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Mit den illustrierten Unterhaltungsbeilagen „Feierstunden" und „Unsere Heimat"
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>r landwirtschaftlichen Wochenbeilage Sorten- und Landwirtschaft"
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Nr. 18V ^ Gegründet 1826 Donnerstag, den 5. August 1926 Fernsprecher Nr 29 10V. Jahrgang
Die Bayrische Volkspartei gegen wirth
Die Krise in Industrie und Handwerk
München, 4. Aug. Der Reichstagsabgeordnete des Zentrums, Dr. Wirth, hatte im „Bert. Tagebl." zwei Aufrufe zur Gründung einer entschieden links gerichteten „republikanischen Union" erlassen, damit die monarchistische Bewegung mit den schärfsten Mitteln bekämpft werden könne. Zu dem Zweck sollten Zentrum, Demokratie und Sozialdemokratie sich vereinigen; es solle eine republikanische Monatsschrift gegründet werden und durch Wanderredner für die Bildung eines republikanischen Nationalkonvents gewirkt werden. Von seiten des Zentrums und der Sozialdemokratie erhielt Dr. Wirth Absagen. Die „Germania" schreibt, die Behauptung Wirths, die Republik sei in Gefahr, sei unrichtig, außerdem könne das sich die Meinung Wirths nicht zu eigen machen, daß nur mit der Linken und immer gegen die Rechte regiert werden müsse. Ein solch einseitige Einstellung würde schließlich zur Zerreibung des Zentrums führen. Dr. Mrth hatte ferner ausgesprochen, die Art, wie in Bayern monarchistische Werbung mit konfessionellen und religiösen Zukunftsplänen verquickt werde, erfülle ihn mit Grauen. Dazu erklärt die parteiamtliche „Bayrische Volkspartei-Korrespon- denz", die Hirngespinste Wirths lassen in Bayern kalk. Die Republik sei durch Bayern nicht bedroht und zu deren Schutz bedürfe es nicht eines Dreimännerkollegiums Wirth-Löbe- Haas nock der Entfachung einer Bewegung, die einem Selbstmord der Zentrumspariei gleichkäme. Wirth habe in seinem Wahn der gefährdeten Republik das Gefühl für das Wesentliche des Zentrumsgedankens vollständig verloren.
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Umsiedlung erwerbsloser Arbeiterfamilien im Ruhrgebiet Berlin. 4. Aug. Di« ungünstige Wirtschaftslage im Ruhr- aebiet. die voraussichtlich zu einer dauernden Verschlechterung
Pazifismus und Wirklichkeit
Gereizte Stimmung in Italien gegen Frankreich wegen Abessinien
Rom, 4. Aug. Das vom 12. Juli datierte Schreiben des Ras TafariMakonnen, des Regenten von Abessinien, an den Völkerbund hat in Italien peinliches Aufsehen gemacht. Der Völkerbund ist für das faszistische Italien kein günstiger Boden und die rechtliche Stellung Abessiniens, dem 1906 in den Verträgen mit England und Italien die politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit zugesichert wurde, ist stark. Abessinien hat Frankreich und seine Gefolgschaft für sich, Italien hat nur den diplomatischen Beistand Englands auf seiner Seite. Wenn Abessinien den Bau einer italienischen Bahn quer durch Abessinien von Erythräa zum Somaliland ablehnt, so wir- sich Italien grollend damit absinden oder den Krieg erklären müssen. Aber Italiens Finanzen, smd>,schlecht und Abessinien hat ein Heer von 150 000 Mann, das mit Hilfe der französischen Bahn nach Dschibuti, nach Addis Abeba mit Was en und Munition wohl ausgerüstet sein soll. In Italien riastet sich der Groll gegen Frankreich, das Tafari das geschickte Schreiben eingegeben habe, und die Blätter versuchen, England vorzuschieben, das am meisten an Abestinjen interessiert sei (in England schiebt man Itaken vor) Man entdeckt aus einmal, daß Äbeffinien entgegen den Satzungen des Völkerbunds die Sklaverei noch nicht abgeschasst habe. Der Widerstand Abessiniens sei auf die Aufreizung Frankreichs zurückzuführen, das seit 1896 in Abessinien gegen Italien und England Ränke spinne.
Wetterzeichen aus d^in Balkan
Wien, 4. Aug. Aus dem Balkan kommen Nachrichten über drohende Verwicklungen der Balkanstaaten Südslawien, Rumänien und Griechenland gegen Bulgarien. Angeblich haben sich diese Staaten über Einfälle bulgarischer Banden zu beschweren. Kn Sofia aber behauptet man. Südslawien
Des Arbeitsmarkts führen wird, macht eine Dnmqrung Sie- fes Gebietes durch Umsiedlung überziMger Beryarbei- terfamilien notwendig. In Betracht kommen nur erwerbslose, berufsüberzählige Ruhrarbeiter, vor altem Bergarbeiter mit möglichst starken Familien. Die Umsiedler sollen auf mehrere Provinzen und zahlreiche Siedlungen verteilt werden. Dadurch sollen zugleich ausländische Arbeiter, die in Landwirtschaft und Industrie beschäftigt sind, verdrängt werden.
Wenig befriedigende Lage des Handwerks Berlin, 4. Aug. Die Berichte über die wirtschaftliche Lage des Handwerks im Juli lauten wenig zufriedenstellend. Wenn infolge des Arbeitsbeschaffungsplans der Regierung eine Beschäftigung einzelner Industriezweige eintreten dürste, so erhofft das metallverarbeitende Handwerk von der Vergebung solcher Arbeiten für sich eine Verbesserung der Lage. Zwar ist in einigen Saisongewerben eine gewisse Belebung eingetreten, aber in den meisten Gewerbezweigen ist eine Dauerkrise erreicht. In den vom Fremdenverkehr berührten Orten hat sich die Lage etwas gebessert, dagegen dort, wo die Industrie zu weiteren Arbeiterentlassungen übergeht, erheblich verschlechtert. Dasselbe gilt auch von den Landstrichen, die durch Unwetter und Uebersch'wemmung heimgesucht worden sind. Ferner klagt die größte Zahl der Handwerkskammern immer noch über die Inanspruchnahme sehr langer Zahlungsfristen, besonders auf dem Lande. E» ist der Mehrzahl der Handwerker unmöglich, angesichts der hohen Zinssätze und der geforderten Sicherheitsbedingungen, bei den Banken Kredite auszunehmen. Allseitig klagt man weiter über die hohe Einschätzung durch die Finanzämter. Trotz der von der Reichsregierung bewilligten Bauzuschüste hat man im Juli von einer Belebung des Bauhandwert» noch wenig bemerkt.
(Serbien) gehe auf die Unterdrückung des mazedonischen Freiheitsgedankens auch innerhalb der bulgarischen Grenzen aus. In Bulgarien gebe es jetzt fast 100 000 Flüchtlingsfamilien aus Serbisch-Mazedonien, Thrazien und der Döb» rudscha, die sich vor den Verfolgungen in Südslawien» Griechenland und Rumänien retten mutzten. Die südslawisch^ Regierung soll bereits den Mobilmachungsbeseht gegeben haben. Die rumänische Regierung hat an der Dot>- rudschagrenze den Belagerungszustand verhängt.
Die Lage in Mexiko
Rogales (Arizona), 4. Aug. Nach mexikanischen Meldungen ist der kürzlich verhaftete Bischof von Huejutla im Gefängnis von Veracruz tot aufgefunden worden. Näher« über diesen Fall ist nicht bekannt. General Gomez, der ochs Bewerber für die nächsten Präsidentenwahlen in Betracht kam, hat sich zugunsten der Politik des Präsidenten Calles erklärt. Der von den Gegnern der Regierungspolitik erklärte Boykott macht sich in der Hauptstadt weniger bemerkbar, als in einigen Zrovinzstädten. In Queretaro wunden 17 Personen verhaftet, weil sie Wertgegenstände aus den Ktr- chen entfernt hatten.
Die Regierung der Bereinigten Staaten hat Li« Ausfuhr von Handelsflugzeugen nach Mexiko frei gegeben; tue Ausfuhr von Militärflugzeugen bleibt verboten.
ErKischos Mona hat 4 Priester des Amtes enthoben, west sie entgegen den Anordnungen des bischöflichen Hirtenbrief» den Gotesdienst m der Kirche fortgesetzt haben.
Die Kämpfe in China
Schanghai, 4. Aug. Die Kanton-Truppen Hab«, dir Hauptstadt der Provinz Hunan, Tschangscha, 400 Meile« 'nördlich von Kanton, erreicht und gehen weiter gegen de» Norden vor; das nächste Ziel scheint Hankau (am Jangtse- kiong) zu sein.
Zwecklose Quälereien
Völlig zwecklos ist die Entschädigungskomm is- sion. Sie wurde seiner Zeit vom Versailler Vertrag eingesetzt (Art. 232). Sie hatte die Höhe der Kriegsentschädigung sestzustellen (Art. 233). Ihre Mitglieder sollten von den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan, Belgien und Serbien ernannt werden. „In keinem Fall dürfen Vertreter von mehr als fünf dieser Mächte an den Beratungen der Kommission teilnehmen und ihre Stimme abgeben. Die Vertreter Amerikas, Großbritanniens, Frankreichs und Italiens haben dieses Recht stets" (Anlage 2, S. 2).
Nun hat Amerika nie den Versailler Vertrag unterzeichnet und daher auch die Berufung in diese Kommission nie angenommen. Es ist deshalb wiederholt die Frage aufgeworfen worden, ob die Beschlüsse der Wiedergutmachungskommission überhaupt rechtsgültige Kraft hätten? Kein geringerer als Lloyd George hat einmal gesagt, Deutschland hätte niemals die Zusammensetzung der Entschädigungskommission ohne Amerika anzuerkennen brauchen. Dazu kommt noch, daß der englische Vertreter seit dem Ruhreinbruch sich, wie man sagte, „aus Ekel" nicht an den Abstimmungen beteiligte. Waren somit nur drei. Von ihnen war der Belgier stets derselben Meinung wie der Franzose. Damit 2 gegen 1 (den Italiener).
Unter solchen Umständen konnte und kann von einer „Kommission" keine Rede sein. Frankreich und nur Frankreich hatte hier etwas zu sagen. Po in ca re ließ durch den Mund der Entschädigungskommission über Deutschlands Zahlungsfähigkeit, über Zahlungsfristen und Lieferungen, über den „mangelnden guten Willen" des deutschen Volkes u. dergl. entscheiden. Poincare ließ durch dasselbe oberste und unabhängige Organ die Berechtigung von „Sanktionen", also auch die des Einbruchs ins Ruhrqebiet aussprechsn. Wieviel Unheil hat schon diese Kommission über Deutschland gebracht! Kurz: die Kommission war Poincare oder umgekehrt!
Nun kam das Dawes-Abkommen. Dieses regelte die deutschen Zahlungsverpflichtungen und setzte für dessen Durchführung und Ueberwachung einen „Generalagenten für Entschädig ngszahlungen" ein. Seit 29. August 1924 waltet er seines Amtes und hat von Zeit zu Zeit in eingehenden Berichten festgestellt, daß Deutschland allen seinen Verpflichtungen pünktlich nachgekommen ist. Herr Parker Gilbert besorgt also im Verein mit dem Eisenbahnkommissar Leverve, dem Bankkommissar Brains, dem Kommissar für die verpfändeten Einnahmen, dem Treuhänder für die Jndustrieschuldverschreibungen und endlich dem Treuhänder für die Eisenbahnschuldverschrei- bungen genau und restlos nach den gründlichen Anweisungen des Dawes-Abkommens die Geschäfte der Versailler Ent- schädigungskommission. Wozu also noch diese Kommission? Soll ihre Fortführung etwa einigen Entente-Herren fette Einkünfte verschaffen? Einen anderen Sinn und Zweck kann sie nicht haben. Sie ist also gegenstandslos geworden. U n -doch soll in diesen Tagen ein neuer, natürlich französischer Vorsitzender, für die Kommission gewählt werden. Warum protestiert nicht Deutschland gegen den Unfug? Warum verweigert es nicht einfach die Zahlung der vorgezeiqten Rechnung für die Unterhaltung der überständigen Behörde, der gar keine ver- trogsrechtlichen Befugnisse mehr zustehen?
Eine andere ebenso überflüssige Behörde ist die Militärüberwachungskommission. Es war am 29. Januar d. I., da hat der englische Außenminister Cham- berlain in Gegenwart des französischen Ministerpräsidenten Briand klipp und Kar erklärt, daß Deutschland alle seine Abrüstungsverpflichtungen erfüllt habe- Auf Grund dieser Tatsache haben dann auch di« Botschafter- donserenz und di« zuständige Vülkerbundskommission im Marz d. I. ausgesprochen, daß einem etwaigen Eintritt Deutschlands in den Völkerbund nichts im Wege stünde.
Wozu also noch ein« solche Kommission? Weiß denn Frankreich nichts Besseres zu tun, als durch General Walch und seine Schergen das verächtliche Geschäft der Schnüffelei und der Spionage in Deutschland zu treiben und sich dafür Pwaltig« Summen von Deutschland zahlen zu lassen? Die Fortführung dieser Kommission ist -durchaus nicht begründet, jedenfalls muß sie mit dem ersten Tag, an dem wir dem Völkerbund angehören, auf Nimmerwiedersehen verschwin- An. Man hat uns bei der Einladung Mm Eintritt in den Völkerbund „Gleichberechtigung und Ebenbürtigkeit" zu- «esagt. Wie kann hiervon die Rede sein, wenn ein Mitglied, dazu noch ein solches mit ständigem Ratssitz, der Militär- uberwachung von anderen Mitgliedern unterworfen ist? Mer soll unsere von den VölkerbundsmSchten „ersehnte" Bundesmitgliedschaft eine Komödie sein?
Neveftes vom Lage
Eme rote -«emdeaiegicm
Berlin, 4. Aug. Der Sozialdemokratische Pressedienst meldet aus Moskau, dort sei «ine rote Fremdenlegion aufgestellt worden, der Ungarn, Tschechen und vor allem Deutsche, die ein eigenes Baftaillon bilden, angehören. Führer sei der früher« österreichische Oberst Kossa. Der rote Frontkämpferbund in Deutschland habe viele seiner Mitglieder zur Ausbildung für den Bürgerkrieg in di« Moskauer Fremdenlegion abkommondiert.
Deutscher Studentenlag
Bonn, 4. Aug. Der Deutsche Studententag, -er hier zusammengetreten ist, sprach in einer Entschließung die Genugtuung darüber aus, daß es endlich gelungen sei, die Technische Hochschule Hannover von einem akademischen Lehrer (Lefftng) zu befreien, dessen unwürdiges Verhalten ihn für ein akademisches Lehramt untauglich erscheinen lasse. Der Studententag erwarte, daß der preußische Kultminister die Ausschließung der elf Studenten aufhebe.
Pvincarö verlangt ein Ermächtigungsgesetz. — Verschleierte Inflation
Paris. 4. Aug. Dem Finanzausschuß der Kammer wurden heule außer dem Entwurf über die Tilgungskasse noch die Forderung eines Ermächtigungsgesetzes übergeben, wonach die Bank von Frankreich ermächtigt wird, ausländische Devisen auszukaufen und in entsprechendem Betrog auf Goldwert lautende Banknoten auszugeben. Ferner soll die Regierung für drei Monate ermächtigt we«a>»
mit der Bank von Frankreich Vereinbarungen zu treffen, die zur Festigung des Franken geeignet seien.
Verschiedene Blätter weisen darauf hin, daß der Finanzplan Poincares im wesentlichen auf die Borschläge der Sachverständigen unter Caillaux hinauslaufen, und daß die Ermächtigung der Bank von Frankreich zur Notenausgabe nichts als eine versteckte Inflation fei. Wenn Poincarö ebenfalls mit einem Ermächtioungsgesetz arbeiten wolle, so hätte man deswegen Caillaux nicht zu stürzen brauchen.
Herriot hak sein Bürgermeisteramt von Lyon nieder- gekegk.
Der französische Senat bewilligt 1v Milliarden Paris, 4. Aug. Im Senat drang Ministerpräsident Poincare auf die schleunige Annahme der Finonzvor- lage, die insgesamt für das Schatzamt 2,1 Milliarden Franken vorsieht, ohne die deutschen Daweszahlungen, die ebenfalls dem Schatzamt zufließen. Für 1927 werden 9805 Mtt- kiarüen benötigt. Der Senat nahm darauf die Vorlage »»- verändert mit 350 aegen 30 Stimmen an.