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Nr. 106

Kmts- unä Knzeigeblall für äen vberamlsbezirk Lalw

L) onnerstag, den 8. Mai 1930

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Lahrgang 103

Die Reichshilfe für den deutschen Osten

Verabschiedung des Gesamtprogramms noch vor der Sommerpause des Reichstags

TU. Berlin, 8. Mai. (Amtlich.) Dos Reichskabinett setzte gestern nachmittag unter dem Vorsitz -cs Reichskanz­lers Di. Btüning «nd in Anwesenheit des Neichsbank- prasibenten Luther die Erörterung über das Osthilsegesctz fort. D<e Beratungen führte« zu einer grundsätzlichen Einigung, «ms Grund deren die endgültigen Gesetzent­würfe von den Ressorts unter Führung des Neichsministe- riums des Innern in den nächsten Tagen vorgelegt werden sollen. Das Neichskabinett wird alsdann am nächste« Mitt­woch über die endgültige Gestaltung des Gesamtprogramms Beschluß faste«.

Wie die Telegraphen-Union in Ergänzung der amtlichen Mitteilung über die gestrige Kabinettssitzung erfährt, liegt die hauptsächliche Bedeutung des Kabinettsbeschlusses darin, daß die hier und da ausgetauchten Pläne einer zeitliche« oder sachlichen Teilung des Programms falle» gelassen sind und der ganze Gegenstand sofort in einem Gesamtprogramm er­ledigt wird. Damit ist sichergestellt, daß die Osthilfe in vol­lem Umfang noch vor der Sommerpause des Reichstags er­ledigt werden kann.

Im übrigen hat sich an den bekannten Grundlagen des Programms nichts Wesentliches geändert. Auch die Einzel­vorlagen, die in den Ressorts ausgearbeitet werden, sind im Grundsatz im Kabinett bereits gebilligt. Es handelt sich bei den Vorbereitungen für die abschließende Kabinettssitzung am Mittwoch nächster Woche also nur noch um die gesetzestech- nischeu Formulierungen.

Die Finanzierung.

Da das ganze Programm bei dem grundsätzlichen Verzicht ruf jede Schablone einerseits auf die Bedürfnisse, anderer­seits auf Sie Möglichkeiten abgestellt ist, so dürfte im Ein­vernehmen mit dem Reichsbankprästdenten auch auf ein linanzielles Schema verzichtet werden. Zunächst handelt es sich um eine möglichst schnelle Finanzierung des ersten Jahres, wobei in Uebercinstimmuug mit allen bisherigen Erklärungen neue Haushaltsmittel nicht heran­gezogen werben. Aus den bereits vorhandenen Ansätzen des Haushalts, aus den Restbeständen der Bank für Jn- dustrieobligationen und aus Mitteln der Nentcnbankkrcdit- anstalt im Zusammenhang mit der Gründung der Ablösungs­bank ergeben sich Beträge von 100120 Millionen

im ersten Jahr. Dabei sind die möglichen Erlöse aus dem Reichsbesitz im besetzten Gebiet nicht mitberücksichtigt, weil die Verwertung ohne jede Verschleuderung vor sich gehen soll. Die Zahl erhöht sich auch dadurch, daß nach der Beschluß­fassung über das Osthilfegesetz, vor allem über die Ab­lösungsbank und über die Nentenbankkreditanstalt der An­leiheweg offen steht, auf Grund besten man bei den vorhande­nen Sicherungen für das erste Arbeitsjahr mit einem Anteil von etwa 20 Millionen rechnen kann. Bei der Finan­zierung des ersten Jahres ist auch zu berücksichtigen, daß es sich nur um ein hglbes Haushaltsjahr handelt, weil auch nach der Beschlußfassung noch mindestens ein Viertel­jahr vergehen wird, ehe nach Erledigung der technischen Vor­bereitungen die Mittel in größerem Umfange angegriffen werden können.

Diese sorgfältigen Vorbereitungen sind erforderlich, wenn nicht auch das Osthilfeprogramm zu einer unrationel­len Mittelverwertung führen soll, wie es bet einem Teil der früheren Hilfsmaßnahmen der Fall war. Als fest­stehend darf es betrachtet werden, daß für die nächsten Jahre höhere Beträge als für das erste Anlaufjahr eingesetzt werden.

Parteiführerbesprechnng beim Reichskanzler.

Wie die' »Vossische Zeitung" erfährt, hat Reichskanzler Dr. Brüning die Führer der in der Regierung vertrete­nen Parteien zu einer Besprechung für heute nachmittag ein­geladen. In der Besprechung soll eine Beschleunigung der Etatverhandlungen im Haushaltsausschuß erreicht werden. Der Reichskanzler wird sie auch zum Anlaß nehmen, die Fraktionsvorsitzenden über das Ostprogramm zu unter­richten.

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Vertreter der gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen beim Reichswirtschaftsminister.

Gestern empfing Reichswtrtschaftsmtnister Dietrich die Vertreter der gewerkschaftlichen Spitzenorganisattonen, die ihm ihre Wünsche im Hinblick auf die allgemeine Lage un­serer Wirtschaft vortrugen. Im Mittelpunkt der Aussprache standen die Schwierigkeiten auf dem Arbeits­markt.

Der Reichswehrelat angenommen

TU. Berlin, 8. Mai. Der Haushaltsausschuß des Reichs­tages begann am Mittwoch die Einzelberatung des Heeres- haushalts. Angenommen wurde der sozialdemokratische An­trag, wonach Ser Bericht des Neichssparkommissars über die Durchprüfung des Heeres- und Marinehaushalts dem Reichstag vorzulegen ist. Der Fonds von einer Million zur Verfügung des Reichswehrministers für besondere Zwecke wurde nach kurzer Aussprache in der vorgesehenen Höhe be­willigt.

In der weiteren Einzelaussprache führten die Sozial- öemokratcn Beschwerde über die Behandlung der Mannschaften, die oft schlimmer geschliffen wür­den als im alten Heere. Neichswehrminister Groener er­widerte, daß er jede schimpfliche Behandlung von Soldaten und ihre Duldung auf das allerschärfste verurteile und in jedem Einzelfall in der rücksichtslosesten Weise vorgehe. Ab­gesehen von Einzelfällen, hätten sich die Verhältnisse durch­aus günstig entwickelt.

Bei dem EtattitelHerbstübun gen" wurde von den Sozialdemokraten erklärt, der militärische Wert der letzten schlesischen Manöver sei stark dadurch beeknträchtigt worben, daß man weniger Wert auf Kriegsmäßigkeit legte als dar­auf, den vielen Zuschauern etwas zu bieten, was den mili­tärischen Geist der Bevölkerung wecke. Ein Negierungsver- ireter gab zu, daß die Anwesenheit dieser Zuschauer die Kriegsmäßigkeit der Herbstübungcn nicht erhöhe. Das werde sich aber nicht vermeiden lassen. Auf die Parade als Abschluß des Manövers werde auch in dem Volksheer der »lten schweizerischen Republik nicht verzichtet.

Der Wchrhaushalt wurde im wesentlichen in der Fassung der Vorlage angenommen. Die Anträge der Sozialdemo­kraten fanden keine Zustimmung. Von den Vertretern der Demokraten und der Deutschen Volkspartci wurden aller­dings für die zweite Lesung Streichungsanträge angekündigt. Angenommen wurde eine Entschließung der Bayerischen Volkspartei gegen die Verlegung der Garnison Lindau. Von den Regierungsparteien wurde bis zum näch­sten Haushalt die Vorlcgunng einer Gesamtaufstcllung über die finanziellen Gesamtverpfltchtungen verlangt, die sich aus den angeführten ersten Raten für Neubauten ergeben. Zu­künftig sollen diese Ausgaben aus der Veräußerung ent- tchrlichen militärfiskalischen Eigentums bestritten werden. Heute wird der Marinehaushalt beraten.

Heule Entscheidung ^ über die Reparationsanleihe

Die Frage der Tilgung noch umstritten.

TU. Paris, 8. Mai. Die in Paris tagenden Vertreter der BIZ. sowie der Schatzämter der Gläubigerstaaten und des deutschen Finanzministeriums haben die Beschlüsse der Bankier-Konferenz am Mittwoch angenommen. Die Aonng» Obligationen werden demnach z« SjH v. H. verzinst und ver» mutlich z« 8v. H. unter pari, d.h. z« S8v. H. ausgcgebe«. Die Anlcihestücke, dcnen die HalbjahreSzinsschcine angefügt sind, solle« im Lauf von SS Jahren getilgt «erden. Die Ver­teilung unter die an der Zeichnung beteiligten Mächten wird in der bereits bekannten Weise erfolgen. Die BIZ. soll für ihre bankmäßige VermittlnngStStigkeit, die sie im Auftrag der einzelne« Regierungen ausübt, eine Vergütung von ein Zehntel vom Hundert erhalte«. Man nimmt an, daß die BIZ. ihre Tätigkeit bereits am 16. Mai aufnehme« wird.

Wie gestern in später Nachtstunde verlautet, sind die in der Pariser Presse im Lauf des Abends erschienenen Mel­dungen über den Verlauf der Mittwochsitzung der Finanz­sachverständigen insofern nicht richtig, als bisher keine ent» scheidenden Beschlüsse gefaßt wurden. So ist die Frage noch nicht geklärt, ob die Amortisation nur durch Auslosung oder dem deutschen Vorschlag entsprechend auch durch Rückkauf er­folgen soll. Ebenso ist auch der Auflegungskurs «och nicht spruchreif. Heut« um 12 Uhr werden sich die Vertreter der BIZ. und der verschiedenen Finanzministerien zur Schluß, sitzung versammeln, worauf das Ergebnis in der Folge auf einer Konferenz mit den Vankvertreteru durchbesprochen werden soll.

Die Pariser Press« ist in ihrer Berichterstattung den Tat­sachen wieder einmal vorausgeeilt. Richtig ist nur, daß über die verschiedenen in den Blättern erwähnten Fragen, so n. a. über die Währung, auf die die Obligationen lauten sollen, verhandelt wurde.

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Ratifizierung des Nonngplans durch Italien.

TU. Berlin, 8. Mai. Unter dem 6. Mai ist, wie Berliner Blätter aus Rom melden, die italienische Ratifizierung des Haager Abkommens über den Boungplan erfolgt.

Tages-Spiegel

Die ReichSregiernng will das ganze Ostprogramm «och vor den Sommerferien vom Reichstag verabschiede« lasse«.

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Der Reichspräsident empfing gestern de« deutsche» Botschaft ter in Nom, Freiherru von Neurath, der vermutlich de»! deutschen Botschafterposte« in London übernehmen wird.

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Der Preußische Landtag hat eine« Antrag der Wirtschaft^ partei aus Auslösung mit überwältigender Mehrheit ab­gelehnt.

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Die Verhandlnngen über die erste Aonng-Rnleihe von 300 Millionen Dollar werden hente in Paris abgeschlossen.

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Der tschechoslowakische Außenminister Benesch wirbt «e«cr» dings wieder für eine Donauföderation, welche die Kleine Entente, Oesterreich «nd Ungar« umfasse« soll.

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Der englische Außenminister Henderso« wird hente zur Teil­nahme an der Tagung des Völkerbundsrats London ver,< lassen und anf dem Wege »ach Genf mindestens 24 Stunde» , in Par«s verweile«.

Wolkenbruch über Berlin

TU. Berlin, 8. Mat. Berlin erlebte am Mittwoch nach­mittag einen über das gewöhnliche Maß hinausgehcnden, mit starken Blitzschlägen und Donner verbundenen Wolken­bruch. Die Straße« der i«nere« Stadt waren nach wenige« Minnte« überschwemmt. In der Wilhelmstraße stieg das Wasser sogar über die Bordsteine der Gehwege hinaus bis an di« Häuserfronten. Die Gärten des RegierungSviertelS standen im Nu unter Wasser. Im Tiergarten gab es eben­falls ausgedehnte Ueberschwemmungen. Nicht nur in der Stadt selbst, sondern auch in den Vororten haben zahlreiche Blitzschläge nicht Unbeträchtlichen Schaden angerichtet. Der Hagel hat die Baumblüte rund um Berlin nicht unerheblich geschädigt. In der Aorkstraße und am Schöneberger Ufer im Süüwesten der Stadt war jeder Verkehr infolge der Ucber- schwemmungen über eine Stunde unterbunden. Hier stand das Wasser unter den Reichsbahnunterführungen etwa an­derthalb Meter hoch. Die Waffermaffeu drangen kn die Mo­toren der Straßenbahnen ein, so daß Kurzschlußgefahr be­stand. Die Feuerwehr hatte Großkampftag. Unaufhörlich ertönten in allen Stadtteilen die Signale der Löschzüge, die tu erster Linie zum Auspumpen von Keller» zur Hilfe ge­rufen wurden. In zwei Stunden erfolgten nicht weniger als über 200 Alarme. _

Ehrung Oskar v. Millers

Miller erhält de» Adlerschil- des Reiches.

Berlin, 8. Mai. Der Reichspräsident hat dem Leiter des Deutschen Museums Oskar v. Miller zu seinem 73. Ge­burtstag den Adlerschild des Reiches, die höchste Auszeich­nung der deutschen Republik, mit einem herzlich gehaltenen Begleitschreiben verliehen. Auf dem Schild befindet sich di« Inschrift »Dem Schöpfer des Deutschen Museums".

Auf einer im Rahmen der Festtage anläßlich des Richt­festes des Studiengebäudes zum Deutschen Museum abgehal- tenen Ausschußsitzung des Deutschen MuseumS gab Ober­bürgermeister Dr. Scharnagl bekannt, daß der Stadtrat München Oskar von Miller das Ehrenbürgerrecht der Stadt München verliehen und ihn damit mit der höchsten von der Stadt zu vergebenden Ehr« ausgezeichnet habe.

Naturkatastrophen in aller Welt

2000 Erdbeheuopser in Persien.

TU. Berlin, 8. Mai. Nach einer Meldung ans Teheran habe« schwere Erdstöße in dem stark bevölkerte« nordwest­liche« Bezirk von Urmia starke Zerstörungen in allen Dör­fer» nnd Städten angerichtet. Die Stadt Talmast ist völlig zerstört. Bisher wurden 2000 Tote gemeldet.

300 bis 700 Tote im indische« Erdbebengebiet.

TU. London, 8. Mai. Die Zahl der Opfer des Erdbeben­unglücks in Burma hat sich nach den nun vorliegenden Berichten als übertrieben herausgestellt. Die Räumungs­arbeiten sind noch in vollem Gange und endgültige Zahlen noch nicht verfügbar. Die Schätzungen gehen jedoch einheit­lich auf 000700 Opfer. In Pegu ist die Zahl der Opfer deshalb besonders groß, weil zur Zeit der Erschütterungen ein Kino, «in« Regierungsschule und mehrere andere öffent­liche Gebäude einstürzten, die durchweg vollbesetzt waren. In Rangoon ist die Zahl der Toten anf 770 und die der Schwerverletzten aus 200 gestiegen.

WirbelsturmschSüe« in Texas.

TU. London, 8. Mai. Nach Berichten aus Frost in TexaS ist über das dortige Gebiet in der vergangenen Nacht ein schwerer Wirbelsturm hieweggegangen, der sehr großen Gebäudeschaden anrichtete. Nach dem Wirbelsturm brach arz verschiedenen Stellen Feuer aus.