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Mit den illustrierten Unterhaltungsbeilagen Feierstunden" undUnsere Heimat"

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Mit der landwirtschaftlichen Wochenbeilage Haus-, Garten- und Landwirtschaft"

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Nr. 170 Gegründet 1826 Aamstsg, den 24. Juli 1826 Fernsprecher Nr 29 100. Jahrgang

Amerikas KriegsketeiligW eis rmmWer Mfinu

Lngiisch-ameritanischec Zeilungsstrcit Reuyork, 23. Juli. Die nach der Ansicht Amerikas viel zu weit gehende englische Rücksicht auf das unruhige Frankreich *bei der Regelung der französischen Kriegsschulden bei den Londoner Verhandlungen (die Frankreich veranlaßten, von ^Amerika soforr einen mindestens ebenso großen Schulden- " Nachlaß zu fordern, obgleich Amerika die während des Krie­ges gegebenen Darlehen Frankreich bereits geschenkt hat) haben zu einem Streit der englischen und amerikanischen Wlätter geführt, der immer schärfer wird. Auf englischer Seite meint man, die Amerikaner hätten nicht nötig, hinter­her vom Weltkrieg als einer unangenehmen Sache abzurük- 4en und zu tun, als ob sie der Krieg nichts anginge: Amerika habe doch einmal den Weltkriegseinen Krieg" genannt. ^Darauf schreibt dieNewyork World", Amerika könne freilich den Krieg nicht mehr als eineheilige allgemeine Sache" betrachten, weil die europäischen Verbündeten bei Kriegs­ende gezeigt haben, daß Amerika einem romantischen Unsinn gefrönt habe, als die Sieger den Waffen­stillstand zur Teilung der Beute mißbrauch­ten. Als die Verbündeten Deutschland die Kolonien nähme,,nd ein uiimö^ÜRes und törichtes Srntem von W i e-

Das Ministerium Poincare

Paris, 23. Juli. Wie Havas mitteilr, sind aus Grund der bisherigen Verhandlungen Poincares folgende Posten ent- gültig besetzt worden: Vorsitz des Ministerrats, Finanzen und Wiederausbau: Poincare, Justiz und Elsatz-Loth- ringen: Barthou, Auswärtige Angelegenheiten: Briand, Marine: Georg Leygues, Inneres: Albert Sarraut, Kolonien: Leon Perrier, Handel: Bokanowsky, Oef- fentlichc- Arbeiten: Tardieu, Pensionen Louis Marin. Wie außerdem bekannt wird, hat Painleve das Kriegs­ministerium und Herriot das Unterrichtsministerium auf Wunsch Poincares übernommen. Der radikale Abgeordnete Qeuille wird von Herriot zur Uebernahme des Acker­bauministeriums aufgefordert werden, so daß im Augenblick nur noch das Arbeitsministerium zu besetzen bleibt. Poin­care hat dem Staatspräsidenten die Zusammensetzung des Ministeriums mitgeteilt.

Französisches Landesamt für Giftgase Paris, 23. Juli. Beim Ministerium für Handel und In­dustrie ist ein Landesverteidigungsamt errichtet worden, das die Aufgabe hat, die Herstellung von Giftgasen und anderen der Kriegfübruna dienenden Erzeuanisse der vrivaten cbemi-

dcrgutmachungen auferlegten, war es für Amerira mit dem Gedanken derheiligen Allianz" vorbei. Es ist Zeit für Europa, einzusehen, daß dieser Gefühlsumschwung zu einem Mißtrauen gegen Europa hauptsächlich aus der Tätigkeit des Völkerbunds folge. Es sei Ame. rikas Ueberzeugung, daß die europäischen Verbün­deten Amerika nur zum besten gehalten haben.

Neuyork Times" meint, die englische Presse fühle es. daß es mit der britischen Würde unverträglich sei, wie ein Fischweib zu schimpfen. Jedenfalls werde in den englische» Blättern der Wert der englisch-amerikanischen Freundschaft genügend gewürdigt, um sie nicht überflüssig zu stören: Ueberdies befinde sich England in der gleichen Lage gegen­über Frankreich und Italien, wie die Vereinigten Staaten gegenüber allen ehemaligen Verbündeten. Die Schulden-, tilgungsverkräge feien ein abgeschlossenes Geschäft und die gegenseitigen Beschuldigungen können nicht die Sie^ g?> von den Verträgen reißen. Nationale Leidenschaften dürfen nicht künftige Verhandlungen stören, die bessere Er­gebnisse zeitigen könnten.

fchen Industrie zu überwachen und die Leistungsfähigkeit dieser Industrie den Bedürfnissen des Kriegs anzupassen. Deutschland ist bekanntlich die Herstellung derartiger chemi­scher Kriegsmittel strengstens verboten.

Preußen und die hohenzollern Berlin, 23. Juli. Wie «ine Korrespondenz berichtet, hat der Generalbevollmächtigte der Hohenzollern, v. Berg, neue Vorschläge ausgea, beitet, in denen er 6?; einer Reihe strittiger Objekte von . feinen früheren Forderungen zurück- tritk. Es handelt sich dabei um Grundbesitz, der bei Säkulari­sationen an die Hohenzollern fiel, sowie um mehrere Ge­bäudekomplexe, die rein repräsentativen Zwecken dienten.

Das Urteil über den Lisenbahnunsall im Korridor Danzig, 23. Juli. Das Schiedsgericht hat über das große Eisenbahnunglück bei Stargard die Entscheidung gefällt. Der deutsche Antrag, der das Unglück auf die (von der pol­nischen Verwaltung verschuldete) schlechte Beschaffenheit der Eisenbahnstrecke DirschauFirchau zurückführte, wurde ab­gelehnt. In dem Urteil wurde gesagt, daß das Unglück auf einen verbrecherischen Anschlag zurückzuführen sei.

Tagesspiegel

Der preußische Ministerpräsident Braun wünscht i« einem Schreiben an den Reichskanzler, daß die sogenannte Schinkel-Wache in Berlin zum Reichsehrenmal für die Ge­fallenen umgestaltek werde.

Die Gehälter der MilitärüberwachungskomMission sind neu festgesetzt worden. Darnach beträgt das monatliche Ge­halt eines Generals rund 278V Mark, eines Obersten 2000 Mark, eines Oberstleutnants oder Majors 1680 Mark, eines Häuptmanns 1380 Mark, eines Leutnants 1000 Mark, eines Unteroffiziers 460 Mark und eines Gefreiten oder gemeinen Soldaten 360 Mark.

Die französische Kammer hat den frühere» Fmanzminister Percl mit 227 gegen 215 Stimmen znm Kammerpräsidenten gewählt.

Der amerikanische Scl-atzsekreiär Mellon und der Äeu- yvrker Großkapikalist Morgan sind in Paris eingetroffen.

Der polnische Sejm hak die von Pilfudski verlangte Ver­fassungsänderung mit 250 gegen 85 Stimmen angenommen. Dagegen stimmten die Sozialisten, die slawische» Minder­heiten und die Inden,

In Krakau, Przemisl und Stanislcm hat die pokmsche Polizei über 100 Personen, meist Studenten, verhaftet, die für zwei Nachbarstaaten Spionage getrieben haben sollen.

Polnische Wochenschau.

Frankreich hatte am 17. Juli wieder einmal einen schwarzen Tag". Das Kabinett Briand-Caillaux wurde nach merwöch-entlicher Lebensdauer gestürzt. Der Axthieb galt weniger Briand als seinem Finanzminister. Die von der Regierung gestellte Vertrauensfrage wurde von einer Mehrheit von nur 47 Stimmen abgelehnt. Das war vorauszusehen. Stand doch dieses Kabinett so wie so auf einer schwachen Unterlage. Was es aber eigentlich zu Fall brachte, war der Widerspruch gegen das von Caillaux gefor­derte Ermächtigungsgesetz. Die Regierung wollte sich für allerlei wirtschaftliche, finanztechnische, steuerliche und verwaltungstechnische Maßnahmen ein selbständiges Verord­nungsrecht bis 30. November geben lassen. Eaillaux brauchte ein diktatorisches oder selbständiges Verordnungsrecht, um den Franken, der in den letzten Tagen wieder unheimlich abwärts rutschte, zu festigen. Wir hatten es ja auch 1923 so gemacht. Aber Frankreichs Not ist noch nicht so groß, wie unser damaliger, hauptsächlich durch Frankreichs Rach- und Habsuchi verursachter Zusammenbruch. Dem französischen Parlament stehen jedoch seineRechte" höher als die Ret­tung des Volks. Herriot, der Führer der Opposition, machte große Worte von Verletzung der Verfassung und von derSouveränität" des Volks, das einzig und allein das Recht habe, das Parlament von seinen verfassungsmäßigen Pflichten zu entbinden. Alle noch so eindrucksvollen Ein­wendungen Briands und seines Finanzministers blieben er­folglos. Das Kabinett Briand X hat aufgehört: Aber auch das Kabinett des Ministerstürzers Herriot!Gestern noch auf stolzen Rossen, heute durch die Brust geschossen." Es hätte nicht viel gefehlt, so wäre Herriot am Mittwoch von der wütenden Volksmenge gelyncht worden! Man machte ihn für den Sturz seines Vorgängers verantwortlich und damit auch für den weiteren Sturz des Franken. Mit eisiger Kälte hat auch die Kammer seine ziemlich inhaltlose Regierungserklärung ausgenommen. Dann kam die Ab­stimmung. 237 für Herriot, 290 gegen ihn. In Paris die größte Aufregung. Was wird aus den Rentnern, wenn der Franken in die Binsen geht? Das ist so recht die Tem­peratur für den Sowjet-Bazillus. Ob die Staatsgewalt die erregten Gemüter beruhigen wird? Für uns Deutsche ist Herriots Sturz kein Glück. Er wurde von Poincare abgelöst, dem bittersten Deutschenfeind, demTotengräber Europas". Freilich, auch Poincare wird den sinkenden Franken nicht retten können. Merkwürdig, wie Frankreich mit Blindheit geschlagen ist! Denn niemand hat größere Schuld an der französischen Schuldenwirtschaft, als dieser gewissenlose Bankerotteur mit seiner ewigen Ausrede:Der Boche wird alles bezahlen."

Eigentlich hätten die Franzosen ihren Caillaux auf den Schultern tragen sollen. Brachte er doch ihnen ein paar Tage vor seinem Sturz als Reisepräsent aus London das englisch-französische Schuldenabkommen, bei dem bekanntlich Frankreich sehr billig (jährliche Ab­zahlung nur 80 Millionen Mark) davongekommen ist. Aber den Franzosen ist auch das noch viel zu viel. Sie hätten so viel Opfer an Blut gebracht, um die Zivilisation der Menschheit vor den Hunnen zu retten. Wozu also noch Geld zahlen?

Auch dem amerikanischen Gläubiger wollen sie nichts zahlen. Und doch will Amerika nur die Begleichung der n ach dem Waffenstillstand gewährten Vorschüsse. Groß­mütig hat es die von Frankreich während des Kriegs erhobenen Vorschüsse gestrichen. Aber auch damit ist Frank­reich nicht zufrieden. Amerikas Staatssekretär Mellon aber hat erklärt, es bleibe bei diesem äußersten Entgegen­kommen. Merkwürdig! Dasselbe Frankreich kann nicht aenua NUS Deutlkbland berausvresien. Nach dem Dawes-

plan "erhält es von 1929 ab mehr als 1000 Millionen Gold­mark aus Deutschland!

In England ist man äußerst verstimmt darüber, daß man Caillaux die Möglichkeit geboten habe, nach London zu kommen und das Schuldenabkommen zu unterzeichnen. Man hätte früher wissen müssen, daß man in Frankreich die Ab­sicht gehabt habe, die Finanzuerhandlungen Caillaux' nicbt zu billigen und ihn aus diese Weise zu stürzen. Die Presse behandelt den Rücktritt als eine sehr ernste Angelegenheit.

Ernst ist übrigens die wirtschaftliche Lage Englands selbst. Der Bergarbeiter st reit dauert immer noch an. Sogar die Vermittlung der Bischöfe vermochte die Arbeiter nicht umzustimmen. Die Kirchensiirsten waren dann beim Ministerpräsidenten Baldwin selbst. Dieser aber wollte von einer Lohnerhöhung nichts wissen. Eher von der Aufnahme einer Anleihe zu diesem Zweck. Nur weiß man nicht, wer das Geld hiezu geben soll und will?

Bald win hat uns Deutschen wieder einmal bitteres Unrecht getan. Scbon der Kolonialminister Amery hatte vor nicht langer Zeit erklärt, England sei nicht gesonnen, die ehemalige deutsche Kolonie Ostafrika, jetzt Tanganjika Territory genannt, jemals wieder herauszu­geben. Dies bestätigt jetzt Bald win. Er erklärte auf eine Anfrage im Unterhaus, man habe in Locarno der deutschen Vertretung mündlich nur die Zusicherung ge­geben, daß Deutschland als Mitglied des Völkerbunds eben­so bei Uebertragung von Kolonialmandaten Anspruch er­heben könne wie jedes andere Völkerbundsmitglied. Es je: aber nicht richtig, wenn man annehme, daß der deutsche.« Regierung irgend ein Versprechen oder eine Zulage gemacht worden sei. Da fragt man sich billigerweise: W o sind dann die für Deutschland vorbehaltenen Mandate, wenn jeder Mandatar das behält, was er hat? Etwa auf dem Monde? Nein, Herr Baldwin. so etwas nennt man sonst im Leben eine Spitzbüberei- Damit wird demLocarnogeist" und jederVerständigung zwischen den Nationen" ein für alle­mal der Weg verbaut. Wilson hatte uns im Oktober 1918 klipp und klareine freie, weitherzige und unbedingt unparteiische Schlichtung aller kolonialen Ansprüche" ver­sprochen. Sein Staatssekretär Lansing hatte in der Note vom 5. November 1918 namens der Verbündeten die Er­füllung dieser Zusagen in Aussicht gestellt. Daraufbin haben wir die Waffen gestreckt. Und jetzt tut man. als ob nie eine derartige Versicherung aeaeben worden wäre!

In London war die 5. Weltkonferenz derVereinigung christlichen Strebens" versammelt. Nicht weniger als 3E Nationen hatten sie beschickt. Auf ihr hatte auch Lloykr Vortrag gehalten, und zwar über das Thema:Die Jugend der Welt für Frieden und guten Wil­len." Dabei kam dieser Mann, der auch zu den Vätern von Versailles gehört, auf den Friedensvertrag zu reden, und er sagte u. a.:Der Vertrag ist Menschenwerk und daher un­vollkommen. Er hat rauhe Ränder, die reiben, und die. wenn man sie lang genug wachsen läßt, zu Geschwüren und schließlich zu einer bösen Krankheit führen werden." Aber gerade sein Volk ist es, das diese Gefahr nicht einsieht. Wie könnte sonst die englische Politik immer und immer wieder alle Brutalitäten Frankreichs, trotz seines anfänglichen Wi- derspruchs, dennoch billigen? So auch wieder bei der Walch scheu Entwaffnungsnote!

Der Lessing - Handel ist endlich beigelegt. Am letzten Samstag fand die Urteilsverkündigung in der Disziplinär« angelegenheit gegen die beklagten Studenten in Hannover statt. Die Demonstranten erhielten je einen Verweis den Leitern der Bewegung wurde der Ausschluß angeüroht', und die elf Relegierten wurden dem Minister zur Strafmilde­rung empfohlen. Es ist anzunehmen, daß das Kultmini­sterium sich der milden Auffassung des Senats anschließen und die Ausschließungen zurücknehmen wird. Professor Les­sing selbst darf in Hannover bleiben, seine Stelle wird ihm belassen, aber er wird nicht mehr öffentliche Vorlesungen halten.

Ein edler aber ein unangenehmer Wettstreit ist wegen des geplanten R e i ch s e h r e n m al s für die Opfer des Weltkriegs entbrannt. Die vaterländischen und militärischen Verbände wollen es in einem Hain bei B e r k a (Thüringen) errichtet wißen, die Rheinländer aber wollen es amRhein haben:Der Rhein sei das wahre Herz Deutschlands. Um den Rhein hätten die Besten der Nation den Heldentat er- litten." So erklärte eine große Kundgebung in Koblen.z. Beide Teile haben von ihrem Standpunkt aus Recht. Wir im Süden können nur wünschen, daß das Ehrenmal bald er- stellt werde, und daß es, wie das Teutoburger Denkmal, allen Deutschen für alle Zeiten ein nationales Heiligtum bleibe!

Bei der Reichsregierung hat eine wichtige Aenderung stattgefunden. Der bisherige tüchtige Staatssekretär der Reichskanzlei, die rechte Hand des Reichskanzlers, Dr- e m v n e r. aebörte d-r Dentsiben Bolk oa. an und mar