des in diese Betriebe hineingesteckten Kapitals beläuft sich auf 160 Millionen Mark. 30,6 Millionen werden jährlich von ihnen «n Lustbarkeitssteuern (!), 18,5 Millionen an Umsatzsteuer, !7,4 an Wandergewerbesteuer, 22,5 an Frachtspesen aufge­bracht, Kosten, die selbstverständlich auf das Publikum ab­gewälzt werden müssen. Diese Zahlen zeigen, welch wirk­samen Faktor im Volksleben die betr. Betriebe bilden und wie nötig besondere Maßnahmen für Jugendschutz gegen­über den bedeutenden sittlichen Gefahren gewisser Art von «Volksvergnügungsstätten" sind.

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Gaugenwald, 19. Aug. Hagelschlag. Nachdem unsere Ge­meinde den ganzen Sommer von Unwettern verschont geblieben war, hat das Gewitter, das am Dienstag Nachmittag um */»4 Uhr bei uns niedergegangen ist, noch ziemlich Schaden verur­sacht. Es war von heftigem Hagel begleitet und hatte strich­weise in unserer Markung die Ernte bis zu 50 Prozent vernichtet. Leider war vielfach noch ganz wenig von der Ernte unter Dach. Die Hagelkörner, in der Größe von Taubeneiern, haben überall auch an den Obstbäumen viel vernichtet.

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Calw, 19. Aug. Kirchensteuer. Das Bestreben des ev. Kirchengemeinderats ist, in diesem Jahre die Kirchensteuer so niedrig wie möglich zu halten. Da infolge Verlustes der Stiftungs­kapitalien auch die Zinsen weggefallen sind, bestehen die Ein­nahmen in der Hauptsache aus Opfern. Wenn in früheren Jahren durch diese erwähnten Zinsen in Gemeinschaft mit den Opfern sämtliche Auslagen bestickten werden konnten, so müssen die Ausgaben Heuer durch Steuern gedeckt werden. Nach dem Voranschlag ergibt sich ein Abmangel von >2000 Mk., der durch die Ortskirchensteuerumlage hereingebracht werden muß. Ent­gegen dem Vorjahr ist in diesem Jahr die Kirchensteuer um ein Wesentliches geringer.

Calw. 19. Aug. Ersatz svon Kirchenglocken. Im

Oberamt Calw mußten am Ende der Kriegszeit 33 Kirchen­glocken abgeliefert werden. 25 dieser Glocken sind wieder neu beschafft und geweiht worden. In Calw fehlt noch die 4. Glocke, zu deren Ersatz durch der Kirchengemeinde ein Fonds angelegt wird. Im ganzen Bezirk hatten nur 2 Gemeinden 4 Glocken, nämlich Calw und Deckenpfronn.

Höfen an der Enz» 19. Aug. Glücklich abgelaufen. Eine gefährliche Fahrt, die wie durch ein Wunder ohne Unglück abgelaufen ist, machte gestern vormittag der Chauffeur eines hiesigen Lastautos. Auf dem Heimweg von Dobel nach Höfen brach auf der stark geneigten Straße beim Mosebrunnen, etwa 1 Klm. vor dem Ende der Steige, die Hintere Achse, wobei das Hinterrad sich löste und die Bremse gebrauchsunfähig wurde. Der glücklicherweise leere Wagen fuhr nun auf drei Rädern mit großer Geschwindigkeit zu Tal und konnte erst auf der Ein­drücke zum Stehen gebracht werden. Ein besonderes Glück ist eS zu nennen, daß die sonst stark befahrene Straße um diese Zeit von Fahrzeugen frei war, sonst wäre ein schwerer Unfall unvermeiduch gewesen.

Conweiler, 19. Aug. Lebensmüde. Der 81 jährige Zimmer­mann Gottfried Bischer hat am Dienstag seinem Leben durch Erhängen ein Ende gesetzt. Mit ihm ist ein fleißiger, treuer Mann dahingegangen, der überall beliebt und angesehen war und dessen tragisches Ende allen unbegreiflich ist. Da er keine Lebenssorgen hatte, ist sicher anzunehmen, daß er in einem An­fall geistiger Umnachtung, die in letzter Zeit verschiedentlich an ihm zu beobachten war, zu der unseligen Tat geführt wurde. In der Gemeinde ist ihm ein ein ehrenhaftes Gedenken gewiß.

Wildbad, 19. Aug. Hohes Aller. Am Mittwoch konnte die äl­teste hies. EinwohnerinChristine Hammer, Wegwarts-Wwe., ihren 90. Geburtstag feiern. Die Jubilarin ist körperlich und geistig noch außerordentlich frisch und legt täglich den beschwerlichen Weg von der Laienbergstraße zur Eberhardsruhe zurück, um ihren kranken Sohn zu besuchen.

Rohrau, 19. Aug. Unwetter. Unsere Ortschaft wurde am letzten Dienstag durch ein Gewitter verbunden mit einem orkanartigen Sturm und wolkenbruchartigem Regen heimgesucht. Die Erntearbeiten, die in vollem Gange waren, mußten unter­brochen werden. Aber auch durch den Sturm wurde besonders an den Obstbäumen starker Schaden angerichtet, der umso em­pfindlicher iit, da der Behang an und für sich sehr spärlich war. Das Getreide liegt wie gewalzt am Boden, sodaß dessen Ab- erntung sich schwierig gestalten wird. Die Stangenhopfengärten bieten in ihrem Durcheinander ein trauriges Bild.

Bondorf» 19. Aug. Anfülle. Der 45jährige Fuhrmann Georg Kuß maul, genannt Schorsch, zog sich durch eine kleine Verletzung am Fuß eine Blutvergiftung zu, die am Montag eine Ueberführung in das Nagolder Krankenhaus vonnöten machte. Trotz der sofortigen Operation ist sein Zustand be­denklich. Am selben Tag zog sich der Gottlob Rühle durch einen Trunk Wasser eine so schwere Mazenverletzung zu, daß er in der Tübinger Klinik künstlich ernährt werden muß. Der 20jährige Sohn des hier ansässigen Hilfswärters Ehr Müller ist, wie aus Mannheim gemeldet wird, durch einen Unglücks fall ums Leben gekommen.

Horb, 19. Aug. Die verschuldete Krankenkasse. Die

vom Gewerbeverein Horb auf gestern abend ins Hotel Bären einberufene Protestversammlung wegen Erhöhung der Kranken­kassenbeiträge war von hier und auswärts sehr gut besucht. Die Debatte verlief äußerst lebhaft, ja teilweise erregt. Nach einführenden Watten des Gewerbevereinsvorsitzenden, Gemeinderat Eberhard, gab Herr Verwaltungsinspektor Riede einen aus­führlichen Kassenbericht. Dieser ergab die verblüffende Tatsache, daß die Krankenkasse Horb schwer verschuldet ist. U. a. erfuhr inan auch, daß der Aufwand für Aerztekosten für das Jahr 1925/26 einen Mehrbetrag von 30 000 gegenüber den Jahren 1913 und 1914 zusammengenommen aufweist. Nachdem der Ausschuß den Antrag der Verwaltung auf Erhöhung der Bei­

träge zweimal abgelehnt hatte, blieb dieser kein anderer Aus­weg mehr übrig, als die Entscheidung über das Versicherungs­amt herbeizuführen. Diese Aufsichtsbehörde mußte auf Erhöhung der Beiträge bestehen. Der durch Obersekretär Lutz im Auftrag von Oberamtmann Bushart unverhofft vorgenommene Kassen­sturz erwies klar, daß die Kasse mit peinlichster Genauigkeit ge­führt wird und daß die Verwaltung keinerlei Vorwurf treffen kann. Die erhöhte Inanspruchnahme der Aerzle durch die Kassenmitglieder und die bedeutend geringeren Einnahmen, ver­ursacht durch die große Arbeitslosigkeit, mußten notwendiger­weise zu einer empfindlichen Verschuldung führen. Die Debatte, die vor allem von den Abgeordneten Schweizer und Hermann, sowie von den Herren Oberamtmann Bushart, Oberrechnungs­rat Mauz und Dr. Schmolze-Ergenzingen und verschiedenen anderen Herren bestritten wurden, gipfelte in verschiedenen Vor­schlägen zur Sanierung der Kasse. Schließlich wurde eine Re­solution gefaßt, in der sich die Versammlung an das Arbeits­ministerium wendet mit der dringenden Forderung, einer Be­zirkseinteilung der Aerzte im Oberamt Horb zuzustimmen

Avs aller Welt

Tagungen der Deutschen Volksparlei- Der Vorstand der Deutschen Volkspartei ist aus den 31. August, der Reichs­ausschuß auf den 1. September nach Berlin einberufen worden. Der diesjährige Parteitag findet vom 1. bis 3. Oktober in Köln statt.

Die Zahl der Aerzte in Deutschland einschließlich des Saargebiets betrug, ohne Assistenz- und Volontärärzte (etwa 3000szu Anfang 1026 44 715: bei 63 Millionen Einwohnern kommen also 7,1 Aerzte auf 10 060 Einombner, Weibliche' Aerzte gibt es 1627 (1913 1051. davon 230 Assistenz- und Volontärärztinnen.

Grotzfeuer. In einem massiven Schuppen der Atlaswerke in Mölkau bei Leipzig, in dem 75 000 Kilogramm gebrauchte Filmstreifen eingelagert waren, die durch Behandlung mit Benzin wieder verwendbar gemacht werden sollten, ent­stand dabei eine Explosion. Das ganze Gebäude barst aus­einander und brannte vollständig nieder.

Der Lehmdokkor gestorben. Der im ganzen Reich durch seine Lehmkuren bekannte Heilkundige Pastor Felke ist im Alter von über 70 Jahren in einer Münchner Heil­anstalt gestorben. Pastor Felke wirkte jahrzehntelang als Seelsorger und Bolksarzt in Repelen-Baerl bei Mors (Nie­derrhein), wo noch heute einJungborn" nach seiner Heil­weif« im Betrieb ist- In den letzten Jahren verlegte er seine Tätigkeit nach Sobernbeim an der Nahe.

Zeitungsverbot. Die Rheinlandkommission schloß die in Saarbrücken erscheinendeSaarbrücker Zeitung" auf drei Monate vom besetzten Gebiet aus.

kanalschwimmer. Am Aermelkanal bei Kap Grisnez befinden sich zu Vorübungen außer den Deutschen Ernst Vierkötter und Otto Kemmerich auch drei Amerikanerinnen. Letztere wollten am 17. August abfchwimmen, doch unter­nahm nur eine, Fräulein Cannon, das Schwimmen. Sie ging nachts 1 Uhr vom Kap Grisnez ab, mußte aber den Versuch wegen eines Gewitters und sehr unruhiger See nach drei Stunden aufgeben.

Tollheit. Ein Hilfsarbeiter in München zertrümmerte im Uebermut durch einen Schuß ein Signallicht der Eisen­bahn, wodurch ein vollbesetzter Personenzug der Strecke Starnberg in ernste Gefahr kam. Das Schöffengericht ver­urteilte den Burschen zu 1 Jahr Zuchthaus.

Zugunglück. Auf der Strecke Neuhaus am Rennsteig- Probstzella (Thüringen) entgleisten bei Lippelsüorf mehrere Wagen eines Bremsoersuchszugs. Kurz darauf fuhren zwei zusammengekoppelte Lokomotiven auf den haltenden Zug auf. Dabei wurde der Meßwagen samt seinen wertvollen Meßinstrumenten völlig zertrümmert. Menschen sind nicht zu Schaden gekommen.

Bei Les Andelys (Frankreich) entgleisten 5 Wagen eines Personenzugs. Ein Reisender wurde getötet, mehrere ver­letzt.

Bei dem Bahnhof Bebra entgleiste der Packwagen und mehrere andere Wagen eines aus Berlin kommenden Güter­zugs. Auch die Lokomotive sprang mit den Hinterachsen aus dem Gleis. Personen sind nicht zu Schaden gekommen, jedoch ist der Materialschaden erheblich.

Autounglück. Zwischen Geishausen und Moosch (Ober­elsaß) stürzte ein Kraftwagen aus Nancy (Frankreich) einen 50 Meter hohen Abhang hinab. Der Besitzer, Dr. Mathis, und der Wagenführer wurden getötet, zwei Damen lebens­gefährlich verletzt.

Bei Eckernforde (Holstein) rannte der Kraftwagen des Theaterdirektors Alving in Kiel gegen einen Baum- Aloing erlitt einen schweren Schädelbruch, seine Frau war sofort tot.

Den faszistifchen Vereinigungen in der Tschechoslowakei

ist von der Regierung das Tragen von Uniformen verboten worden.

Absturz in den Sergen. Beim Abstieg von der 3355 Meter hohen Hochalpspitze in den östlichen Hohen Tauern (Kärnten) ist am 11. August der Berliner Bankbeamte Neubau, ak»aesiür,i. Rettunasmannichasten fanden ihn mit

gebrochenem' linken Bein und inneren Verletzungen tot, teilweise von Neuschnee bedeckc. In seinem Notizbuch stand die Bemerkung, daß er erfrieren müsse, wenn nicht bald Hilfe komme.

Miüionendiebskrhl. In dem französischen Seebad Drau- ville sind in einem Gastbof einer Dame Schmucksachen im Wer: von einer Million Franken gestohlen worden.

Ilugzeuabsturz. Ein Reiseflugzeug der Linie London Paris ist bei Lympne (England) abgestürzt. Einer der In­sassen wurde getötet, 14 find verletzt. Bei Cambridge stürzte ein englisches Heeresflugzeug brennend ab. Der Führer fand den Tod.

Dem Kitchener-Unfug hat die englische Regierung dadurch ein Ende gemacht, daß sie die Aufführung des von dem Schwindler Power gemachten Kitchener-Films verboten hat.

Erdbeben. Aus Messina und Kalabrien (Süditalien) werden neue Erderschütterungen gemeldet, die jedoch keinen Schaden im Gefolge hatten. Dagegen wurden bei Beben auf den Kanarischen Inseln und besonders in Teneriffa große Zerstörungen angerichtek.

Die Einwanderung in Kanada betrug im ersten Halbjahr 1926 über 70 000 Personen gegen 43 149 in der gleichen Zeit des Borjabrs.

Ermordung eines Missionars in China. In der Pro­vinz Schensi wurde der lvanische Franziskanerpater Mai- qucz von chinesischen Soldaten ermordet.

Wasserleitung in Jerusalem. Durch eine englische Firma wurde in Jerusalem eine Wasserleitung aus der Quelle Ain Para hergestellt, die der schlimmsten Wassernot abgeholfen hat. Eine weitere Wasserleitung ist in Aussicht genommen.

Letzte Nachrichten

Die Einberufung der Studieukommiffiou der deutschen Regierung mttgetettt.

Berlin, 20. Aug. Wie die Tel.-Union erfährt, ist der Reichsregierung durch Vermittlung des Generalsekreta- riats des Völkerbundes heute die Einberufung der Kommis­sion zum Studium der Reorganisation des Völkerbunds­rates telegraphisch für den 30. Aug. d. I. mitgeteilt worden.

Englands Haltung für Genf klar.

Deutschland mutz ohne wettere Hindernisse in den Völkerbund.

London» 19. Aug. An maßgebender englischer Stelle lvird heute abend erklärt, daß sich die Haltung Englands in der Frage des Eintritts Deutschlands in den Völker­bund nicht geändert habe. England betrachte es als seine erste und vornehmste Aufgabe, Deutschland ohne wettere Hindernisse in den Völkerbund zu bringen. Dieser Gesichts­punkt wird für die britische Delegation in Genf bei allen Verhandlungen maßgebend sein.

Ruth Rfcher, Maslow an« der kommunistischen Partei Deutschlands ausgeschlossen.

Berlin, 20. Aug. Wie dieRote Fahne" mitteilt, hat das Zentralkomitee der K. P. D. Ruth Fischer, Mas­low, Loffau, Logningen und Karl Tiedt aus der Partei ausgeschlossen. Soweit die Ausgeschloffenen Land- oder Reichstagsmandate innehatten, find sie aufgefordert worden, diese niederzulegen.

Keine Einiguna über Marlenbad.

Prag, 20. Aug. Zu den Meldungen tschechischer Blätter über eine angebliche Einigung zwischen dem Sttft Tepl und dem Bodenamt wegen der Marienbader Quellen hat am Donnerstag der in Prag weilende Abt Helmer er­klärt, daß diese Nachrichten nicht den Tatsachen entsprechen.

Eia polnische» Kommunique über die Abkommen mit Jugoslawien bevorstehend.

Warschau» 20 Aug. Das Auswärtige Amt hat am Donnerstag ein offizielles Kommunique über die polnisch­jugoslawischen Abkommen angeküudtgt. Die Verkündigung hat folgenden Wortlaut: Zwischen Polen und Jugoslawien wird ein Freundschastsabkommen, sowie ein Abkommen über Arbitrage abgeschlossen werden. Die Unterzeichnung dieser Abkommen soll in Genf stattfinden. Beide Abkommen ent­sprechen den Grundsätzen des Völkerbunds. Das Ziel dieser Abkommen ist eine Verstärkung des Friedens in Mittel­europa.

Dorpmüller au der Nnsallstelle in Leiferde.

Berlin, 20. Aug. Auf die Nachricht vom Unfall hin haben sich gestern früh je ein Vertreter der Reichsbahndirek­tion und des Reichsverkehrsministeriums an die Unfallstelle begeben. Gestern mittag ist der Generaldirektor der Reichs­bahn, Dr. Dorpmüllcr, ebenfalls dorthin gereist.

Die Staatsanwaltschaft ist von dem Unglücksfall, der

2V deutsche Soldaten zur Stelle!

Erlebnis im geraubten Deutsch-Sstafrika.

Von Joses Viera.

Es war zu der Zeit nach dem großen Kriege als England glaubte die deutschen Siedler und Kaufleute aus dem geraubten Deutsch-Ostafrika noch ausschließen zu müssen, um seinen eigenen deutsch-feinvlichen Einfluß bei den Eingeborenen ungehindert geltend machen zu können. Endlich ließ man versuchsweise deutsche Reisende die Küstenorte betreten.

Da war es nun, sieben Jahre nach dem unseligen Kriegs­ende, daß ein Deutscher still und unauffällig, wie die Engländer es zur Bedingung machten, in einem Daressalamer Hotel Quar­tier bezog.

Abends war er angekommen, nachts schlief er zwischen 4 engen Wänden und träumte von dem Land, in dem er sich nun wieder befand und auf dessen weiten unendlich schönen Fluren er doch nicht den Fuß setzen durste.

»Hier könnte ich zu Grunde gehen,* dachte er, als er am Morgen erwachte, verbittert, »niemand würde es beachten; denn als Deutscher gehöre ich zu denen, die man in dieser ehemals deutschen Kolonie nicht mehr kennt, von denen niemand mehr etwas wissen will.*

Im selben Augenblick klopfte es; der schwarze Hotelboy steckte sein rundes Gesicht durch den Türspalt und sagte: »Herr, hier draußen sind Leute, die dich sprechen wollen.'

Schnell fuhr der Deutsche in die Kleider und trat auf den Gang hinaus. Ein lange Reihe unterschiedliche Negergestalten: große und kleine, alte und junge, verwitterte und glatthäutige, standen da, teils in richtige Hosen und Jacken, teils in das landesübliche lange, weiße Hemd gekleidet, standen da in Reih und Glied, fein säuberlich aüsgerichtet, mit angezogenem Kinn, unbewegten Köpfen und vor Freude wie der Vollmond leuch­tenden Gesichtern.

Und während der Deutsche sich wunderte und nicht erraten konnte, was der Aufzug bedeuten sollte, meldete ein Älter, der vor der Front stand und sich voll dem Weißen zuwendete, mit einem glücklichen Leuchten in den Augen und mit zuversichtlicher Stimme, als wären die verflossenen sieben Jahre deutschen Elends nur ein Traum gewesen:

»Askari ishrin ya wadeutschi tamam!' Zwanzig deutsche Soldaten zur Stelle!

Und fügte erklärend hinzu: Gestern abend ging das Gerücht von Atund zu Mund, es sei einer von den Deutschen zurückge kehrt. Darüber freute sich die ganze Stadt; und die Leute stehen aus den Straßen und warten, daß du dich sehen läßt und an ihnen vorbeigehst. Wir Soldaten aber, die mit Lettow-Vorbeck gekämpft haben, möchten dir vorher schon »Guten Tag* sagen.*

Und der Deutsche?

Er läßt euch Freunden in der Heimat sagen: wenn ihr in diesen trüben Tagen noch deutsche Treue kennen lernen wollt, dann müßt ihr den Blick nach den Kolonien zu den deutschen Schwarzen wenden.